Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.04.2022, Az.: 5 LA 74/21

Geschäftsgang normaler; Geschäftsgang ordnungsgemäßer; Geschäftsgang üblicher; Normaler Geschäftsgang; Üblicher Geschäftsgang; Wiedereinsetzung; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.04.2022
Aktenzeichen
5 LA 74/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 59536
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 20.04.2021 - AZ: 13 A 2390/20

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Das Rechtsmittelgericht ist seiner aus dem Anspruch der Prozessbeteiligten auf ein faires Verfahren abgeleiteten Pflicht, Schriftstücke, die an das unzuständige Gericht gerichtet sind, im Rahmen des normalen/üblichen Geschäftsgangs weiterzuleiten (hierzu: Nds. OVG, Beschluss vom 13.8.2019 - 2 LA 1532/17 -, juris Rn. 3; vgl. auch Sächs. OVG, Beschluss vom 12.3.2021 - 1 A 1266/19.A, juris Rn. 7; Bay. VGH, Beschluss vom 13.7.2021 - 23 ZB 21.1632 -, juris Rn. 6), nicht nachgekommen.

2. Zwar hat es bislang dem normalen Geschäftsgang entsprochen, zwischen Gerichten der niedersächsischen Verwaltungsgerichtsbarkeit per (Brief-)Post zu kommunizieren; zu einer beschleunigten Weiterleitung an das zuständige Gericht per Telefax war das unzuständige Gericht nicht verpflichtet (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 13.8.2019, a. a. O., Rn. 3; in diesem Sinne auch Bay. VGH, Beschluss vom 13.7.2021, a. a. O., Rn. 6). Es entspricht zwischenzeitlich jedoch dem üblichen Geschäftsgang - und dies galt auch schon im Mai des Jahres 2021 -, bei der Übermittlung von Schriftstücken zwischen den niedersächsischen Verwaltungsgerichten und dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht diese Schriftstücke, jedenfalls wenn sie als elektronische Dokumente vorliegen, nicht mehr auszudrucken und per Post "von Gericht zu Gericht" zu übersenden, sondern diese per Elektronischem Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP), und damit zeitnah und beschleunigt, zu übermitteln.

Tenor:

Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die versäumte Frist für die Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung gewährt.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 13. Kammer (Berichterstatter) - vom 20. April 2021 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger stand als Kommunalbeamter im Dienste der beklagten Stadt und war dort auf dem Dienstposten des Fachbereichsleiters Ordnungswesen und Soziales eingesetzt.

Mit Schreiben vom 9. Januar 2020 forderte die Beklagte den Kläger unter Verweis auf §§ 26 Abs. 1 Satz 2 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) in Verbindung mit §§ 43 ff. des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG) auf, sich durch das Gesundheitsamt des Landkreises E. zur Überprüfung seiner Dienstfähigkeit amtsärztlich untersuchen zu lassen. Hintergrund dieser Aufforderung seien die krankheitsbedingten Fehltage des Klägers in den Jahren 2019 und 2020; sowohl Fürsorgegesichtspunkte ihm gegenüber als auch die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs in dem von ihm geleiteten Fachbereich machten diese Maßnahme erforderlich.

Unter dem 10. Januar 2020 wandte sich die Beklagte an das Gesundheitsamt des Landkreises E. und bat um Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens, das „über die Dienstfähigkeit“ des Klägers Auskunft gebe. Dieser sei seit dem 1. Januar 2019 bei ihr beschäftigt und habe im Jahr 2019 an 93 Tagen und im Jahr 2020 an bislang 5 Tagen krankheitsbedingt gefehlt. Sie habe keine Informationen über seinen Gesundheitszustand.

Am 29. Januar 2020 wurde der Kläger durch die Fachärztin für Öffentliches Gesundheitswesen und Innere Medizin des Gesundheitsamtes des Landkreises E., Frau F., amtsärztlich untersucht.

Mit E-Mail vom 12. Februar 2020 wandte sich die Fachärztin F. an den Kläger und erklärte, seitens ihres Amtsleiters hätten sich Nachfragen ergeben, welche eine Nachuntersuchung erforderlich machten; der Nachuntersuchungstermin sei für den 26. Februar 2020 avisiert. Auf die Frage des Klägers, warum eine Nachuntersuchung stattfinden solle, wenn ihm die Fachärztin F. doch anlässlich der amtsärztlichen Untersuchung am 29. Januar 2020 mitgeteilt habe, er sei wieder voll dienstfähig, antwortete die Amtsärztin, es bestünden zwar „keine Zweifel an [seiner] vollen Dienstfähigkeit“; es liege jedoch „noch eine weitere abklärungsbedürftige Frage [seines] Dienstherrn hinsichtlich [seiner] Eignung als Führungskraft“ vor.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 27. März 2020 ließ der Kläger gegenüber der Beklagten erklären, er habe den Nachuntersuchungstermin nicht wahrgenommen. Die Voraussetzungen für die Einleitung eines Verfahrens auf Feststellung der Dienstfähigkeit hätten von vornherein nicht vorgelegen. Jedenfalls aber sei mit dem Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung - nämlich der Feststellung seiner vollen Dienstfähigkeit - das Verfahren auf Überprüfung seiner Dienstfähigkeit abgeschlossen. Ein (amtsärztliches) Verfahren zur Feststellung der Eignung eines Beamten „als Führungskraft“ sei weder im Beamtenstatusgesetz noch im Niedersächsischen Beamtengesetz vorgesehen. Aus diesem Grunde sei die Beklagte verpflichtet, „alle schriftlichen bzw. textlichen Vorgänge betreffend das von [ihr] initiierte Verfahren auf Feststellung der Dienstfähigkeit [des Klägers] aus [seiner] Personalakte zu entfernen“.

