Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 30.08.2022, Az.: 16 U 358/22

Feststellung einer nachrangigen Forderung zur Insolvenztabelle; Wiederaufleben einer Forderung aus einem Schenkungsversprechen; Ausgeschlossene Rechtsverfolgung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
30.08.2022
Aktenzeichen
16 U 358/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 41382
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2022:0830.16U358.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 10.01.2022 - AZ: 12 O 25/18

Fundstellen

  • EWiR 2023, 148
  • ErbR 2023, 85
  • NJW-Spezial 2022, 758-759
  • ZIP 2022, 2239-2244

Redaktioneller Leitsatz

Wenn ein Gläubiger nicht klagen kann, darf die Verjährung nicht gegen ihn laufen (agere non valenti non currit praescriptio).

Tenor:

  1. 1.

    Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis 750.000,00 EUR festgesetzt.

  2. 2.

    Es wird erwogen, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 10. Januar 2022 durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

  3. 3.

    Dem Beklagten wird Gelegenheit zur Stellungnahme - und zur evtl. Rücknahme der Berufung aus Kostengründen - binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses gegeben.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten als Insolvenzverwalter über den Nachlass der Frau E. Ed. Em. B. (im Folgenden: Schuldnerin / Erblasserin) die Feststellung einer nachrangigen Forderung in Höhe von 2,2 Mio. EUR zur Insolvenztabelle.

Frau L.-K. wurde in dem Zeitraum von 1989 bis 2005 von der Klägerin und ihrer Mutter, der Schuldnerin betreut. Im Jahr 1999 setzte Frau L.-K. die Schuldnerin und die Klägerin je zur Hälfte als Erbinnen ein. Im Jahr 2002 überwies die Schuldnerin aufgrund einer Vollmacht einen Geldbetrag von dem Konto der Frau L.-K. auf ihr eigenes Konto bei einer Schweizer Bank. Im Jahr 2008 löste die Schuldnerin ihre Kundenbeziehungen zu der Schweizer Bank auf und überwies das Guthaben in Höhe von 3.049.430,80 EUR und 367.992,22 USD aufgrund einer Schenkung auf neu eingerichtete Konten der Klägerin bei derselben Schweizer Bank.

Die Schuldnerin verstarb am 13. Januar 2020. Die Klägerin und zwei ihrer Geschwister schlugen das Erbe aus; Alleinerbin wurde eine weitere Schwester der Klägerin, Frau G. Em. B. (im Folgenden: Erbin). Aufgrund von Schenkungssteuernachforderungen in Höhe von ungefähr 2,4 Mio. EUR stellte die Erbin am 6. August 2010 beim Amtsgericht Hannover einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 7. Oktober 2010 (Az. 909 IN 710/10 - 5 -) wurde das Insolvenzverfahren über den Nachlass der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt (Anlage K1 = Anlagenband Kläger).

Der Beklagte focht sodann mit Schreiben vom 28. Oktober 2010 die Schenkung aus dem Jahr 2008 gegenüber der Klägerin gem. § 134 InsO an und forderte sie zur Zahlung eines Gesamtbetrages in Höhe von 3.285.797,80 EUR nebst Zinsen auf. Am 28. Januar 2011 schlossen die Klägerin und der Beklagte einen Vergleich (Anlage K2 = ebd.), dem die Gläubigerversammlung am 18. Mai 2022 zustimmte. Der Vergleich hat unter anderem den folgenden Inhalt:

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Am 3. Juni 2011 zahlte die Klägerin den vereinbarten Betrag in Höhe von 2.2 Mio. EUR an den Beklagten (Anlage K3 = ebd.).

Im Jahr 2012 machte die Erbin gegenüber der Klägerin vor dem Landgericht Berlin die Herausgabe der erlangten Schenkung in Höhe von 3.285.797,80 EUR, hilfsweise Erbansprüche geltend. Herausgabeansprüche wurden durch Teilurteil rechtskräftig abgewiesen; im Übrigen ist das Verfahren noch offen.

