Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 05.08.2022, Az.: 13 U 81/21

Konzessionsvertrag; Akteneinsicht; Kausalität; Rechtsverletzung; Intransparenz; Änderung; Wertungskriterien; vertragliche Zusagen; Rechtsschutz im Verfahren über die Vergabe von Konzessionsverträgen im Sinne § 46 Abs. 2 EnWG

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
05.08.2022
Aktenzeichen
13 U 81/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 61515
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2022:0805.13U81.21.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 14.10.2021 - AZ: 25 O 1/21

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Zum Streitgegenstand eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß § 47 Abs. 5 EnWG, mit dem der Gemeinde der Abschluss des Konzessionsvertrages untersagt werden soll.

  2. 2.

    Zu den Anforderungen, die an die Bestimmtheit des Verbotsantrags zu stellen sind.

  3. 3.

    Zu den für die Wertungsentscheidung der Gemeinde geltenden Transparenzanforderungen, wenn dem unterlegenen Bieter die Akteneinsicht gemäß § 47 Abs. 3 EnWG nur eingeschränkt - unter teilweiser Schwärzung des Angebots des obsiegenden Bieters - gewährt wird.

  4. 4.

    Zum Verfahren bei nachträglicher Änderung der Wertungskriterien. 5. Zur Bewertungsrelevanz vertraglicher Zusagen.

In der Kartellsache
pp.
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 5. August 2022 beschlossen:

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover vom 14. Oktober 2021 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

A.

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Das angefochtene Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 529 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).

(Im Folgenden werden die Parteien abkürzend als Klägerin und Beklagte und die E. GmbH als E. bezeichnet. Des Weiteren werden die Fundstellen wie folgt abgekürzt: 1. Verfahrensbrief = VB, Angebot der Klägerin = AK, Angebot der E. = AE, Bewertungsvermerk = BV)

I.

Der Verfügungsantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt.

Streitgegenstand des Verfügungsverfahrens sind auf der vorliegenden Stufe des Konzessionsvergabeverfahrens nicht die einzelnen gerügten Rechtsfehler, sondern die begehrte Unterlassung in der konkreten Verletzungsform - der beabsichtigten Konzessionsvergabe auf der Grundlage des Ratsbeschlusses vom 14. Juli 2020, dem wiederum die Beschlussvorlage nebst Bewertung der Angebote zugrunde liegt. Rechtschutzziel der Klägerin ist nicht die Feststellung einzelner Rechtsfehler, sondern die Verhinderung der anderweitigen Konzessionsvergabe. Nur bei diesem umfassenden Verständnis des maßgeblichen Streitgegenstands kann auch die Frage der Kausalität etwaiger einzelner Bewertungsfehler geprüft werden. Eine unbillige Behinderung der Klägerin im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB liegt nur dann vor, wenn die gerügten Fehler in einem Umfang bestehen, dass sie Einfluss auf die Bieterreihenfolge gehabt haben können. Nur soweit es zur Beantwortung dieser Frage erforderlich ist, ist das Vorliegen der einzelnen Rechtsfehler festzustellen. Es wäre daher verfehlt, die einzelnen Rechtsfehler in den Verbotsantrag aufzunehmen.

II.

Der Verfügungsantrag dürfte auch begründet sein.

1. Die von den Parteien erörterten Rechtsfragen geben zunächst Anlass, vor der Betrachtung der einzelnen gerügten Rechtsverletzungen die rechtlichen Rahmenbedingungen - vor die Klammer gezogen - darzustellen:

a) Rechtsverletzung durch Intransparenz bei übermäßigen Schwärzungen der Akte Festzustellen ist, ob die Beklagte die Klägerin bei der Vergabe der Wegenutzungsrechte nach § 46 Abs. 2 EnWG entgegen § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB unbillig behindert hat, indem sie bei der Angebotswertung ihre Rechte durch Nichtbeachtung der Grundsätze eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens verletzt hat.

Eine solche Rechtsverletzung dürfte nicht schon dann vorliegen, wenn die Gemeinde den Anspruch auf Akteneinsicht gemäß § 47 Abs. 3 EnWG - etwa aufgrund von nicht gerechtfertigten Schwärzungen - unzureichend erfüllt hat (so aber u.a. OLG Dresden, Urteil vom 7. Oktober 2020 - U 1/20 Kart, juris Rn. 26; KG, Urteil vom 24. September 2020 - 2 U 93/19.EnWG, juris Rn. 94). Denn der Anspruch auf Akteneinsicht hat im Rügeverfahren lediglich eine vorbereitende Funktion. Die Akteneinsicht soll dem unterlegenen Bieter ermöglichen, etwaige Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Auswahlentscheidung zu erkennen und geltend zu machen.

Eine Rechtsverletzung ist jedoch dann gegeben, wenn die Wertungsentscheidung zu einem Auswahlkriterium aufgrund einer ungerechtfertigten Schwärzung für den Bewerber intransparent ist (Senat, Urteil vom 16. Juni 2022 - 13 U 67/21 (Kart) -, Rn. 163, juris; Theobald/Kühling/Theobald/Schneider, 115. EL Januar 2022, EnWG § 47 Rn. 47). Hierdurch wird ihm eine Überprüfung der Wertungsentscheidung unmöglich gemacht oder jedenfalls unzulässig erschwert. In diesem Fall muss der unterlegene Bewerber nicht zusätzlich vortragen, dass insoweit auch Anhaltspunkte für einen Wertungsfehler vorliegen. Es genügt, dass die Wertungsentscheidung für ihn - und das Gericht - durch die vorgenommenen Schwärzungen nicht mehr hinreichend nachvollziehbar ist. Eine solche Intransparenz kann sich nicht nur durch eine Schwärzung des Auswertungsvermerks ergeben. Auch dann, wenn nur das Angebot des obsiegenden Bewerbers geschwärzt ist, kann dies zur Intransparenz der Wertung führen. Das kann dann der Fall sein, wenn für die Wertung wesentliche Elemente des Angebots nicht in dem Auswertungsvermerk dargestellt werden, sondern insoweit auf das Angebot Bezug genommen wird. Hingegen dürfte die bloße Möglichkeit, die Gemeinde könne das Angebot in dem Auswertungsvermerk unzutreffend wiedergegeben haben, grundsätzlich nicht ausreichen, die Intransparenz einer Wertungsentscheidung zu begründen, wenn nicht entsprechende Anhaltspunkte für eine unzutreffende Darstellung der Angebote vorliegen.

Soweit die Beklagte im Zusammenhang mit ihren Informationspflichten auf Rechtsprechung aus der Zeit vor dem Inkrafttreten von § 47 EnWG am 3. Februar 2017 verweist, ist zu berücksichtigen, dass diese nicht uneingeschränkt auf die aktuelle Rechtslage übertragbar ist. Der Gesetzgeber wollte mit der Schaffung des - nicht auf den Wertungsvermerk beschränkten - Akteneinsichtsanspruchs durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung ersichtlich die Transparenz des Vergabeverfahrens stärken und gleichzeitig die Überprüfung der Auswahlentscheidung durch Präklusionsvorschriften beschleunigen. Damit der unterlegene Bewerber seiner neu geschaffenen Rügeobliegenheit nachkommen kann, sollen ihm "zügig Informationen über sämtliche Tatsachen zugänglich gemacht werden, die eine Verletzung in seinen Rechten begründen könnten" (Seite 21 des Gesetzentwurfs, BR-Drucksache 73/16). Jedenfalls in diesem neuen rechtlichen Rahmen ist es zur Wahrung des effektiven Rechtsschutzes geboten, eine Rechtsverletzung auch dann zu bejahen, wenn die Wertungsentscheidung aufgrund einer unzureichenden Akteneinsicht intransparent bleibt und nicht überprüfbar ist.

b) Auslegung und Änderung von Auswahlkriterien

aa) Die von der Gemeinde bekannt gegebenen Auswahlkriterien sind, nicht anders als im Vergaberecht, so auszulegen und zu handhaben, wie sie von den an der Konzession interessierten Unternehmen verstanden werden müssen (BGH, Urteil vom 7. September 2021 - EnZR 29/20 - Gasnetz R., Rn. 10). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Gemeinde bei der Auswahl des Netzbetreibers gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 EnWG den Zielen des § 1 Abs. 1 EnWG verpflichtet ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sie dieser Verpflichtung nachkommen will. Daher ist bei den Auswahlkriterien, die den Zielen des § 1 Abs. 1 EnWG dienen sollen, im Zweifel eine Auslegung vorzugswürdig, die der Erreichung der Ziele besser Rechnung trägt.

bb) Eine nachträgliche Änderung der den interessierten Unternehmen gemäß § 46 Abs. 4 Satz 4 EnWG mitgeteilten Auswahlkriterien muss wiederum allen Bewerbern ausdrücklich und nach Maßgabe dieser gesetzlichen Regelung mitgeteilt werden. Den Transparenzanforderungen genügt es daher nicht, wenn die Gemeinde einem einzelnen Bewerber in dem Bietergespräch oder dem hierzu gefertigten Protokoll mitteilt, dass sie das Auswahlkriterium in einem vom Wortlaut abweichenden Sinn verstehe.

c) Bewertungsrelevanz vertraglicher Zusagen

In Bezug auf zahlreiche Bewertungskriterien rügt die Klägerin, dass die Beklagte bei der Bewertung ihre vertraglichen Zusagen (Anlage 2 zum Konzessionsvertragsentwurf der Klägerin) nicht berücksichtigt habe. Es ist jedoch - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht zu beanstanden, dass die Beklagte ihre Bewertung insoweit ausschließlich auf die Konzepte gestützt hat.

aa) Die Bewertungsbedingungen der Beklagten sehen die Berücksichtigung vertraglicher Zusicherungen - mit Ausnahme der bei bestimmten Kriterien konkret abgefragten Vertragsbedingungen (Nr. 6 -10) - nicht vor.