In ihrem Gutachten vom 7. April 2020 führte die Amtsärztin F. aus, beim Kläger lägen keine schwerwiegenden Erkrankungen vor. Seine Fehltage beruhten auf Verkehrsunfallfolgen, komplizierten Heilungsverläufen nach Zahnbehandlungen sowie auf einer privaten Belastungssituation, die zwischenzeitlich allesamt überwunden seien. Demzufolge sei festzustellen, dass sich der Kläger „in einem stabilen und guten Gesundheitsverhältnis“ befinde und er „dienstfähig erscheine“. Aufgrund der aktuellen Corona-Krisensituation sei es dem Gesundheitsamt „aus kapazitären Gründen […] nicht möglich, die avisierte Zusatzbegutachtung durchzuführen“. Inwieweit der Kläger „persönlichkeitsbedingt als Führungskraft einsetzbar“ sei, lasse sich nur durch eine psychologische Untersuchung/Testung feststellen, die im Gesundheitsamt derzeit nicht durchführbar sei.

Die Beklagte erklärte unter dem 14. April 2020, ihr sei nicht bekannt, dass der Kläger aufgefordert worden sei, sich einer Nachuntersuchung zu unterziehen. Sie habe einen Auftrag an das Gesundheitsamt dahingehend, den Kläger im Hinblick auf seine Eignung als Führungskraft amtsärztlich zu untersuchen, nicht erteilt; insoweit werde auf ihr an den Kläger gerichtetes Schreiben vom 9. Januar 2020 und auf ihr an das Gesundheitsamt gerichtetes Schreiben vom 10. Januar 2020 Bezug genommen. Sie habe das Gesundheitsamt aufgrund der krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers um Prüfung gebeten, ob und wann seine Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt sei. Diese Maßnahme sei aus Fürsorgegesichtspunkten sowohl gegenüber dem Kläger als auch gegenüber den Mitarbeitern des entsprechenden Fachbereichs, die seine Vertretung übernommen hätten, erfolgt. Das Fehlzeitenkonto des Klägers habe im Zeitraum vom 6. Mai 2019 bis zum 23. Oktober 2019 71 Krankheitstage ausgewiesen. Die Zeiten, in denen er sich im Erziehungsurlaub befunden habe, seien insoweit unberücksichtigt geblieben. Somit hätten bereits im Oktober 2019 die Voraussetzungen der §§ 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, 43 ff. NBG dafür vorgelegen, die Dienstfähigkeit des Klägers zu überprüfen. Es sei hiervon indes zunächst Abstand genommen worden, weil der Kläger unmittelbar von der Krankheit in den Erziehungsurlaub gewechselt sei. Leider habe sich sein Gesundheitszustand in dieser Zeit aber nicht gebessert, denn nach Beendigung des Erziehungsurlaubs Ende November 2019 sei er erneut krankgeschrieben worden. Auch nach Beendigung des Erholungsurlaubs - dem Kläger hätten aus dem Jahr 2019 noch 19 Urlaubstage zugestanden - sei krankheitsbedingt keine Wiederaufnahme des Dienstes erfolgt. Dieser Umstand habe sich zu Beginn des Jahres 2020 fortgesetzt, weshalb er aufgefordert worden sei, sich zur Überprüfung seiner Dienstfähigkeit amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Auf den weiteren Vorhalt des Klägers, in der E-Mail der Amtsärztin F. sei ausdrücklich von „einer weiteren abklärungsbedürftigen Frage Ihres Dienstherrn hinsichtlich [der] Eignung als Führungskraft“ die Rede, wies die Beklagte mit Schreiben vom 29. April 2020 erneut zurück, eine Nachtuntersuchung des Klägers durch das Gesundheitsamt veranlasst zu haben. Der vollständige Schriftverkehr mit dem Gesundheitsamt sei der Personalakte zu entnehmen und enthalte Entsprechendes nicht. Aus der vom Kläger vorgelegten E-Mail der Amtsärztin F. gehe vielmehr hervor, dass die Nachuntersuchung von Seiten ihres vorgesetzten Amtsarztes angeordnet worden sei; die Gründe hierfür entzögen sich der Kenntnis der Beklagten.

