Sozialgericht Aurich
Urt. v. 15.06.2011, Az.: S 13 SO 14/07
Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfe als Zuschuss anstatt als Darlehen
Bibliographie
- Gericht
- SG Aurich
- Datum
- 15.06.2011
- Aktenzeichen
- S 13 SO 14/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 43390
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGAURIC:2011:0615.S13SO14.07.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- LSG Niedersachsen-Bremen - AZ: L 8 SO 261/11
- BSG - AZ: B 8 SO 97/14 B
Rechtsgrundlage
- § 90 Abs. 1 SGB XII
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin für die Zeit vom 24.04.2006 bis 31.07.2006 Leistungen nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe - (SGB XII) nicht darlehensweise, sondern als Zuschuss zu gewähren.
Die im Jahre 19G. geborene Klägerin wohnte im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Sie bezog zumindest vom 24.04.2006 bis Mitte 2007 Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII vom Beklagten. Diese Leistungen erreichten die Höhe von 2.316,49 EUR monatlich.
Hintergrund dieser Leistungen war, dass die Klägerin vom 21.11.2005 bis 24.04.2006 zur stationären Rehabilitationsmaßnahme in einer Fachklinik für Suchterkrankungen H. in I. war. Im Anschluss an diese Maßnahme erfolgte ab dem 24.04.2006 eine stationäre Aufnahme im Nachsorgezentrum für Frauen in J ... Die Übernahme der Kosten dieser stationären Maßnahme im Nachsorgezentrum für Frauen aus Mitteln der Sozialhilfe wurde über die Klinik durch die Klägerin beim Beklagten beantragt. Mit hier streitigem Bescheid vom 02.06.2006 wurde ein Kostenanerkenntnis zur Übernahme der Aufwendungen in der vorgenannten Einrichtung im Rahmen der Eingliederungshilfe für die Zeit bis zum 31.07.2006 erteilt. Die Bewilligung erfolgte darlehensweise, da die Klägerin Eigentümerin eines nicht von ihr bewohnten Hausgrundstücks in K. war und weiterhin ist. Dieses Grundstück an der Adresse "L." in K. ist mit einem Einfamilienhaus bebaut, welches in den 60er Jahren errichtet wurde. Das Grundstück hat eine Größe von ca. 850 qm. Die Wohnfläche der Immobilie beträgt im Erdgeschoss 72 qm und in der ersten Etage 52 qm. Die Immobilie befindet sich in einem einfachen Unterhaltungszustand. Im Grundbuch ist ein Wohnungsrecht für das Erd- und Kellergeschoss für Frau M. (die Mutter der Klägerin), geboren am N., eingetragen. Des Weiteren ist auf dem Grundstück eine Sicherungshypothek für Leistungen der ARGE O. eingetragen, welche im Zeitpunkt der Urteilsfindung mit einem Gesamtbetrag von 4.042,46 Euro valutiert. Hierbei handelt es sich um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die der Klägerin in der Zeit von 2005 bis 2006 durch die ARGE O. bewilligt wurden. Die Immobilie wurde mit notariellem Vertrag vom 03.05.1994 von der Wohnrechtsberechtigten auf die Klägerin und ihren damaligen Ehemann übertragen. Mit gleichem Vertrag wurde das Wohnungsrecht der Mutter der Klägerin begründet. Im Vertrag wurde eine weitere schuldrechtliche Verpflichtung der Klägerin und ihres Ehemanns begründet, die Mutter der Klägerin wöchentlich mindestens acht Stunden zu betreuen. Des weiteren vereinbarten die Klägerin und ihr damaliger Ehemann in § 7 des Grundstücksübertragungsvertrages bestimmte Abreden für den Fall, dass ihre Ehe geschieden werden sollte. Im Fall der Scheidung der Ehe wäre die Klägerin berechtigt gewesen, innerhalb von drei Jahren nach Rechtskraft des Scheidungsurteils die Übertragung des Miteigentumsanteils ihres damaligen Mannes zu verlangen. Die Ehe wurde mit Urteil vom 07.05.2007, rechtskräftig am gleichen Tag, geschieden. Ein Verlangen der Übertragung des Eigentumsanteils durch die Klägerin erfolgte innerhalb der drei Jahre nach Rechtskraft des Scheidungsurteils nicht. Weiter wurde in der gleichen Abrede vereinbart, dass Verfügungen des jeweiligen Miteigentümers über seinen hälftigen Miteigentumsanteil nur mit Zustimmung des anderen Miteigentümers wirksam seien. Voraussetzungen für die Erteilung der Zustimmung wurden nicht aufgenommen. Eine Vormerkung bezüglich einer eventuellen Zustimmung oder entsprechenden Erklärung wurde nicht eingetragen.