Nach dem ersten Verfahrensbrief der Beklagten setzt sich das vorzulegende Angebot aus der Darstellung des künftigen Netzbetriebs der Stadt und dem angebotenen Konzessionsvertrag zusammen (S. 12). Die Darstellung soll sich im Aufbau an den vorgegebenen Auswahlkriterien orientieren; bewertet werden ausschließlich die zu dem jeweiligen Unterkriterium getroffenen Aussagen (S. 12). Aus der Sicht eines verständigen Bewerbers hat die Beklagte klar zwischen der "Darstellung des künftigen Netzbetriebs" und dem "angebotenen Konzessionsvertrag" unterschieden. Deutlich wird diese Trennung auch auf Seite 2 des Verfahrensbriefs. Dort wird zwischen den Zielen des § 1 Abs. 1 EnWG und den konzessionsvertraglichen Regelungen unterschieden, wobei sich letztere auf die "kommunalen Belange" beziehen. Die Bewertung sollte grundsätzlich auf der Grundlage der Darstellung erfolgen. Es handelt sich insoweit um einen reinen Konzeptwettbewerb. Vertragliche Regelungen sind - zur Wahrung der kommunalen Belange - nur insoweit maßgeblich, als sie ausdrücklich abgefragt wurden. Ansonsten bestanden aus Sicht des durchschnittlichen Bewerbers keine Anhaltspunkte dafür, dass auch die vertragliche Umsetzung der Konzepte in die Bewertung einfließen würde.

bb) Allerdings trifft es zu, dass rein deskriptive Konzepte das Erreichen der Ziele des § 1 EnWG kaum sicherstellen können, wenn die Umsetzung nicht durch vertragliche Zusicherungen des Netzbetreibers - vorzugsweise mit entsprechenden Vertragsstrafeversprechen - abgesichert wird (vgl. KG Berlin, Urteil vom 25. Oktober 2018 - 2 U 18/18 EnWG -, Rn. 61, juris; Theobald/Kühling/Theobald/Schneider, 115. EL Januar 2022, EnWG § 46 Rn. 118). Ohne vertragliche Absicherung handelt es sich bei den in den Konzepten enthaltenen Darstellungen nur um unverbindliche Absichtserklärungen. Die Gemeinde und die Netzkunden haben grundsätzlich keine rechtlichen Möglichkeiten, die Umsetzung der Konzepte einzufordern. Wenn die Bewerber für die Umsetzung ihrer Konzepte nicht vertraglich einstehen müssen, besteht ein fragwürdiger Anreiz zu unrealistischen Versprechungen. Es ist daher fraglich, ob der bloße Konzeptwettbewerb - ohne die Übernahme entsprechender vertraglicher Verpflichtungen - den Zielen des § 1 EnWG hinreichend Rechnung trägt oder die Gemeinde zur Gewährleistung dieser Ziele gehalten wäre, in ihren Auswahlkriterien auch die Übernahme - strafbewehrter - vertraglicher Verpflichtungen vorzusehen.

cc) Dieser Frage ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium nach dem Präklusionsregime des § 47 EnWG nicht mehr nachzugehen, weil die Bewertung auf der Grundlage der im ersten Verfahrensbrief bekanntgegebenen - von den Bewerbern nicht gerügten - Bedingungen zu erfolgen hat. Nachdem die Klägerin insoweit keine Rüge erhoben hat, kann der Beklagten nicht mehr vorgeworfen werden, dass sie vertragliche Zusicherungen bei der Konzeptbewertung nicht berücksichtigt hat. Vielmehr hätte die - nicht vorab gemäß § 46 Abs. 4 Satz 4 EnWG mitgeteilte - Berücksichtigung vertraglicher Absicherungen einen Bewertungsfehler dargestellt.

dd) Bei einem reinen Konzeptwettbewerb wird die ausschreibende Gemeinde jedoch die erhöhte Gefahr geschönter Darstellungen und unrealistischer Prognosen zu berücksichtigen und ihnen ggf. mit einer vertieften Plausibilitätskontrolle zu begegnen haben.

d) Im Rahmen der gerichtlichen Rechtsfehlerkontrolle ist zu berücksichtigen, dass der Gemeinde bei der Bewertung der Angebote ein erheblicher Beurteilungsspielraum zusteht. Gegenstand der Überprüfung ist, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von keinem unzutreffenden oder unvollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen worden ist, keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und sich die Wertungsentscheidung im Rahmen der Gesetze und der allgemein gültigen Beurteilungsmaßstäbe hält, d.h. Besseres besser, Schlechteres schlechter, Gleiches gleich zu werten und Minder- oder Mehrbemessungen nur bei bedeutsamen Abweichungen vorzunehmen (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Urteil vom 16. Juni 2022 - 13 U 67/21 (Kart), Rn. 25, juris, mwN).

2. Nach den vorstehenden Maßgaben ergibt sich Folgendes für die einzelnen Bewertungen, bei denen die Klägerin Rechtsverstöße gerügt und das Landgericht Fehler oder Intransparenzen bejaht hat:

1. Versorgungssicherheit

1.1.1 Reaktionszeit bei Störungen: Zeitraum zwischen Eingang der Störungsmeldung und Eintreffen am Ort der Störung (Tagesschicht)

Die E. hat bei diesem Kriterium die Höchstpunktzahl von 10 Punkten erhalten, die Klägerin 7 Punkte.

Für den Bewertungsunterschied war aus Sicht der Beklagten maßgeblich, dass die Klägerin für den vorgegebenen Beispielsfall eine Reaktionszeit von 20 Minuten und die E. von 5 Minuten angegeben habe (S. 13 AV).

Die insoweit erhobenen Rügen greifen teilweise durch.

Zwar hat die Beklagte - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten, soweit sie die Sach- und Personalausstattung beider Bewerber für die Zwecke der Störungsbeseitigung für gleichermaßen angemessen angesehen hat.

Die Bewertung der Reaktionszeiten bei Störungen ist jedoch fehlerhaft.

Es erscheint schon nicht vertretbar, bei der Bewertung der Reaktionszeiten allein auf einen einzigen fiktiven Störfall abzustellen, bei dem sich die Störungsstelle zufällig in der Nähe der Betriebsstätte der Beklagten befindet. Dies beruht auf einer unzutreffenden Auslegung des Unterkriteriums. Dieses soll allgemein der Feststellung dienen, ob "eine möglichst kurze Reaktionszeit bei Störungen" gewährleistet ist (S. 3 VB). Es war aus der Beschreibung im Verfahrensbrief nicht erkennbar, dass bei der Bewertung der Reaktionszeit allein auf den fiktiven Beispielsfall abgestellt werden sollte. Aus Sicht eines durchschnittlichen Bieters soll der Beispielsfall vielmehr dazu dienen, das jeweilige Konzept der Störungsbeseitigung zu veranschaulichen und zu plausibilisieren. Bei dem Vergleich der Konzepte und deren Bewertung muss jedoch auch berücksichtigt werden, dass sich die Störungsstellen an beliebigen anderen Punkten im Netzgebiet befinden können. Nur bei dieser naheliegenden Auslegung des Unterkriteriums wird dem Ziel der Versorgungssicherheit hinreichend Rechnung getragen.

Darüber hinaus hat die Beklagte zu Unrecht auf die von der Klägerin angegebene Höchstzeit abgestellt, obwohl ausdrücklich nach dem "durchschnittlich zu erwartenden Zeitraum" gefragt war. Durch eine vermeintliche "Klarstellung" im Bietergespräch und dem zugehörigen Protokoll (Seite 3), es werde eine "Maximalzeit" abgefragt, kann - wie ausgeführt - eine wirksame Änderung des Auswahlkriteriums nicht erfolgen. Darüber hinaus wäre auch die Angabe einer Maximalzeit wenig aussagekräftig, weil beide Bieter redlicherweise nicht ausschließen können, dass es bei einer Verkettung ungünstiger Umstände auch zu deutlich höheren Reaktionszeiten kommen kann, bei der E. zum Beispiel, wenn der diensthabende Mitarbeiter der übergeordneten Rufbereitschaft bereits zu einer anderen Störungsstelle gerufen worden ist. Auf die von der Klägerin mitgeteilten Reaktionszeiten bei früheren Störungen kann - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - schon deshalb nicht abgestellt werden, weil sich diese auf andere Störungsorte bezogen.

Darüber hinaus war nach dem Eintreffen eines "qualifizierten Mitarbeiters" gefragt. Es hätte daher in die Bewertung einfließen müssen, ob die Qualifikation der eintreffenden Mitarbeiter bei beiden Bietern in gleicher Weise für eine schnelle Störungsbeseitigung zielführend ist. Insoweit wird der nach dem Konzept der Klägerin herbeigerufene Monteur in vielen Fällen - wenn hierfür keine Erdarbeiten erforderlich sind - direkt mit der technischen Störungsbeseitigung beginnen können, während die nach dem Konzept der E. zwischengeschalteten Mitarbeiter der übergeordneten Rufbereitschaft (darunter eine "Fachkraft für Arbeitssicherheit") nur zum Teil die Qualifikation besitzen, selbst Arbeiten am Netz durchzuführen. Wie viel Zeit bei der E. bis zum Eintreffen eines Monteurs vergeht, ist nicht ersichtlich.

Im Ergebnis erscheint es jedenfalls möglich, dass - wie von der Klägerin vorgetragen - bei der Vermeidung der aufgezeigten Fehler die Klägerin 10 und die Beklagte 9 Punkte erhalten hätte.

1.1.2 Reaktionszeit bei Störungen Zeitraum zwischen Eingang der Störungsmeldung und Eintreffen am Ort der Störung (Nachtschicht)

Die E. hat bei diesem Kriterium die Höchstpunktzahl von 10 Punkten erhalten, die Klägerin 9 Punkte.

Auch dieser Bewertungsunterschied beruht allein auf den unterschiedlichen Höchstzeiten.

Auch hier hat die Beklagte fehlerhaft auf den angenommenen Höchstwert, nicht auf den Durchschnittswert abgestellt. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die von E. angegebenen Reaktionszeiten zum Teil - wenn die Monteure weiter entfernt wohnen - auf dem Einsatz von Mitarbeitern der übergeordneten Rufbereitschaft beruhen (S. 72 AE) und die Beklagte sich nicht hinreichend mit der Frage beschäftigt hat, ob diese in gleicher Weise eine schnelle Störungsbeseitigung gewährleisten können wie ein Monteur.

Im Ergebnis erscheint es möglich, dass die Beklagte ohne die aufgezeigten Fehler an beide Bewerber 10 Punkte vergeben hätte, weil sich bei den zu ermittelnden Durchschnittswerten allenfalls sehr geringe Unterschiede ergeben dürften, die neben der bei diesem Kriterium ebenfalls zu berücksichtigenden - gleichwertigen - personellen und sachlichen Ausstattung in der Praxis kaum noch relevant sein dürften. Weitere Veränderungen könnten sich ergeben, wenn die Möglichkeit von Störungen im gesamten Netzgebiet in den Blick genommen wird, was jedoch aufgrund der Schwärzungen des Angebots der E. hier nicht vertieft werden kann.

