Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 16.04.2024, Az.: 13 U 50/22 (Kart)

Konzessionsvertrag; Akteneinsicht; Kausalität; Rechtsverletzung; Intransparenz; Wertungskriterien; vertragliche Zusagen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.04.2024
Aktenzeichen
13 U 50/22 (Kart)
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 22388
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2024:0416.13U50.22KART.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 28.07.2002 - AZ: 25 O 3/22

Amtlicher Leitsatz

Zum Rechtsschutz im Verfahren über die Vergabe von Konzessionsverträgen im Sinne von § 46 Abs. 2 EnWG.

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
pp.
hat der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 16. April 2024 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover vom 28. Juli 2002 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

    Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

  2. 2.

    Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für die Berufungsinstanz auf 100.000 € festzusetzen (§ 53 Abs. 1 Nr. 4 GKG).

Gründe

(Im Folgenden werden die Parteien abkürzend als Klägerin und Beklagte und die W. S. GmbH & Co. KG als W. bezeichnet.

Sämtliche Wertungskriterien sind zur schnelleren Orientierung fortlaufend numeriert (1- 52), wobei auch die nicht streitigen Bewertungen eine Ordnungsnummer erhalten haben.

Die Fundstellen werden wie folgt abgekürzt:

Wettbewerbsunterlagen = WU, Angebot der Klägerin = AK,

Auswertungsgutachten = GA, Rügeschreiben = R, Rügeantwort = RA

Berufungsbegründung = BB, Berufungserwiderung = BE, Berufungsreplik = BR)

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Das angefochtene Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 529 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).

A. Streitgegenstand und Auslegung des Urteilstenors

Das Landgericht hat der Verfügungsbeklagten antragsgemäß untersagt, "mit der W. S. GmbH & Co. KG Wegenutzungsverträge nach § 46 Abs. 2 EnWG über die Verlegung und den Betrieb von Elektrizitätsleitungen, die zu einem Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung in der Gemeinde S. [...] gehören, abzuschließen, bis in einem neuen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts durchzuführenden Auswahlverfahren diskriminierungsfrei über die Vergabe der Konzession entschieden ist."

Zu dem Streitgegenstand und der Auslegung des Urteilstenors wird auf Folgendes hingewiesen:

I. Streitgegenstand

Zur Frage des Streitgegenstandes bei Verfügungsanträgen nach § 47 Abs. 5 EnWG wird auf den vom Senat erteilten Hinweis Bezug genommen. Hieran wird auch unter Berücksichtigung der Einwände der Klägerin festgehalten.

Streitgegenstand des Verfügungsverfahrens sind auf der vorliegenden Stufe des Konzessionsvergabeverfahrens nicht die einzelnen gerügten Rechtsfehler, sondern die begehrte Unterlassung in der konkreten Verletzungsform - der beabsichtigten Konzessionsvergabe an die W. auf der Grundlage des Ratsbeschlusses vom 24. März 2021, dem wiederum die Beschlussvorlage nebst Bewertung der Angebote zugrunde liegt. Rechtsschutzziel der Klägerin ist nicht die Feststellung einzelner Rechtsfehler, sondern die Verhinderung der anderweitigen Konzessionsvergabe (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 5. August 2022 - 13 U 81/21 -, Rn. 5, juris; vgl. BerlKommEnR/Wegner, 4. Aufl. 2019, EnWG § 47 Rn. 51: Im Falle der Rüge nach Abs. 2 S. 3 wird der unterlegene Bieter beantragen, der Gemeinde zu untersagen, den Konzessionsvertrag mit dem von ihr ausgewählten Bieter abzuschließen).

Anders als die Klägerin offenbar meint, sind die einzelnen Rügen nach § 47 Abs. 5 Satz 1 EnWG kein besonderer prozessualer Rechtsbehelf. Vielmehr ist das Präklusionsregime des § 47 EnWG grundsätzlich materiellrechtlicher Natur. Etwaige Fehler des Konzessionsvergabeverfahrens können materiellrechtlich - auch in einem etwaigen Regressprozess - nur dann berücksichtigt werden, wenn sie jeweils rechtzeitig gerügt worden sind. Das Rügeerfordernis nach § 47 Abs. 5 Satz 1 ZPO ist gewahrt, wenn der rechtzeitige Unterlassungsantrag in seiner Begründung auch auf die jeweilige Rechtsverletzung gestützt wird. Ein erstinstanzlich erfolgreicher Kläger kann und muss die Rügen, mit denen er nicht durchgedrungen ist, daher nicht im Wege der Anschlussberufung wiederholen. Hierzu würde es schon an der erforderlichen Beschwer fehlen, weil der Kläger mit dem ausgesprochenen Verbot des Vertragsschlusses sein Rechtsschutzziel bereits erreicht hat.

Auch der Einwand der Beklagten, hierdurch werde der Verhandlungsgrundsatz verletzt, greift nicht durch. Der Verhandlungsgrundsatz besagt, dass nur das von den Parteien Vorgetragene die tatsächliche Grundlage des Urteils bilden kann (Musielak/Voit, ZPO Einleitung Rn. 37). Der gesamte aus den Akten ersichtliche Prozessstoff erster Instanz gelangt ohne Weiteres in die Berufungsinstanz (BeckOK ZPO/Wulf, 50. Ed. 1.9.2023, § 529 Rn. 3). Die Tatsache, dass eine Rüge erstinstanzlich erfolgt ist, ist damit ebenfalls Gegenstand des in der Berufungsinstanz angefallenen Prozessstoffs. Es ist weder geboten noch statthaft, diese Tatsache im Wege einer Anschlussberufung geltend zu machen.

Davon zu unterscheiden ist die von der Klägerin ebenfalls angesprochene Bindung des Gerichts an die Anträge (Dispositionsgrundsatz). Dieser Grundsatz ist ebenfalls nicht tangiert, weil die gerügten Rechtsverletzungen nur zur Begründung des Unterlassungsantrags dienen und die Rügen - wie ausgeführt - keine eigenständigen Streitgegenstände bilden.

Nach dem Vorstehenden hat der Senat bei der Entscheidung über die Berufung auch solche Beanstandungen der Klägerin zu berücksichtigen, die das Landgericht nicht als entscheidungserhebliche Vergabefehler angesehen hat.

II. Auslegung des Urteilstenors

1. In Übereinstimmung mit dem vorstehend dargestellten Streitgegenstand eines Verfahrens nach § 47 Abs. 5 EnWG ist der Beklagten durch das angefochtene Urteil untersagt worden, einen Wegenutzungsvertrag für das streitgegenständliche Stromnetz nach § 46 Abs. 2 EnWG abzuschließen. Die insoweit maßgebliche konkrete Verletzungsform ist der beabsichtigte Vertragsschluss auf der Grundlage des Gemeinderatsbeschlusses, dem das Auswertungsgutachten zugrunde liegt.

2. Die Reichweite der begehrten und vom Landgericht tenorierten Unterlassungsverpflichtung ist unter Berücksichtigung der Antragsbegründung sowie der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils hinreichend bestimmbar. In einem möglicherweise nachfolgenden Vollstreckungsverfahren kann anhand dessen geprüft werden, ob eine Fortsetzung des Vergabeverfahrens gegen den Verbotstenor verstieße, insbesondere ob ein Verstoß kerngleich wäre. Hierauf - nicht hingegen auf eine nach dem vorstehend Ausgeführten nicht mögliche Verpflichtung der Gemeinde zur Beachtung der gerichtlichen Rechtsauffassung - bezieht sich der Zusatz in der Formulierung des Antrags und des Tenors "(...) bis in einem neuen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts durchzuführenden Auswahlverfahren diskriminierungsfrei über die Vergabe der Konzession entschieden ist." Allerdings ist dieser Zusatz entbehrlich und sollte zukünftig (bereits bei der Antragsstellung) vermieden werden, um Missverständnisse zu vermeiden.

3. Den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ist auch nicht zu entnehmen, dass das Konzessionsvergabeverfahren zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das tenorierte Verbot zwingend vollständig zu wiederholen sei. Vielmehr hat das Landgericht ausschließlich Wertungsfehler festgestellt (s.a. Ziff. VIII. LGU) und ausgeführt, dass daher auf der Grundlage der vorliegenden Bewertung der Zuschlag nicht erteilt werden dürfe. Daher kann dem tenorierten Verbot bereits durch eine Wiederholung der Angebotswertung Rechnung getragen werden.

B. Verfügungsgrund

Nicht nachvollziehbar ist der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe durch eine zögerliche Berufungserwiderung die Dringlichkeitsvermutung widerlegt.

Es kann dahingestellt bleiben, inwiefern die gesetzliche Dringlichkeitsvermutung des § 47 Abs. 5 Satz 3 EnWG durch nachfolgendes Prozessverhalten widerlegt werden könnte. Im Streitfall kommt dies jedenfalls nicht in Betracht. Denn hier hat die Klägerin das begehrte Verbot bereits erlangt. Wenn daher aus ihrer Sicht eine Entscheidung in der Berufungsinstanz nicht mehr eilig ist, kann dies von vornherein nicht die Vermutung widerlegen, dass der Erlass des Verbots dringlich war, um den unmittelbar bevorstehenden Vertragsschluss mit der W. zu verhindern. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen betreffen eine andere Konstellation.

C. Verfügungsanspruch - allgemeine Erwägungen:

I. Kausalität der festgestellten Bewertungsfehler

Zu Recht beanstandet die Beklagte, dass das angefochtene Urteil keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die festgestellten Bewertungsfehler sich auf das Ergebnis der Angebotsbewertung und die sich daraus ergebende Rangfolge der Bieter ausgewirkt haben können. Insoweit genügt es jedoch, dass eine solche Auswirkung unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles nicht ausgeschlossen werden kann, sodass es zumindest möglich ist, dass der unterlegene Bieter durch den Abschluss des Konzessionsvertrages unbillig behindert oder diskriminiert wird (BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 - EnZR 116/18 - Stromnetz Steinbach, Rn. 24, juris).

Soweit im Folgenden bei den einzelnen Bewertungskriterien Bewertungsfehler festgestellt werden, wird jeweils im Anschluss ausgeführt, inwieweit sich diese auf die jeweilige Punktevergabe ausgewirkt haben können. Maßgeblich ist dabei, inwieweit es möglich erscheint, dass sich die Bewertung durch die Beklagte bei Vermeidung der festgestellten Bewertungsfehler zu Gunsten der Klägerin verändert.

II. Rechtsfolgen einer unzulässigen Beschränkung der Akteneinsicht

1. Nach der Rechtsprechung des Senats führt eine unvollständige Erfüllung des Anspruchs auf Gewährung von Akteneinsicht gemäß § 47 Abs. 3 EnWG nicht schon allein dazu, dass der Gemeinde der Abschluss des Konzessionsvertrages wegen einer unbilligen Behinderung im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB zu untersagen ist. Denn der Anspruch auf Akteneinsicht hat im Rügeverfahren nach § 47 EnWG lediglich eine vorbereitende Funktion. Die Akteneinsicht soll dem unterlegenen Bieter ermöglichen, etwaige Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Auswahlentscheidung zu erkennen und geltend zu machen (OLG Celle, Beschluss vom 5. August 2022 - 13 U 81/21 -, Rn. 10, juris). Der Akteneinsichtsanspruch könnte daher ggf. selbständig im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens durchgesetzt werden, die unvollständige Erfüllung führt aber grundsätzlich nicht schon allein zu einem Unterlassungsanspruch.

2. Eine Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 1 EnWG ist jedoch dann gegeben, wenn die Wertungsentscheidung zu einem Auswahlkriterium aufgrund einer zu Unrecht eingeschränkten Akteneinsicht für den Bewerber intransparent ist. Hierdurch wird ihm eine Überprüfung der Wertungsentscheidung unmöglich gemacht oder jedenfalls unzulässig erschwert. In diesem Fall muss der unterlegene Bewerber nicht zusätzlich vortragen, dass insoweit auch Anhaltspunkte für einen Wertungsfehler vorliegen. Es genügt, dass die Wertungsentscheidung für ihn - und das Gericht - durch die vorgenommenen Schwärzungen nicht mehr hinreichend nachvollziehbar ist. Eine solche Intransparenz kann sich nicht nur durch eine Schwärzung des Auswertungsvermerks ergeben. Auch dann, wenn nur das Angebot des obsiegenden Bewerbers nicht oder nur mit Schwärzungen zugänglich gemacht wird, kann dies zur Intransparenz der Wertung führen (aaO Rn. 11, juris).

Wenn das Angebot des obsiegenden Bieters nur eingeschränkt oder - wie im Streitfall - gar nicht zugänglich gemacht wird, müssen die für die Wertung wesentlichen Elemente des Angebots in dem Auswertungsvermerk so umfassend und detailliert dargestellt werden, dass die Wertungsentscheidung vollständig nachvollziehbar ist.