Am 27. April 2020 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Hannover Klage mit dem Antrag erhoben, „die Beklagte zu verurteilen, die Anordnung […] auf Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung des Klägers wegen Dienstfähigkeit und die diese Anordnung betreffenden Schriftstücke aus der Personalakte des Klägers zu entfernen“, und zur Begründung sein vorprozessuales Vorbringen wiederholt. Nachdem er mit Wirkung vom 1. Juli 2020 zur G. versetzt worden war, hat er seinen Klageantrag mit Schriftsatz vom 18. Juni 2020 dahingehend gefasst, „festzustellen, dass die Anordnungen der Beklagten auf amtsärztliche Überprüfung der Dienstfähigkeit des Klägers vom 09.01.2020 und Feststellung der Eignung des Klägers als Führungskraft vom 12.02.2020 rechtswidrig waren“. Er habe ein berechtigtes, fortwirkendes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung. Es handle sich um eine empfindliche Beeinträchtigung seines Rechts auf körperliche Unversehrtheit. Auch könne für seinen weiteren beruflichen Weg bei seiner neuen Dienstherrin von Bedeutung sein, ob sich in seiner Personalakte Vorgänge über die Feststellung seiner Dienstfähigkeit befänden oder nicht. Soweit Anordnungen des (vormaligen) Dienstherrn zur amtsärztlichen Überprüfung seiner Dienstfähigkeit - wie hier - in klar rechtswidriger Weise ergangen seien, habe er ein Interesse daran, dass diese Rechtswidrigkeit auch festgestellt und ein entsprechendes Urteil in seine Personalakte aufgenommen werde.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Klage sei mit dem nunmehr verfolgten Begehren bereits unzulässig, weil eine Untersuchungsanordnung zur Feststellung der Dienstfähigkeit eines Beamten im Rahmen eines Zurruhesetzungsverfahrens gemäß § 44a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht isoliert angreifbar sei. Der Kläger habe auch kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersuchungsanordnung vom 9. Januar 2020. Er sei der Untersuchungsanordnung nachgekommen, bei der seine volle Dienstfähigkeit festgestellt worden sei. Da sich sowohl die Untersuchungsanordnung als auch das amtsärztliche Gutachten in der Personalakte befänden, seien negative Auswirkungen auf seine Karriere nicht zu befürchten. Die Klage sei zudem unbegründet. Die Untersuchungsaufforderung vom 9. Januar 2020 sei rechtmäßig. Eine Nachuntersuchung habe die Beklagte nicht veranlasst.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. April 2021 - den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 22. April 2022 (Bl. 100/Gerichtsakte - GA -) - abgewiesen. Die durch Klageänderung am 18. Juli 2020 erhobene Feststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Eine Wiederholungsgefahr sei schon deshalb nicht gegeben, weil der Kläger nicht mehr bei der Beklagten tätig sei. Ein Rehabilitierungsinteresse sei ebenfalls nicht erkennbar. Die amtsärztliche Untersuchung habe nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten die volle Dienstfähigkeit des Klägers ergeben. Damit seien keine nachteiligen Auswirkungen aufgrund der Untersuchungsanordnung und der vorhergehenden Fehlzeiten zu erwarten. Schließlich scheide ein Feststellungsinteresse auch hinsichtlich der Vorbereitung einer Schadensersatzklage aus. Nachteile, die zu einer Schadensersatzforderung führen könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Das ursprüngliche Klagebegehren, das der Kläger nicht - auch nicht hilfsweise - aufrechterhalten habe, sei nicht mehr Verfahrensgegenstand.

Mit vom 20. Mai 2021 datierendem Schriftsatz - vorab per Telefax an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht übermittelt am 21. Mai 2021, dem Freitag vor dem Pfingstwochenende - hat der Kläger gegen diese Entscheidung die Zulassung der Berufung beantragt und diesem Schriftsatz die Zulassungsbegründung bereits beigefügt. Unter dem 3. Juni 2021 hat er erneut - nunmehr bei dem Verwaltungsgericht Hannover - einen Antrag auf Zulassung der Berufung, verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, gestellt und auf seinen Schriftsatz vom 20. Mai 2021 Bezug genommen. Die Beklagte tritt dem Wiedereinsetzungsantrag sowie dem Antrag auf Zulassung der Berufung entgegen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig - dazu unter 1. -, aber unbegründet - dazu unter 2. -.

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig. Zwar hat der Kläger die Frist für die Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung (§ 124a Abs. 4 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 VwGO) versäumt. Ihm ist aber antragsgemäß gemäß § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

a) Ist - wie hier - die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen worden, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO); der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen (§ 124a Abs. 4 Satz 2 VwGO).

Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ist das angegriffene Urteil am 22. April 2021 zugestellt worden (Bl. 100/GA). Dementsprechend begann die Frist für die Stellung des Zulassungsantrags – da dem Urteil eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung beigegeben worden ist - gemäß §§ 58 Abs. 1, 57 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie § 187 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) am 23. April 2021 zu laufen und hätte an sich mit Ablauf des 22. Mai 2021 geendet (§§ 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 1 ZPO, 188 Abs. 2 BGB). Da dieser Tag jedoch auf einen Sonnabend fiel und es sich bei dem darauffolgenden Montag um einen allgemeinen Feiertag - den Pfingstmontag - handelte, endete die Monatsfrist gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 2 ZPO mit Ablauf des nächsten Werktages, hier also mit Ablauf des 25. Mai 2021 (= Dienstag nach Pfingsten). Innerhalb dieser Frist ist der Antrag auf Zulassung der Berufung jedoch nicht - wie es nach der Vorschrift des § 124a Abs. 4 Satz 2 VwGO erforderlich gewesen wäre - bei dem Verwaltungsgericht Hannover als dem Gericht, welches das angegriffene Urteil erlassen hat, gestellt worden; vielmehr ist der Antrag nebst Begründung am 21. Mai 2021 bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht eingegangen (vgl. Bl. 113/GA). Die Antragstellung bei einem diesbezüglich unzuständigen Gericht ist indes nicht fristwahrend (Hamb. OVG, Beschluss vom 4.9.1997 - Bs IV 68/97 -, juris Rn. 3 [zur Stellung eines Antrags auf Zulassung der Beschwerde beim Rechtsmittelgericht statt bei dem Verwaltungsgericht, welches den angegriffenen Beschluss erlassen hat]; Nds. OVG, Beschluss vom 13.8.2019 - 2 LA 1532/17 -, juris Rn. 3 [zur Stellung des Zulassungsantrags bei einem anderen Verwaltungsgericht als dem, welches das angegriffene Urteil erlassen hat]; Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage 2021, § 124a Rn. 44 [zur Stellung eines Antrags auf Zulassung der Berufung beim Rechtsmittelgericht statt bei dem Verwaltungsgericht, welches das angegriffene Urteil erlassen hat]).

Eine Übermittlung des Antrags auf Zulassung der Berufung an das insoweit zuständige Verwaltungsgericht Hannover ist erst am 3. Juni 2021 (Bl. 140/GA) - und damit zeitlich nach Ablauf der maßgeblichen Frist des § 124a Abs. 4 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 VwGO - erfolgt.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten (so Zulassungserwiderung vom 15.6.2021 - ZE -, S. 2 f.) sind hier jedoch die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 VwGO) gegeben.

Der Kläger hat glaubhaft gemacht (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO), ohne Verschulden verhindert gewesen zu sein, die gesetzliche Frist des § 124a Abs. 4 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 VwGO einzuhalten (vgl. § 60 Abs. 1 VwGO).

Die Versäumung einer Frist ist im Sinne von § 60 Abs. 1 VwGO unverschuldet, wenn dem Säumigen nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, dass er die Frist ungenutzt hat verstreichen lassen. Verschuldet ist die Versäumung einer Frist demnach dann, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden geboten und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war (BVerwG, Beschluss vom 25.5.2010 - BVerwG 7 B 18.10 -, juris Rn. 4; Nds. OVG, Beschluss vom 1.6.2018 - 5 ME 47/18 -, juris Rn. 6; Kopp/Schenke, a. a. O., § 60 Rn. 9; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 60 Rn. 9). Dabei steht das Verschulden eines Bevollmächtigten - insbesondere eines bevollmächtigten Rechtsanwalts - dem Verschulden des Beteiligten gleich (vgl. § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ZPO), d. h. dem Vertretenen ist das Verschulden seines Bevollmächtigten zuzurechnen. Die „Beweislast“ für die Umstände, die dafür sprechen, dass die Fristversäumung unverschuldet war, liegt bei dem Betroffenen, der Wiedereinsetzung begehrt (BVerwG, Beschluss vom 25.5.2010, a. a. O., Rn. 4). Zu beachten ist schließlich, dass bei der Auslegung der die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand regelnden Vorschriften die Anforderungen an das, was der Betroffene veranlasst haben muss, um Wiedereinsetzung zu erlangen, wegen des Anspruchs auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes nicht überspannt werden dürfen (BVerfG, Beschluss vom 1.8.1996 - 1 BvR 121/95 -, juris Rn. 10; BVerwG, Beschluss vom 13.11.1996 - BVerwG 7 B 304.96 -, juris Rn. 2; Beschluss vom 25.5.2010, a. a. O., Rn. 5).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der verspätete Zugang des Antrags auf Zulassung der Berufung (nebst Begründung) beim Verwaltungsgericht letztlich nicht auf ein dem Kläger zuzurechnendes (Organisations-)Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurückzuführen. Unabhängig von der Frage des Vorliegens eines Fehlers seiner Kanzleikraft bei der Diktataufnahme (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 2.6.2021 (Bl. 135/GA)) hätte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zwar bei Unterzeichnung und der in diesem Zusammenhang rechtlich geschuldeten sorgfältigen Durchsicht seines Schriftsatzes vom 20. Mai 2021 auffallen müssen, dass der Antrag auf Zulassung der Berufung an das insoweit unzuständige Gericht gerichtet war (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 13.8.2019 - 2 LA 1532717 -, juris Rn. 4). Dieses Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist jedoch durch ein in der Sphäre des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts liegendes Verschulden überlagert worden. Damit war nicht mehr der Fehler des Prozessbevollmächtigten des Klägers für die Fristversäumnis ursächlich, sondern entscheidende Ursache hierfür war eine verspätete Bearbeitung des Schriftsatzes durch das Rechtsmittelgericht.