1.2 Investitionen in das Netz

Die E. hat bei diesem Kriterium die Höchstpunktzahl von 10 Punkten erhalten, die Klägerin 9 Punkte.

Dieser Bewertungsunterschied beruht darauf, dass die Beklagte die Angaben der E. als umfassender und nachvollziehbarer angesehen hat, weil sie konkrete Investitionen und Investitionsschwerpunkte benannt und die Planung nicht nur für 3 Jahre, sondern für 5 Jahre dargestellt habe. Demgegenüber fehlten bei der Klägerin Erläuterungen zum kostenintensiven Ersatz der Verteilstationen. Außerdem könnten die aufgeführten ereignisorientierten Investitionen nicht berücksichtigt werden, weil sie keine konkreten Maßnahmen im Sinne des Verfahrensbriefs darstellten.

Die Beklagte bewegt sich überwiegend im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums, wenn sie in Bezug auf die E. die in dem Auswertungsvermerk dargestellten konkreten Investitionsmaßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit als nachvollziehbarer ansieht. Zutreffend ist, dass der bloße Hinweis der Klägerin auf "ereignisorientierte Maßnahmen" nicht den Anforderungen des Bewertungskriteriums genügt, wonach plausibel erläutert werden soll, mit welchen konkreten Maßnahmen die Versorgungsunterbrechungen vermieden werden sollen. Hingegen stellt es eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar, wenn die Beklagte den altersbedingten Austausch der Zähler - ohne nähere Begründung durch E. - als positiv ansieht, während sie den von der Klägerin beabsichtigten Ersatz von zwei Verteilstationen und einer Abgabestation - auf Basis der Altersstruktur - für unzureichend begründet hält. Der Umstand, dass Zähler regelmäßig neu geeicht werden müssen, vermag jedenfalls einen Austausch nicht zu rechtfertigen.

Im Ergebnis erscheint es möglich, dass die Beklagte - unter Berücksichtigung des erheblich größeren Investitionsvolumens der Klägerin - bei Vermeidung des aufgezeigten Fehlers beide Konzepte mit 10 Punkten bewertet hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die unveränderte Fortschreibung bestimmter Investitionsansätze durch die E. um 2 weitere Jahre kaum einen Mehrwert ihrer Darstellung begründen dürfte.

1.3 Instandhaltung des Netzes

Die Klägerin hat bei diesem Kriterium die Höchstpunktzahl von 10 Punkten erhalten, die E. 9 Punkte. Die Beklagte hat zu Gunsten der Klägerin teilweise kürzere Instandhaltungsintervalle berücksichtigt, im Übrigen aber keine bewertbaren Unterschiede festgestellt. Dies gelte - bezogen auf das ausgeschriebene Netzgebiet - auch für die personelle Ausstattung, obwohl die Klägerin über mehr Personal verfüge.

Die Beurteilung, es bestünden hinsichtlich der Personalausstattung keine bewertbaren Unterschiede, ist nicht hinreichend nachvollziehbar. Wenn die Beklagte den Zuschlag erhielte, würde sich die Größe ihres Netzgebietes unstreitig ungefähr verdoppeln. Es liegt auf der Hand, dass dies mit einer erheblichen Ausweitung des personellen Aufwands für die Netzinstandhaltung verbunden wäre. Wenn die E. dies - im Wesentlichen - mit dem bisherigen Personalbestand leisten will (S. 29 AE), drängt sich die Frage auf, ob die Personalausstattung hierfür ausreichend ist. Das könnte nur der Fall sein, wenn bisher ein deutlicher Personalüberhang vorhanden war, wofür nichts ersichtlich ist (und was auf eine unerwünschte Ineffizienz schließen ließe). Zwar kann der E. nicht zum Nachteil gereichen, wenn sie derzeit noch nicht über einen ausreichenden Personalbestand für eine Netzübernahme verfügt. Sie hätte dann aber ein nachvollziehbares Konzept für die Erweiterung der zukünftigen Personalausstattung vorlegen müssen. Dass sie dies getan hat, ergibt sich weder aus dem Auswertungsvermerk noch aus ihrem - insoweit umfangreich geschwärzten - Angebot (S. 120 ff. AE). Die bloße Bereitschaft, erforderlichenfalls weiteres Personal einzustellen, genügt insoweit nicht für eine schlüssige Darstellung.

Es erscheint möglich, dass die Beklagte - wie von der Klägerin vorgetragen - an die E. 8 Punkte vergeben hätte, wenn sie deren Personalkonzept nach vorstehender Maßgabe geprüft und bewertet hätte.

1.4.1 Vermeidung von Gefahren für unbefugte Dritte

Bei diesem Kriterium haben beide Bieter 10 Punkte erhalten.

Dabei hat die Beklagte bei der Klägerin den Schutz der IT-Infrastruktur und bei der E. die Baustellensicherung und Baustellenüberwachung positiv bewertet.

Insoweit weist die Bewertung zwar Fehler auf; diese dürften sich aber im Ergebnis nicht ausgewirkt haben.

Gefragt war nach Maßnahmen, die gewährleisten, dass "unbefugte Dritte" nicht "mit Verteilnetzanlagen in Berührung" kommen und von diesen geschädigt werden. Aus Sicht eines durchschnittlichen Bieters geht es dabei um die Absicherung der Netzanlagen davor, dass Dritte sich unbefugt Zugang zu den Netzanlagen verschaffen können und durch - physischen - Kontakt mit diesen geschädigt werden. Für die Bieter ist nicht erkennbar, dass dabei auch nach der Absicherung und Überwachung von Baustellen gefragt werden sollte. Insbesondere fällt entgegen der Auffassung der Beklagten die Vermeidung von Leitungsschäden bei Baggerarbeiten keinesfalls unter dieses Kriterium, weil Baggerführer keine unbefugten Dritten sind und von ihnen verursachte Explosionsgefahren für Dritte nicht auf deren "Berührung" mit Verteilnetzanlagen beruhen. Auf der anderen Seite fällt aber auch der Schutz der IT-Infrastruktur ersichtlich nicht unter den abgefragten Schutz vor Schäden, die unbefugte Dritte durch den Kontakt mit Verteilnetzanlagen erleiden können.

Im Ergebnis dürfte es daher bei der Bewertung mit jeweils 10 Punkte verbleiben, wenn man bei beiden Angeboten diese zu Unrecht berücksichtigte Gesichtspunkte außer Acht lässt.

2. Preisgünstigkeit

2.1.2 - 2.1.5 Netznutzungsentgelte Heizgas, Mehrfamilienhaus/Kleingewerbe, Mehrfamilienhaus/Gewerbe und Gewerbe

Bei dem Unterkriterium Netznutzungsentgelt Heizgas hat die E. 10 Punkte und die Klägerin 9 Punkte erhalten. Bei den Unterkriterien Netznutzungsentgelt Mehrfamilienhaus/Kleingewerbe und Gewerbe haben die E. und die Klägerin jeweils 10 Punkte erhalten. Bei dem Unterkriterium Mehrfamilienhaus/Gewerbe hat die Klägerin 10 Punkte und die E. 9 Punkte erhalten.

a) Diese Bewertungen sind nicht hinreichend transparent. Wie die Beklagte in dem Protokoll des Bewerbergesprächs mit der Klägerin zutreffend ausgeführt hat, muss hier eine für einen Dritten - auch rechnerisch - nachvollziehbare Prognose abgegeben werden. Ob die Prognosen der E. nachvollziehbar sind, ist anhand der vorliegenden Informationen jedoch nicht feststellbar. In dem Auswertungsvermerk wird hierzu lediglich ausgeführt, die E. könne die Absenkung durch die unterstellte Netzübernahme und Erlösobergrenzenübertragung begründen (S. 37 BV). Diese Aussage ist wenig ergiebig. Ob das in Ansatz gebrachte Zahlenmaterial plausibel, der Rechenweg nachvollziehbar und rechnerisch richtig ist und die Prognose die gesetzlichen Vorgaben der Anreizregulierung - insbesondere § 26 Abs. 2 ARegV - zutreffend berücksichtigt, ist nicht ansatzweise nachvollziehbar. Dass der Auswertungsvermerk insoweit intransparent ist, könnte unschädlich sein, wenn sich die Informationen ohne weiteres aus dem im Rahmen der Akteneinsicht offengelegten Angebot ergäben. Dies ist jedoch aufgrund der sehr weitgehenden Schwärzungen nicht der Fall.

Wie sich aus den Ausführungen der E. zum Kriterium Wegeoptimierung ergibt, will sie die Reduzierung der prognostizierten Netzentgelte auf Einsparpotentiale zurückführen, die sie - im Vergleich zu einem isolierten Gasnetzbetrieb - mit 50 % der jährlichen Personal- und Prozesskosten beziffert (S. 237 AE). Ob diese sehr optimistisch erscheinenden Prognosen nachvollziehbar sind, lässt sich aufgrund der Schwärzungen nicht beurteilen.

b) Die Klägerin kann nicht darauf verwiesen werden, dass sie aufgrund ihrer besonderen Sachkenntnis Mutmaßungen über den Angebotsinhalt der E. anstellen könnte und auf dieser Grundlage möglicherweise trotz der Schwärzungen etwaige Bewertungsfehler bei den Netzentgeltprognosen feststellen könnte. Dies entspräche nicht der Intention des Gesetzgebers, der einerseits ein strenges Präklusionsregime mit sehr kurzen Rügefristen geschaffen hat, andererseits im Gegenzug die Transparenz des Verfahrens durch ein umfassendes Akteneinsichtsrecht gestärkt hat. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung wird ausgeführt: "Eine Rügeobliegenheit in Bezug auf die von der Gemeinde getroffene Auswahlentscheidung setzt voraus, dass dem unterlegenen Bewerber zügig Informationen über sämtliche Tatsachen zugänglich gemacht werden, die eine Verletzung in seinen Rechten begründen könnten. Daher enthält Absatz 3 ein entsprechendes Recht auf Akteneinsicht." (BR-Drucksache 18/8184, S. 17)

c) Nach dem Wortlaut des Gesetzes besteht im Grundsatz ein umfassendes Akteneinsichtsrecht, das folglich auch die Angebote der Bieter umfasst. Schwärzungen sind nur zulässig, soweit es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Bieter handelt und die Versagung der Akteneinsicht zu deren Wahrung geboten ist. Die Schwärzung von Geschäftsgeheimnissen setzt folglich eine Interessenabwägung voraus. Das Interesse an der Aufrechterhaltung des Geheimwettbewerbs genügt für sich genommen nicht, um eine Begrenzung der Akteneinsicht zu rechtfertigen. Denn es ist beachten, dass der Grundsatz des Geheimwettbewerbs im Fall der öffentlichen Auftragsvergabe im Wettbewerb um den jeweiligen Auftrag von vornherein durch das Transparenzgebot begrenzt wird (BGH, Urteil vom 7. September 2021 - Gasnetz R. - Rn. 13). Der Vorschlag des Bundesrates, den Akteneinsichtsanspruch auch zum Schutz des Geheimwettbewerbs zu begrenzen (BT-Drucksache 18/8184, S. 21), ist nicht umgesetzt wurden.