Nur ergänzend wird für künftige Verfahren darauf hingewiesen, dass die Überprüfung der Wertung bei derart eingeschränkter Akteneinsicht auch für den Senat mit erheblichem zusätzlichen Arbeits- und Zeitaufwand verbunden ist (für die Ermittlung des Angebotsinhalts aus der Wertungsentscheidung, die gebotene zusätzliche Transparenzprüfung, etc.). Eine möglichst weitgehende Akteneinsicht könnte erheblich zur effizienteren Erledigung zukünftiger Konzessionsvergabeverfahren beitragen. Im Streitfall ergibt sich - soweit ersichtlich - darüber hinaus aus dem Wertungsgutachten auch nicht der für das Verständnis des Angebots der W. durchaus bedeutende Gesichtspunkt (insbesondere für die Netzentgelte), dass diese nicht selbst Netzbetreiber werden, sondern das Netz verpachten will und auch keine Tätigkeiten für den Netzbetrieb ausführt. Dies dürfte sich erst aus der nach dem Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung überreichten Anlage AG 21 ergeben haben. Einzelheiten dazu, die durchaus auch den "Wert" angebotener vertraglicher Verpflichtungen der Bieterin in Bezug auf den Netzbetrieb beeinflussen könnten, werden dort nicht mitgeteilt.

III. Begrenzung der Zahl der vertraglichen Zusagen auf maximal 4

Die Begrenzung der Zahl der vertraglichen Zusagen auf 4 (Nr. 7.2.4 Abs. 2) darf die Beklagte nicht einseitig außer Kraft setzen. Nach der maßgeblichen Angebotsbedingung kann die Beklagte die Begrenzung nachträglich anpassen; dann muss sie allen Bietern Gelegenheit zur Anpassung ihres Angebotes geben. Alternativ kann sie auf die Einhaltung der Begrenzung bestehen und den Bieter, der die Begrenzung überschritten hat, zu einer entsprechenden Reduzierung der Zusagen auffordern. In diesem Sinn ist das Wort "kann" in Abs. 4 zu verstehen. Das Verständnis der Beklagten, es stehe in ihrem Ermessen, ob sie überhaupt auf einen Verstoß gegen die Begrenzung der Zusagen reagiert, trifft hingegen nicht zu. Es wäre offensichtlich diskriminierend, wenn die Beklagte ein Angebot, dass die Begrenzung der Zusagen nicht einhält, wertet und hierdurch den Bieter, der sich an die Vorgabe hält und deshalb weniger Zusagen anbietet, benachteiligt. Aus der für die Auslegung maßgeblichen Sicht der Bieter ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagte sich bei Abfassung der Wertungsbedingungen eine solche Verfahrensweise vorbehalten wollte.

Solange die gültige Begrenzung überschritten ist, hätte das betroffene Bewertungskriterium des jeweiligen Angebots nicht gewertet werden dürfen, sodass für die Kausalitätsfeststellung bei diesem Fehler von 0 Punkten auszugehen ist.

IV. angebotene Sanktionen bei Vertragsverletzungen

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass den Wettbewerbsunterlagen nicht entnommen werden kann, dass nur entweder eine Vertragsstrafe oder ein Sonderkündigungsrecht angeboten werden kann. Auch die von der Klägerin in der Berufungserwiderung zitierte Bieterfragenantwort (S. 64 BE) führt zu keiner anderen Beurteilung.

Allerdings sind die angebotenen Sanktionen - wie auch die Bieterfragenantwort bekräftigt - bei der Bewertung qualitativ einzuordnen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einräumung eines Sonderkündigungsrechts in der Regel kaum einen Mehrwert bieten dürfte, weil - angesichts des sehr großen Aufwandes eines erneuten Netzkonzessionsverfahrens - in der Regel kaum zu erwarten ist, dass die Beklagte die Verletzung einzelner Zusagen zum Anlass für eine Vertragskündigung nehmen wird. Wenn es sich aber um schwerwiegende Vertragsverletzungen handeln sollte, besteht ohnehin bereits ein gesetzliches Kündigungsrecht (§ 314 BGB), ohne dass es insoweit einer gesonderten Vereinbarung bedarf.

V. Verstoß gegen Geheimwettbewerb

Auf den geltend gemachten Verstoß gegen den Geheimwettbewerb kann die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch nicht stützen.

1. Der Versuch der Beklagten, die Bewertungsgrundsätze für die Kriterien der Preisgünstigkeit im Hinblick auf das von der Klägerin angebotene besondere Modell einer Verpachtung des Ortsnetzes an eine nur im Konzessionsgebiet tätige Netzbetriebsgesellschaft anzupassen, war im Grundsatz nicht zu beanstanden, ohne dass es an dieser Stelle auf die inhaltliche Bewertung der beabsichtigten, später auf Rüge zurückgenommenen Ergänzungen ankäme. Vielmehr wäre eine Anpassung der Bewertungsgrundsätze sachgerecht gewesen, weil sie ersichtlich ihrem Wortlaut nach nicht zu dem von der Klägerin angebotenen Modell passen und daher erst durch eine Auslegung - unter Berücksichtigung des gesetzlichen Regulierungsrahmens - ermittelt werden muss, wie sie sachgerecht und diskriminierungsfrei auf das Modell der Klägerin angewendet werden können. Dass die sachlich gebotene Anpassung der Bewertungsgrundsätze der W. als Mitbewerberin zwangsläufig gewisse Rückschlüsse auf das Angebot der Klägerin in Bezug auf die Netzentgelte ermöglichte, ließ sich nicht vermeiden und war daher hinzunehmen. Eine etwaige, hierdurch verursachte Informationsasymmetrie hätte ggf. ausgeglichen werden können.

2. Es ist aber auch nicht ersichtlich, dass aufgrund der versuchten Anpassung der Bewertungsgrundsätze überhaupt eine auszugleichende Informationsasymmetrie bestand. Vielmehr dürfte auch die Klägerin - schon wegen des vorangegangenen Verfahrens zur Vergabe einer Beteiligungspartnerschaft - in den Grundzügen Kenntnisse über das dem Angebot der W. zugrundeliegende Betriebskonzept gehabt haben (vgl. Tatbestand des Beschlusses des Senats vom 10. November 2016, 13 Verg 3/16 n.v.), sodass sie sich hierauf bei der Erstellung des Angebots einstellen konnte.

3. Darüber hinaus ist - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - auch nichts dafür ersichtlich, dass ein (unterstellter) Informationsvorsprung der W. deren Angebot beeinflusst hat. Anders als bei festgestellten Bewertungsfehlern, bei denen eine mögliche Beeinflussung der Bewertung der Gemeinde genügt, weil das Gericht seine Beurteilung nicht an die Stelle derjenigen der Gemeinde setzen darf, müssten im Falle eines Informationsvorsprungs zumindest Anhaltspunkte für eine Beeinflussung des Angebots vorliegen. Das pauschale Vorbringen der Klägerin, die W. könne aufgrund der erlangten Erkenntnisse von einer ursprünglich beabsichtigten Verschlechterung ihres finalen Angebots zu den Netzentgelten abgesehen oder aber bei den übrigen Kriterien ursprünglich nicht vorgesehene Verbesserungen vorgenommen haben, ist fernliegend. Hierfür bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte.

D. Zu den einzelnen Bewertungskriterien, die Gegenstand der Rügen der Beklagten sind:

I. Umsetzung der Ziele des § 1 Abs. 1 EnWG

I.1. Versorgungssicherheit

I.1.1. Ausfallzeiten und Störungsbeseitigung

I.1.1.1. Störungsbeseitigungsprozess (NBK)

(Nr. 1)

Bei diesem Kriterium (zum Netzbetriebskonzept) haben beide Bieter die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten.

Die Klägerin hat generell gerügt, dass sich die Auswahlentscheidung aufgrund der unvollständigen Akteneinsicht nicht nachvollziehen lässt (Rüge S. 2).

Dies trifft für das vorliegende Kriterium zu. Die Bewertung ist intransparent. Die Feststellung, der Störungsbeseitigungsprozess werde vollumfänglich und plausibel beschrieben (S. 5 GA) ist nicht nachvollziehbar, weil das Angebot der W. weder vorliegt noch inhaltlich in der Auswertung dargestellt wird. Im Netzbetriebskonzept der Klägerin nehmen die Ausführungen zu diesem Kriterium 65 Seiten ein. Ohne jegliche Darstellung des Konzepts der W. ist nicht auszuschließen, dass dieses demgegenüber mit 0 Punkten zu bewerten wäre.

I.1.1.3. Vertragliche Zusagen zu Versorgungsunterbrechungen (SAIDI ARegV)

(Nr. 3)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 3 Punkte.

Nach der Darstellung im Auswertungsgutachten übersteigt die Zahl der Zusagen im Angebot der W. die Höchstgrenze von 4, wie die Klägerin in der Berufungserwiderung - im Wesentlichen zutreffend - ausgeführt hat (S. 44 ff. BE). Soweit dies anhand der knappen Darstellung im Gutachten nachvollziehbar ist, dürfte es sich um sieben Zusagen handeln (maximale Dauer jährliche Versorgungsunterbrechungen, Reduzierung der Versorgungsunterbrechungen bis zum Vertragsende, Konzepterstellung, Übermittlung von Netzdaten, Umsetzung in Abstimmungsgesprächen verlangter Maßnahmen, Einsatz selbstlernender Algorithmen, Störreservelager). Dass auch die Beklagte von mehr als vier Zusagen ausgegangen ist, verdeutlicht ihre Aufzählung der Vertragsstrafenvereinbarungen, die sich bereits auf insgesamt fünf Zusagen beziehen dürfte.

Wie oben ausgeführt (C. III.), kann die Beklagte entweder die Höchstzahl der Zusagen für alle Bieter erhöhen und der Klägerin eine entsprechende Anpassung ihres Angebots ermöglichen oder die W. zur Streichung von Zusagen auffordern. Derzeit kann das Angebot der W. zu diesem Kriterium nicht gewertet werden, sodass bei der Kausalitätsbetrachtung der Wertungsfehler insoweit von 0 Punkten auszugehen ist.

I.1.2. Investitionen

I.1.2.1. Investitionsstrategie und Grundsätze Investitionsplanung (NBK)

(Nr. 4)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 3 Punkte. Dies wird mit der "mangelnden Ableitung der Strategie, die sich branchenüblich aus dem Zusammenspiel von Zielnetzplanung, Erneuerungsbedarf und dem Gebot der Wirtschaftlichkeit ergebe" im Angebot der Klägerin begründet (S. 14 GA).

Das Landgericht hat zu Recht beanstandet, dass damit eine schlechtere Bewertung des Angebots der Klägerin nicht hinreichend nachvollziehbar begründet wird. Der schlagwortartigen Begründung kann - auch unter Berücksichtigung der sonstigen Ausführungen in der Zusammenfassung - nicht entnommen werden, warum das Angebot der W. den Zielen des Kriteriums besser dient. Soweit die Berufungsbegründung nahelegt, dass es dem Angebot der Klägerin insoweit an einer Plausibilisierung mangeln könnte (S. 20 BB), ergibt sich dies nicht aus der maßgeblichen Angebotswertung.

Es ist nicht auszuschließen, dass das Angebot der Klägerin bei einer an den Zielen des Kriteriums orientierten Bewertung aufgrund der höheren Investitionssumme (Differenz 1,87 Mio. €) als Bestes und das der W. als erheblich schlechter (2 Punkte) bewertet worden wäre.

I.1.2.2. Maßnahmen zur Modernisierung der Netze

(Nr. 5)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 4 Punkte. Die schlechtere Bewertung der Klägerin hat die Beklagte damit begründet, dass die Klägerin keine Aussage dazu getroffen habe, wie und ob überhaupt ein Soll-Ist-Abgleich der Modernisierungsplanungen während der Vertragslaufzeit erfolgen soll (S. 19 GA).

Zu Recht hat das Landgericht die Bewertung als nicht nachvollziehbar angesehen (S. 33 LGU). Zwar ist der Einwand der Beklagten zutreffend, sie habe entgegen der Annahme des Landgerichts danach gefragt, inwieweit ein Soll-ist-Abgleich der Planung erfolge (S. 24 WU). Ihrer Bewertung fehlt jedoch jegliche qualitative Bewertung und Gegenüberstellung der beiden Modernisierungskonzepte und der darin angebotenen Maßnahmen. Die Bewertung, beide Angebote stellten Themenfelder und Strategien "vollumfänglich" dar, ist in diesem Zusammenhang ohne Aussagekraft, weil es bei dem nachgefragten Konzept um einen Ideenwettbewerb geht und nicht um die Erreichung bestimmter Zielwerte.

Der nur von der W. angebotene jährliche Soll-Ist-Abgleich der Planungen (S. 19 GA) ist ersichtlich von untergeordneter Bedeutung, weil dieser lediglich zur Umsetzung des angebotenen Konzepts beitragen kann, aber bestehende qualitative Unterschiede der angebotenen Maßnahmen nicht ausgleichen könnte. Darüber hinaus ist die pauschale Zusage eines Soll-ist-Abgleichs ohne jegliche inhaltliche Beschreibung und Festlegung, auf welche konkreten Parameter sich der Vergleich beziehen soll, allenfalls von geringem Mehrwert.

Im Ergebnis ist nicht auszuschließen, dass bei der erforderlichen qualitativen Bewertung der Konzepte das Angebot der Klägerin als besser bewertet würde und festgestellt würde, dass das Angebot der W. hiervon in hohem Maß abweicht (1 Punkt).

