Sozialgericht Aurich
Urt. v. 24.11.2011, Az.: S 35 AS 14/11
Gewährung von Beiträgen zur privaten Krankenversicherung und Pflegeversicherung hinsichtlich Hilfebedürftigkeit
Bibliographie
- Gericht
- SG Aurich
- Datum
- 24.11.2011
- Aktenzeichen
- S 35 AS 14/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 43402
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGAURIC:2011:1124.S35AS14.11.0A
Rechtsgrundlagen
- § 2 S. 1 SGB II
- § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 1. Halbs. SGB II
- § 26 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB II
- § 26 Abs. 3 S. 1 SGB II
- § 12 Abs. 1c S. 5, 6 VAG
Tenor:
Die Bescheide vom 27.08., 13.09., 29.09., 02.11., 10.11., 16.11., 22.12.2010 und von 18.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2010 werden abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in tatsächlicher Höhe (376,67 Euro) zu gewähren (Zeitraum 03.08.2010 - 31.01.2011). Die Kosten des Rechtsstreits, insbesondere die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin, sind von der Beklagten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Übernahme ihrer Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in tatsächlicher Höhe.
Die Klägerin beantragte am 03.08.2010 die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Den Antrag reichte sie am 23.08.2010 an den Beklagten zurück. Dem Antrag waren unter Anderem ihre Kontoauszüge der Postbank beigefügt. Aus den Kontoauszügen ergibt sich unter andrem eine Lastschrift zugunsten der G. vom 02.08.2010 in Höhe eines Betrages von 376,67 Euro, der unter dem Verwendungszweck in Krankenversicherungsbeiträgen in Höhe von 348,57 Euro und Pflegeversicherungsbeiträgen in Höhe von 28,10 Euro aufgeschlüsselt ist. Die Lastschrift und der Betrag sind mit blauer Kugelschreiber-Tinte markiert und nebenstehend mit "KK" gekennzeichnet.
Mit Schreiben vom 23.08.2010, beim Beklagten eingegangen am 25.08.2010, übersandte die Klägerin weitere angeforderte Unterlagen an die Beklagte. Unter anderem übersandte sie eine Mitgliedsbescheinigung der G., Bezirksstelle H ...
Mit Bescheid vom 27.08.2010 gewährte der Beklagte der Klägerin vorläufig Leistungen für den Monat August 2010 in Höhe von 672,00 Euro. In dem Berechnungsbogen für den Leistungszeitraum vom 03. bis zum 31.08.2010 sind weder Krankenversicherungsbeiträge für die private Krankenversicherung noch Sozialversicherungsbeiträge für eine gesetzliche Krankenversicherung enthalten.
Mit weiterem Bescheid vom 27.08.2010 gewährte der Beklagte der Klägerin vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 695,00 Euro für den Leistungszeitraum vom 01.09.2010 bis zum 31.01.2011. In diesem Bescheid sind keine Beiträge für eine private oder gesetzliche Krankenversicherung anerkannt.
Mit Änderungsbescheid vom 13.09.2010 änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung der Klägerin für den Zeitraum vom 01.09. bis zum 31.01.2011. Dieser Bescheid geht unter Anderem auf die am 13.09.2010 beim Beklagten eingereichte Lohnabrechnung der Klägerin für den Monat August zurück. In dem Bescheid sind ebenfalls keine Beiträge für eine private oder gesetzliche Krankenversicherung anerkannt.
Mit Schreiben vom 26.09.2010 legte die Klägerin bei der Gemeinde I. Widerspruch gegen die Bescheide vom 13.09.2010 und vom 27.08.2010 und gleichzeitig einen Antrag auf Übernahme der gesetzlichen Krankenkassenbeiträge ab dem 01.09.2010 ein. In den Bescheiden seien nicht die Sozialbeiträge der gesetzlichen Krankenkasse als Bedarf aufgelistet. Sie sei seit dem 01.09.2010 bei der J. versichert. Sie bitte darum, eine entsprechende Meldung an die J. zu schicken.