Die Auffassung, der gesetzliche Akteneinsichtsanspruch erstrecke sich von vornherein nicht auf die Angebote (so offenbar Theobald/Kühling/Theobald/Schneider, 115. EL Januar 2022, EnWG § 47 Rn. 44), findet im Gesetz keine Stütze. Die Angebote sind ohne Weiteres Bestandteil der Akten. Möglicherweise beruht diese Auffassung auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die noch die frühere Rechtslage vor Schaffung des gesetzlichen Akteneinsichtsanspruchs betrafen. Im Übrigen würde diese Auffassung dazu führen, dass die Anforderungen an den Auswertungsvermerk erheblich steigen würden. Denn dann müssten die Bewertungen im Auswertungsvermerk stets aus sich heraus nachvollziehbar sein, ohne dass dabei ergänzend auf die Angebote zurückgegriffen werden könnte. Nach diesem Maßstab wäre im Streitfall die sehr knappe Darstellung der Prognose der Netzentgelte in dem Auswertungsvermerk ersichtlich unzureichend.

d) Nach dieser Maßgabe führt im Streitfall die Beschränkung des Akteneinsichtsrechts zu einer unzulässigen Intransparenz der Wertungsentscheidung.

Es kann dahingestellt bleiben, ob eine gewisse verbleibende Intransparenz der Bewertung hinzunehmen wäre, wenn andernfalls Geschäftsgeheimnisse des obsiegenden Bieters aufzudecken wären, an deren Geheimhaltung er ein gewichtiges Interesse hat. Denn im Streitfall gehen die Schwärzungen des Angebots ersichtlich deutlich darüber hinaus. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass es sich zu einem erheblichen Teil um Daten handele, die der Klägerin bereits anderweitig bekannt seien. In diesem Fall führen die Schwärzungen dazu, dass die Klägerin nicht nachvollziehen kann, ob die E. korrekte Daten in Ansatz gebracht hat und die Berechnungen rechnerisch richtig sind und der Rechenweg der Rechtslage entspricht. Darüber hinaus wäre - auch wenn die Schwärzung einzelner Daten geboten wäre - in jedem Fall die Schwärzung ganzer Passagen unverhältnismäßig. Würden nur die jeweiligen Daten geschwärzt, könnte zumindest noch der Rechenweg nachvollzogen werden, was vorliegend jedoch nicht mehr der Fall ist. Schließlich fehlt es auch an einer hinreichenden Darlegung der Geheimhaltungsbedürftigkeit durch die Beklagte. Grundsätzlich ist konkret für jede geschwärzte Information (Zahl, etc.) darzulegen, welche Art von Information jeweils geschwärzt wurde und warum dies unter Abwägung der beiderseitigen Interessen geboten ist. Das recht pauschale Vorbringen der Beklagten genügt nicht, um nachvollziehen zu können, ob im Einzelfall dem Geheimnisschutz der E. der Vorrang vor dem Transparenzerfordernis zu geben ist und die damit verbundenen Einschränkungen des Rechtsschutzes der Klägerin (Art. 19 Abs. 4 GG) ausnahmsweise hinzunehmen sind. Verbleibt es im Ergebnis bei einzelnen Schwärzungen, müsste zur Wahrung der Transparenz der Auswertungsvermerk entsprechend ausführlicher abgefasst werden, sodass die Prognosen so gut wie möglich nachvollzogen werden können. Bislang ist nicht einmal ersichtlich, ob nach der Prognose der E. die anrechenbaren Kosten nur in Bezug auf das zu übernehmende Teilnetz sinken oder auch in Bezug auf das Bestandsnetz der E. und nach welchem Rechenschema die Kostensenkungen an die verschiedenen abgefragten Kundengruppen weitergegeben werden. In keiner Weise nachvollziehbar ist, dass nicht einmal die prognostizierten Grund- und Arbeitspreise mitgeteilt werden, sondern nur die für die Beispielsszenarien ausgerechneten Durchschnittspreise.

e) Darüber hinaus hat die Klägerin auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die annähernd gleich hohen Absenkungen der für die jeweiligen Beispielszenarien ausgerechneten Netzentgelte von 2020 auf 2021/2022 um 0,3 bzw. 0,29 ct/kWh Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung von E. wecken. Weil im Auswertungsvermerk nur der für die Beispiele zu einem bestimmten Verbrauch mitgeteilte Durchschnittspreis je kWh (inklusive anteiligem Grundpreis) genannt wird, ist schon nicht ersichtlich, mit welchen Grund- und Arbeitspreisen dabei jeweils gerechnet worden ist. Wenn - wie die Beklagte vorgetragen hat - die Grundpreise unverändert geblieben sind (Bl. 163R d.A.), kann die Senkung der Durchschnittspreise nur auf einer Reduzierung der Arbeitspreise beruhen. Die Arbeitspreise sind im Ausgangspunkt für die verschiedenen Kundengruppen regelmäßig sehr unterschiedlich, weil bei höheren Jahresabnahmemengen die anteiligen Kosten für den Gasanschluss je bezogener kWh niedriger sind. Zu erwarten wäre daher grundsätzlich, dass sich Kostensenkungen je kWh bei Kunden mit ohnehin schon niedrigeren Arbeitspreisen - in absoluten Zahlen - geringer auswirken. Wenn sich stattdessen die Durchschnittspreise je kWh bei allen Kundengruppen in gleicher Höhe verändern sollen, müssten sich die prognostizierten Veränderungen der Erlösobergrenzen ausschließlich auf solche Kostengruppen beziehen, die je bezogener kWh bei allen Kundengruppen jeweils in gleicher Höhe anfallen und nicht bei höheren Bezugsmengen anteilig sinken. Das ist wenig plausibel. Die Beklagte hat auch nicht mitgeteilt, auf welchen Kostengruppen dieser erstaunliche Effekt beruht. Die Aussage, die kalkulationsbedingten Preisanpassungen würden bei der E. über den Arbeitspreis abgebildet (Bl. 163R d.A.), liefert hierfür keine nachvollziehbare Begründung.

f) Weil aufgrund der Intransparenz die Nachvollziehbarkeit der Prognosen der E. nicht beurteilt werden kann und sie außerdem auch nicht plausibel erscheinen, ist gänzlich unklar, welches Wertungsergebnis in Betracht kommt. Sofern schwerwiegende Mängel vorliegen und die Prognosen deshalb nicht nachvollziehbar sind, käme auch eine Bewertung der Netzentgelt-Prognosen von E. mit 0 Punkten in Betracht.

Jedenfalls erscheinen die von der Klägerin vorgetragenen Bewertungen der Netznutzungsentgelte möglich:

- für die Klägerin jeweils 10 Punkte und

- für die E. 9 Punkte (Heizgas), 9 Punkte (Mehrfamilienhaus/Kleingewerbe), 8 Punkte (Mehrfamilienhaus/Gewerbe) und 9 Punkte (Gewerbe).

3. Verbraucherfreundlichkeit

3.1 Serviceangebot über Fernkommunikationsmitteln

Die E. hat hier 10 Punkte erhalten, die Klägerin 9 Punkte.

Die deutlich längere telefonische Erreichbarkeit der Klägerin hat die Beklagte zwar positiv berücksichtigt. Einschränkend hat sie vermerkt, dass der technische Kundenservice der Klägerin, der sämtliche relevanten Dienstleistungen erbringe, ausweislich des Protokolls des Bietergesprächs nur 8 Stunden erreichbar sei und der allgemeine Telefonservice keine abschließende Bearbeitung der Anfragen sicherstelle. Zudem habe die E. eine telefonische Kundenbefragung angeboten, um die telefonische Erreichbarkeit und den Rückrufservice bedarfsgerecht auszuweiten. Dass die Klägerin - anders als die E. - ihre technische Ausstattung nicht nachvollziehbar dargestellt habe, sei negativ zu bewerten. Vergleichbar seien beide Angebote hinsichtlich der angebotenen Beratung per E-Mail und der zur Verfügung stehenden Durchwahlnummern.

Dass die Klägerin trotz der erheblich längeren telefonischen Erreichbarkeit (73 h/Woche zu 44 h/Woche) im Ergebnis weniger Punkte erzielt hat als die E., dürfte durch Beurteilungsfehler beeinflusst sein.

Die Klägerin bietet nach dem für die Beurteilung maßgeblichen verbindlichen Angebot für ihren allgemeinen Telefonservice einen umfangreichen Servicekatalog mit einer Erstlösequote von mindestens 90 % und der Bearbeitung von mindestens 95 % der eingehenden Anfragen bis zum Ende des ersten Arbeitstages an (S. 96 ff. AK). Die längere telefonische Erreichbarkeit ist aus Sicht der Verbraucher von erheblichem Vorteil. Auch wenn nicht jede technische Frage direkt geklärt werden kann, sondern von dem Ansprechpartner unter Umständen beim technischen Netzkundenservice Rücksprache genommen werden muss und dieser eingeschränkter erreichbar ist, ist es für den Kunden vorteilhaft, dass er sein Anliegen telefonisch - ohne Voranmeldung - im direkten Dialog mit einem Ansprechpartner besprechen kann und dieser die erforderlichen Maßnahmen einleitet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch die kaufmännisch ausgebildeten Mitarbeiter des Telefonservice von E. ggf. Mitarbeiter aus dem jeweiligen Fachabteilungen hinzuziehen müssen (S. 46 AE). Die von E. zugesagte Kundenbefragung kann den Vorteil des Angebots der Klägerin nicht ausgleichen, weil die Angaben zu der möglichen Angebotsausweitung von E. zu vage und unbestimmt sind. Es ist nicht ersichtlich, wovon die E. eine verbraucherfreundliche Erweiterung ihrer Erreichbarkeit abhängig machen will. Schon jetzt steht fest, dass es aus Sicht der Verbraucher vorteilhaft ist, auch nach 16.30 Uhr bzw. freitags nach 13.00 Uhr sowie samstags den Telefonservice zu erreichen.