Der Beklagte hat am 22. März 2017 seinen Schlussbericht vorgelegt (Anlage K4 = ebd.). Unter Bezugnahme auf den Schlussbericht und die vorherige Korrespondenz meldete die Klägerin mit Schreiben vom 24. März 2017 (Anlage B5 = Anlagenband Beklagter) einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 2,2 Mio. EUR gem. Ziffer 3.2 des Vergleichs vom 28. Januar 2011 gegen den Nachlass an.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 2. November 2017 wurden die Gläubiger nachrangiger Forderungen zur Teilnahme am Insolvenzverfahren zugelassen und aufgefordert, ihre Forderung zum Ablauf des 15. Dezember 2017 bei dem Beklagten geltend zu machen (Anlage K5 = ebd.). Mit Schreiben vom 6. und 12. Dezember 2017 (Anlage K6 = ebd.) meldete die Klägerin einen Schenkungsanspruch in Höhe von 2,2 Mio. EUR nebst Zinsen und Kosten in Höhe von 54.268,76 EUR an. Der Beklagte und die Erbin bestritten sämtliche Forderungen (Anlagen B1 und B4 = ebd.).

Daraufhin erhob die Klägerin eine Klage gegen die Erbin vor dem Landgericht Hamburg (Az. 309 O 22/18), mit der sie nach § 184 Abs. 1 InsO die Feststellung der Forderungen im Nachlassinsolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin begehrte. Das Landgericht gab der Klage mit Urteil vom 25. September 2020 teilweise statt (Anlage K8 = ebd.). Mit Beschluss vom 1. April 2021 erklärte das Hanseatische Oberlandesgericht die Erbin des Rechtsmittels der Berufung für verlustig (Anlage K9 = ebd.).

Zudem hat die Klägerin die hiesige Klage gegen den Beklagten vor dem Landgericht Hannover erhoben.

Das Landgericht hat der Klage durch Urteil vom 10. Januar 2022 (Bl. 154 ff. d.A.) i.V.m. dem Tatbestandsberichtigungsbeschluss vom 4. April 2022 (Bl. 185 f. d.A.), auf die wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhalts, der tatsächlichen Feststellungen und der Entscheidungsgründe verwiesen wird (§ 540 Abs. 1 ZPO) überwiegend stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klage zulässig sei, weil die rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 25. September 2020 mangels Bindungswirkung die Zulässigkeit der hiesigen Klage nicht ausschließe. Auch sei die Klage nicht wegen § 179 Abs. 2 InsO unzulässig, weil der Titel nicht im Prüftermin des Insolvenzgerichts vorgelegen habe (LGU S. 4).

Darüber hinaus sei die Feststellungsklage - soweit im Berufungsverfahren noch gegenständlich - begründet. Das Bestehen der Hauptforderung sei zwischen den Parteien sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unstreitig; die Schenkungsforderung gegenüber der Erbin sei mit der Rückzahlung an den Beklagten im streitgegenständlichen Umfang wiederaufgelebt (LGU S. 5). Die Forderung sei auch durchsetzbar, weil ihr nicht die Einrede der Verjährung entgegenstehe. Es könne dahinstehen, ob hier die regelmäßige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) oder die 30jährige Verjährungsfrist (§ 197 Abs. 2 Nr. 3 BGB) einschlägig sei. Die Forderung sei zwar nach Ziffer 3.2 des Vergleichs vom 28. Januar 2011 i.V.m. § 144 Abs. 1 InsO wieder aufgelebt. Da zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits das Insolvenzverfahren eröffnet gewesen sei, habe die Klägerin die Forderung nicht durch Beschreiten des Rechtsweges durchsetzen können. Zudem sei eine wirksame Anmeldung zur Insolvenztabelle wegen § 174 Abs. 3 InsO zunächst nicht möglich gewesen, so dass eine Verjährungshemmung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB nicht in Betracht gekommen sei. Erst mit der Aufforderung des Amtsgerichts Hannover im Jahr 2017 sei dies möglich gewesen. Bis dahin sei von einer Verjährungshemmung analog § 206 BGB auszugehen. Ab dem 6. Dezember 2017 sei die Verjährung sodann infolge der wirksamen Forderungsanmeldung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB gehemmt worden. Die Klägerin hätte zwar die nachrangige Forderung als ausdrücklich nicht nachrangige Forderung wirksam anmelden können, mit der Folge der Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB. Dies vermöge jedoch nicht über die bestehende Regelungslücke hinwegzutäuschen (LGU S. 5 f.). Nicht zuletzt könne sich der Beklagte nach Ziffer 3.2 des Vergleichs i.V.m. § 242 BGB nicht auf die Verjährungseinrede berufen. Dort gehe es zwar um "Einwendungen" und nicht um "Einreden". Der Wortlaut sei jedoch nicht eindeutig und gem. §§ 133, 157 BGB auszulegen. Die Interessenlage bei Abschluss des Vergleichs spreche dafür, dass die Parteien Einwendungen und Einreden hätten ausschließen wollen (LGU S. 6).