Der damalige Kaufpreis der Immobilie wurde im Vertrag mit 170.000,- DM (86.919,12 Euro) bezeichnet. Die Bewertung des Wohnungsrechtes der Mutter der Klägerin wurde im Kaufvertrag mit einem Betrag von 51.000,- DM (26.075,89 Euro) beziffert.
Aktuell wird die Immobilie nach Auskunft der Klägerin nicht von ihrer Mutter bewohnt, sondern die Immobilie ist vermietet und es werden Mieteinnahmen erzielt. Zur Höhe und zum Gestalt dieser Mietvereinbarungen konnte die Klägerin keine Angaben machen, die Mutter vereinnahmt die Gelder.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass jedenfalls im Jahre 2006 die Immobilie beziehungsweise ihr hälftiger Miteigentumsanteil an dieser Immobilie nicht zu ihrem verwertbaren Vermögen im Sinne des § 90 SGB XII gehört habe. Eine Verwertbarkeit sei schon alleine wegen des Wohnungsrechtes der damals 86-jährigen Mutter der Klägerin ausgeschlossen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid des Beklagten vom 02.06.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2007 insoweit abzuändern, als dass ihr die Leistungen der Eingliederungshilfe nicht als Darlehen sondern als Zuschuss bewilligt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Immobilie sowohl einen relevanten Wert habe, als auch im entsprechenden Zeitraum veräußerlich gewesen sei.
Das Gericht führte am 14.01.2011 einen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung in dieser Angelegenheit durch, in welchem auf die rechtlichen Probleme der Angelegenheit hingewiesen wurde. Zum genauen Inhalt der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Eine gütliche Einigung kam nicht zustande. Der Klägerin wurde aufgegeben, genauere Angaben zum Wert der Immobilie zu machen. Des weiteren wurde darauf hingewiesen, dass eine Verwertung der Immobilie nicht alleine wegen des bestehenden Wohnungsrechtes der Mutter der Klägerin ausscheiden dürfte. Dem Beklagten wurde bereits in der mündlichen Verhandlung aufgegeben, sofern keine gerichtsfesten Wertangaben durch die Klägerin erfolgen sollten, eine solche Wertermittlung durchzuführen.
In der Folge konnte die Klägerin keine entsprechenden Angaben machen, sodass der Beklagte durch den Gutachterausschuss für Grundstückswerte O. als Geschäftsstelle beim Landesamt für Geoinformationen und Landentwicklung Niedersachsen Regionaldirektion O. (im folgenden GAG) eine entsprechende Verkehrswertmitteilung einholte, die unter dem 18.04.2011 erteilt wurde. In dieser Verkehrswertermittlung wurde für den Bewertungsstichtag 01.01.2007 ein belastetes Wertniveau der Immobilie von rund 58.000,- Euro ermittelt. Diese Zahl resultierte daraus, dass die Immobilie mit einem Wertniveau von 81.700,- Euro angesetzt wurde und das Wohnungsrecht der Mutter der Klägerin mit ca. 18.400,- Euro bewertet wurde. Als Abzug für das Wohnungsrecht wurde jedoch ein um 30 % höherer Betrag angesetzt, da nach Auffassung des Gutachterausschusses ein eventueller Käufer nur unter Ansetzung eines entsprechenden Abschlages die Immobilie erwerben würde. Eine tatsächliche Unverwertbarkeit der Immobilie wurde durch das Gutachten nicht festgestellt. Der Beklagte ermittelte weiter, dass im Zeitraum ab 2006 im Bereich der Gemeinde/Stadt K. ein aktiver Wohnungsmarkt vorhanden war. So wurden im Jahre 2006 ca. 1200 Ein- und Zweifamilienhäuser veräußert, im Jahre 2010 ca. 1400 entsprechende Immobilien. Des weiteren sei im Bereich der Stadt K. ein Bevölkerungswachstum zu verzeichnen, welches aktuell andauere.