Soweit die Beklagte gemeint hat, das Angebot der Klägerin werde im Ergebnis von der E. aufgrund von deren Angaben zu ihrer technischen Ausstattung übertroffen, mangelt es an einer ausreichenden Einordnung des Mehrwerts der betreffenden Angaben gegenüber den von der Klägerin zugesagten Servicestandards. Dass die Telefonanlage der E. gewährleistet, dass sämtliche mit dem Telefonservice befassten Mitarbeiter gleichzeitig telefonieren können, dürfte nach heutigen Standards eine Selbstverständlichkeit sein. Dass der Einsatz von Headsets den Mitarbeitern der E. ermöglicht, nebenbei auch anderen Bürotätigkeiten nachzugehen, dürfte für die Anrufer - im Vergleich zu der von der Klägerin zugesagten maximalen Wartezeit von 45 Sekunden - keinen Vorteil haben. Im Übrigen dürfte der Einsatz von Headsets im Telefonservice ohnehin Standard sein. Dass der Einsatz einer speziellen Kommunikationssoftware im Vergleich zu der üblichen unternehmensinternen Kommunikation per E-Mail für die Verbraucher einen spürbaren Vorteil bringt, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Hingegen dürfte es keinen Bewertungsfehler darstellen, dass die Beklagte bei diesem Kriterium nicht berücksichtigt hat, dass die Klägerin persönliche Ansprechpartner für besondere Kundengruppen sowie für die Stadt vorhält. Das Auswahlkriterium soll ausdrücklich dem Ziel der Verbraucherfreundlichkeit (§ 1 Abs. 1 EnWG) dienen. Es ist nicht ersichtlich, dass die angesprochenen besonderen Kundenkreise zu den Verbrauchern zählen (§ 13 BGB).

Im Ergebnis fehlt es aber jedenfalls an einer - an dem Ziel der Verbraucherfreundlichkeit orientierten - Abwägung der Vorteile der erheblich umfangreicheren telefonischen Erreichbarkeit der Klägerin gegenüber der besseren Darstellung der technischen Ausstattung durch die E. Es erscheint möglich, dass dabei im Ergebnis die Klägerin 10 Punkte und die E. 8 Punkte erhalten würde.

Ziffer 3.2 Serviceangebot im Internet

Bei diesem Kriterium hat die Klägerin 10 und die E. 8 Punkte erhalten.

Bei der Klägerin hat die Beklagte die "Service Community" und den "Live chat" positiv beurteilt. Ansonsten hat die Beklagte keine bewertbaren Unterschiede festgestellt. Die Angebote der Klägerin in sozialen Netzwerken hat die Beklagte nicht positiv gewertet, weil sie nicht der Kundenberatung dienten.

Diese Beurteilung dürfe nicht zu beanstanden sein. Das Internetangebot von E. wird in dem Vermerk der Beklagten ausreichend nachvollziehbar dargestellt, um die Bewertung als gleichwertig zu rechtfertigen. Eine Intransparenz der Bewertung ist nicht ersichtlich, auch wenn insoweit die umfangreichen Schwärzungen in dem Angebot der E. möglicherweise den Akteneinsichtsanspruch der Klägerin verletzten. Die Beklagte bleibt innerhalb ihres Beurteilungsspielraums, wenn sie in dem Auftritt der Klägerin in sozialen Netzwerken keinen Mehrwert in Bezug auf das vorliegende Auswahlkriterium erkennt. Die Klägerin hat nicht dargestellt, welche weiteren wesentlichen Informationen und Dienstleistungen, die nicht bereits in ihrem eigenen Internetauftritt angeboten werden, in den sozialen Netzwerken abgerufen werden können. Insoweit dürfte zumindest vertretbar sein, keinen Nachteil darin zu sehen, wenn ein Netzwerkbetreiber, der bereits alle erforderlichen Angebote auf seinen eigenen Internetseiten bereithält, die Netzkunden insoweit nicht zusätzlich auf soziale Medien verweist.

Ziffer 3.3 Serviceangebot vor Ort

Hier hat die E. 10 Punkte und die Klägerin nur 6 Punkte erhalten.

Zu Gunsten von E. hat die Beklagte berücksichtigt, dass das Kundencenter der E. derzeit leichter und schneller zu erreichen sei. Zwar beabsichtige die Klägerin, auch ein Kundencenter in D. zu eröffnen, hierzu fehlten jedoch konkrete und belastbare Angaben. Zudem biete die E. erheblich längere Öffnungszeiten. Positiv sei der von E. benannte Zeitraum für Beratungstermine vor Ort. Außerdem beabsichtige die E., eine Kundenbefragung zur besseren Gestaltung der Öffnungszeiten durchzuführen. Anders als die E. habe die Klägerin ihre Personalausstattung nicht nachvollziehbar dargestellt. Der Beratungsumfang sei zwar bei beiden Bietern vergleichbar, im angekündigten Kundencenter könne aber nicht zu sämtlichen Fragen beraten werden.

Die Bewertung beruht auf Fehlern. Zu Unrecht hat die Beklagte in die Bewertung einfließen lassen, dass belastbare Angaben der Klägerin dazu fehlten, wo und wann sie das Kundencenter in D. einrichten wolle. Dispositionen zur Anmietung muss die Klägerin erst mit der Zuschlagerteilung vornehmen, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Es war in dem Verfahrensbrief auch nicht verlangt worden, dass die Klägerin bereits eine entsprechende Mietoption nachweist. Auch in der Sache erscheint es fernliegend, dass bei entsprechenden Bemühungen - zum Beispiel der Einschaltung eines Maklers - nicht gelingt, eine entsprechende Bürofläche für bis zu zwei Mitarbeiter anzumieten. Die Anforderungen sind insoweit denkbar gering. Genügen würde zum Beispiel auch eine abgetrennte Teilfläche in einem ansonsten anderweitig genutzten Ladenlokal, etwa einer Bank etc.

Nicht zu beanstanden ist hingegen, dass die Beklagte die kürzeren Öffnungszeiten für das Servicecenter der Klägerin in D. berücksichtigt hat. Die Bedeutung dieses Unterschieds dürfte allerdings zurückhaltend zu beurteilen sein, weil einfache Anliegen - schneller und weniger aufwändig - bereits telefonisch oder über das Internet geklärt werden können und von der Klägerin eine vertiefte fachliche Beratung vor Ort auch außerhalb der Öffnungszeiten angeboten wird. Insoweit ist allerdings - geringfügig - zu Gunsten der E. zu berücksichtigen, dass sie sich insoweit durch Angabe eines zeitlichen Rahmens festgelegt hat. Hingegen ist das Angebot einer Kundenbefragung wiederum derart vage, dass sich hieraus kein konkreter Vorteil ergibt.

Entgegen der Beurteilung der Beklagten hat die Klägerin auch - wie gefordert - ihre Personalausstattung nachvollziehbar dargestellt. Die Klägerin hat angeboten, dass zwei kompetente und qualifizierte Ansprechpartner den gesamten Serviceumfang abdecken können. Dabei ist im Vergleich zu berücksichtigen, dass bei der E. das Kundenzentrum offenbar - soweit sich das anhand des umfangreich geschwärzten Angebots nachvollziehen lässt - mit Servicemitarbeitern mit kaufmännischen Ausbildungen besetzt ist, die im Bedarfsfall Mitarbeiter der jeweiligen Fachrichtungen hinzurufen können (S. 185 AE). Ob diese Mitarbeiter, die als Monteure etc. auch anderen Tätigkeiten nachgehen, stets sofort zur Verfügung stehen oder insoweit ein gesonderter Termin zu vereinbaren wäre, ist nicht ersichtlich.

Im Ergebnis ist es möglich, dass die Klägerin bei Vermeidung der aufgezeigten Fehler zumindest 9 Punkte erhalten hätte.

Ziffer 3.4 Serviceangebot bei Störungen

Hier hat die E. 10 Punkte und die Klägerin 8 Punkte erhalten.

Bei der E. sei die konkrete Darstellung der Organisation und Sicherstellung der Informationsweitergabe positiv. Bei der Klägerin bezögen sich die dargestellten Maßnahmen hingegen so gut wie nur auf Großstörungen. Bei der E. sei auch die Weitergabe der Informationen auf der Internetseite positiv, während die Klägerin nichts Vergleichbares anbiete, weil ihre Online-Störungskarte nur Störungen im Stromnetz aufzeige.

Die Beurteilung beruht auf Bewertungsfehlern. Es ist unzutreffend, dass sich die Maßnahmen der Klägerin so gut wie nur auf Großstörungen beziehen. Eine derartige Einschränkung ist dem Angebot der Klägerin nicht zu entnehmen. Es werden die verschiedenen möglichen Informationswege dargestellt (vgl. S. 124 AK). Die angebotenen Maßnahmen bei Großstörungen ergänzen die ansonsten genannten Informationswege. Außerdem hat sich die Klägerin entgegen der Darstellung der Beklagten ausdrücklich verpflichtet, auf ihrer Internetseite Auskunft über die aktuelle Netzsituation zu geben. Es bestehen keine Zweifel, dass sich dies - dem abgefragten Auswahlkriterium entsprechend - auf das Gasnetz im Konzessionsgebiet bezieht. Dass die Klägerin derzeit die angebotenen Informationen noch nicht unter dem mitgeteilten Onlineservice bereithält, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Insgesamt erscheint es möglich, dass die Beklagte bei zutreffender Erfassung des Sachverhalts beide Bieter mit 10 Punkten bewertet hätte.

3.5.1 Zügige Bearbeitung des Antrags auf Netzanschluss

Die E. hat 10 Punkte erhalten, die Klägerin 8 Punkte.

Dem liegt zu Grunde, dass nach Auffassung der Beklagten die E. das Angebot schneller - binnen einem Werktag - erstelle, während die Klägerin hierfür zwei Werktage benötige.

Die Beurteilung beruht auf einer fehlerhaften Auslegung des Angebots der Klägerin. Die zugesagte Bearbeitungszeit ergibt sich hinreichend deutlich aus dem Angebot der Klägerin. Danach prüft die Klägerin den Antrag am Werktag des Eingangs und erstellt innerhalb von einem Werktag - das heißt spätestens am nächsten Werktag - das verbindliche Angebot (S. 128 AK). Die vorangegangene Aussage, sie erledige alles "innerhalb von maximal zwei Werktagen", bezieht sich ersichtlich darauf, dass sie an zwei Werktagen tätig wird, am Tag des Angebotseingangs und am folgenden Werktag. Bei der gebotenen Gesamtschau bleiben keine Zweifel an dieser Auslegung. Dass vertragliche Zusagen nach Auffassung des Senats bei der Bewertung nicht positiv in die Bewertung eingehen dürfen, ändert nichts daran, dass sie bei der Auslegung des Angebots ohne Weiteres zu berücksichtigen sind.