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerechte Berufung des Beklagten, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Die Forderung sei verjährt und der Beklagte könne gem. § 214 BGB die begehrte Feststellung zur Insolvenztabelle verweigern. Eine entsprechende Anwendung von § 206 BGB komme nicht in Betracht, weil keine Regelungslücke bestehe. Denn es habe für die Klägerin andere Möglichkeiten der Verjährungshemmung gegeben. Zunächst hätte die Klägerin mit dem Beklagten eine Verjährungsverzichtsvereinbarung treffen können. Ferner hätte sie eine Feststellungsklage, dass ihr eine nachrangige Insolvenzforderung zustehe, erheben können (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Schließlich hätte die Klägerin die Forderung als einfache Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anmelden können (§ 204 Abs.1 Nr. 10 BGB). Letzteres sei die sicherste und unkomplizierteste Möglichkeit gewesen, zumal die Klägerin hiervon auch Gebrauch gemacht habe. Darüber hinaus habe sich der Beklagte auch nicht treuwidrig verhalten. Die Einrede der Verjährung sei im Kontext des Vergleichs explizit thematisiert worden. Letztlich sei aber nur ein ausdrücklicher Verjährungsverzicht für die geltend gemachten Anfechtungsansprüche des Beklagten vereinbart worden. Nach dem Wortlaut von Ziffer 3.2 des Vergleichs hätten nur Einwendungen ausgeschlossen werden sollen.

II.

Der Senat beabsichtigt nach vorläufiger Beratung, die Berufung des Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Zudem hat die Berufung nach vorläufiger Beurteilung aus folgenden Gründen offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung, die angegriffen wird, auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Zur Überzeugung des Senats liegen solche Berufungsgründe nicht vor. Das Landgericht hat der Klage vielmehr zu Recht stattgegeben. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Die hiergegen von dem Beklagten erhobenen Einwände greifen nicht durch.

Im Einzelnen:

1.

Die Feststellungen des Landgerichts zur Zulässigkeit der Feststellungsklage werden mit der Berufung nicht angegriffen, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich auf die Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung (LGU S. 4) Bezug genommen werden kann.

Die rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 25. September 2020 (Anlage K8 = ebd.) steht der Zulässigkeit der vorliegenden Feststellungsklage nicht entgegen, weil Gegenstand der Feststellung nach § 184 Abs. 1 Satz 1 InsO anders als bei der Insolvenzfeststellungsklage (§§ 179 bis 183) nicht das Haftungsrecht des Gläubigers an der Masse ist, sondern der Anspruch des Gläubigers gegen den Schuldner persönlich (vgl. MüKoInsO/Schumacher, 4. Aufl., § 184 Rn. 3 mwN). Selbst wenn hier zudem ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil i.S.v. § 179 Abs. 2 InsO vorliegen würde, hätte dieser spätestens im Prüfungstermin vorliegen müssen, damit Verwalter und Gläubiger die Gelegenheit zur Prüfung erhalten (vgl. MüKoInsO/Schumacher, aaO § 179 Rn. 26; BeckOK InsR/Zenker InsO § 179 Rn. 15 [Stand: 15. April 2022]; Uhlenruck/Sinz, InsO, 15. Aufl., § 179 Rn. 24). Andernfalls verbleibt die Betreibungslast gem. § 179 Abs. 1 InsO bei dem Gläubiger.