I.1.2.4. Vertragliche Zusagen zu einem hohen Grad an Erdverkabelung

(Nr. 7)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 4 Punkte (S. 23 ff. GA). Die Beklagte hat einen Vorteil im Angebot der W. darin gesehen, dass sie die Beseitigung von Freileitungen innerhalb von 3 Monaten nach Netzübernahme angeboten und den Beginn der Frist dadurch zum Vorteil der Beklagten konkretisiert habe, während die Klägerin den Ersatz innerhalb von 2 Monaten - ohne Ausführungen zum Fristbeginn - angeboten habe (S. 24 GA). Einen weiteren Vorteil für die Beklagte stelle die Zusage der W. dar, bei Nichteinhaltung der 3-Monats-Frist die Freileitung - unbeschadet der Zusage einer Vertragsstrafe - innerhalb des ersten Jahres nach Netzübernahme zu entfernen.

Die Bewertung ist nicht nachvollziehbar. Wenn - wie die Beklagte geltend macht - davon ausgegangen wird, dass sie das Angebot der Klägerin in Bezug auf Hochspannungsleitungen mangels Vertragsrelevanz nicht als nachteilig bewertet hat, erschließt sich nicht, worin die Vorteile des Angebots der W. liegen sollen. Soweit die Beklagte - trotz kürzerer Umstellungsfrist - einen Nachteil im Angebot in einer vermeintlichen Unklarheit zum Fristbeginn gesehen hat, verstößt dies gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens. Das Angebot der Klägerin beruhte darauf, dass sie die Umstellungsfrist im Vertragsentwurf der Beklagten abgekürzt hat (S. 17 AK). Eine dezidierte Aussage zum Fristbeginn war schon in dem Vertragsentwurf der Beklagten nicht enthalten. Für die Klägerin bestand kein Anlass für die Annahme, dass die Beklagte ihren eigenen Vertragsentwurf insoweit als unklar ansehen würde. Es besteht auch tatsächlich keine Unklarheit. Vielmehr liegt auf der Hand, dass die Frist mit dem Vertragsabschluss zu laufen beginnen soll, wenn nicht - wie bei der W. - eine Netzübergabe zur Aufnahme des Netzbetriebs erfolgen muss. Nicht nachvollziehbar ist auch, warum es einen Vorteil darstellen soll, dass nach Verwirkung einer Vertragsstrafe wegen Nichteinhaltung der Dreimonatsfrist die Beseitigung innerhalb eines Jahres erfolgen soll. Die Verwirkung einer Vertragsstrafe würde nichts daran ändern, dass bereits ein fälliger Anspruch auf Beseitigung der Freileitung besteht. Dass nach dem Angebot der W. in diesem Fall nur eine Jahresfrist für die Beseitigung gelten soll, stellt vielmehr eine nachteilige Abweichung von der sonst geltenden Rechtslage dar.

Insgesamt ist nicht auszuschließen, dass die Beklagte das Angebot der W. bei zutreffender rechtlicher Würdigung der angebotenen Vertragsregelungen zumindest als geringfügig schlechter - mit 3 Punkten - bewertet hätte.

I.1.2.5. Vertragliche Zusage konkreter Maßnahmen zur Optimierung der Netztopologie

(Nr. 8)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 3 Punkte (S. 26 ff. GA). Maßgeblich war für die Beklagte im Wesentlichen, dass das Angebot der W., umfangreicher, detaillierter und - auch hinsichtlich der Vertragsstrafe - auf die gesamte Vertragslaufzeit bezogen sei.

Das Angebot der W. zu diesem Kriterium kann derzeit nicht bewertet werden (0 Punkte), weil die Zahl ihrer vertraglichen Zusagen, die von der Beklagten gesetzte Höchstgrenze überschreitet. Soweit sich dies anhand der wenig übersichtlichen Zusammenfassung der angebotenen Vertragsklauseln im Gutachten nachvollziehen lässt, trifft die Aufzählung in der Berufungserwiderung (S. 49 BE) im Wesentlichen zu, wobei Ziffer 6 (Pflicht zur Abhilfe) nicht als eigenständige Zusage, sondern lediglich als Sanktion bei Nichtdurchführung von in den Abstimmungsgesprächen verlangten Maßnahmen (Ziffer 5) angesehen werden mag. Jedenfalls ist die Zahl von 4 Zusagen auf der Grundlage der von der Beklagten in den Wettbewerbsunterlagen aufgestellten Systematik eindeutig überschritten.

Für den Fall einer erneuten Bewertung nach Reduzierung der Zusagen durch die W. oder Erhöhung der Höchstgrenze wird darauf hingewiesen, dass im Blick zu behalten ist, dass das Ziel der bei der Abfrage von vertraglichen Zusagen - im Gegensatz zu Kriterien, die im Netzbetriebskonzept darzustellen sind - ist, dass möglichst rechtssicher durchsetzbare vertragliche Regelungen angeboten werden (vgl. Nr. 3.4 Abs. 4 WU), die zu einer optimierten Netztopologie führen. Bei der gebotenen qualitativen Bewertung der Zusagen ist daher zu prüfen, inwieweit die zahlreichen auf das Vorfeld bezogenen Zusagen der W. (Konzepte, Analysen, Gespräche) in konkrete Verbesserungen der Netztopologie münden und Zusagen von konkreten Maßnahmen, die unter einem kaum justiziablen Vorbehalt stehen ("wenn dies wirtschaftlich und technisch sinnvoll ist"), gleichwohl rechtssicher einforderbar sind.

I.1.3. Instandhaltung

I.1.3.1. Instandhaltungsstrategie und -budgets (NBK)

(Nr. 9)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 2 Punkte. Maßgeblich hierfür war, dass der von der W. verfolgte risikobasierte Instandhaltungsansatz moderner sei und die W. mit einem wesentlich höheren Instandhaltungsbudget plane (S. 29 ff. GA).

Zu Recht hat das Landgericht beanstandet, dass die Einschätzung der Beklagten, der risikobasierte Ansatz sei "moderner", nicht begründet wird. Die Klägerin hat in ihrem Konzept ausgeführt, warum sie - aus ihrer Sicht zum Vorteil der Gemeinden - hierauf generell verzichtet. Hiermit setzt sich die Beklagte nicht auseinander. Soweit sie in der Berufungsbegründung darauf hinweist, dass neben einer schadensorientierten auch nach einer vorbeugenden Instandhaltungsstrategie gefragt gewesen sei (S. 24 BB), macht dies eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob der risikobasierte Ansatz für die Zielerreichung vorteilhaft oder nachteilig ist, nicht entbehrlich. Auch das Konzept der Klägerin ist keineswegs nur schadensorientiert, sondern im Wesentlichen vorbeugend.

Es ist nicht auszuschließen, dass sich bei einer inhaltlichen Prüfung durch die Beklagte der Verzicht auf einen risikobasierten Ansatz - aus Sicht der Netzkunden für das Ziel der hohen Versorgungssicherheit - als vorteilhaft herausstellt. Das erheblich höhere Budget der W. ist für die Zielerreichung nur dann relevant, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das von der Klägerin genannte Budget hierfür nicht ausreicht oder zu einer geringeren Zielerreichung führt. Das hat die Beklagte aber nicht festgestellt.

Es ist möglich, dass bei einer Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte das Angebot der W. mit 2 Punkten bewertet würde.

I.1.3.2. Vertragliche Zusagen zu Instandhaltungszyklen (§ 13)

(Nr. 10)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 2 Punkte. Dabei hat sich die Beklagte in der Abwägung im Wesentlichen darauf gestützt, dass die W. sich verpflichtet habe, bei den vorgesehenen Instandhaltungszyklen weitere Parameter - insbesondere Sichtkontrollen, die anlagenscharf in die Planung der Wartung und Inspektion einwirkten - aufzunehmen (S. 37 GA). Durch die konkreten Handlungsanweisungen diene das Angebot der W. dem Zweck des Kriteriums, eine hohe Versorgungssicherheit durch die Instandhaltungszyklen zu erreichen, in höherem Maße. Außerdem würde bei der W. die Ausgestaltung der Informationsansprüche umfangreicher ausfallen. Positiv gewürdigt hat die Beklagte auch die von W. angebotene Zertifizierung der Instandhaltungsmaßnahmen.

Zu Recht hat das Landgericht die Bewertung als nicht hinreichend nachvollziehbar angesehen. Für die Bewertung wäre eine konkrete Gegenüberstellung der angebotenen konkreten Instandhaltungszyklen erforderlich. Diese hat die Beklagte nicht vorgenommen. Dass die Beklagte mit der Berufungsbegründung die Aufstellung der W. zu deren Instandhaltungszyklen vorgelegt hat (Anlage BK 9) ändert hieran nichts. Wenn die beiderseitigen Aufstellungen jeweils alle Anlagenteile abdecken, ist der unterschiedliche Detaillierungsgrad bei den aufgeführten Betriebsmitteln zunächst ohne entscheidende Bedeutung. Entscheidend ist, inwieweit sich dies im Einzelfall in vorteilhaften Zyklen niederschlägt, was Gegenstand einer vergleichenden Bewertung sein müsste. Ein derartiger Vergleich war nicht deshalb entbehrlich, weil die Klägerin ihr Angebot nicht strikt an den Kategorien gem. der Anlage 1 zur StromNEV orientiert hatte. Eine derartige Darstellung war durch die Kriterienbeschreibung nicht zweifelsfrei vorgegeben. Maßgeblich war danach nur, dass sämtliche dort genannten Betriebsmittelgruppen in der Sache abgedeckt sind.

Ob die vertragliche Zusage, dass die Ergebnisse von Sichtkontrollen zu einer Verkürzung der Zyklen führen können, demgegenüber einen spürbaren Mehrwert hat, erscheint fraglich. Dies hängt auch davon ab, ob die Zusage so konkret formuliert ist, dass die Beklagte die Erfüllung mit Erfolg einfordern könnte.

Soweit die Beklagte die Zertifizierung der Instandhaltungsmaßnahmen positiv hervorgehoben hat, ist - jedenfalls ohne Kenntnis vom Angebot der W. - nicht nachvollziehbar, inwiefern diese die zugesagten Instandhaltungszyklen, die Gegenstand des Kriteriums sind, im Sinne der Versorgungssicherheit beeinflussen könnte. Die Qualität der Instandhaltungsmaßnahmen ist demgegenüber nicht Gegenstand des Kriteriums.

Die Darstellung der verschiedenen - flankierenden - Zusagen der W. lässt es zweifelhaft erscheinen, ob die Höchstgrenze von 4 Zusagen eingehalten wird. Dies hat die Klägerin jedoch bei diesem Kriterium nicht gerügt.

Weil es ohne einen qualitativen Vergleich der konkret angebotenen Zyklen an der wesentlichen Wertungsgrundlage fehlt, kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass das Angebot der Klägerin bei einer vollständigen inhaltlichen Bewertung des Kriteriums zumindest als gleichwertig angesehen worden wäre (jeweils 5 Punkte).

I.2. Preisgünstigkeit

I.2.1. Prognose der Höhe der Netznutzungsentgelte für das Konzessionsgebiet für die dritte Regulierungsperiode (Zeitraum Vertragsbeginn bis 2023)

I.2.1.1. Haushaltskunden, Jahresverbrauch Abnahmeband 2.500 - 5.000 kWh (Band DC gemäß EUROSTAT), SLP

I.2.1.2. Gewerbekunden, Jahresverbrauch 50 MWh, Jahreshöchstlast von 50 kW, Jahresbenutzungsdauer von 1.000 Stunden, Versorgung in NS, RLM

I.2.1.3. Industriekunden, Jahresverbrauch 24 GWh, Jahreshöchstlast von 4.000 kW, Jahresbenutzungsdauer von 6.000 Stunden, Versorgung in MS, RLM

(Nr. 11-13)

a) In Bezug auf die Prognose der Höhe der Netznutzungsentgelte hat die W. für alle Unterkriterien (verschiedene Kundenkreise) die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 0 Punkte. Dabei äußerte die Beklagte grundsätzliche Bedenken gegen das von der Klägerin angebotene Modell der Verpachtung des - bislang von ihr als Bestandteil eines größeren Flächennetzes betriebenen - Verteilernetzes im Konzessionsgebiet an eine zu gründende Netzbetriebsgesellschaft, weil dies im restlichen Netzgebiet zu höheren Kosten führe. Es sei zweifelhaft, ob die Bundesnetzagentur dies überhaupt akzeptiere. Weiter beanstandete sie, nach ihren Wettbewerbsunterlagen müssten die von der Klägerin angebotenen Netzentgelte ausgehend von ihren eigenen derzeit gültigen Netzentgelten anhand der Erlösobergrenzen-Entwicklung dargestellt werden. Diese Anforderung habe die Klägerin nicht erfüllt, indem sie auf die neue Netzgesellschaft abstelle. Darüber hinaus seien die neuen Zahlen im Angebot der Klägerin nicht plausibel. Letztlich hat die Beklagte ihre Wertung wohl allein auf die mangelnde Nachvollziehbarkeit des Angebots der Klägerin gestützt.