Ausweislich des Vermerks der Justizangestellten H. vom 26. Mai 2021 ist der Telefaxeingang vom 21. Mai 2021, 11:36 Uhr, in der Poststelle lediglich mit dem Bearbeitungsvermerk (Buch) und dem Zusatz „5. Senat“ versehen, jedoch nicht ausgedruckt und vorgelegt worden; dementsprechend sei an jenem Freitag auch keine Akte angelegt worden. Seien Posteingänge mit dem bezeichneten Zusatz markiert, befänden sie sich in der Regel in Bearbeitung, weshalb sie - Justizangestellte H. - an den vorangegangenen beiden Werktagen - dem 21. Mai 2021 (= Freitag vor Pfingsten) und dem 25. Mai 2021 (= Dienstag nach Pfingsten) davon ausgegangen sei, dass sich auch dieser Eingang bereits in Bearbeitung befinde. Sie habe dann am 26. Mai 2021 nach entsprechenden Recherchen jedoch festgestellt, dass der Telefaxeingang vom 21. Mai 2021 noch nicht bearbeitet gewesen sei.

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht seiner aus dem Anspruch der Prozessbeteiligten auf ein faires Verfahren abgeleiteten Pflicht, Schriftstücke, die an das unzuständige Gericht gerichtet sind, im Rahmen des normalen/üblichen Geschäftsgangs weiterzuleiten (hierzu: Nds. OVG, Beschluss vom 13.8.2019, a. a. O., Rn. 3; vgl. auch Sächs. OVG, Beschluss vom 12.3.2021 - 1 A 1266/19.A, juris Rn. 7; Bay. VGH, Beschluss vom 13.7.2021 - 23 ZB 21.1632 -, juris Rn. 6), nicht nachgekommen ist. Zwar hat es bislang dem normalen Geschäftsgang entsprochen, zwischen Gerichten der niedersächsischen Verwaltungsgerichtsbarkeit per (Brief-)Post zu kommunizieren; zu einer beschleunigten Weiterleitung an das zuständige Gericht per Telefax war das unzuständige Gericht nicht verpflichtet (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 13.8.2019, a. a. O., Rn. 3; in diesem Sinne auch Bay. VGH, Beschluss vom 13.7.2021, a. a. O., Rn. 6). Auf die Frage, ob die Weiterleitung des am 21. Mai 2021 (= Freitag vor Pfingsten) um 11:36 Uhr eingegangenen Telefaxes an das Verwaltungsgericht Hannover per Post zu erwarten gewesen und ob in diesem Falle ein rechtzeitiger Eingang dieses Schreibens beim Verwaltungsgericht Hannover bis zum Ablauf des 25. Mai 2021 möglich gewesen wäre, kommt es in diesem Zusammenhang ebenso wenig an wie auf die Frage, ob bei Weiterleitung des Schriftsatzes am 25. Mai 2021 per Post ein fristgerechter Zugang beim Verwaltungsgericht ausgeschlossen gewesen wäre. Denn es entspricht zwischenzeitlich dem üblichen Geschäftsgang - und dies galt auch schon im Mai des Jahres 2021 -, bei der Übermittlung von Schriftstücken zwischen den niedersächsischen Verwaltungsgerichten und dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht diese Schriftstücke, jedenfalls wenn sie als elektronische Dokumente vorliegen, nicht mehr auszudrucken und per Post „von Gericht zu Gericht“ zu übersenden, sondern diese per Elektronischem Gerichts- und Verwaltungspostfachs (EGVP), und damit zeitnah und beschleunigt, zu übermitteln. Dies zugrunde gelegt wäre der am 21. Mai 2021 mittels Digifax eingereichte und daher als elektronisches Dokument vorhandene Antrag auf Zulassung der Berufung des Klägers selbst dann, wenn er erst am 25. Mai 2021 während der üblichen Geschäftszeit per EGVP an das Verwaltungsgericht Hannover weitergeleitet worden wäre, dort noch an diesem Tage - und damit noch innerhalb der hier maßgeblichen Frist - eingegangen.

Der Kläger hat den Wiedereinsetzungsantrag auch innerhalb der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt und zudem innerhalb dieser Frist die versäumte Rechtshandlung nachgeholt, so dass ihm antragsgemäß Wiedereinsetzung zu gewähren war.

2. Der Zulassungsantrag bleibt indes in der Sache ohne Erfolg, weil der vom Kläger allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO -) teilweise bereits nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargelegt wird und im Übrigen nicht durchgreift.

a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen. Es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2011 - 5 LA 28/10 -). Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe dargelegt werden (Nds. OVG, Beschluss vom 24.3.2011 - 5 LA 300/09 -, juris Rn. 6; Beschluss vom 30.8.2011 - 5 LA 214/10 -, juris Rn. 3).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger ernstliche Richtigkeitszweifel im Hinblick auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung, die durch Klageänderung vom 18. Juni 2020 erhobene Feststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig, nicht aufgezeigt.