2.

Die Feststellungsklage ist auch begründet, weil die Forderung der Klägerin gegenüber der Erbin aus dem Schenkungsversprechen nach § 144 Abs. 1 InsO wiederauflebt. Die Rückgewähr eines anfechtbar erfüllten Schenkungsversprechens begründet eine Forderung iSv § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO. Auch die Höhe der - im Berufungsverfahren allein noch gegenständlichen - Forderung von 2,2 Mio. EUR steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

3.

Schließlich ist die Forderung auch durchsetzbar. Es kann dahinstehen, ob sich der Beklagte - wie das Landgericht annimmt - wegen Ziffer 3.2 des Vergleichs i.V.m. § 242 BGB nicht auf die Einrede der Verjährung berufen kann (s. dazu unter Buchst. a)). Denn jedenfalls ist der Beklagte nicht gem. § 214 BGB berechtigt, die Leistung zu verweigern (s. unter Buchst. b)).

a) Soweit der Beklagte einwendet, dass er nicht treuwidrig handele, indem er sich auf die Einrede der Verjährung berufe, muss der Senat dies nicht abschließend beurteilen. Das Vorbringen des Beklagten vermag jedoch im Wesentlichen nicht zu überzeugen.

aa) Die Vereinbarung zwischen den Parteien ist gem. §§ 133, 157 BGB auszulegen. Maßgebend ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien, bei dessen Ermittlung neben dem Erklärungswortlaut die beiderseits bekannten Umstände wie insbes. die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, deren Zweck, die Beziehung zwischen den Vertragsparteien sowie deren Interessenlage heranzuziehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - I ZR 228/19, MMR 2021, 404 Rn. 24 mwN).

bb) Die Regelung in Ziffer 3.2 des Vergleichs (Anlage K2 = ebd.) lautet wie folgt:

"... Der Insolvenzverwalter wird gegen die Geltendmachung der Ansprüche der Anfechtungsgegnerin, die aufgrund der Erfüllung dieser Vereinbarung gemäß § 144 InsO wieder aufleben, keine Einwendungen dem Grunde nach erheben."

Der Wortlaut bezieht sich hier ausdrücklich auf "Einwendungen". Das Gesetz verwendet die Begriffe "Einwendung" und "Einrede" nicht einheitlich (vgl. dazu Ulrici/Purrmann, JuS 2014, 104). Grundsätzlich wird zwischen rechtshindernden Einwendungen, rechtsvernichtenden Einwendungen und rechtshemmenden Einwendungen (= Einreden) differenziert. Rechtshindernde Einwendungen verhindern das Entstehen eines Anspruchs von vornherein (zB §§ 105 ff. BGB, §§ 116 ff. BGB oder §§ 125, 134 und § 138 BGB) während rechtsvernichtende Einwendungen einen Anspruch wieder zum Erlöschen bringen (zB §§ 398, 412, 414 ff. BGB, § 142 BGB; §§ 326, 323, 324, 326 BGB; § 362 BGB; § 389 BGB). Rechtshemmende Einreden haben demgegenüber zwar keinen Einfluss auf das Bestehen eines Anspruchs, sie geben aber dem Anspruchsgegner die Möglichkeit, die Durchsetzung des Anspruchs zu verhindern (zB §§ 195 ff., 214 BGB; §§ 273, 320 BGB). Der Unterschied wird überwiegend darin gesehen, dass die rechtshindernden und rechtsvernichtenden Einwendungen schon dann zu beachten sind, wenn die Tatsachen gegeben sind, welche die Einwendung begründen. Der Schuldner muss sich etwa nicht auf die Erfüllung eines Anspruchs des Gläubiger berufen. Demgegenüber haben rechtshemmende Einwendungen (= Einreden) nur Einfluss auf die Rechtsdurchsetzung, wenn sie vom Schuldner ausgeübt werden. Aus diesem Grund muss die Einrede der Verjährung erhoben werden, um ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 214 BGB zu begründen.