Das Landgericht hat die Bewertung der Beklagten beanstandet. Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf rechtliche Bedenken bezüglich der Genehmigungsfähigkeit des Modells der Klägerin zurückziehen, ohne die fehlende Genehmigungsfähigkeit konkret anhand der entgegenstehenden rechtlichen Kriterien zu begründen. Bei Zweifeln an der Plausibilität des Angebots der Klägerin hätte die Beklagte nach Auffassung des Landgerichts die Klägerin hierauf hinweisen und entsprechende Unterlagen und Nachweise erfordern müssen.

b) Im Ergebnis dürfte die Beklagte das Angebot zu den Netzentgelten zu Recht mit jeweils 0 Punkten bewertet haben.

aa) Zutreffend hat das Landgericht allerdings ausgeführt, dass sich die Beklagte nicht auf bloße, pauschale geäußerte Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit des von der Klägerin angebotenen Modells berufen kann, ohne die Unzulässigkeit nachvollziehbar zu begründen. Bloße Zweifel genügten nicht zu einer Abwertung, wenn in den Wettbewerbsunterlagen kein entsprechender Vorbehalt aufgenommen ist. Nicht nachvollziehbar sind die energiepolitischen Bedenken, die die Beklagte in Bezug auf das Modell der Klägerin äußert. Die Übernahme des Netzbetriebs durch die W. führt in gleicher Weise dazu, dass die Netzentgelte im verbleibenden Netz der Klägerin - bei möglicherweise ungünstigeren Kostenstrukturen in der Fläche - steigen könnten. Die Klägerin versucht lediglich mit ihrem Modell, bestehende Wettbewerbsnachteile aufgrund ungünstigerer Kostenstrukturen als Flächennetzbetreiberin auszugleichen. Eine entgegenstehende Genehmigungspraxis der Bundesnetzagentur ist nicht zu erkennen.

bb) Unzutreffend hat die Beklagte auch darauf abgestellt, dass die Darstellung der Klägerin sich nach den Anforderungen hätte richten müssen, die in ihren Wettbewerbsunterlagen für einen Altkonzessionär gestellt werden (S. 26). Diese Anforderungen passen ersichtlich nicht zum Modell der Klägerin, weil dort davon ausgegangen wird, dass der Altkonzessoniär sein Netzgebiet weiterbetreibt, während bei dem Modell der Klägerin eine neue Netzbetriebsgesellschaft entsteht, deren Erlösobergrenzen sich nach gänzlich anderen Bedingungen richten. Die Anforderungen in den Wettbewerbsunterlagen sind daher sachgerecht dahin auszulegen, dass sie so weit wie möglich zu dem Modell der Klägerin und dem diesbezüglich geltenden Rechtsrahmen (§ 26 Abs. 2, 3 - 5 ARegV, vgl. auch A.7.2.2. Abs. 1 WU) passen. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte auf Rüge der Klägerin Anpassungen ihrer Wettbewerbsunterlagen, die die Besonderheiten des Modells der Klägerin berücksichtigen sollten, zurückgenommen hat. Dies entbindet die Beklagte nicht davon, ihre Anforderungen sachgerecht auszulegen. Daher sind im Grundsatz die Anforderungen zu berücksichtigen, die die Beklagte "für den Fall des Netzübergangs" aufgestellt hat, weil auch bei dem Modell der Klägerin der Netzbetrieb des ausgegliederten Teilnetzes im Konzessionsgebiet rechtlich von einem anderen Betreiber übernommen wird.

cc) Allerdings dürfte die Beklagte das Angebot der Klägerin zutreffend als nicht hinreichend plausibilisiert angesehen haben. Gefordert war ausdrücklich eine "nachvollziehbare Prognose" der Netzentgelte (S. 26). Insoweit gilt nach Ziffer 7.2.2 Abs. 2 WU (S. 19), dass die Prognosen nachvollziehbar zu begründen sind und die Begründung nachvollziehbar ist, wenn sie alle Informationen enthält, die der Gemeinde eine Plausibilitätsprüfung ermöglichen, und die Begründung einer Plausibilitätsprüfung standhält. Das Angebot der Klägerin (S. 138 ff.) dürfte offensichtlich nicht diesen Anforderungen entsprechen. Insbesondere wird nicht hinreichend nachvollziehbar dargelegt, wie die zu Grunde gelegten Erlösobergrenzen ermittelt wurden (S. 149), was die Beklagte zu Recht beanstandet hat (s. u.a. S. 48). Die abstrakte Wiedergabe von Grundlagen der Netzentgeltermittlung und von Prognoseannahmen ("gebietsspezifisch", "sachgerechte Zuordnung", etc., S. 145 AK) ermöglicht ohne Wiedergabe der Ausgangszahlen und der Rechenwege nicht die Überprüfung der mitgeteilten Beträge zur Erlösobergrenze. Auch eine Übertragung des Erlösobergrenzenanteils auf übereinstimmenden Antrag der beteiligten Netzbetreiber hat die Regulierungsbehörde daraufhin zu überprüfen, ob die beantragte Aufteilung sachgerecht ist und insbesondere den Interessen der Netznutzer entspricht (Holznagel/Schütz/Thäsler, 2. Aufl. 2019, ARegV § 26 Rn. 40). Daher hätte - gerade bei einem Netzübergang auf eine Tochtergesellschaft, bei dem im höheren Maße der Verdacht auf einen rechtsmissbräuchlichen Antrag aufkommen kann - nachvollziehbar dargelegt werden müssen, dass sie auf einer sachgerechten - und somit genehmigungsfähigen - Erlösobergrenzenübertragung beruht.

dd) Die Beklagte dürfte auch nicht gehalten gewesen sein, von der Klägerin die fehlende Plausibilisierung nachzufordern. Es ist schon fraglich, ob Ziffer 3.4 Abs. 2 WU die Beklagte berechtigt, eine gänzlich fehlende Plausibilisierung nachzufordern oder dies eine Bevorzugung des jeweiligen Bieters darstellen würde, die mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens nicht zu vereinbaren wäre. Die Regelung dürfte eher dahin zu verstehen sein, dass bei grundsätzlich erfolgter Plausibilisierung die Beklagte weitere Unterlagen nachfordern darf. Darüber hinaus eröffnet die Regelung allenfalls ein Ermessen der Gemeinde. Dies zwingt sie nicht, einem Bieter auch dann eine nachträgliche Plausibilisierung zu ermöglichen, wenn für diesen bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt ohne weiteres auf der Hand lag, dass sein Angebot nicht den Anforderungen an eine Plausibilisierung genügte.

ee) Auch wenn angenommen würde, dass die Beklagte zum Nachfordern von Plausibilisierungsnachweisen verpflichtet gewesen wäre, dürfte sich die Klägerin nicht mehr auf einen fehlenden Hinweis berufen können, weil sie jedenfalls im Rügeverfahren gehalten gewesen wäre, die fehlenden Unterlagen nachzureichen. Insoweit hätte - wie bei einer Gehörsverletzung in einem Gerichtsverfahren - mit der Rüge konkret dargelegt werden müssen, welches Zahlenwerk auf einen Hinweis der Beklagten zur mangelnden Plausibilisierung der Erlösobergrenzen vorgelegt worden wäre. Jedenfalls aus dem Auswertungsgutachten konnte die Klägerin ohne weiteres erkennen, dass sie hätte darstellen müssen, wie sie die angenommenen Beträge zur Berechnung der Erlösobergrenzen berechnet hat.

c) Vorsorglich wird allerdings darauf hingewiesen, dass sich aus der Angebotswertung - soweit für den Senat ersichtlich - in Bezug auf das Angebot der W. nicht ergibt, dass Netzbetreiberin nicht die Bieterin W. S. GmbH & Co. KG, sondern deren Unterpächterin W. B. GmbH werden soll (vgl. Anlage AG 21) und die angebotenen Netzentgelte somit offenbar auf der Grundlage prognostiziert wurden, dass die W. B. das Konzessionsgebiet zusätzlich zu ihrem bisherigen Verteilernetzgebiet übernimmt. In der Wertung dieser Kriterien wird hingegen von der EOG-Genehmigung des "Bieters" gesprochen (Seite 42) und auch im Übrigen nicht zwischen der Bieterin und der Netzbetreiberin differenziert. Der Senat geht jedoch - sofern die Klägerin nichts Gegenteiliges vorträgt - davon aus, dass der Klägerin - jedenfalls aufgrund des vorangegangenen Vergabeverfahrens - dieser Unterschied bewusst war und insoweit aus ihrer Sicht keine Intransparenz bestand.

I.3. Effizienz

I.3.1. Kosteneffizienz

I.3.1.1. Effiziente Prozessorganisation (NBK)

(Nr. 16)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 4 Punkte (S. 77 ff. GA). Dafür war im Wesentlichen maßgeblich, dass die Beklagte die Lagerkonzeption der W. besser bewertet hat, was die Klägerin angreift. Außerdem gehe die W. detaillierter auf "verschiedene Prozesse" ein. In der Zusammenfassung benennt die Beklagte zudem als positive Gesichtspunkte im Angebot der W. ein Projekt zur Weiterentwicklung des ganzheitlichen Prozessmanagements, die Einführung eines Ideenmanagements mit Vorschlagswesen, die Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Prozessen, auf deren Basis sie über Outsourcing entscheide, sowie zahlreiche gemachte Zusagen.

Die Beurteilung der Beklagten hinsichtlich der Lagerhaltung ist nicht hinreichend nachvollziehbar. Die Beklagte sieht die hohe Zahl an Lagern bei der Beklagten kritisch, berücksichtigt aber offenbar nicht, dass es sich dabei ganz überwiegend um externe "Baufirmenlager" handelt, auf die die Klägerin nur zusätzlich zu ihren eigenen Lagern zurückgreifen kann. Demgegenüber sieht die Beklagte es als positiv an, dass die W. keine eigene Lagerhaltung betreibt, sondern über ein nicht näher beschriebenes "Kompetenzcenter" auf die Lagerhaltung der E. zurückgreift (S. 78 GA). Ob dies unter Berücksichtigung der Vergütung, die die E. hierfür erhalten dürfte, kosteneffizienter ist als eine eigene Lagerhaltung, auf die die Klägerin als großer Flächennetzbetreiber zurückgreifen kann, hat die Beklagte aber nicht untersucht.

Im Ergebnis kann auch unter Berücksichtigung der übrigen - recht vage - dargestellten Gesichtspunkte, die die Beklagte im Angebot der W. positiv sieht, nicht ausgeschlossen werden, dass beide Angebote mit 5 Punkten bewertet worden wären. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Beklagte die in der Zusammenfassung aufgeführten Gesichtspunkte, soweit sie Maßnahmen zur Steigerung der Kosteneffizienz betreffen, bei diesem Kriterium nicht berücksichtigt, denn dies ist erst Gegenstand des nächsten Kriteriums.

Für eine etwaige erneute Wertung wird außerdem vorsorglich darauf hingewiesen, dass - was die Klägerin allerdings nicht gerügt hat - vertragliche Zusagen bei diesem konzeptbezogenen Kriterium nicht als solche hätten gewertet werden dürfen. Nach 7.2.1 Abs. 4 WU werden entweder ausschließlich vertragliche Zusagen im angebotenen Wegenutzungsvertrag oder ausschließlich ein Konzept bzw. eine Prognose gewertet. An diese Vorgabe ist die Beklagte gebunden. Danach kann sie den Inhalt der Zusagen nur als Bestandteil der Darstellung des Konzepts ansehen. Unzulässig ist es hingegen, darüber hinaus die Zusage als solche, d.h. eine mit der Zusage eingegangene Verpflichtung, bei der Bewertung positiv zu berücksichtigen. Die Beklagte hat jedoch positiv herausgestellt, dass die W. sich mit "Zusagen" "verpflichtet" habe, wesentliche der dargestellten Maßnahmen (...) zu praktizieren." Dies gilt im Übrigen für sämtliche Zusagen zu konzeptbezogenen Kriterien, die das Netzbetriebskonzept der W. offenbar in großer Zahl enthält.

I.3.1.2. Maßnahmen zur Steigerung der Kosteneffizienz (NBK)

(Nr. 17)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 3 Punkte. Hierfür war maßgeblich, dass nur das Angebot der W. Maßnahmen im Bereich der kosteneffizienten Planung und Auslegung des zukünftigen Netzes bzw. der Optimierung der Netzstruktur benenne.

Zu Recht hat es das Landgericht als Wertungsfehler angesehen, dass die Beklagte unzutreffend angenommen hat, die Klägerin habe keine Maßnahmen im Bereich der kosteneffizienten Planung und Auslegung des zukünftigen Netzes bzw. der Optimierung der Netzstruktur angeboten, und damit den insoweit angebotenen Einsatz neuartiger Kamera- und Bildauswertungstechniken (S. 181), des Einsatzes der Netzleittechnik eBase und digitale Bauprojekte nicht berücksichtigt hat. Demgegenüber wendet die Beklagte ein, dass die Klägerin keine quantitativen Aussagen zum Einsparpotential getroffen habe, obwohl eine vollständige und plausible Darstellung der aus den Maßnahmen abzuleitenden Kosteneinsparung in Euro erforderlich gewesen wäre (S. 26 BB). Dieser Einwand greift nicht durch. Abgesehen davon, dass aus der Bewertung nicht ersichtlich ist, dass die W. die jeweiligen Einsparpotentiale ihrer angebotenen Maßnahmen (plausibel) beziffert hat, hat die Beklagte ihre Wertung auch nicht auf etwaige Defizite in der Darstellung des Einsparpotentials gestützt, sondern darauf, dass nur die W. bestimmte Maßnahmen benannt habe. Darüber hinaus dürfte jedenfalls eine konkrete Bezifferung des Einsparpotentials in Euro nach den Wettbewerbsunterlagen nicht hineichend konkret gefordert gewesen sein.