Als Reaktion auf die Wertermittlung legte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten dar, dass "wohl nur Spekulanten in Betracht" als Käufer der Immobilie kommen würden. Des weiteren sei nach "laienhaftem Bauchgefühl" die Immobilie kein Objekt, welches für Spekulanten attraktiv gewesen wäre.
Im Übrigen würde in Folge einer Veräußerung ein Streit zwischen der Mutter der Klägerin und der Klägerin und ihrem ehemaligen Ehemann bezüglich der Betreuungsleistungen ausgleichen. Bereits seit längeren Jahren käme die Klägerin dieser Verpflichtung aus dem Grundstücksübertragungsvertrages nicht nach.
Unter dem Datum 03.04.2007 erging wegen des fortgesetzten Aufenthaltes der Klägerin in der stationären Einrichtung ein weiterer Kostenanerkenntnisbescheid des Beklagten für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.07.2007, welcher bestandskräftig wurde. Auch dieser Bescheid gewährte die begehrten Leistungen als Darlehen und nicht als Zuschuss.
Bezüglich des weiteren Sachverhaltes verweist die Kammer auf den Inhalt der beiden mündlichen Verhandlungen am 14.01.2011 und 15.06.2011, den Inhalt der Gerichtsakten und den Inhalt der vom Beklagten überreichten Verwaltungsakten.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, die Eingliederungsleistungen des Beklagten in der Zeit vom 24.04. bis 31.12.2006 als Zuschuss zu erhalten. Sie war (und ist) Inhaberin eines verwertbaren Vermögens im Sinne des § 90 SGB XII in Form eines hälftigen Miteigentumsanteils an einer nicht von ihr selbst bewohnten Immobilie in K ...
1. Der zwischen den Beteiligten streitige Zeitraum wäre nach dem Ursprungsbescheid der Zeitraum zwischen dem 24.04. und 31.07.2006. Jedoch wurde bereits im Widerspruchsbescheid vom 12.02.2007 der streitige Zeitraum dahingehend erweitert, dass er sich bis zum 31.12.2006 erstreckt. Dies entspricht auch der Regelung des Folgebescheides vom 03.04.2007, der den Zeitraum Januar bis Juli 2007 regelt.
2. Die grundsätzliche Berechtigung der Klägerin zum Bezug von Leistungen der Sozialhilfe in Form der Eingliederungshilfe für die Zeit ihres stationären Aufenthaltes in J. ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen liegen auch nach Auffassung der Kammer vor.
3. Der Beklagte hat die Leistungen für die Klägerin im streitigen Zeitraum in rechtmäßigerweise als Darlehen gem. § 91 SGB XII gewährt. Die Klägerin war Inhaberin eines Vermögensgegenstandes, welchen sie nach § 90 SGB XII für ihren Bedarf einzusetzen verpflichtet war. Der sofortige Verbrauch bzw. die sofortige Verwertung des Vermögensgegenstandes war jedoch im damaligen Zeitraum nicht möglich, so dass nach § 91 SGB XII ein Darlehen zu gewähren war, welches der Beklagte gewährte.