Es ist davon auszugehen, dass die E. mit der Zusage, das Angebot innerhalb eines Werktages zu erstellen, ebenfalls entsprechend § 187 Abs. 1 BGB den Tag des Antragseingangs nicht mitgerechnet hat und eine Angebotserstellung bis zu dem auf den Tag des Antragseingangs folgenden Werktag meint. Gegenteiliges lässt sich aufgrund der weitgehenden Schwärzung des Angebots nicht feststellen.

Danach hätte für beide Angebote die höchste Punktzahl von 10 Punkten vergeben werden müssen.

3.5.2 Zügige Fertigstellung des Netzanschlusses

Für dieses Kriterium hat die E. 10 Punkte und die Klägerin 3 Punkte erhalten.

Insoweit hat die Beklagte angenommen, dass die Klägerin - anders als die E., die einen Zeitraum von drei Tagen für die Fertigstellung des Netzanschlusses genannt habe - nicht diesen Zeitraum, sondern nur den Zeitraum für den Einbau des Zählers in den fertigen Hausanschuss angegeben habe. Soweit die Klägerin den Einsatz von Tiefbauunternehmen vorsehe, fehle es an der Benennung der Unternehmen und der zeitlichen Verfügbarkeit.

Die Bewertung beruht auf Fehlern. Zum einen ist die Auslegung des Angebots der Klägerin nicht vertretbar, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Die Beklagte hat nach dem Zeitraum von der Auftragserteilung bis zur Fertigstellung des Netzanschlusses gefragt. Es ist davon auszugehen, dass die unter der Überschrift "Schnelle Erstellung eines Standard-Hausanschlusse" angegebene "Dauer bis Zählereinbau" von 1- 3 Werktagen (S. 129 AK) die hierzu erforderlichen beiden Arbeitsschritte Herstellung der Verbindungsleitung und Einbau des Zählers umfasst. Zwar ist die von der Klägerin verwendete Formulierung sprachlich nicht sonderlich gelungen. Es ist aber gänzlich fernliegend, dass die Klägerin damit nicht die Frage der Beklagten beantworten, sondern nur mitteilen wollte, wie lange sie nach der Fertigstellung der Verbindungsleitung für die Montage des Zählers benötigt. Damit würde unterstellt, dass die Klägerin bewusst eine Abwertung ihres Angebots provoziert hat. Eine solche Auslegung ist weder interessengerecht noch mit § 242 BGB vereinbar. Vielmehr soll die Formulierung ersichtlich nur besagen, dass bei dem Einbau des Zählers die übrigen Arbeiten bereits erfolgt sind und die Fertigstellung des Hausanschlusses damit abgeschlossen wird. Dieser Auslegung steht es entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht entgegen, dass die Klägerin ihren Netzkunden bislang längere Zeiträume für die Herstellung von Hausanschlüssen nennt. Dies schließt es nicht aus, dass sie im Rahmen der vorliegenden Ausschreibung auch zur Einhaltung kürzerer Fristen bereit ist, zumal entsprechende Kundenwünsche nach einer derart kurzfristigen Anschlussherstellung eher die Ausnahme sein und nicht den üblichen Abläufen bei einem Bauvorhaben entsprechen dürften.

Es trifft zu, dass sich bei dem Angebot der Klägerin die Frage stellt, inwiefern sie - bei einem etwaigen Kundenwunsch - die angebotene "sofortige Umsetzung" in Bezug auf den Einsatz von Nachunternehmern sicherstellen kann. Soweit die Beklagte dies nachteilig bewerten will, hätte sie aber auch der Frage nachgehen müssen, ob die E. mit dem vorhandenen Personal immer sofort tätig werden kann und wie dies sichergestellt sein sollte. Es erscheint fernliegend, dass die E. immer unmittelbar nach Auftragseingang mit der Ausführung der Arbeiten beginnen kann. Dies würde voraussetzen, dass die eingesetzten Mitarbeiter nicht für andere, bereits längerfristig geplante und abgestimmte Arbeiten und auch nicht für vordringliche Störungsbeseitigungen benötigt werden und sich jederzeit für die Ausführung derart kurzfristiger Aufträge bereithalten (was wiederum auf unerwünschte Ineffizienzen hindeuten dürfte). Dass dies der Fall ist, erscheint wenig plausibel, zumal die E. ihr Personal bei einer Übernahme des Netzes nur geringfügig aufstocken und im Übrigen die hinzukommenden Aufgaben mit dem bisherigen Personalbestand erfüllen will. Ob sich hierzu aus dem Angebot der E. etwas Substantielles ergäbe, kann aufgrund der umfangreichen Schwärzungen nicht festgestellt werden.

Dieses Auswahlkriterium zeigt exemplarisch, wie der - nicht durch Vertragsstrafen abgesicherte - Konzeptwettbewerb dazu verleitet, wenig realistische und in der Praxis auch kaum gefragte Höchstleistungen anzubieten, die zudem mit einem möglichst effizienten Netzbetrieb in einem Zielkonflikt stehen. Umso mehr ist eine kritische Bewertung beider Angebote geboten. Die Beklagte misst mit zweierlei Maß, wenn sie insoweit nur das Angebot der Klägerin in Frage stellt.

Im Ergebnis kommt in Betracht, dass beide Bieter 10 Punkte erhalten.

3.6 Zügige Bearbeitung von Kundenbeschwerden

Für dieses Kriterium haben beide Bieter 10 Punkte erhalten.

Maßgeblich war für die Beklagte, dass die durchschnittliche Bearbeitungszeit vergleichbar sei, weil bei beiden Bietern die große Mehrzahl der Beschwerden nach einem Tag gelöst werde.

Zu Recht beanstandet die Klägerin die Intransparenz der Bewertung. Der Bewertungsvermerk lässt nicht erkennen, welchen Bearbeitungsweg bei der E. die schriftlichen Beschwerden nehmen (10 % des Gesamtaufkommens der Beschwerden), die nicht unverzüglich beantwortet werden können (65 % der schriftlichen Beschwerden). Auch dem Angebot der E. lässt sich dies nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, weil sich durch die Schwärzungen Unklarheiten ergeben. Auch wenn es sich hierbei nur um 6,5 % der Beschwerden handelt, kann daher nicht festgestellt werden, ob insgesamt die zugesagte Bearbeitung von 98 % der Beschwerden binnen 3 Werktagen erreicht werden kann. Dies ist auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil gerade diese verbleibende Gruppe - schriftliche Beschwerden, die nicht unmittelbar beantwortet werden können - auf gewichtigere Probleme des Netzbetriebs hinweisen könnten. Im Übrigen bleibt auch unklar, welchen Zeitraum die E. unter einer unverzüglichen Bearbeitung in Bezug auf die 35 % der schriftlichen Beschwerden konkret versteht.

Die Bewertung greift außerdem ersichtlich zu kurz, wenn sie die Angebote schon deshalb für vergleichbar hält, weil die große Mehrzahl der Beschwerden binnen eines Tages gelöst werde, was bei der Klägerin 90 % der Beschwerden und bei der Beklagten - soweit nachvollziehbar - 81 % (90% von 90 %) betrifft. Die Bewertung ist unvollständig, wenn nicht auch die übrigen Beschwerden in den Blick genommen werden. Hierzu fehlen wertende Ausführungen der Beklagten.

Es ist möglich, dass die E. bei der gebotenen umfassenden Wertung der Bearbeitungszeiten 9 Punkte erhalten hätte.

Selbst wenn sich nachvollziehen ließe, dass die E. 98 % der Beschwerden binnen 3 Tagen und die restlichen Beschwerden in der gesetzlichen Höchstfrist für Verbraucherbeschwerden von 4 Wochen (§ 111a EnWG) bearbeitet, könnte es zu einer Abwertung führen, wenn die E. für den verbleibenden Anteil die gesetzlichen Höchstfristen ausschöpft und keine Bemühungen für eine schnellere Erledigung erkennen lässt. Dabei ist wiederum zu berücksichtigen, dass es sich - weil die mündlichen Beschwerden allesamt binnen 3 Tagen erledigt werden - ausschließlich um schriftliche Beschwerden handeln würde (20 % der schriftlichen Beschwerden), bei denen die gewählte Schriftform tendenziell auf gewichtigere Probleme hindeutet. Wenn für die Bearbeitung von 20 % der schriftlichen Beschwerden vier Wochen benötigt würden, dürfte dies auf ein organisatorisches Defizit hinweisen.

4. Effizienz

In Bezug auf die Effizienzkriterien hat die Klägerin im Wesentlichen die Intransparenz der Wertungen aufgrund der Schwärzungen des Angebots der E. gerügt.

4.1.1 Organisationsstruktur

Für dieses Kriterium haben beide Bieter 10 Punkte erhalten.

Insoweit hat die Beklagte die vorgehaltene Organisationsstruktur als vergleichbar kosteneffizient angesehen.

Dabei gibt die Beklagte im Auswertungsvermerk - eher allgemein und schlagwortartig - wieder, was Gegenstand der Darstellung der Bieter ist; sie enthält sich aber jeder konkreten vergleichenden Bewertung der bereits im Ausgangspunkt ganz unterschiedlichen Angebote. Die sich aufdrängende Frage, ob die Klägerin als großer überregionaler Netzbetreiber oder die E. als kleiner regionaler Anbieter im Verbund mit dem örtlichen Wasserverband im Mehr-Sparten-Netz die größere Gewähr für einen effizienten Netzbetrieb bieten, wird von der Beklagten gar nicht angesprochen. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, wie die Beklagte zu dem Ergebnis der vergleichbaren Kosteneffizienz gelangt ist. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Angebot der E., in dem die entscheidenden Ausführungen zum "monetären Effekt" (S. 228 ff.) ganz überwiegend geschwärzt sind.

Im Ergebnis erscheint es angesichts der Intransparenz jedenfalls möglich, dass - wie von der Klägerin vorgetragen - die Klägerin 10 Punkte und die E. 8 Punkte erhalten hätte, wenn die Beklagte eine inhaltliche Bewertung der Unterschiede vorgenommen hätte.

4.1.2 Wegeoptimierung im Versorgungsgebiet

Für dieses Kriterium hat die E. 10 Punkte und die Klägerin 8 Punkte erhalten.