Mit Abhilfebescheid vom 29.09.2010 wurden der Klägerin vom Beklagten für den Zeitraum vom 01.09.2010 bis zum 21.01.2011 zusätzlich Leistungen in Form der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge bei der J. gewährt. Mit dem Bescheid angefügten Schreiben vom 29.09.2010 teilte der Beklagte der Klägerin ferner mit, dass er für den Zeitraum vom 03.08.2010 bis zum 31.08.2010 ihren Widerspruch an das Zentrum für Arbeit des Beklagten weitergeleitet habe.
Mit Schreiben vom 28.10.2010 teilte die J. dem Beklagten mit, dass die Klägerin nicht bei der J. versichert sei und bat daher darum die Meldung zu der Krankenkasse stornieren.
Mit Schreiben vom gleichen Tage unterrichtete die J. die Klägerin darüber, dass eine Mitgliedschaft bei der J. nicht möglich sei. Gemäß § 5 Abs. 5a Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) begründe der Bezug von Arbeitslosengeld II keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung mehr.
Mit Abhilfebescheid vom 02.11.2010 gewährte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 03.08.2010 bis zum 31.08.2010 Leistungen in Höhe von monatlich 811,00 Euro. Nach § 5 Abs. 5a SGB V könnten auch die Bezieher von Arbeitslosengeld II nicht die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen werden. Es bestehe lediglich die Möglichkeit, ihr einen Betrag zu gewähren, der auch für Mitglieder in der gesetzlichen Krankenkasse zu tragen wäre. Daher wurden ihr für den Monat August einstweilig Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 120,88 Euro und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 17,44 Euro gewährt.
Mit Änderungsbescheid vom 10.11.2010 setzte der Beklagte die Leistungen der Klägerin für den Zeitraum vom 01.12.2010 bis zum 31.01.2011 neu fest. Der Bescheid wurde anlässlich der eingereichten Heizkostenabrechnung für das Jahr 2010 erlassen. Ausweislich des Berechnungsbogens für den Monat 12/2010 und des Berechnungsbogens für den Monat Januar 2011 wurden der Klägerin keine anteiligen Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung mehr gewährt. Vielmehr wurden der Klägerin wiederum die Sozialversicherungsbeiträge für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung bei der J. gewährt.
Mit Änderungsbescheid vom 16.11.2010 änderte der Beklagte die Leistungen für die Klägerin für den Monat August 2010 ab. Der Änderungsbescheid ist anlässlich des Wegfalls von Nebeneinkommen ergangen. Ausweislich des Berechnungsbogens für den Zeitraum vom 03. bis zum 31.08.2010 wurden der Klägerin die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung anteilig gewährt und zwar in Höhe von 120,88 Euro für die Krankenversicherung und in Höhe von 17,44 Euro für die Pflegeversicherung.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 16.11.2010 änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung der Klägerin für den Zeitraum vom 01.11.2010 bis zum 31.01.2011 ab. Anlass dieses Änderungsbescheides waren die veränderten Nebeneinkommensverhältnisse der Klägerin. Ausweislich der Berechnungsbögen für die Monate November und Dezember 2010 und den Monat Januar 2011 wurden der Klägerin keine Beiträge zur privaten Pflegeversicherung gewährt. Vielmehr wurden ihr die Sozialversicherungsbeiträge für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung bei der J. in Höhe von 126,05 Euro für die Krankenversicherung und in Höhe von 18,04 Euro für die Pflegeversicherung gewährt.
Mit Schreiben vom 26.11.2010 legte die Klägerin gegen die Bescheide vom 29.09., 02.11., 10.11. und 16.11. 2010 Widerspruch ein und begehrte die Übernahme der Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in tatsächlicher Höhe. Die G. habe ihren Antrag auf Beitragsermäßigung abgelehnt. Aus der Beigefügten Beitragsbescheinigung der Krankenkasse ergibt sich der monatliche Beitrag in Höhe von 348,61 EUR. Das Ablehnungsschreiben hinsichtlich der Beitragssenkung vom 20.09.2010 ist ebenfalls beigefügt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07/2012 gewährte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 01.09.2010 bis zum 31.10.2010 einen Zuschuss zu den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen in Höhe von monatlich 144,09 Euro. Dies geschah auf dem Widerspruch vom 26.09.2010, soweit nicht bereits durch Bescheid vom 02.11.2010 die Abhilfe erfolgt sei. Im Übrigen wies der Beklagte den Widerspruch vom 26.09.2010 zurück. Ferner wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 26.11.2010 zurück. Seit dem 01.01.2009 gehöre sie nicht mehr im Falle der Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II zu dem gesetzlich gemäß § 5 SGB V pflichtversicherten Kreis. In Betracht komme daher lediglich, dass der Beklagte sich an den privaten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen beteilige. Es könne ihr ein Zuschuss gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) gewährt werden. Der Zuschuss belaufe sich auf monatlich 144,09 Euro, wovon 126,05 Euro auf die Krankenversicherung und 18,04 Euro auf die Pflegeversicherung entfielen. Für den Monat August 2010 seien ihr bereits entsprechende Leistungen mit Bescheid vom 02.11.2010 bewilligt worden.