Nach § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen.
a) Bei einer Immobilie mit dazugehörigem Grundstück handelt es sich um Vermögen im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches wie auch im Sinne des SGB XII. Dies gilt auch für Miteigentumsanteile an Immobilien.
b) Ausweislich der durch den Beklagten durchgeführten Wertermittlung durch den Gutachterausschuss für Grundstückswerte O. vom 18.04.2011 hatte die Immobilie einen Wert von 81.700,- Euro insgesamt zum Stichtag 01.01.2007. Aufgrund des auf der Immobilie ruhenden Wohnrechtes der Mutter der Klägerin konnte nur ein Wert von 58.000,- Euro realisiert werden. Aufgrund der hälftigen Miteigentumssituation der Klägerin hatte ihr Anteil also einen Wert 29.000,- Euro. Von diesem Anteil war der Belastungsstand der Sicherungshypothek der ARGE O. in Höhe von 4.042,46 Euro abzusetzen, sodass ein verbleibender Wert von 24.957,54 Euro bestand. Nach Abzug des Vermögensfreibetrages von 2.600,- Euro verblieb also ein Wertbetrag von 22.357,54 Euro, der einzusetzen war.
Die Kammer sieht die Wertermittlung durch den GAG als nachvollziehbar und überzeugend an. Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin im letzten Schriftsatz vom 18.05.2011 gerügte Tatsache, dass kein Verkehrswert im Sinne des § 194 des Baugesetzbuches ermittelt worden sei, sieht die Kammer als unerheblich an. Der Unterschied im Begriff des Verkehrswertes des § 194 des Baugesetzbuches zu einer reinen Wertermittlung bezüglich einer Immobilie liegt nach Auffassung des erkennenden Gerichts darin, dass im Rahmen des § 194 Baugesetzbuch auch Fragen der tatsächlichen und rechtlichen Verwertbarkeit zu beurteilen sind. Diese Fragen sind im Bereich des Sozialrechts auch im Rahmen des § 90 Abs. 1 SGB XII qua Gesetz zu beurteilen, worauf das Gericht im Weiteren eingeht. Im Übrigen nimmt die Wertermittlung des GAG detailliert Bezug auf das auf der Immobilie lastende Wohnungsrecht der Mutter der Klägerin.
c) Die Kammer erkennt auch, dass das Vermögen der Klägerin im Zeitpunkt des Erstbescheides für die Zeit ab April 2006 grundsätzlich als verwertbar anzusehen ist. Zunächst einmal steht die Tatsache, dass es sich um einen Miteigentumsanteil und nicht um Alleineigentum handelt einer Verwertbarkeit nicht entgegen (vgl. LSG Niedersachsen vom 15.01.2008, Az.: L 13 AS 207/07 ER). Die Verwertung/Veräußerung eines Miteigentumsanteils ist nach den gesetzlichen Vorschriften der § 1009 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und § 747 BGB rechtlich unproblematisch. Der tatsächlichen Verwertung des Miteigentumsanteils steht zwar im Falle der Klägerin die schuldrechtliche Abrede im § 7 des Grundstücksübertragungsvertrages aus dem Jahre 1994 entgegen. Hierin ist aufgenommen, dass die Klägerin nur mit Zustimmung ihres damaligen Ehemannes über ihren Miteigentumsanteil verfügen kann. Dieses Verwertungsverbot ist jedoch kein dingliches Verbot, welches eine Verwertung vollständig ausschließt, sondern es handelt sich allein um eine Verpflichtung aus diesem Vertrage zwischen der Klägerin und ihren damaligen Ehegatten.
Unabhängig von der dinglichen Wirksamkeit einer Verfügung der Klägerin über ihren Miteigentumsanteil könnte jedoch unter Umständen der Verstoß gegen die schuldrechtliche Abrede zu weiteren Ansprüchen des vormaligen Ehegatten führen. Denkbar wären eventuelle Schadensersatzansprüche. Das tatsächliche Bestehen solcher Ansprüche ist jedoch für die erkennende Kammer nicht erkennbar bzw. nicht denkbar. Solche Probleme wurden auch nicht durch die Klägerin vorgetragen. Unabhängig vom Bestehen eventueller Schadensersatzansprüche jedoch würde die Klägerin durch eine eigenmächtige Verfügung über ihren Miteigentumsanteil in jedem Fall gegen ihre vertragliche Verpflichtung aus dem Grundstücksübertragungsvertrag aus dem Jahre 1994 verstoßen. Man könnte der Auffassung sein, dass eine Verpflichtung der Klägerin zum Verstoß gegen privatrechtliche Verpflichtungen im Rahmen der Regelungen des Sozialgesetzbuches SGB XII eine Verwertung ausschließt. So könnte man argumentieren, dass die Regelung des § 90 Abs. 1 SGB XII nicht zugleich erfordern dürfte, dass Leistungsberechtigte rechtsbrüchig würden. Dies ließe sich eventuell mit dem Gedanken einer Einheitlichkeit der Rechtsordnung begründen. Die Argumentation ist jedoch im Falle der Klägerin nicht einschlägig. Dies bereits aus mehreren Gründen. Zum einen sieht das Gericht keinerlei Hindernisse bezüglich einer Zustimmungserteilung durch den vormaligen Ehemann. Die Klägerin hat sich nur nicht bemüht, eine entsprechende Zustimmung zu erhalten und dementsprechend auch nicht vorgetragen, dass der Ehemann diese verweigere. Aufgrund des Inhalts der vertraglichen Abrede im Grundstücksübertragungsvertrag ist der Ehemann nicht berechtigt, seine Zustimmung zu einer Verfügung der Klägerin zu verweigern.