Es ist daher möglich, dass die Klägerin bei Vermeidung dieses Fehlers zumindest ebenfalls 5 Punkte erhalten hätte.

I.3.2. Energieeffizienz

I.3.2.1. Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs im Netzbetrieb (NBK)

(Nr. 18)

Bei diesem Kriterium haben beide Bieter die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, weil die Beklagte die Darstellungen als gleichermaßen plausibel und die Maßnahmen als effektiv angesehen hat. Dabei hat die Beklagte die Zusage der W., den Energieverbrauch innerhalb von 5 Jahren um mindestens 10 % zu senken als positiv gewertet.

Diese Prozentzahl hat die Klägerin nach Entschwärzung als unplausibel gerügt.

Zu Recht hat die Klägerin beanstandet, dass - jedenfalls angesichts des konkret bezeichneten Prozentwertes - von der W. nachvollziehbar hätte plausibilisiert werden müssen, wie sie diesen Betrag herleitet. Denn es handelt sich im Rahmen des Konzeptkriteriums nicht um eine vertragliche Zusage, sondern lediglich um einen Bestandteil des Konzepts, das nach den Vorgaben plausibel sein muss (Nr. 7.2.2 WU). Ohne nähere Erläuterung liegt nicht auf der Hand, dass mit den angebotenen Maßnahmen ein Wert dieser Höhe erreicht werden kann. Ob in dem Angebot der W. eine hinreichende Plausibilisierung dieses Betrages erfolgt ist, ergibt sich nicht aus der Angebotswertung und ist daher intransparent.

Es erscheint möglich, dass die W. allenfalls 4 Punkte erreicht hätte, wenn die Beklagte ihre Vorgaben beachtet hätte.

I.3.2.2. Vertragliche Zusage konkreter Maßnahmen zur Minimierung der Verlustenergie

(Nr. 19)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 2 Punkte (S. 86 ff. GA).

Zu Recht hat die Klägerin beanstandet, dass - nach der Darstellung im Gutachten (S. 86 f.) - die Zahl der vertraglichen Zusagen der W. die Höchstgrenze von 4 deutlich übersteigt. Die Zählung in der Berufungserwiderung (S. 52 f.) trifft im Wesentlich zu, wobei möglicherweise - je nach konkreter Fassung der Klausel - die Pflicht zur Abhilfe (Nr. 4) keine separate Zusage darstellt, sondern der Zusage Nr. 3 zuzuordnen sein dürfte.

Ohne eine Anpassung der Obergrenze der zulässigen Zusagen oder Streichung überzähliger Zusagen kann das Angebot der W. zu diesem Kriterium nicht gewertet werden, sodass derzeit von 0 Punkten auszugehen ist.

Für eine erneute Angebotswertung wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass es - wie das Landgericht zu Recht beanstandet hat - nicht zu Gunsten der W. hätte berücksichtigt werden dürfen, dass diese derzeit nicht Netzbetreiber ist und deshalb für den ersten Zeitraum keine mit dem Angebot der Klägerin vergleichbaren Zusagen zur Minimierung der Verlustenergie gemacht habe (S. 88 GA). Ein solcher "Bonus" ist in den Wettbewerbsunterlagen nicht vorgesehen und daher nicht zulässig. Wenn die W. der Meinung gewesen wäre, dass die Fassung der Auswahlkriterien ungerechtfertigt einen Informationsvorsprung der Klägerin als bisheriger Netzbetreiberin honoriere, hätte sie dies entsprechend rügen müssen.

Mangels Kenntnis des Angebots der W. ist bislang auch nicht hinreichend nachvollziehbar, warum die Beklagte es bei der Klägerin kritisch sieht, dass nicht dargestellt werde, ob auch die von der Klägerin vorgesehene Netzbetreiberin S. GmbH "konkret verpflichtet" werde, während sie diese Problematik bei der W., die ebenfalls nicht Netzbetreiberin werden soll (Anlage AG 21), nicht anspricht (S. 88 1. Absatz GA). Insoweit ist auch nicht ersichtlich, warum nur die von der Klägerin gewählte Konstruktion Anlass geben könnte, daran zu zweifeln, dass sie vertragliche Zusagen zum Netzbetrieb einhalten kann, ohne dass die Netzbetreiberin eigene Verpflichtungen gegenüber der Beklagten eingeht. Die S. GmbH ist nach dem angebotenen Konzept 100%ige Tochtergesellschaft der Klägerin und die Klägerin führt sämtliche mit dem Netzbetrieb verbundenen Dienstleistungen für sie aus. Ob die W., die offenbar lediglich das Eigentum an dem Netz erwerben und dieses an die - rechtliche und tatsächliche - Netzbetreiberin verpachten soll, eine bessere Gewähr für eine Vertragserfüllung bieten kann, ist nicht ersichtlich.

I.4. Verbraucherfreundlichkeit

I.4.1. Leistungsumfang beim Kundenservice

I.4.1.1. Kundenservice in örtlicher Nähe

I.4.1.1.1. Erreichbarkeit für Kunden (NBK)

(Nr. 20)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 3 Punkte. Bei diesem Kriterium, bei dem es um möglichst lange Öffnungszeiten des Servicecenters unter Berücksichtigung der Verteilung über den Tag, auch am frühen Morgen und am Abend, ging, hat die Beklagte die angebotenen Stunden außerhalb der "üblichen Bürozeiten" - vor 8 Uhr und nach 16 Uhr in der Addition 2fach berücksichtigt und die hiernach berechnete Summe der Bewertung zu Grunde gelegt (S. 90 f. GA).

Die Bewertung ist fehlerhaft. Nicht nachvollziehbar ist, warum die Zusage der Klägerin, konkrete Vorstellungen der Beklagten hinsichtlich der Öffnungszeiten umzusetzen, nach Auffassung der Beklagten bei der Bewertung nicht zu berücksichtigen sei. Dass nur konkret angegebene Öffnungszeiten und nicht eine solche plausible Zusage, die den Zielen des Kriteriums ohne Zweifel optimal dient, nicht berücksichtigt wird, ergibt sich nicht aus dem Bewertungskriterium.

Wegen der Wertung der konkret genannten Öffnungszeiten wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass sich zwar nicht jegliche Wertungsmodalitäten bereits aus den Wettbewerbsunterlagen ergeben müssen, die nachträglich gefundenen Maßstäbe aber mit den Vorgaben des Kriteriums vereinbar und sachgerecht sein müssen. Dass die Beklagte die Zeit ab 16.00 Uhr bereits als "am Abend" wertet ist, ist mit dem üblichen Sprachgebrauch nicht vereinbar. Wegen der umfassenden Zusage der Klägerin, die Öffnungszeiten nach den Wünschen der Beklagten zu gestalten, dürfte es hierauf jedoch nicht ankommen.

Im Ergebnis erscheint möglich, dass bei Vermeidung der aufgezeigten Fehler das Angebot der Klägerin mit 5 Punkten und das der W. mit 3 Punkten bewertet worden wäre. Ohne Kenntnis der von der W. am Abend (nach 18.00 Uhr) angebotenen Öffnungszeiten ist nicht auszuschließen, dass das Angebot der W. in geringem Umfang schlechter zu bewerten ist als die umfassende Zusage der Klägerin.

I.4.1.1.2. Vertragliche Zusagen zu der örtlichen Nähe der Kundenservicecenter zum Konzessionsgebiet

(Nr. 21)

Bei diesem Kriterium hat die Klägerin die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die W. 4 Punkte. Hierfür war im Wesentlichen maßgeblich, dass die von der Klägerin angebotene Entfernung zum Rathaus (1 km) im Vergleich zu dem Angebot der W. (4 km) zwar dem Ziel dieses Kriteriums am besten diene, aber Informationsrechte und Vertragsstrafen bei der W. umfangreicher ausgestaltet seien (S. 94 f. GA).

Zutreffend hat das Landgericht die Bewertung als nicht hinreichend nachvollziehbar angesehen. Das Angebot der Klägerin unterscheidet sich wesentlich durch die erheblich geringere Entfernung des Servicecenters zum Rathaus (1 km statt 4 km). Die Beklagte misst den Sekundärrechten eine unvertretbar hohe Bedeutung zu, wenn sie im Ergebnis nur von einer sehr geringen Abweichung des Angebots der W. ausgeht. Dies überschreitet den Beurteilungsspielraum der Beklagten. Denn die Sekundärrechte vermögen allenfalls zu gewährleisten, dass die W. ihre schlechtere Zusage zur örtlichen Entfernung einhält. Auch die positiv bewertete - behindertenfreundliche, barrierefreie, kinderfreundliche und tierhalterfreundliche - Ausgestaltung des Servicecenters der W. könnte den geringen Abstand nicht rechtfertigen, weil aus der maßgeblichen Sicht der Bieter nicht hinreichend erkennbar war, dass diese Gesichtspunkte Gegenstand des Kriteriums sein sollten.

Im Ergebnis erscheint es möglich, dass die Beklagte bei Vermeidung der Bewertungsfehler für das Angebot der W. 2 Punkte (erhebliche Abweichung) vergeben hätte.

I.4.1.1.3. Serviceumfang (NBK)

(Nr. 22)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 4 Punkte (S. 96 f. GA). Hierbei war im Wesentlichen maßgeblich, dass die W. eine jährliche Kundenzufriedenheitsumfrage und diesbezüglich die Ableitung von Maßnahmen zur Verbesserung des Service zugesagt habe, sie einen umfassenderen Serviceumfang zugesagt habe und die Klägerin nicht eindeutig zugesagt habe, dass die Kunden im Servicecenter ihre Zählerstände abgeben könnten.

Die Bewertung ist fehlerhaft. Nach dem Angebot der Klägerin umfasste ihr Serviceangebot ausdrücklich das Themenfeld Zähler und dort auch den Punkt Zählerstände (S. 215). Entgegen der Angebotswertung ist nicht zweifelhaft, dass dies auch die Mitteilung der Zählerstände einschließt. Nicht nachvollziehbar und widersprüchlich ist auch, dass die Beklagte die - im Übrigen sehr vage - Zusage der W., Maßnahmen zur Serviceverbesserung aus jährlichen Kundenumfragen "abzuleiten", berücksichtigt, während sie das Angebot der Klägerin, ihren Serviceumfang gemeinsam mit Netzkunden und der Gemeinde zu hinterfragen und bei Bedarf anzupassen, als nicht wertungsrelevant ansieht, weil nur der konkret angebotene Serviceumfang, nicht dessen zukünftige Anpassung maßgeblich sei (S. 96).

Zudem hat die Klägerin zu Recht beanstandet, dass die knappe Zusammenfassung des Serviceumfangs der W. ("zu allen relevanten Themen") ohne konkrete Darstellung des Angebotsinhalts oder Vorlage des Angebots intransparent ist. Auf dieser Grundlage kann nicht ausgeschlossen werden, dass wesentliche Themenfelder im Beratungsangebot der W. fehlen.

Im Ergebnis erscheint es daher auch möglich, dass das Angebot der W. mit 0 Punkten zu bewerten gewesen wäre.

I.4.1.2. Telefonischer Kundenservice

I.4.1.2.2. Serviceumfang (NBK)

(Nr. 24)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 4 Punkte. Maßgeblich war dabei für die Beklagte, dass die W. sich verpflichtet habe, eine jährliche Kundenzufriedenheitsumfrage durchzuführen und hieraus zukünftige Maßnahmen zur Verbesserung von Serviceumfang und -qualität abzuleiten, während die Klägerin eine Anpassung des Serviceumfangs weniger konkret angeboten habe, und die W. Aussagen zur Qualifikation des eingesetzten Personals getroffen habe.

Die Bewertung weist Fehler auf. Zu Recht beanstandet die Klägerin, dass die von der Beklagten bewertete Mitarbeiterqualifikation für dieses Kriterium nicht relevant ist. Gegenstand des Kriteriums ist ausdrücklich der Serviceumfang. Dass die Beklagte hierbei auch eine Darstellung der Mitarbeiterqualifikation erwartete und in die Wertung einbeziehen würde, war nicht ersichtlich.

Es erscheint möglich, dass die Klägerin bei Vermeidung dieses Fehlers ebenfalls 5 Punkte erhalten hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine konzeptbezogene "Verpflichtung" - wie bereits ausgeführt - nur als Bestandteil des Netzbetriebskonzepts, nicht als vertragliche Verpflichtung gewertet werden darf und deshalb insoweit kaum ein wertungsrelevanter Unterschied zu der von der von der Klägerin angebotenen Anpassung der Servicequalität bestehen dürfte.

I.4.2. Beschwerdemanagement

I.4.2.1. Prozess des Beschwerdemanagements (NBK)

(Nr. 29)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 4 Punkte. Dabei war für die Beklagte im Wesentlichen maßgeblich, dass bei der Klägerin die Nachvollziehbarkeit der Darstellungen zum Beschwerdeprozess nicht an allen Stellen optimal gegeben sei, während die W. konkretere Maßnahmen angeboten habe.