Positiv gewertet hat die Beklagte zu Gunsten von E., dass sie konkrete Effizienzvorteile durch den Mehrspartenbeitrieb, den lokalen Betriebssitz und den Einsatz von lokalen Dienstleitern dargestellt habe. Hingegen habe die Klägerin keine Einsparpotentiale benannt. Hinsichtlich der von ihr erwähnten Fahrgemeinschaften sei keine organisatorische Leistung der Klägerin ersichtlich.

Nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte die Ermöglichung und Befürwortung von Fahrgemeinschaften durch die Klägerin (S. 144 AK) nicht berücksichtigt hat. Unabhängig von der Frage, ob die - für die Kosten des Netzbetriebs irrelevante - Anfahrt der Mitarbeiter zum Arbeitsplatz überhaupt unter dieses Kriterium fällt, sind die Angaben jedenfalls zu vage, um hierin einen konkreten Mehrwert des Angebots der Klägerin erkennen zu können.

Im Ansatz nachvollziehbar ist auch, dass sich durch den Mehrspartenbetrieb der E. (Gas, Strom, Wasser) Vorteile bei der Wegeoptimierung ergeben können. Ob allerdings die Darstellung der konkreten Einsparpotentiale durch E. - wie die Beklagte gemeint hat - nachvollziehbar ist, kann aufgrund der Schwärzungen des Angebots der E. letztlich nicht beurteilt werden. Soweit die Beklagte ausweislich ihres Auswertungsvermerks (S. 67) darauf abstellt, dass sich "durch den Betrieb des Gasverteilernetzes im ausgeschriebenen Konzessionsgebiet monetäre Effekte in der Größenordnung von ca. 50 % der jährlichen Personal- und Prozesskosten" ergäben, ist schon nicht ersichtlich, worauf sich diese Absenkung bezieht. Wenn - wie das Angebot nahelegt, sich dieser Effekt im Vergleich zu einem isolierten Gasnetzbetrieb eines lokalen Betreibers ergeben soll, wäre dieser Vergleich für die Beurteilung nicht zielführend, weil auch die Klägerin das Netz nicht isoliert betreibt, sondern im Verbund mit ihren anderen Gasnetzen. Dies gilt in gleicher Weise, wenn - wie die Beklagte in der Berufungsbegründung ausführt (S. 79) - sich der Vergleich auf den derzeitigen "isolierten Gasnetzbetrieb" der E. beziehen sollte.

Im Ergebnis erscheint es angesichts der Intransparenz möglich, dass die Klägerin zumindest 9 Punkte erhalten hätte, wenn die Beklagte sich nicht unkritisch auf die Angaben der E. gestützt hätte.

4.1.3 Effizienter Einkauf

Für dieses Kriterium haben beide Bieter 10 Punkte erhalten.

Die Beklagte hat gemeint, es ließen sich keine Bewertungsunterschiede in Bezug auf den kosteneffizienten Einkauf feststellen.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie erziele beim Einkauf durch ihre Einbindung in den E.1-Netzbetreiberverband erhebliche Preisvorteile. Das erscheint aufgrund der großen Nachfragemacht ohne Weiteres nachvollziehbar. Dass die E. als ungleich kleinerer lokaler Netzbetreiber "durch den Einkauf im Konzernverbund" mit dem Wasserverband gleichermaßen günstige Konditionen erlangen kann, drängt sich nicht auf und bedürfte besonderer Erläuterung. Ob sich hinreichende Ausführungen aus dem Angebot von E. ergeben, ist aufgrund der Schwärzungen zu den monetären Effekten letztlich nicht nachvollziehbar (S. 240 AE). Auch hier lässt die Formulierung aber vermuten, dass die E. nur einen Vergleich zu einem isolierten lokalen Gasnetzbetrieb angestellt hat, woraus sich nichts im Vergleich zu dem Netzbetrieb der Klägerin ergäbe.

Im Ergebnis erscheint es angesichts der Intransparenz möglich, dass - wie von der Klägerin vorgetragen - die E. nur maximal 8 Punkte erhalten hätte.

4.1.4 Effiziente Lagerhaltung

Für dieses Kriterium haben beide Bieter 10 Punkte erhalten.

Die Beklagte hat gemeint, bewertbare Unterschiede ließen sich nicht feststellen, beide Bieter hätten eine vergleichbar effiziente Lagerhaltung belegt.

Insoweit ist es - trotz der Schwärzungen des Angebots der E. - nachvollziehbar, dass sich die Beklagte nicht in der Lage sieht, Unterschiede hinsichtlich der Kosteneffizienz der Lagerhaltung festzustellen. Auch die Darstellung der Klägerin bleibt bei hinsichtlich der Kosteneffekte sehr allgemein.

4.2 Minimierung des Gasschwundes

Für dieses Kriterium haben beide Bieter 10 Punkte erhalten.

Zur Begründung hat die Beklagte ausgeführt, beide Angebote belegten ein vergleichbares Vorgehen und vergleichbare Maßnahmen zur Minimierung des Gasschwunds.

Die Klägerin dürfte mit ihrem Einwand, die - in ihrem Angebot zum Auswahlkriterium "Instandhaltung des Netzes" dargestellte - jährliche Prüfung des Rohrnetzes auf Leckagen (S. 62 AK) hätte besser beurteilt werden müssen als das zweijährige Prüfungsintervall der E., jedenfalls gemäß § 47 Abs. 2 Satz 3, 4 EnWG präkludiert sein. Folgt man der Auffassung der Klägerin, beim Auswahlkriterium Gasschwundminimierung (S. 152 AK) genüge der pauschale Verweis auf ihre Instandhaltungsstrategie, um die die dort mitgeteilten Prüfungsintervalle auch zum Gegenstand ihres Angebots zum Auswahlkriterium Gasschwundminimierung zu machen, dann oblag es der Klägerin im Gegenzug auch, insoweit den Wertungsvermerk der Beklagten zur Instandhaltungsstrategie in ihre Überprüfung der Bewertung einzubeziehen. Dort konnte die Klägerin ersehen, dass die E. nur ein zweijähriges Intervall für die Lecksuche anbietet (S. 27 AV). Der Vorlage des weiter entschwärzten Angebots der E. bedurfte es für eine entsprechende Rüge nicht. Die Rüge der Intransparenz genügte insoweit nicht; die Beklagte könnte hierdurch nicht den neu geltend gemachten Beurteilungsfehler erkennen.

5. Umweltverträglichkeit

5.4 Beratung zum Netzanschluss von Bio-Methan-Einspeisungsanlagen

Die E. hat 10 Punkte erhalten, die Klägerin 8 Punkte.

Die Beklagte hat gemeint, das Informationsmaterial sei vergleichbar, aber die E. habe deutlich nachvollziehbarer die unterschiedlichen Informations- und Beratungsmöglichkeiten sowie die personelle Ausstattung hierzu erläutert.

Die bessere Beurteilung der E. ist nicht hinreichend nachvollziehbar. Die Klägerin hat umfangreiche Beratungsleistungen vorgetragen (S. 164 f. AK). Sie hat zugesagt, dass ihre kompetenten Mitarbeiter Interessenten schriftlich und in einem persönlichen Gespräch alle Informationen geben, um einen schnellen und einfachen Anschluss an das Gasnetz zu gewährleisten und dabei auch gezielt auf Zeitpläne und Besonderheiten der geplanten Biogasanlage eingehen können. Sodann hat sie konkrete Beratungsleistungen genannt, die durch einen Ansprechpartner - A.-Projektleiter aus dem Bereich Netzwirtschaft - erfolgen. Dass die Klägerin in ihrem Netzgebiet bereits 26 Biogasanlagen an das Verteilnetz angeschlossen hat (S. 167 AK), spricht für die Kompetenz ihrer Mitarbeiter. In der Bewertung der Beklagten wird nicht nachvollziehbar dargelegt, welche konkreten Vorteile demgegenüber das Angebot der E. bieten sollte. Dies ist auch nicht ersichtlich. Soweit die E. kleinteilig die zeitliche Erreichbarkeit ihres Kundencenters - als erste Anlaufstelle - vorgetragen hat, ist kein Mehrwert erkennbar. Die eigentlichen Beratungsleistungen erfolgen nach dem Konzept der E. erst durch die qualifizierten Mitarbeiter der technischen Abteilungen.

Zwar trifft zu, dass die Klägerin nicht ausgeführt hat, wie viele ihrer Mitarbeiter als Ansprechpartner im Bereich "Anschluss von Biogasanlagen" tätig sind. Es stellt aber keinen ersichtlichen Vorteil dar, dass die E. allgemein mitteilt, sie setze für technische Fragen drei Mitarbeiter - zwei Diplom-Ingenieure und einen Gas/Wasser-Meister - ein. Welche konkreten Kenntnisse und Erfahrungen bei dem Anschluss von Biogasanlagen - zum Beispiel auch in Bezug auf die komplizierten gesetzlichen Regelungen (§§ 31 ff. GasNZV) - diese haben, ist nicht ersichtlich.

Im Ergebnis ist es möglich, dass das Angebot der Klägerin bei Vermeidung des aufgezeigten Fehlers zumindest als gleichwertig angesehen worden wäre.

6. Baumaßnahmen

6.1 Abstimmung von Baumaßnahmen

Für dieses Kriterium hat die E. 10 Punkte und die Klägerin 9 Punkte erhalten.

Negativ bewertet hat die Beklagte das von der Klägerin vorgesehene Schiedsverfahren. Positiv bewertet sie hat das Versprechen der E., die Nichtberücksichtigung eines Änderungswunsches der Beklagten schriftlich zu begründen. Nicht positiv gewertet hat die Beklagte den von der Klägerin angebotenen Netzbeirat sowie den Umstand, dass die Klägerin bei Baumaßnahmen die Zustimmung 6 Wochen früher einholen wolle als die E. (12 Wochen statt 6 Wochen).

Die Bewertung beruht auf einem Bewertungsfehler. Gefragt war ausdrücklich nach "möglichst umfassenden und frühzeitigen Abstimmungen". Das Angebot der Klägerin erfüllt diese Anforderung eindeutig besser. Es ist nicht vertretbar, dies aufgrund des von E. in den Vertrag aufgenommene Zustimmungserfordernisses außer Acht zu lassen. Darüber hinaus gilt dieses Zustimmungserfordernis ausdrücklich nur eingeschränkt (in den letzten 6 Jahren vor Auslaufen des Vertrages, soweit der Wert der Maßnahme 10.000 € übersteigt, § 8 Abs. 4, so auch S. 87 AV). Außerdem ist es auch in der Sache eindeutig nachteilig, wenn die Beklagte zur ausreichenden Prüfung einer Baumaßnahme die Zustimmung zunächst verweigern müsste und die Maßnahme dadurch verzögern würde.