In den vertraglichen Abreden im Grundstücksübertragungsvertrag finden sich keine Regelungen, die einer Verfügung über den Miteigentumsanteil zur Verhinderung von Belastungen des Steuerzahlers durch Sozialhilfeleistungen entgegen ständen. Des weiteren könnte die Klägerin nach Auffassung der erkennenden Kammer auch verpflichtet sein, die entsprechende Zustimmung bei ihrem vormaligen Ehemann einzuholen, um eine Verwertung des Vermögensgegenstandes zu ermöglichen. Die Klägerin weigert sich im übrigen ausweislich ihres eigenen Vorbringens nicht, eine entsprechende Zustimmung einzuholen, sie hat es bislang nur nicht unternommen. Im Übrigen wäre die Klägerin aufgrund ihrer Situation im Sozialhilfe-/Arbeitslosengeld II-Bezug wohl auch verpflichtet, die Zustimmung einzuholen und durchzusetzen. Dies jedenfalls solange, als die Einholung der Zustimmung nicht mit größerem Aufwand, besonders Kostenaufwand, verbunden ist. In Ermangelung entsprechenden Vortrags der Klägerin kann das Gericht nur davon ausgehen, dass eine Verweigerung der Zustimmung durch den vormaligen Ehemann nicht in Rede steht.
d) Ein Vermögensgegenstand im Sinne des § 90 Abs. 1 SGB XII ist dann verwertbar, wenn in absehbarer Zeit in vertretbarer Preis erzielt werden kann. Bei einem Grundstücksverkauf ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich der Verkauf einige Zeit hinziehen kann. Während der laufenden Verkaufstätigkeit wäre dem Hilfeberechtigten mit einem Darlehen zu helfen (W. Schellhorn u. a., SGB XII Kommentar, 18. Auflage 2010, § 90 Rn 15ff.; Lücking in Hauck/Noftz SGB XII, § 90 Rn 10). Von einer Unverwertbarkeit eines Vermögensgegenstandes ist nach zutreffender Auffassung des Bundessozialgerichtes im Bereich des SGB II dann auszugehen, wenn der Vermögensgegenstand innerhalb eines bestimmten Zeitraumes tatsächlich nicht verwertet werden kann (vgl. hierzu im Bereich des SGB II BSG vom 27.02.2009, B 14 AS 42/07 R). Im Bereich des SGB II geht das Bundessozialgericht von einem sogenannten Bewilligungszeitraum, also sechs Monten, aus, innerhalb dessen ein Vermögensgegenstand tatsächlich verwertbar sein müsste. Inwieweit diese Rechtsprechung parallel auf den Bereich des SGB XII zu übertragen ist, kann dahinstehen. Entscheidend muss sein, ob das Grundstück im entscheidungserheblichen Zeitraum überhaupt verkauft werden konnte oder ob gar keine Marktgängigkeit vorlag. Sofern eine Marktgängigkeit anzunehmen wäre, wäre es Aufgabe des Leistungsberechtigen darzulegen, aus welchen Gründen sein Vermögensgegenstand tatsächlich nicht veräußert werden konnte. Hierzu hat die Klägerin nur vorgetragen, dass das Wohnungsrecht ihrer Mutter einer Verwertbarkeit entgegenstände.