Mit Änderungsbescheid vom 22.12.2010 änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung hinsichtlich der Klägerin ab und zwar für den Zeitraum vom 01.09.2010 bis zum 31.01.2011. Die Änderungen beruhen auf der Umsetzung des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2010.
Mit Änderungsbescheid vom 18.01.2011 änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung der Klägerin ab für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.01.2011. Ausweislich des Berechnungsbogens für den Monat Januar 2011 sind die privaten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge mit einem Betrag in Höhe 131,34 Euro für die Krankenversicherung und ein Betrag in Höhe von 18,04 Euro für die Pflegeversicherung berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 24.01.2011 legte die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte gegen den Bescheid vom 22.12.2010 Widerspruch ein.
Mit der am 06.01.2011 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Sie ist der Ansicht, dass ihr die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in tatsächlicher Höhe zu bewilligen seien. Sie sei gezwungen, sich auch weiterhin privat bei G. zu versichern. Sie müsse daher etwa 200,00 Euro im Monat aus ihren Regelsatz für die Krankenversicherung aufzubringen. Momentan könne sie den Differenzbetrag noch aus ihrem angesparten Vermögen zahlen. Dies gehe aber nur noch für ein bis zwei Monate. Sie sei insofern der Ansicht, dass die Beschränkung des Zuschusses für die privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe der Beiträge für einen gesetzlich Versicherten gegen den Grundsatz der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip verstießen. Dem Hilfebedürftigen sei auch das zum Leben Unerlässliche zu bewilligen. Hierzu gehöre auch die notwenige medizinische Versorgung. Da der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Krankenversicherungspflicht normiert habe, habe der Gesetzgeber auch dafür sorge zu tragen, dass die Beiträge auch von jedem Bundesbürger aufgebracht werden könnten. Ferner bestehe für die Klägerin keine Möglichkeit in die gesetzliche Krankenversicherung zu wechseln.
Die Klägerin beantragt daher durch ihre Prozessbevollmächtigte,
die Bescheide hinsichtlich der Leistungszeiträume vom 03.08. bis zum 31.08.2010 und vom 01.09.2010 bis zum 31.01.2011 aufzuheben und zwar in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.12.2010 und der Klägerin die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in tatsächlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass der Klägerin nach den Vorgaben des Bundessozialgerichts maximal der hälftige Beitrag des Höchstbeitrags einer privaten Krankenversicherung im Basistarif zustehe. Sie habe daher für den Zeitraum vom 03.08. bis zum 31.12.2010 allenfalls ein Anspruch in Höhe von 279,38 Euro. Für den Monat Januar 2010 dürfen ein maximaler Anspruch in Höhe von monatlich 287,68 Euro bestehen. Eine Übernahme der Beiträge der Klägerin komme jedoch nicht in Betracht, da die Klägerin nicht im Basistarif bei der privaten Krankenversicherung versichert sei.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass die G. keinen Basistarif anbiete.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakte, die beide Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge in tatsächlicher Höhe aus § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1. Halbsatz SGB II analog zu. Ferner steht der Klägerin ein Anspruch auf Übernahme der Pflegeversicherungsbeiträge in tatsächlicher Höhe aus § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB II 2010 zu.