Im Rahmen des Beurteilungsspielraums der Beklagten ist es allerdings nicht zu beanstanden, wenn sie das von der Klägerin vorgesehene - zwingende - Schiedsverfahren als nachteilig ansieht und in der Möglichkeit der Schaffung eines Netzbeirates keine Vorteile sieht.

Die Verpflichtung von E., die Nichtberücksichtigung eines Änderungswunsches der Beklagten schriftlich zu begründen (§ 8 Abs. 3), kann die Beklagte innerhalb ihres Beurteilungsspielraums positiv bewerten. Bei der Abwägung ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Vorteil gering erscheint. Zum einen wird die Zusage dadurch entwertet, dass hierfür keine Frist genannt wird. Zum anderen ist die schriftliche Kommunikation im Geschäftsverkehr allgemein üblich und es erscheint sehr fernliegend, dass die Klägerin einen schriftlichen Änderungswunsch der Beklagten nur mündlich beantworten wird. Dies gilt insbesondere, wenn ein Widerspruchsrecht der Beklagten nach § 9 Abs. 7 besteht bzw. ihre Zustimmung gemäß § 9 Abs. 15 erforderlich ist.

Im Ergebnis erscheint es möglich, dass das Angebot der Klägerin bei Vermeidung des Bewertungsfehlers mindestens als gleichwertig angesehen worden wäre (jeweils 10 Punkte).

7. Endschaftsregelungen

7.1. Auskunftsanspruch über technische und wirtschaftliche Situation des Netzes

Hier hat die E. 10 Punkte und die Klägerin 8 Punkte erhalten.

Geringfügig positiv zu Gunsten von E. hat die Beklagte berücksichtigt, dass sie die Daten binnen zwei Wochen nach Aufforderung zur Verfügung stelle, während die Klägerin eine Frist von zwei Monaten vorsehe. Weiter sei zu Gunsten von E. positiv, dass diese die Daten jährlich anpasse und auf Wunsch der Beklagten Netzbegehungen durchführe und Fotodokumentationen über den Zustand der Netzanlagen zur Verfügung stelle.

Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie das Landgericht gemeint hat - die von E. zusätzlich angebotenen Fotodokumentationen und Netzbegehungen keine bessere Bewertung rechtfertige, weil die Informationsübermittlung in einem elektronischen Format verlangt worden war und diese Möglichkeiten folglich nicht von dem abgefragten Kriterium umfasst seien. Ein etwaiger Bewertungsfehler wäre mangels rechtzeitiger Rüge nicht zu berücksichtigen. Die Klägerin hat insoweit die Vorteile des Angebots der E. ausdrücklich nicht in Abrede genommen.

Vertretbar ist die Auslegung der Beklagten, dass auch die E. nach ihrem - insoweit etwas unklaren - Vertragsentwurf anbietet, jederzeit auf Wunsch - binnen zwei Wochen - aktualisierte Daten zur Verfügung zu stellen, und die gegenüber dem Angebot der Klägerin etwas kürzere Frist als geringfügig positiv zu bewerten ist. Vertretbar ist auch, wenn die Beklagte die Angebote hinsichtlich des Umfangs der herauszugebenden Daten als vergleichbar ansieht.

Nicht nachvollziehbar ist hingegen, warum demgegenüber die unaufgeforderte jährliche Übersendung aktualisierter Daten durch die E. einen spürbaren Vorteil darstellen sollte. Sollte die Beklagte hieran Interesse haben, kann sie die Klägerin auffordern, zu den gleichen Stichtagen ("jederzeit") aktualisierte Daten zur Verfügung zu stellen. Dies ist nicht mit einem spürbaren Zusatzaufwand verbunden, der eine bessere Bewertung rechtfertigen könnte. Es war auch aus der Beschreibung des Kriteriums im Verfahrensbrief nicht erkennbar, dass die zusätzliche unaufgeforderte Übersendung der Daten vorteilhaft bewertet werden könnte.

Im Ergebnis ist es möglich, dass das Angebot der Klägerin mindestens 9 Punkte - statt 8 Punkte - erhalten hätte, wenn die Beklagte den letztgenannten Gesichtspunkt berücksichtigt hätte.

9. Konzessionsabgabe

9.1 Frühestmögliche Abschlagszahlungen

Bei diesem Kriterium haben die Klägerin und die E. jeweils 10 Punkte erhalten.

Dies dürfte nicht zu beanstanden sein. Die Angebote dürften sich - entgegen der Auffassung des Landgerichts - hinsichtlich der Fälligkeit der monatlichen Abschlagszahlungen nicht unterscheiden. Nach dem Vertragsentwurf der E. werden die Abschlagszahlungen "jeweils monatlich nachträglich fällig" (§ 5 Abs. 2 Satz 2). Dies dürfte eine Fälligkeit zum Beginn des jeweiligen Folgemonats begründen und damit im Ergebnis der von der Klägerin angebotenen Fälligkeit zum 1. des Folgemonats gleichstehen. Darüber hinaus läge es noch im Beurteilungsspielraum der Beklagten, wenn sie bei einer - unterstellt - im Laufe des Folgemonats eintretenden Fälligkeit keinen Punktabzug vornimmt.

9.2 Nachweis durch Wirtschaftsprüfertestat

Bei diesem Kriterium hat die Beklagte für die E. 10 Punkte und für die Klägerin 9 Punkte vergeben. Dabei war für die Beklagte maßgeblich, dass die E. angeboten hat, das Wirtschaftsprüfertestat auf Wunsch der Stadt von deren Wirtschaftsprüfer erstellen zu lassen.

Dies beruht auf einem Bewertungsfehler. Die Klägerin hat die Vorgabe "Wirtschaftsprüfertestat" vollständig erfüllt. Das bekannt gegebene Auswahlkriterium ließ in seiner konkreten Abfassung im Streitfall für die Bieter nicht erkennen, dass es der Beklagten darüber hinaus auch auf die Person des Wirtschaftsprüfers ankommen könnte und ein "Überbieten" der Vorgabe Bewertungsvorteile bringen würde. Dies ist auch nicht mit dem Konzept des "Ideenwettbewerbs" zu rechtfertigen, das immer dann von Bedeutung ist, wenn es nach den Vorgaben darum geht, ein bestimmtes Ziel bestmöglich zu erreichen. Dies ist in Bezug auf das verlangte Wirtschaftsprüfertestat nicht der Fall gewesen. Die Auswahl des Wirtschaftsprüfers ändert auch nichts an der Nachvollziehbarkeit der Abrechnung.

Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte bei zutreffender Beachtung ihres Auswahlkriteriums an beide Bieter 10 Punkte vergeben hätte.

9.3 Frühzeitige Endabrechnung im Folgejahr

Bei diesem Kriterium hat die E. 10 Punkte erhalten und die Klägerin 8 Punkte.

Maßgeblich war dabei für die Beklagte, dass - bei annähernd zeitgleicher Vorlage der Endabrechnungen durch die beiden Bieter - die E. bereits gleichzeitig das Wirtschaftsprüfertestat vorlegen will und dieses bei der Klägerin drei Monate nach der Endabrechnung vorgelegt werden soll.

Die unterschiedliche Bewertung beruht auf einem fehlerhaften Verständnis des bekannt gegebenen Auswahlkriteriums. Daraus ergab sich nicht, dass die Beklagte bei diesem Kriterium auch den Zeitpunkt der Vorlage des Wirtschaftsprüfertestats berücksichtigen werde. Danach sollte die Endabrechnung möglichst frühzeitig erfolgen, damit die Stadt endgültige Klarheit über die Höhe der ihr zustehenden Zahlungen hat. Dies bezog sich ausdrücklich nur auf die Vorlage der Endabrechnung. Die Bieter konnten nicht erkennen, dass hier eine zeitgleiche Vorlage des WP-Testats Bewertungsvorteile bringen könnten. Das Testat war Gegenstand eines anderen Kriteriums. Wenn es der Beklagten auf den genauen Zeitpunkt seiner Einreichung angekommen wäre, wäre zu erwarten gewesen, dass dort danach gefragt worden wäre.

Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte bei zutreffender Anwendung des Auswahlkriteriums an beide Bieter 10 Punkte vergeben hätte.

3. Die aufgezeigten Rechtsverletzungen können sich auf das Ergebnis der Angebotswertung und die sich daraus ergebende Rangfolge der Bewerber ausgewirkt haben.

a) Insoweit genügt es, dass es zumindest möglich ist, dass der unterlegene Bewerber durch den Abschluss des Konzessionsvertrages unbillig behindert oder diskriminiert wird (BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 - EnZR 116/18 -, Rn. 24, juris).

b) Nach dieser Maßgabe ist von der Kausalität der Rechtsverletzungen auszugehen. Die aufgezeigten Bewertungsfehler und Intransparenzen sowie die vorstehend dargestellten möglichen Auswirkungen auf die Punktevergabe für die einzelnen Kriterien lassen es in der Gesamtschau - unter Berücksichtigung der im Verfahrensbrief vorgegebenen Gewichtung der einzelnen Auswahlkriterien - möglich erscheinen, dass bei Vermeidung der aufgezeigten Fehler das Angebot der Klägerin die meisten Punkte erhalten hätte. Dabei hat der Senat die möglichen Auswirkungen bei den einzelnen Kriterien sehr zurückhaltend angenommen, weil bereits danach eine Kausalität unzweifelhaft gegeben wäre und somit dahingestellt bleiben kann, ob nicht im Einzelfall - insbesondere bei den durch die Schwärzung des Angebots der E. bedingten Intransparenzen - auch die Anwendung eines strengeren Maßstabs geboten sein könnte.

B.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Auch ist eine mündliche Verhandlung nicht geboten.

Die Beklagte sollte erwägen, im Kosteninteresse sowie insbesondere zur Vermeidung weiterer Verzögerungen bei der Konzessionsvergabe ihre Berufung zurückzunehmen und sogleich eine erneute Angebotswertung vorzunehmen. Bei einer erneuten Angebotswertung sollte die Beklagte im Falle eines weiteren Akteneinsichtsgesuchs den Akteneinsichtsanspruch - nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen - vollständig erfüllen, um Intransparenzen der Wertung möglichst zu vermeiden. Die derzeit sehr umfangreichen Schwärzungen - bis zum Inhaltsverzeichnis des Angebots - erschweren im Übrigen auch die Bearbeitung durch das Gericht ganz erheblich und führen dadurch zu vermeidbaren Verfahrensverzögerungen.