Ein dingliches Nießbrauchs- oder Wohnungsrecht kann im Einzelfall einer Verwertung entgegen stehen (vgl. BSG vom 06.12.2007, B 14/7b AS 46/06 R). Dies muss jedoch nicht der Fall sein, entscheidend ist der jeweilige Einzelfall (LSG Niedersachsen a. a. O.). Ein Nießbrauchs-/Wohnungsrecht kann eine Verwertung in absehbarer Zeit ausschließen und zumindest zu einer Unverwertbarkeit innerhalb des wie oben ausgeführten entscheidungserheblichen Zeitraumes führen. Nach dem Vortrag des Beklagten bestand im Jahre 2006 für Immobilien in Bereich K., die keine Besonderheiten ausweisen, ein nutzbarer aktiver Wohnungsmarkt. Bezüglich des Nießbrauch-/Wohnungsrechts ist in diesem Fall zu beachten, dass die Mutter der Klägerin bereits im Jahre 2006 das 86. Lebensjahr erreicht und rein statistisch keine hohe Lebenserwartung mehr hatte. Dieser Tatsache wurde im Rahmen der Wertermittlung bezüglich des Grundstückes durch den GAG umfassend Rechnung getragen und ein deutlicher Abschlag vom Wert der Immobilie vorgenommen. Die von der Klägerin geäußerten Bedenken, dass "nur Spekulanten" entsprechende Immobilien erwerben, kann das Gericht nicht nachvollziehen. Hierbei handelt es sich, wie die Klägerin in ihrem Schriftsatz bereits selbst sagt, um reine Spekulation ihrerseits. Insbesondere die Tatsache, dass im gesamten örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten Menschen, die kurz vor dem Erreichen des Renten-/Pensionsalters stehen, Immobilien als Alterswohnsitz erwerben, zeigt nach Auffassung der Kammer das nicht nur "Spekulanten" Immobilien erwerben. Gerade für jemanden der kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand steht, wäre der Erwerb einer Immobilie, die mit dem Wohnungsrecht einer sehr alten Dame belastet ist, wirtschaftlich sinnvoll. Der potentielle Erwerber könnte die Immobilie mit einem deutlichen Abschlag auf den Wert erwerben (siehe Bewertung) und nach dem Versterben der Wohnungsberechtigten in vollem Umfange nutzen.
Bedenken aufgrund der Tatsache, dass die Klägerin nur hälftige Miteigentümerin der Immobilie ist, teilt die Kammer nicht. So sind aus dem gesamten Vorbringen der Klägerin wie auch aus dem Akteninhalt keine Gründe dafür ersichtlich, dass der weitere hälftige Miteigentümer nicht auch seinen Miteigentumsteil veräußern würde.
e) Die von der Klägerin ausgeführten Bedenken bezüglich der Verpflichtung zur Erbringung von Betreuungsleistungen stehen einer Verwertbarkeit der Immobilie nicht entgegen. Selbst wenn die Mutter der Klägerin die Betreuungsleistungen tatsächlich einfordern sollte, so würde dies keine Veränderung der Situation der Klägerin darstellen. Die Klägerin ist aktuell verpflichtet, entsprechende Betreuungsleistungen zu erbringen. Auch nach einer Veräußerung der Immobilie bliebe sie verpflichtet, diese Betreuungsleistungen zu erbringen. Ein potentieller Käufer die Immobilie wäre von dieser Verpflichtung nicht betroffen.
4. Eine Umwandlung der darlehensweisen Leistungen im streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund der Tatsache, dass das gesamte Vermögen durch die Rückzahlung des Darlehens verbraucht gewesen wäre, scheidet aus. Jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum erreichten die Leistungen des Beklagten nicht den unbelasteten Wert des Vermögens, auch nicht nach Abzug des Freibetrags. (vgl. oben)
5. Die Kostentscheidung ergibt sich aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes. Die Klägerin ist mit ihrem Begehren im vollen Umfange unterlegen.