1. Der Anspruch auf Übernahme der privaten Krankenversicherungsbeiträge in tatsächlicher Höhe ergibt sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1. Halbsatz SGB II analog. Danach wird für die Dauer des Leistungsbezugs der Beitrag übernommen.
a. Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 18.01.2011, Aktenzeichen B 4 AS 108/10 R, abrufbar unter www..de, unter Rn. 8 festgestellt, dass es aufgrund der Vorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 VAG zu Bedarfsdeckungslücken bei den Leistungsempfänger kommen kann. Die Übernahme der Beiträge sei nach dem Wortlaut des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1c VAG auf die Höhe des Beitragssatzes für Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung beschränkt. Die verbleibende "Beitragslücke" könne nicht in Anwendung anderer Vorschriften des SGB ausgeglichen werden. Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Normen, des gesamten Regelungskonzepts nach den Gesetzesmaterialien und sonstigen Vorschriften zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit durch die Tragung von privaten Krankenversicherungsbeiträgen sowie verfassungsrechtlicher Gesichtspunkte liege eine gesetzesimmanente Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelungen vor, die durch eine analoge Anwendung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 SGB II zu lösen sei, vgl. a.a.O., Rn. 34.
b. Eine höhenmäßige Begrenzung auf den hälftigen Höchstbetrag des Beitrags im Basistarif findet im Rahmen des § 26 Abs. 2 SGB II nicht statt (so aber wohl: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.05.2011, Az.: L 19 AS 2130/10, abrufbar unter www..de, dort Rn. 25).
aa) Bereits aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1. Halbsatz SGB II ergibt sich keine höhenmäßige Begrenzung auf die hälftigen Kosten des Höchstbetrags des Basistarifs. Nach dem Wortlaut wird für die Dauer des Leistungsbezugs der Beitrag übernommen. Von einer Obergrenze ist nicht die Rede. Ebenso heißt es in der vorbenannten Entscheidung des Bundessozialgerichts unter Rn. 34 wörtlich: "Hiernach wird für Bezieher von Arbeitlosengeld II für die Dauer des Leistungsbeitrages der Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung ohne höhenmäßige Begrenzung übernommen." Diese Entscheidung ist richtig.
bb) Schließlich ist es Sinn und Zweck des Gesetzes und der analogen Anwendung des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1. Halbsatz SGB II, dass einerseits keine Lücken im Krankenversicherungsschutz und andererseits keine Lücken bei der Bedarfsdeckung auftreten sollen. Das BSG führt insofern unter Rn. 23 aus: "Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit den gesetzlichen Neuregelungen [ ...] der Krankenversicherungsschutz der privat versicherten Hilfebedürftigen nach dem SGB II wesentlich verschlechtert werden und bei ihnen in größerem Umfang ungedeckte Beiträge zu ihren Lasten verbleiben sollten."
c. Es findet auch im Übrigen keine höhenmäßige Begrenzung der Kosten der Klägerin statt. Insbesondere hat die Klägerin keine Mitwirkungsobliegenheit im Sinne des § 2 SGB II verletzt.
aa) Zunächst kann es dahinstehen, ob die Klägerin überhaupt eine Mitwirkungsobliegenheit im Sinne des § 2 SGB II getroffen hat. Nach § 2 SGB Satz 1 SGB II müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. In diesem Rahmen kann von Leistungsbeziehern im Rahmen der Zumutbarkeit möglicherweise der Wechsel in den Basistarif oder einen anderen kostengünstigeren Tarif oder die Kündigung einzelner Tarifbestandteil zu erwarten sein.
(1) Eine pauschale Pflicht zum Wechsel in den Basistarif gibt es jedoch nicht. Nachdem bereits der Versicherungsvertrag im Allgemeinen ist ein komplexes und abstraktes Rechtsprodukt ist, welches erhebliche Verständnisprobleme und Schwierigkeiten bei der Beurteilung seiner Beschaffenheit und Qualität aufwirft (Kieninger, Informations-, Aufklärungs- und Beratungspflichten beim Abschluss von Versicherungsverträgen, AcP 199, 190, 208; vgl. auch: Kemper, Verbraucherschutzinstrumente, S. 256) gewährleistet ein wirksamer Krankenversicherungsschutz die höchsten Grundrechtsgüter des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit.