Die Bewertung ist nicht hinreichend nachvollziehbar, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Die Beurteilung der Beklagten, die Darstellung der W. zu den Beschwerdeprozessen sei vollständig und plausibel, kann nicht nachvollzogen werden, weil weder die genannten Prozesse in dem Gutachten wiedergegeben werden noch das Angebot der W. vorliegt.

Weil die Beschwerdeprozesse ein Kernelement dieses Kriteriums darstellen, kann ohne Kenntnis von den konkreten Prozessen der W. nicht ausgeschlossen werden, dass das Angebot der Klägerin als Bestes zu bewerten gewesen wäre und die W. 2 Punkte erhalten hätte.

I.5. Umweltverträglichkeit

I.5.1. Umweltverträglicher Netzbetrieb

I.5.1.1. Maßnahmen zum Einsatz von umweltfreundlichen Investitionsgütern, Verbrauchsmaterial und Betriebsmitteln (NBK)

(Nr. 32)

Bei diesem Kriterium haben beide Bieter die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, weil die Beklagte beide Angebote als qualitativ gleichwertig angesehen hat.

Diese Bewertung dürfte gerade noch als vertretbar anzusehen sein, auch wenn eine wertende Gegenüberstellung der einzelnen in den Angeboten enthaltenen Themenbereiche fehlt. Angesichts des Umstandes, dass eine Gewichtung der einzelnen Maßnahmen mit vertretbarem Aufwand kaum überzeugend gelingen kann, dürfte die Beklagte sich noch im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums bewegt haben, wenn sie sich auf eine eher pauschale Betrachtung beschränkt hat.

Das Fehlen einer konkreten Definition des Begriffs "umweltverträgliches Fahrzeug" in Bezug auf Subunternehmer, stellt ersichtlich keinen maßgeblichen Aspekt der Gesamtbeurteilung dar, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Soweit die Klägerin beanstandet, die Beklagte habe ihre zwei zusätzlichen Zertifizierungen nicht ausreichend berücksichtigt, bleibt unklar, inwiefern sich daraus konkrete Vorteile für das Kriterium des Einsatzes umweltfreundlicher Materialien ergeben könnten.

Fehlerhaft hat die Beklagte allerdings teilweise nicht beachtet, dass es bei diesem Kriterium nur um den Einsatz umweltfreundlicher Materialien geht, sodass sonstige Umweltschutzmaßnahmen nicht positiv gewertet werden durften. Dies betrifft jedoch beide Bieter (z.B. Reduzierung von Fahrtwegen bei der Klägerin, kurze Anfahrtswege und fachgerechte Entsorgung kontaminierter Böden bei der W.), sodass der Senat derzeit zu der Auffassung neigt, dass dies die Bewertung nicht beeinflusst haben dürfte.

I.5.1.2. Maßnahmen zur Substitution umweltschädlicher Stoffe in bestehenden Anlagen (NBK)

(Nr. 33)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 3 Punkte.

Dabei war für die Beklagte maßgebend, dass bei dem von beiden Bietern zugesagten Austausch von Masse- bzw. Ölkabeln, die W. den Austausch bereits innerhalb der ersten 6 Jahre der Vertragslaufzeit zugesagt und die Klägerin ihre auf die Vertragslaufzeit bezogene Zusage auf Mittelspannungsleitungen beschränkt habe. Explizit negativ wurde von der Beklagten bewertet, dass die Klägerin ihre Zusage durch den Zusatz "mit umweltschädlichem Einfluss" begrenzt habe.

Dass der Beklagten die von der W. zugesagte Frist als nicht plausibel erscheinen musste, vermag der Senat in dem vorliegenden Verfügungsverfahren nicht festzustellen. Nicht vertretbar und willkürlich ist hingegen die Auffassung der Beklagten, aus dem Zusatz "mit umweltschädlichem Einfluss" (S. 289 AK) ergebe sich eine Einschränkung hinsichtlich des von der Klägerin zugesagten Austauschs der Mittelspannungsleitungen. Es besteht unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen im Konzept der Klägerin kein Zweifel, dass die Klägerin Massekabel generell aufgrund der enthaltenen ölhaltigen Materialien als Umweltrisiko ansieht (S. 283 AK) und den Austausch aller Massekabel im Netzgebiet zusagt (S. 284 AK). Der fragliche Zusatz ist vor diesem Hintergrund nicht als Einschränkung, sondern nur als erneuter Hinweis auf die Umweltschädlichkeit von Massekabeln zu verstehen.

Im Ergebnis erscheint möglich, dass die Beklagte bei Vermeidung dieses Wertungsfehlers für das Angebot der Klägerin 4 Punkte vergeben hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem von der W. zusätzlich angebotenen Austausch von Niederspannungskabeln kaum Relevanz zukommt, weil deren Anteil an den Massekabeln im Netzgebiet unstreitig lediglich 1 % beträgt.

I.5.1.3. Maßnahmen zur Minimierung des Flächenverbrauchs für oberirdische Versorgungsanlagen (NBK)

(Nr. 34)

Bei diesem Kriterium hat die Klägerin die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die W. 4 Punkte. Dabei war für die Beklagte maßgeblich, dass die Klägerin das bedeutendere Zusatzangebot (konkretere Zusage versenkbarer Stationen) abgegeben habe. Hingegen seien die Ausführungen der Klägerin zu Bauverfahren und -maßnahmen nicht wertungsrelevant.

Die Bewertung ist nicht zu beanstanden, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Zu Unrecht meint die Klägerin, die von ihr angebotenen Bauverfahren (z.B. Reduzierung von Straßenaufbrüchen durch Koordination mit anderen Versorgungssparten) hätten in die Bewertung einfließen müssen. Diese Gesichtspunkte fallen nicht unter das Kriterium der Reduzierung des Flächenverbrauchs und der Oberflächenversiegelung durch oberirdische Versorgungsanlagen.

I.5.1.5. Vertragliche Zusagen zu Erhaltung und Ersatz von Bäumen im Zusammenhang mit dem Netzbetrieb

(Nr. 36)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 4 Punkte. Hierbei war für die Beklagte maßgeblich, dass die Beklagte die besseren Sanktionsrechte (Information, Vertragsstrafe, Sonderkündigung) angeboten habe.

Die Bewertung ist nicht zu beanstanden, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.

a) Der von der Klägerin mit der Berufungserwiderung weiter verfolgte Einwand, im Angebot der W. verstoße die Zusage eines pauschalierten Schadensersatzes von mindestens 1.600 € je Baum gegen § 3 KAV, greift nicht durch.

Sanktionsrechte der Gemeinde bei Pflichtverletzungen unterfallen grundsätzlich nicht dem Nebenleistungsverbot des § 3 KAV, sofern nicht die konkrete Ausgestaltung des Sanktionsrechts auf eine Umgehung dieses Verbots hindeutet (vgl. zu einer Vertragsstrafenregelung: Senat, Urteil vom 16. Juni 2022 - 13 U 67/21 (Kart), Rn. 59, juris).

Für ein solches Umgehungsgeschäft ist im Streitfall nichts ersichtlich. Die Pauschalierung des Schadensersatzes bei einem Baumverlust dient ersichtlich der Reduzierung des Verwaltungsaufwandes und der Vermeidung der bei Anwendung der Schadensermittlung nach der "Methode Koch" unter Umständen erforderlichen Gutachterkosten. Dass die Pauschalierung zu offensichtlich unangemessen überhöhten Schadensersatzleistungen führt, hat die Klägerin nicht dargetan. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die "Methode Koch" zwar eine anerkannte Methode zur Bemessung von Gehölzschäden ist, dies andere Bewertungsmethoden aber nicht ausschließt.

b) Darüber hinaus dürfte davon auszugehen sein, dass die - neben einer Entschädigung nach der Methode Koch - angebotene Pauschalierung zu dem genannten Mindestbetrag die Bewertung der Beklagten nicht beeinflusst hat. Für die sehr geringfügig bessere Beurteilung der W. waren andere Gesichtspunkte maßgeblich (s.o.).

I.5.1.6. Vertragliche Zusagen zur Reduzierung des Eigenverbrauchs im Netzbetrieb

(Nr. 37)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 4 Punkte. Dabei war für die Beklagte maßgeblich, dass beide Angebote dem Ziel, eine Reduzierung des Eigenverbrauchs im Netzbetrieb zu erreichen, in vergleichbarer Weise dienten, die Zusagen der W. zur Durchsetzung dieser Zusagen (bessere Vertragsstrafenregelung und Sonderkündigungsrecht) jedoch etwas besser seien (S. 135 ff. GA).

Die Bewertung ist fehlerhaft. Die gleiche Bewertung bei den Primärrechten ist nicht nachvollziehbar. Das Angebot der Klägerin ist bei der Reduzierung des Eigenverbrauchs (35 % gegenüber 10 % über die Vertragslaufzeit) weitaus besser. Aus welchen Gründen die Beklagte die Angebote - bis auf die Sekundärrechte trotzdem als gleichwertig ansieht - ist nicht nachvollziehbar und wird auch nicht ausgeführt.

Auf die streitige Bewertung des Einsatzes von Fahrzeugen kommt es hingegen entgegen der Auffassung der Klägerin bei diesem Kriterium von vornherein nicht an, weil die "Reduzierung des Eigenverbrauchs im Netzbetrieb" ersichtlich den Stromverbrauch im Zusammenhang mit dem Netzbetrieb meint, nicht die Frage, inwiefern die Fahrzeugflotte mit alternativen Energiequellen betrieben wird. Dies hat auch die Beklagte bei der Bewertung verkannt.

Im Ergebnis kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Angebot der W. 0 Punkte (qualitative Abweichung in sehr hohem Maß) erzielt hätte. Die etwas besseren Sekundärrechte im Angebot der Beklagten können kaum zur Kompensierung des sehr großen Unterschieds bei der primären Zusage beitragen, zumal das Sonderkündigungsrecht - wie oben ausgeführt - ohnehin kaum praktische Bedeutung hat.

Für eine etwaige Wiederholung der Wertung wird vorsorglich drauf hingewiesen, dass die Darstellung des Angebots der W. nahelegt, dass die Begrenzung der Zusagen auf 4 nicht eingehalten worden ist.

II. Weitere Ausgestaltung des Wegenutzungsvertrages

II.1. Umfang der Übernahme der Folgekosten

(Nr. 39)

Bei diesem Kriterium hat die W. 5 Punkte erhalten, die Klägerin 4 Punkte (S. 140 ff. GA). Nach dem Vertragsmuster der Beklagten (§ 9, vgl. S. 11 AK) betrifft dieses Kriterium die Frage, wer die Kosten für eine von dem Netzbetreiber durchgeführte Änderung oder Sicherung bestehender Versorgungsanlagen trägt. Für die Beklagte war bei der Wertung insbesondere von Belang, dass die W. klargestellt habe, dass Planungs- und Bauleitungskosten, die der Gemeinde durch Rücksichtnahme auf Versorgungsanlagen entstehen, "von den Folgekosten (...) umfasst" seien (S. 141 GA). Außerdem diene dem Ziel der Gemeinde, dass die W. im Koordinationsgespräch nach § 7 Abs. 1 eine Abstimmung mit der Gemeinde anbiete.

Auf eine Rüge der Klägerin hat die Beklagte erklärt, im Wege der Teilabhilfe das von der W. in Bezug auf Folgekosten angebotene Forderungsinkasso gegenüber Dritten nicht zu berücksichtigen (S. 35 f. RA). Dies führe jedoch zu keiner Änderung der Punktzahl. Denn - entgegen der in dem Bewertungsgutachten vertretenen Auffassung - sei das Angebot von Informations- und Sanktionsrechten nicht nur bei Kriterien der Hauptgruppe I, durch die Ziele aus § 1 EnWG umgesetzt werden sollen, sondern auch bei Kriterien der Hauptgruppe II möglich.

Diese Bewertung ist fehlerhaft. Es dürfte schon nicht zulässig sein, im Rahmen einer bloßen Abhilfeentscheidung - ohne erneuten formellen Eintritt in die Wertungsphase - von der Rüge nicht betroffene Aspekte der Bewertung des Kriteriums zu Lasten des Rügenden abzuändern, zumal dies auch nicht Gegenstand des Gemeinderatsbeschlusses war. Dies kann hier jedoch dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls hätte die Beklagte das Angebot von Informations- und Sanktionsrechten in § 19, §§ 20 f. des Vertrags durch die W. bei der Bewertung nicht berücksichtigen dürfen, weil dies nach den Wettbewerbsunterlagen für dieses Kriterium nicht vorgesehen war. Es ist nach den Wertungsunterlagen der Beklagten unzweifelhaft, dass - wie die Beklagte in dem Gutachten zunächst auch zutreffend erkannt hatte - sich die allgemeine Forderung nach Abhilfe- und Sanktionsmöglichkeiten unter Nr. 7.2.3 (S. 19 WU) nur auf die Kriterien der Hauptgruppe I (Ziele des § 1 Abs. 1 EnWG) bezieht. Das ergibt sich schon daraus, dass die von der Beklagten genannte Regelung sich in dem entsprechenden Abschnitt 7.2 Übergreifende Hinweise zu "I. Umsetzung der Ziele des § 1 Abs. 1 EnWG" befindet. Zudem ergibt sich aus den Regelungen und gelb unterlegten Ausfüllhinweisen in § 19 (Informationspflichten), § 20 (Vertragsstrafen) und § 21 (Kündigung) im Mustervertrag (S. 24 ff. AK), für welche Kriterien dort Informationsrechte und Sanktionen angeboten werden können. Daraus ergibt sich unzweifelhaft, dass in §§ 19 - 21 nur Sekundärrechte zu den Kriterien der Gruppe I und den dort konkret genannten Kriterien der Gruppe II (s. § 19 Abs. 2, § 20 Abs. 1 Buchst. b) und c), § 21 Abs. 1 Buchst. a) - e) ) angeboten werden durften, zu denen das vorliegende Kriterium jedoch nicht zählt.