Der Begriff des berechtigten Interesses in § 43 Abs. 1 VwGO ist ebenso auszulegen wie in § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (Nds. OVG, Beschluss vom 17.8.2006 - 2 LA 1192/04 -, juris Rn. 9; Kopp/Schenke, a. a. O., § 43 Rn. 23). Das berechtigte Interesse schließt also jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art ein (BVerwG, Urteil vom 26.1.1996 - BVerwG 8 C 19.94 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Beschluss vom 17.8.2006, a. a. O., Rn. 11; Kopp/Schenke, a. a. O., § 43 Rn. 23; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 12.11.2020 - BVerwG 2 C 5.19 -, juris Rn. 13 [zum berechtigten Interesse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO]) und kann sich insbesondere aus den Gesichtspunkten der konkreten Wiederholungsgefahr, der Rehabilitierung, der schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung sowie der Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Schadensersatzanspruch ergeben (BVerwG, Urteil vom 12.11.2020, a. a. O., Rn. 13).

aa) Die verwaltungsgerichtliche Feststellung, im Streitfall liege keine Wiederholungsgefahr vor, greift der Kläger nicht an.

bb) Soweit er sich bei verständiger Würdigung des Vorbringens unter Ziffer 2. a) der Zulassungsbegründung gegen die vorinstanzliche Feststellung wendet, ein Rehabilitierungsinteresse sei ebenfalls nicht erkennbar, genügen seine diesbezüglichen Ausführungen teilweise nicht den gesetzlichen Darlegungsanforderungen und sind schon deshalb nicht geeignet, eine Berufungszulassung wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel herbeizuführen.

Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung, dass keine nachteiligen Auswirkungen der Untersuchungsanordnung vom 9. Januar 2020 und der dieser zugrunde liegenden krankheitsbedingten Fehlzeiten mehr zu erwarten stünden, damit begründet, dass die amtsärztliche Untersuchung stattgefunden und diese keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigung des Klägers ergeben habe, der Kläger also aus dem Verfahren auf Überprüfung seiner Dienstfähigkeit als „voll dienstfähig“ hervorgegangen sei. Das hiergegen gerichtete Vorbringen des Klägers (Hervorhebungen auch im Original),

„[f]ür spätere Dienstherren des Klägers und Leser seiner Personalakte ist die Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Anordnung der Beklagten vom 09.01. […] 2020 nicht ohne Weiteres ersichtlich - schon wegen der Komplexität der Ermittlung und der Berechnung der seinerzeitigen krankheitsbedingten Fehltage des Klägers […];

„[d]er spätere Leser der Personalakte des Klägers muss somit den - unzutreffenden - Eindruck bekommen, im Dienstverhältnis des Klägers mit der Beklagten seien krankheitsbedingte Fehlzeiten aufgetreten, die berechtigten Anlass zur Einleitung einer amtsärztlichen Untersuchung der Dienstfähigkeit des Klägers gaben“;

„[s]ollte der Kläger erneut (länger) dienstunfähig werden, kann das naturgemäß negative Konsequenzen für ihn haben“,

lässt die von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geforderte hinreichende Sichtung und Durchdringung des Streitstoffes vermissen. Denn damit hat er die Feststellung der Vorinstanz, der Sachverhalt „Überprüfung der Dienstfähigkeit wegen vorangegangener Fehlzeiten“ sei mit positivem Ausgang für den Kläger abgeschlossen, lediglich die - nicht näher begründete - Behauptung entgegengehalten, „naturgemäß“ habe die Untersuchungsanordnung vom 9. Januar 2020 für ihn „negative Konsequenzen“. Worin diese negativen Konsequenzen liegen sollen, legt der Kläger indes nicht dar.

Ungeachtet dessen sind „negative Konsequenzen“ auch nicht erkennbar. Die Untersuchungsanordnung dient der Ermittlung der medizinischen Daten, die nötig sind, um festzustellen, ob der Beamte dienstunfähig ist; auf der Basis dieser, vom Dienstherrn zu treffenden Feststellung wird ggf. das Zurruhesetzungsverfahren fortgeführt (BVerwG, Beschluss vom 14.3.2019 - BVerwG 2 VR 5.18 -, juris Rn. 20). Im Falle des Klägers hat die amtsärztliche Untersuchung keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) wäre (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG). Dementsprechend ist es zu einer Zurruhesetzungsverfügung wegen Dienstunfähigkeit nicht gekommen, d. h. schon die seinerzeitigen Fehlzeiten haben für den Kläger in dienstrechtlicher Hinsicht keine „negativen Konsequenzen“ gehabt und könnten dies auch in Zukunft nicht. Sollte er erneut länger dienstunfähig erkrankt sein, könnten allein diese neuerlichen Fehlzeiten Anlass für seinen jeweiligen Dienstherrn sein, erneut in das Verfahren auf Überprüfung der Dienstfähigkeit einzutreten.