(2) Der Beklagte hätte daher im vorliegenden Fall zu prüfen gehabt, ob ein Wechsel in den Basistarif oder einzelner Vertragsbestandteile überhaupt sinnvoll und möglich ist. Insofern wäre zu berücksichtigen gewesen, dass die G. keinen Basistarif anbietet. Zum anderen wäre zu berücksichtigen gewesen, dass ein Wechsel in den Basistarif mit langfristigen finanziellen Konsequenzen verbunden ist. Beispielsweise können bei einem Tarif- oder Versichererwechsel die Altersrückstellungen verloren gehen. Ohne sie ist kaum eine bezahlbare Krankenversicherung im Alter möglich. Ein Wechsel in den vormaligen Tarif dürfte im Nachgang nicht möglich sein. Die Klägerin wäre womöglich auf ein lebenslanges Verbleiben im Basistarif verwiesen. Dies kann die Vertragsänderung unter Umständen, insbesondere bei einem lediglich kurzen Bezug von Leistungen nach dem SGB II, als unverhältnismäßig erscheinen lassen.
(3) Auch kann der Basistarif kostenintensiver als eine "normale" private Krankenversicherung sein, obwohl der Leistungsumfang im Basistarif regelmäßig deutlich schlechter ist als in einer "normalen" privaten Krankenversicherung. Daher wird zuvor zu prüfen sein, ob es nicht außerhalb des Basistarifs ein kostengünstigerer - als der bestehende - Tarif zur Wahl steht oder der Tarif nicht bereits durch Kündigung einzelner Vertragsbestandteile dem Basistarif entsprechend ausgestaltet werden kann. Möglicherweise kann der Leistungsempfänger gar auf einen Tarif außerhalb des Basistarifs verwiesen werden, der kostengünstiger als der Basistarif ist.
(4) Schließlich gilt es Kündigungsfristen zu beachten, die insbesondere auch für einzelne aufkündbare Vertragsbestandteile gelten können. Regelmäßig ist daher kein sofortiger Wechsel möglich. Insofern durfte es der Klägerin nicht zugemutet werden, entweder vertragsbrüchig zu werden oder dauerhaft bedarfsuntergedeckt zu leben. Vielmehr hätte ihr eine zumutbare Kostensenkungsmöglichkeit gegeben werden müssen.
bb) Die Klägerin hat jedoch bereits keine Mitwirkungsobliegenheit im Sinne des § 2 SGB II verletzt, da sie jedenfalls keine Kenntnis von einer Mitwirkungsobliegenheit hatte. Der Klägerin sind womögliche Kostensenkungspflichten nicht hinreichend konkret aufgezeigt worden.
Entsprechend der Entscheidung des Sozialgerichts Aurich vom 16.11.2011, Az. S 35 AS 296/11 ER wird eine Mitwirkungsobliegenheit, die nicht offenkundig ist, lediglich dann ausgelöst, wenn der Leistungsbezieher auf seine Mitwirkungsobliegenheit hingewiesen worden ist und ihm konkrete Handlungsanweisungen gegeben worden sind. Der Klägerin wurde jedoch auf ihren Antrag hin nicht aufgezeigt, wie sie konkret ihre Kosten senken kann.
Die Klägerin konnte eine mögliche Mitwirkungsobliegenheit schon deshalb nicht erkennen, weil der Beklagte durch seine wechselnde Bewilligungspraxis keine Rechtssicherheit darüber gegeben hat, ob sie nun privat oder gesetzlich Krankenversichert worden ist. Teilweise wurden mit Bescheiden vom gleichen Datum für den einen Leistungszeitraum Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge für die gesetzliche Krankenversicherung und für einen anderen Zeitraum in der privaten Krankenversicherung bewilligt.
Der Klägerin wurde auch im weiteren Verfahrensverlauf nicht aufgezeigt, dass sie womöglich in einem anderen Tarif wechseln kann oder eine Zusatzversicherung kündigen kann. Insofern war zu berücksichtigen, dass die Klägerin im zurückliegenden Bewilligungszeitraum gar keine Möglichkeit gehabt hat, in einen anderen Tarif zu wechseln und die von ihr vertraglich geschuldeten Kosten zu vermeiden.
2. Der Anspruch auf Übernahme der Pflegeversicherungsbeiträge ergibt sich aus § 26 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Danach werden für die Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II, die in der sozialen Pflegeversicherung weder versicherungspflichtig noch familienversichert sind, für die Dauer des Leistungsbezuges die Aufwendungen für eine angemessene private Pflegeversicherung im notwenigen Umfang übernommen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.