Die Darstellung der von der W. angebotenen vertraglichen Regelungen ist außerdem nicht hinreichend transparent. So ist unklar, ob die W. die von der Beklagten gewerteten Vertragsregelungen in § 9 Abs. 3 angeboten hat, wie es der Mustervertrag - gemäß Ziff. 7.1 Abs. 4 der WU verbindlich - vorsieht. Wenn die Beklagte sich - wie das Gutachten nahelegt - auf eine in § 7 Abs. 1 angebotene Regelung bezieht, wäre dies bei dem vorliegenden Kriterium nicht wertbar, weil das Kriterium explizit § 9 Abs. 3 zugeordnet ist. Auch eine von der Beklagten wiederholt genannte Regelung in § 8 Abs. 3 lit a) wäre aus diesem Grund nicht wertbar (wenn es sich nicht nur um Schreibfehler im Gutachten handelt). Unklar ist auch, inwiefern sich eine von der W. angebotene klarstellende Regelung zu Planungs- und Bauleitungskosten (S. 141 GA) auf dieses Kriterium beziehen soll. Nach der Formulierung im Mustervertrag geht es bei dem Kriterium um die Kostentragung für die vom Netzbetreiber gemäß § 9 Abs. 1 vorzunehmende Änderung und Sicherung von Versorgungsleitungen. Sofern sich die gewertete Klarstellung hingegen auf Planungs- und Bauleitungskosten der Gemeinde bezog (so wohl die Darstellung auf S. 140 GA), ist fraglich, ob sie bei diesem Kriterium hätten gewertet werden dürfen. Der Beklagten durch eigene Tätigkeiten entstehende Kosten dürften nicht Gegenstand des Kriteriums gewesen sein.

Unter Berücksichtigung der Intransparenz ist nicht auszuschließen, dass das Angebot der W. 0 Punkte erzielt hätte. Auch wenn man die bestehende Intransparenz außer Betracht ließe, kommt jedenfalls in Betracht, dass beide Bieter 5 Punkte erzielt hätten.

II.2. Umfang Entfernungspflicht stillgelegter Anlagen

(Nr. 40)

Bei diesem Kriterium (§ 8 des Vertrags) hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 4 Punkte. Für die bessere Bewertung der W. war im Wesentlichen maßgeblich, dass es nach dem Angebot der W. für die Beseitigung stillgelegter Anlagen bei einer Änderung und Neuerrichtung von Versorgungsanlagen keiner Aufforderung durch die Gemeinde bedürfe und die W. weitergehende Koordinierungszusagen abgegeben sowie einen Anspruch der Gemeinde auf Erhalt einer Begründung bei Nichteinhaltung der Fristen vorgesehen habe. Positiv zu beurteilen seien auch die von der W. in § 20 und § 21 angebotenen Sanktionsrechte.

Die Bewertung ist fehlerhaft, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Es ist weiterhin nicht nachvollziehbar, dass es nach dem Ziel dieses Kriteriums keinen Vorteil darstellen soll, wenn außer Betrieb genommene Anlagen nach dem Angebot der Klägerin bereits in sehr viel kürzerer Frist als stillgelegt gelten. Zu dem Ziel, "möglichst geringe Spielräume des Bieters, wann Anlagen als stillgelegt gelten" war nach dem insoweit abänderbaren Vertragsmuster eine Frist genannt, nach deren Ablauf außer Betrieb genommene Anlagen als stillgelegt gelten. Fernliegend ist vor diesem Hintergrund aus der maßgeblichen Sicht der Bieter das der Bewertung der Beklagten zugrunde liegende Verständnis, es sei der Beklagten gleichgültig, welche Frist insoweit angeboten werde, zur bestmöglichen Erfüllung genüge insoweit, dass überhaupt irgendeine feste Frist benannt werde. Vielmehr kann das Bewertungskriterium nur dahin verstanden werden, dass es der Beklagten darauf ankommt, dass dieser Zeitraum möglichst kurz bemessen sein soll, damit sie im Ergebnis möglichst schnell die Entfernung außer Betrieb genommener Anlagen verlangen kann.

Nicht mit den Vorgaben des Bewertungskriteriums vereinbar ist auch, dass die Beklagte es als Vorteil ansieht, dass die W. bestimmte stillgelegte Anlagen unaufgefordert entfernt. Dies war nicht Gegenstand des Kriteriums, wonach es der Beklagten ausdrücklich darum ging, dass sie die Entfernung stillgelegter Anlagen innerhalb möglichst kurzer Zeiträume verlangen kann. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die unaufgeforderte Entfernung von stillgelegten Anlagen aufgrund der damit verbundenen Baumaßnahmen nicht immer im Interesse der Gemeinde sein muss.

Von der W. in § 20 und § 21 angebotene Sanktionsrechte sind nicht zu berücksichtigen. Die Ausführungen zu dem vorstehenden Kriterium gelten entsprechend.

Im Ergebnis erscheint es möglich, dass das Angebot der Klägerin bei Vermeidung der Bewertungsfehler als das Beste bewertet worden wäre und die W. 1 Punkt erhalten hätte. Das Angebot der Klägerin dient dem Ziel des Kriteriums erheblich besser, weil außer Betrieb genommene Anlagen danach im Ergebnis in weniger als der Hälfte der Zeit entfernt werden (5 Wochen + 2 Monate gegenüber 6 Monate + 2 Monate).

II.3. Zustimmungsvorbehalte/Kündigungsrechte

II.3.1. Zustimmungsvorbehalt der Gemeinde bei Rechtsnachfolge und Kündigungsrecht bei Verstoß

II.3.1.1. Gestaltung Zustimmungsvorbehalt (Rechtsnachfolge)

(Nr. 41)

Bei diesem Kriterium (§ 28 Abs. 2 und 3) hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 4 Punkte. Dabei hat es die Beklagte insbesondere als vorteilhaft gewertet, dass sie die Zustimmung nur schriftlich erteilen kann (S. 145 f. GA).

Die Bewertung ist fehlerhaft. Die Frage der Schriftform ist nicht Gegenstand des Kriteriums. Es ging bei dem Kriterium lediglich um die Frage, "ob und unter welchen Bedingungen eine Zustimmung der Gemeinde zur Übertragung von Rechten und Pflichtendes Vertrages vom Bieter auf einen Dritten erforderlich ist" (Unterstreichung durch den Senat). Ziel war, dass eine Rechteübertragung "nur mit Zustimmung der Gemeinde zulässig" ist, "wobei die Gemeinde die Zustimmung nach freiem Ermessen erteilen kann." Diese Anforderungen hat auch die Klägerin durch ihr Angebot vollumfänglich und bestmöglich erfüllt.

Beide Angebote hätten bei Vermeidung dieses Fehlers die gleiche Punktzahl erhalten müssen. Vorsorglich wird für eine etwaige Wiederholung der Wertung darauf hingewiesen, dass auch die Zusage von W., bei einer Übertragung von Rechten aus dem Vertrag die Verpflichtungen gegenüber der Gemeinde wahrzunehmen, nicht Gegenstand des Kriteriums ist. Gleiches gilt für angebotene Informationsrechte.

II.3.1.2. Gestaltung Kündigungsrecht (bei Rechtsnachfolge und bei Verstoß gegen den Zustimmungsvorbehalt)

(Nr. 42)

Bei diesem Kriterium (§ 21 Abs. 1 Buchst. a) und c) ) hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 3 Punkte (S. 147 f. GA). Dabei war für die Beklagte maßgeblich, dass die W. das Kündigungsrecht mit vorteilhafteren Voraussetzungen im Falle eines Verstoßes gegen den Zustimmungsvorbehalt ausgestaltet habe.

Die Bewertung ist fehlerhaft. Gefragt war nach vertraglichen Zusagen, "ob die Gemeinde den Vertrag bei einem Verstoß gegen den Zustimmungsvorbehalt bei Rechtsnachfolge kündigen kann". Dies bezieht sich auf den Zustimmungsvorbehalt nach § 28 Abs. 2, 3. Die Klägerin hat die Regelungen im Mustervertrag unverändert übernommen, sodass der Beklagte ein uneingeschränktes Sonderkündigungsrecht in dem abgefragten Fall zusteht und das Kriterium optimal erfüllt ist. Die zusätzliche - der Klägerin erst durch nachträgliche Entschwärzung bekannt gewordene - Regelung im Angebot der W., dass das Sonderkündigungsrecht auch dann bestehe, wenn die Übertragung gegenüber der Gemeinde nicht wirksam sei, bietet demgegenüber keinen Mehrwert für den abgefragten Fall eines Verstoßes gegen den Zustimmungsvorbehalt.

Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin bei Vermeidung dieses Fehlers ebenfalls 5 Punkte erhalten hätte. Vorsorglich wird für die Wiederholung der Wertung darauf hingewiesen, dass ein Informationsanspruch nicht wertungsrelevant ist; gefragt war ausdrücklich nur nach dem "ob" des Kündigungsrechts.

II.3.2. Zustimmungsvorbehalt der Gemeinde bei Übertragung von wesentlichen Netzteilen und Kündigungsrecht bei Verstoß

II.3.2.1. Gestaltung Zustimmungsvorbehalt

(Nr. 43)

Bei diesem Kriterium (§ 30) hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 4 Punkte (S. 149 f. GA). Beide Bieter hätten die vorgegebenen Anforderungen erfüllt. Trotzdem hat die Beklagte bei dem Angebot der W. positiv beurteilt, dass sie sich verpflichtet habe, die Vereinbarungen zur Übertragung von wesentlichen Netzteilen vor der Erteilung der Zustimmung nachzuweisen, und zugesichert habe, dass die Zustimmung der Gemeinde "für jeden Eigentumsübergang, d.h. sowohl im Wege der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge als auch im Wege der Einzelrechtsnachfolge erforderlich sei".

Die Bewertung ist fehlerhaft. Dass das Landgericht - offenbar versehentlich - die außergerichtlich und gerichtlich geltend gemachte Rüge nicht behandelt hat, hindert den Senat nicht an einer Überprüfung der Bewertung. Die von der Klägerin angebotenen Regelungen erfüllen das von der Beklagten vorgegebene Ziel (Übertragung wesentlicher Teile des Netzes ist nur mit Zustimmung der Gemeinde, die nach freiem Ermessen erteilt werden kann) vollständig, wie auch die Beklagte erkannt hat. Die von der W. zusätzlich angebotenen Regelungen können daher nach den Vorgaben der Beklagten nicht zu einer besseren Bewertung führen. Ohnehin schafft die Zusage, Vereinbarungen auf Verlangen nachzuweisen, für die Beklagte offensichtlich keinen Mehrwert, weil die Erteilung ihrer Zustimmung ohnehin in ihrem freien Ermessen steht und sie daher jederzeit ihre Zustimmung zur Eigentumsübertragung davon abhängig machen kann, dass ihr die entsprechenden Vereinbarungen vorgelegt werden. Die Zusicherung der W., dass eine Zustimmung auch bei einem Eigentumsübergang im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge erforderlich sei, kann bei diesem Kriterium nicht gewertet werden, weil es bei diesem Kriterium nur um die Eigentumsübertragung von Netzteilen durch den Bieter ging, während eine Gesamtrechtnachfolge gerade dadurch definiert ist, dass das Vermögen mit allen Rechten und Verpflichtungen auf den Gesamtnachfolger übergeht, ohne dass es eines besonderen Eigentumsübertragungsaktes bedarf (Weber kompakt, Rechtswörterbuch, Gesamtrechtsnachfolge, beck-online).

Die Klägerin hätte daher ebenfalls 5 Punkte erzielen müssen.

II.3.2.2. Gestaltung Kündigungsrecht

(Nr. 44)

Bei diesem Kriterium (§ 21 Abs. 1 e) des Vertrags) hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 2 Punkte (S. 151 GA). Dabei war für die Beklagte maßgebend, dass die W. ergänzend der Gemeinde auch dann ein Kündigungsrecht eingeräumt habe, wenn die Übertragung der Versorgungsanlagen ganz oder teilweise unwirksam sei, und damit das Kündigungsrecht gemäß § 30 ausgeweitet habe.