Soweit der Kläger der Auffassung ist, die Beklagte als seine damalige Dienstherrin habe eine amtsärztliche Untersuchung nicht nur zur Überprüfung seiner Dienstfähigkeit, sondern darüber hinaus zur Überprüfung seiner „Eignung als Führungskraft“ verfügt, und unter dem Gesichtspunkt des Rehabilitierungsinteresses mit der oben dargestellten Begründung auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit „der streitgegenständlichen Anordnung[…] der Beklagten vom […] 12.02.2020“ geltend macht, kann ein entsprechendes Feststellungsinteresse schon deshalb nicht vorliegen, weil eine „Anordnung der Beklagten vom 12. Februar 2020“, gerichtet auf amtsärztliche Überprüfung der Eignung des Klägers als Führungskraft, nicht vorliegt. Die Beklagte hat weder unter dem 12. Februar 2020 noch zu einem anderen Zeitpunkt eine amtsärztliche Untersuchung im Hinblick auf die Führungseignung des Klägers veranlasst.

Dem Verwaltungsvorgang (Beiakte 001) ist zu entnehmen, dass die Beklagte lediglich eine Untersuchungsanordnung an den Kläger, datierend vom 9. Januar 2020, erlassen hat. Aus dieser geht nach Maßgabe eines objektiven Empfängerhorizontes (zu diesem Maßstab vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - BVerwG 8 C 17.01 -, juris Rn. 40; Nds. OVG, Urteil vom 25.1.2022 - 5 LB 145/18 -, juris Rn. 90) eindeutig hervor, dass der Beklagten aufgrund der krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers in den Jahren 2019 und 2020 Zweifel an dessen Dienstfähigkeit erwachsen waren und dass sie zur Klärung des Hintergrundes dieser krankheitsbedingten Fehlzeiten eine amtsärztliche Untersuchung angeordnet hat. Hiermit korrespondierend hat sie in dem an das Gesundheitsamt des Landkreises E. gerichteten Untersuchungsauftrag vom 10. Januar 2020 darauf verwiesen, der Kläger habe im Jahr 2019 krankheitsbedingt 93 und im Jahr 2020 krankheitsbedingt 5 Fehltage aufgewiesen; sie habe keine Informationen über die prognostische Entwicklung seines Gesundheitszustandes und „bitte daher um die Erstellung eines Gutachtens, das über die Dienstfähigkeit meines o. g. Beamten Auskunft gibt“. Eine weitergehende Beauftragung des Gesundheitsamtes in dem Sinne, dass auch die (gesundheitliche oder gar fachliche) Eignung des Klägers als Führungskraft in den Blick genommen werden solle, ist im Verwaltungsvorgang hingegen nicht enthalten. Dementsprechend hat die Beklagte auf die vorprozessuale Erklärung des Klägers, sich keiner amtsärztlichen Nachuntersuchung im Hinblick auf seine Eignung als Führungskraft unterziehen zu wollen, durchgängig erklärt, dem Landkreis E. einen entsprechenden Untersuchungsauftrag nicht erteilt zu haben (Schreiben vom 14.4.2020 sowie vom 29.4.2020). Aus der E-Mail-Korrespondenz des Klägers mit der Amtsärztin F. vom 12. Februar 2020 ergibt sich vielmehr, dass der Gesichtspunkt der „Eignung des Klägers als Führungskraft“ allein durch das Gesundheitsamt des Landkreises E. in den Blick genommen worden ist. Aus der Formulierung der Amtsärztin F., dass keine Zweifel an der vollen Dienstfähigkeit des Klägers bestünden, aber „noch eine weitere abklärungsbedürftige Frage Ihres Dienstherrn“ - nämlich die nach seiner Eignung als Führungskraft - vorliege, ergibt sich zwar, dass das Gesundheitsamt davon ausgegangen ist, die Beklagte habe nicht nur nach medizinischen Tatsachen für die Klärung der Frage der Dienstfähigkeit des Klägers gefragt, sondern auch nach solchen betreffend die Eignung des Klägers als Führungskraft. Letzteres war indes bei objektiver Auslegung der Untersuchungsanordnung vom 9. Januar 2020 sowie des Untersuchungsauftrags vom 10. Januar 2020 - wie ausgeführt - nicht der Fall. Die Aufforderung zur Nachuntersuchung vom 12. Februar 2020 mit der Begründung, es sei im Nachgang zu der bereits abschließend geklärten Frage der Dienstfähigkeit des Klägers noch seine „Eignung als Führungskraft“ amtsärztlicherseits zu untersuchen, ist somit allein dem Gesundheitsamt E., nicht aber der Beklagten zuzurechnen. Dementsprechend sind auch die Ausführungen im amtsärztlichen Gutachten vom 7. April 2020 zu einer „derzeit im Gesundheitsamt nicht durchführbaren Zusatzbegutachtung mit dem Ziel der Klärung, inwieweit der Kläger persönlichkeitsbedingt als Führungskraft einsetzbar sei“, nicht vom Untersuchungsauftrag gedeckt. Ist die Beklagte somit nicht Veranlasserin der Nachuntersuchungaufforderung vom 12. Februar 2020, hätte eine gegen sie gerichtete Klage auf Feststellung, dass die „streitgegenständliche Anordnung der Beklagten vom 12.02.2020 rechtswidrig war“, mangels Passivlegitimation der Beklagten keinen Erfolg.

cc) Soweit sich der Kläger unter Ziffer 2. b) seiner Zulassungsbegründung darauf beruft, ein Feststellungsinteresse ergebe sich unter dem Gesichtspunkt der Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Schadensersatz- bzw. Schmerzensgeldanspruch, dringt er hiermit ebenfalls nicht durch.

Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer behördlichen Handlung bestehen kann, wenn diese Feststellung der Vorbereitung eines Schadensersatz-, Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozesses dient (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9.10.1959 - BVerwG 5 C 165.57 und 166.57 -, juris Rn. 19; Urteil vom 9.3.2005 - BVerwG 2 B 111.04 -, juris Rn. 7). Insoweit ist allerdings weiter erforderlich, dass der entsprechende (Zivil-)Prozess bereits anhängig ist oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten steht (BVerwG, Urteil vom 9.10.1959, a. a. O., Rn. 19; Urteil vom 9.3.2005, a. a. O., Rn. 7). Wenn die unsubstantiierte oder nur aus prozesstaktischen Gründen aufgestellte Behauptung, einen Schadensersatzprozess durchführen zu wollen, genügte, so könnte in jedem Falle der Erledigung eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung durch Urteil erzwungen werden, weil ein Amtshaftungsprozess immer dann denkbar ist, wenn die erledigte Handlung als rechtswidrig festgestellt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.10.1959, a. a. O., Rn. 22). Dies würde aber dem Interesse, eine überflüssige Inanspruchnahme der Gerichte zu verhindern, zuwiderlaufen. Unter Zugrundelegung dessen liegt ein Präjudizinteresse im Streitfall schon deshalb nicht vor, weil der Kläger weder erklärt hat, einen entsprechenden (Zivil-)Prozess bereits anhängig gemacht zu haben, noch substantiiert seine ernsthafte Absicht dargetan hat, einen solchen erheben zu wollen. Mit dem Hinweis, er könne noch bis zum Ablauf der Verjährungsfrist, also bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023, bei den ordentlichen Gerichten Schmerzensgeldklage erheben, es bleibe seiner Entscheidung überlassen, ob und gegebenenfalls wann er seine - nicht verjährten - Schmerzensgeldansprüche gegen die Beklagte geltend mache, hat er lediglich die Möglichkeit der Erhebung einer entsprechenden Klage angesprochen, nicht aber seine ernsthafte Absicht bekundet, entsprechend tätig werden zu wollen.

Ungeachtet dessen setzt das Vorliegen eines Feststellungsinteresses in Form des Präjudizinteresses weiter voraus, dass die beabsichtigte Geltendmachung etwa des Schadensersatz- oder Amtshaftungsanspruchs nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9.10.1959, a. a. O., Rn. 22; BVerwG, Beschluss vom 16.12.2021 - BVerwG 2 B 73.20 -, juris Rn. 13 m. w. Nw.). Hier ist ein Schadensersatz- oder Amtshaftungsanspruch - bezogen auf eine Untersuchungsaufforderung der Beklagten mit dem Ziel der amtsärztlichen Klärung der „Führungseignung“ des Klägers als mögliche schadensverursachende Handlung - bereits deshalb offensichtlich aussichtslos, weil die Beklagte eine solche Untersuchungsanordnung nicht erlassen bzw. deren Mitarbeiter eine entsprechende Untersuchung nicht veranlasst haben.

Bezogen auf die Anordnung der Beklagten vom 9. Januar 2020 als mögliche schadensverursachende Handlung ist ein Schadensersatz- oder Amtshaftungsanspruch ebenfalls aussichtslos, weil eine rechtswidrige Handlung der Beklagten bzw. ihrer Mitarbeiter in Bezug auf die Untersuchungsanordnung vom 9. Januar 2020 nicht vorliegt. Angesichts der umfangreichen Fehlzeiten des Klägers, insbesondere seit April 2019, war die Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung rechtmäßig. Bestehen Zweifel an der Dienstfähigkeit eines Beamten, so ist dieser verpflichtet, sich nach schriftlicher Weisung des Dienstvorgesetzten amtsärztlich untersuchen zu lassen (§ 43 Abs. 1 Satz 2 NBG). Solche Zweifel, die auch auf unterhalb der zeitlichen Mindestgrenze des § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG liegende Fehlzeiten gestützt werden können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.3.2019, a. a. O., Rn. 49), sind der Beklagten angesichts des Umstandes, dass der Kläger im Zeitraum von April bis Ende Dezember 2019 an insgesamt 86 Arbeitstagen krankheitsbedingt gefehlt hatte und auch im Januar des Jahres 2020 nach Inanspruchnahme von 2 Urlaubstagen (2. und 3. Januar 2020) bis zum 9. Januar 2020 krankheitsbedingt nicht zum Dienst erschienen war (vgl. Bl. 40 f./GA), zu Recht erwachsen.

3. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in §§ 40, 47 Abs. 1, Abs. 3, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).