Die Bewertung ist fehlerhaft. Die von der Klägerin unverändert übernommene Musterklausel erfüllt die Vorgaben des Kriteriums bereits vollständig, weil danach - wie gefordert - bei jedem "Verstoß gegen den Zustimmungsvorbehalt bei Übertragung von wesentlichen Netzteilen" ein Kündigungsrecht der Beklagten besteht. Durch den Verweis ("entgegen § 30") auf den in § 30 enthaltenen Zustimmungsvorbehalt ist dies sichergestellt. Dass die Beklagte hier eine Unklarheit ihrer eigenen Musterklausel sieht und deshalb eine "Auseinandersetzung" befürchtet, ist nicht nachvollziehbar und war auch für Bieter nicht erkennbar. Eine etwaige Ausweitung des Kündigungsrechts auf Fälle, bei denen die Eigentumsübertragung - ohne Verstoß gegen den Zustimmungsvorbehalt - unwirksam ist, war nach den klaren Vorgaben nicht Gegenstand dieses Kriteriums und dürfte daher nicht positiv bewertet werden.

Die Klägerin hätte daher ebenfalls 5 Punkte erhalten müssen.

II.4. Gestaltung der Endschaftsbestimmungen

II.4.1. Umfang des Eigentumsübertragungsanspruchs

(Nr. 45)

Bei diesem Kriterium (§ 23 Abs. 2 und 3) hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 2 Punkte. Dabei war für die Beklagte maßgeblich, dass sich beide Bieter umfassend zu im Konzessionsgebiet gelegenen Anlagen des Netzes zur allgemeinen Versorgung verpflichtet hätten, die W. aber ein Erwerbsrecht über alle Spannungsstufen angeboten habe und zugesichert habe, dass im Zweifelsfall die Anlagen als vom Übernahmeanspruch umfasst gelten würden, sie den gemeinsamen Leitfaden von BKartA und BNetzA zum Gegenstand des Vertrages gemacht habe und bereits jetzt gesetzliche, ober- und höchstgerichtliche Rechtsprechung anerkenne, wenn diese der Gemeinde einen größeren Übertragungsumfang gewähren würde (S. 152 f. GA).

Die Bewertung ist fehlerhaft. Nicht nachvollziehbar ist, warum die Beklagte es als Vorteil ansieht, dass sich das Angebot der W. ausdrücklich auf alle Spannungsstufen beziehe. Wie die Beklagte selbst ausgeführt hat, verpflichtet sich auch die Klägerin "umfassend zur Übertragung aller im Konzessionsgebiet gelegenen Anlagen des Netzes zur allgemeinen Versorgung", d.h. ohne dies auf bestimmte Spannungsstufen zu beschränken.

Es ist möglich, dass die Klägerin bei Vermeidung dieses Fehlers ebenfalls 5 Punkte erhalten hätte. Dabei kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei einer Wiederholung der Wertung die weiteren von der Beklagten genannten Aspekte alleine zu einer besseren Punkte-Bewertung des Angebots der W. führen würden. Soweit die Beklagte meint, die Zweifelsregelung enthalte eine für sie günstige Beweislastumkehr, ergibt sich eine Beweislastumkehr in Bezug auf Versorgungsleitungen, die ausschließlich der Durchleitung dienen, bereits nach allgemeinen Grundsätzen aus der Formulierung der von der Klägerin übernommenen Muster-Klausel als Ausnahmeregelung. Inwiefern ansonsten Zweifel an dem Umfang der zu übereignenden Netzanlagen bestehen könnten, die durch die dem Wortlaut nach nicht bekannte Klausel beseitigt werden könnten, wird von der Beklagten nicht erläutert und ist auch nicht ersichtlich. Aus der Angebotswertung ergibt sich auch nicht, inwiefern der genannte Leitfaden oder die Anerkennung von Gesetzesänderungen und Rechtsprechung spürbar dazu beitragen könnten, den für die Bewertung maßgeblichen Umfang der zu übertragenden Anlagen zu erweitern, obwohl beide Parteien sich insoweit bereits umfassend verpflichtet haben.

II.4.3. Auskunftsansprüche der Gemeinde

II.4.3.1. Umfang des Auskunftsanspruchs über die technische und wirtschaftliche Situation des Netzes

(Nr. 47)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 4 Punkte. Maßgeblich war dabei für die Beklagte, dass nach ihrer Auffassung die W. die umfassendste Übermittlung von Netzdaten angeboten habe.

Insoweit hat die Klägerin lediglich gerügt, dass die von Beklagten als vorteilhaft bewertete Verpflichtung zur Vorlage von topographischen Netzplänen sich auch auf das Hochspannungsnetz bezogen habe, obwohl dies für das Konzessionsgebiet irrelevant sei. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, dürfte nach der Darstellung der Angebotswertung auszuschließen sein, dass die Einbeziehung von Hochspannungsleitungen für die Beklagte bewertungsrelevant war. Maßgeblich dürfte vielmehr die allgemeine Zusage gewesen sein, vollständige topographische Netzpläne vorzulegen.

Zwar trifft zu, dass im Ergebnis nicht ersichtlich ist, warum die Beklagte die Übermittlung von Netzdaten durch die W. als umfassender ansieht, obwohl zahlenmäßig die Punkte überwiegen, bei denen das Angebot der Klägerin als besser angesehen wurde. Das war jedoch nicht Gegenstand der Rüge; der Transparenzmangel betrifft die Angebotswertung als solche und beruht nicht auf dem Vorenthalten des Angebots der W., sodass dieser erkennbare Fehler wohl hätte konkret gerügt werden müssen.

II.4.3.2. Zeitpunkt des Auskunftsanspruchs über die technische und wirtschaftliche Situation des Netzes

(Nr. 48)

Bei diesem Kriterium (§ 27 Abs. 1) hat die Klägerin die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die W. 4 Punkte. Bei der Bewertung hat die Beklagte zugunsten der W. deren Zusage berücksichtigt, die Netzdaten in jedem Fall, auch ohne gesonderte Aufforderung durch die Gemeinde in einem weiterverarbeitbaren Datenformat zu übermitteln (S. 158). Die Rüge der Klägerin (S. 14) bezog sich - bei der unter Rechtsschutzgesichtspunkten gebotenen, nicht zu engen Auslegung - erkennbar auf die Berücksichtigung dieser Zusage, die nach Auffassung der Klägerin mit Blick auf das Zielkriterium nicht positiv bewertet werden könne.

Die Berücksichtigung dieser Zusage ist fehlerhaft, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Das Kriterium bezieht sich ausdrücklich nur auf zeitliche Aspekte bei der Geltendmachung des Auskunftsanspruchs. Das bei der Übermittlung verwendete Datenformat ist dabei ohne Belang.

Es ist nicht auszuschließen, dass die W. nur 3 Punkte erhalten hätte, wenn die Beklagte die fehlende Wertungsrelevanz dieser Verpflichtung erkannt hätte. Zwar hat die Beklagte im Ergebnis das Angebot der Klägerin aufgrund der kürzeren Übermittlungsfrist bereits als bestes Angebot angesehen. Möglicherweise hätte sich dieser deutliche zeitliche Unterschied (2 Wochen / 1 Monat) aber ohne die gewertete Zusage der W. zum Dateiformat stärker ausgewirkt.

II.4.4.1. Zustimmungsvorbehalt der Stadt, Höhe der Wertgrenze

(Nr. 50)

Bei diesem Kriterium (§ 23 Abs. 6) hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 4 Punkte. Maßgeblich war für die Beklagte, dass die W. ausdrücklich eine vorherige Zustimmung angeboten habe, während die Klägerin nur "ein Einvernehmen in Aussicht" stelle (S. 162 f. GA).

Diese Bewertung ist fehlerhaft, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Das Angebot der Klägerin beruht auf der Muster-Klausel der Beklagten. Danach dürfen die genannten Änderungen "nur im Einvernehmen mit der Gemeinde (...) durchgeführt werden" (die vorstehend zitierte Umschreibung der von der Klägerin angebotenen Klausel im Gutachten (S. 162 letzter Absatz) ist irreführend). Dies ist inhaltlich - zumindest - gleichwertig mit dem Erfordernis einer Zustimmung. Die von der Klägerin übernommene Formulierung deutet eher darauf hin, dass es sich um einen Abstimmungsprozess handeln soll, bei dem die Beklagte nicht nur ihre Zustimmung verweigern, sondern sich auch mit eigenen Vorschlägen einbringen könnte, was keinesfalls nachteilig wäre. Es bestehen keine Zweifel, dass das erforderliche Einvernehmen mit der Gemeinde nur gegeben ist, wenn die Gemeinde den beabsichtigten Maßnahmen zustimmt. Es gab auch aus Sicht der Bieter keinen Anlass für die Annahme, dass die Beklagte ihre eigene Muster-Formulierung in diesem Punkt für unklar halten könnte und an dieser Stelle Verbesserungsvorschläge erwartete.

Die Klägerin hat die Zielvorstellungen der Beklagten vollständig erfüllt, sodass sie ebenfalls 5 Punkte erhalten muss.

II.5. Informationsgehalt eines Infrastrukturreports

(Nr. 52)

Bei diesem Kriterium hat die W. die Höchstpunktzahl von 5 Punkten erhalten, die Klägerin 3 Punkte. Dabei war für die Beklagte maßgeblich, dass in der Gesamtschau die W. die umfassendsten Informationen anbiete.

Die Bewertung dürfte nicht zu beanstanden sein, wie das Landgericht ausgeführt hat. Hiergegen hat die Klägerin in der Berufungserwiderung auch keine Einwendungen mehr erhoben.

III. Kausalität der Bewertungsfehler

Im Ergebnis erscheint es angesichts der aufgezeigten Bewertungsfehler möglich, dass diese das Ergebnis der Bewertung beeinflusst haben und das Angebot der Klägerin bei Vermeidung dieser Fehler als Bestes bewertet worden wäre. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass die Kausalitätsschwelle rechnerisch deutlich überschritten ist, sodass es hierfür nicht auf jede einzelne Bewertung des Senats im Detail ankommt.

Dabei weist der Senat außerdem vorsorglich darauf hin, dass bei der Prüfung, ob sich die wertungsrelevanten Gesichtspunkte des Angebots der W. hinreichend nachvollziehbar aus der Darstellung im Auswertungsgutachten ergeben, insgesamt kein strenger Maßstab angewendet worden ist. Im Streitfall könnte insgesamt durchaus auch stärker in Frage gestellt werden, inwieweit die Zusammenfassung des Angebotsinhalts im Auswertungsgutachten zur Herstellung einer ausreichenden Transparenz ausreicht und nicht in größerem Umfang die Kenntnis von dem Angebot - insbesondere bei der Prüfung von Vertragsklauseln und komplexeren Sachverhalten - erforderlich ist. Der bei der Bearbeitung vorgenommene Abgleich des Gutachtens mit dem Angebot der Klägerin hat gezeigt, dass die Kurzdarstellung der Angebotsinhalte im Gutachten mit einem spürbaren Verlust an Klarheit und Präzision einhergehen kann und zum Teil auch einen irreführenden Eindruck von dem tatsächlichen Angebotsinhalt erwecken kann, wenn dieser nicht bekannt ist.

E.

I.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Auch ist eine mündliche Verhandlung nicht geboten.

II.

1. Zur Vermeidung von weiteren Verzögerungen wird angeregt, dass die Beklagte eine Rücknahme ihrer Berufung erwägt, um sogleich die Angebotswertung zu wiederholen (nach vorheriger Lösung des Problems der Überschreitung der Höchstzahl zulässiger Zusagen durch Auswahl einer der beiden nach den Wettbewerbsunterlagen vorgesehenen Varianten).

2. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass der Senat - nach Überprüfung und Fortentwicklung seiner bisherigen Rechtsprechung vor dem Hintergrund zwischenzeitlich aufgetretener Fallkonstellationen - zu dem Ergebnis gelangt ist, dass eine Aufdeckung des Angebots der W. in diesem Verfahren nicht mehr zu berücksichtigen wäre.

Gegenstand der Überprüfung ist die Wertungsentscheidung, wie sie sich auf der Grundlage der gewährten Akteneinsicht und der Rügeantwort für die Klägerin darstellt und soweit ihre darauf basierenden Rügen eine Überprüfung zulassen. Wird erneut (weitergehend) Akteneinsicht erteilt, beginnt nach der gesetzlichen Konzeption auch das Rügeverfahren erneut und kann dann in eine weitere Beantragung einer einstweiligen Verfügung auf der Grundlage des dann durch die Akteneinsicht vorgegebenen Sachverhalts und der darauf beruhenden neuen Rügen münden. Wäre eine sukzessive Aufdeckung des Akteninhalts im laufenden Verfahren noch beachtlich, führte dies vor dem Hintergrund des strengen gesetzlichen Rügeregimes zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung der Gemeinde, die ohne Prozessrisiko zunächst die zur Überprüfung der Wertungsentscheidung erforderlichen Informationen zurückhalten und dem Bieter dadurch die Überprüfung der Wertungsentscheidung - gerade unter dem gegebenen Zeitdruck - erheblich erschweren könnte. Gleichzeitig würde die Berücksichtigung des aufgedeckten Akteninhalts im laufenden Verfahren zahlreiche Fragen in Bezug auf das Rügeregime aufwerfen, die sich auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen kaum konsistent lösen lassen.