Dies zugrunde gelegt dürfte der Wortlaut der Regelung in Ziffer 3.2 weit zu verstehen sein und auch rechtshemmende Einwendungen umfassen. Denn die Parteien haben ausdrücklich festgehalten, dass der Insolvenzverwalter "keine Einwendungen dem Grund nach erheben [wird]." Rechtshindernde und rechtshindernde Einwendungen müssen jedoch nicht erhoben werden, sondern sind von Amts wegen zu beachten; erhoben werden müssen nur rechtshemmende Einwendungen, wie die Verjährungseinrede. Bereits nach dem Wortlaut ergibt die Regelung also nur Sinn, wenn auch rechtshemmende Einwendungen (= Einreden) erfasst sind.

Auch der Gesetzgeber geht grundsätzlich von einem weiten Verständnis des Begriffs der "Einwendung" aus. Beispielsweise kann der Schuldner dem neuen Gläubiger nach § 404 BGB die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren. Insoweit ist jedoch anerkannt, dass neben den rechtshindernden und rechtsvernichtenden Einwendungen auch Einreden von dieser Regelung erfasst sind (vgl. BeckOGK BGB/Lieder BGB § 404 Rn. 40 ff [Stand: 1. November 2021]; MüKoBGB/Kieninger, 9. Aufl., § 404 Rn. 5 ff.; Staudinger/Busche, BGB, Neubearb. 2022, § 404 Rn. 25 ff.; jew. mwN). Nichts Anderes gilt für § 417 BGB und § 359 BGB, die alle rechtshindernden, rechtsvernichtenden und rechtshemmenden Einreden erfassen (so ausdrücklich Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 359 Rn. 3).

Der Beklagte beruft sich zudem darauf, dass in Ziffer 1. des Vergleichs ein ausdrücklicher Verjährungsverzicht geregelt worden sei. Das ist zwar zutreffend, überzeugt aber nicht, weil es dort um das "Schuldanerkenntnis der Anfechtungsgegnerin" geht, während Ziffer 3.2 die wiederauflebenden Ansprüche der Klägerin regelt. Eben dort wurde eine umfassende Regelung dahingehend getroffen, dass der Beklagte keine Einwendungen dem Grunde nach erhebt.

Dass sich die Vertragsparteien der Unterscheidung zwischen Einreden und Einwendungen deshalb bewusst gewesen seien, mag zutreffend sein, schließt aber nicht aus, dass unter Ziffer 3. eine weitergehende Regelung als in Ziffer 1. getroffen werden sollte, zumal dort ausdrücklich auf die Erhebung von Einwendungen abgestellt wird, was aber nach den vorangehenden Ausführungen nur bei rechtshemmenden Einwendungen (= Einreden) Sinn machen würde.

Ob und inwieweit in diesem Zusammenhang - trotz des eindeutigen, auch rechtshemmende Einwendungen umfassenden Wortlauts - dem Beweisantritt durch Vernehmung des für den Beklagten tätigen Rechtsanwalts hätte nachgegangen werden müssen, kann jedoch unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ausführungen dahinstehen.

b) Ungeachtet dessen ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte nicht gem. § 214 Abs. 1 BGB berechtigt ist, die Leistung zu verweigern. Die Forderung der Klägerin ist nicht verjährt

aa) Die dreißigjährige Verjährungsfrist nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 oder Nr. 5 BGB dürfte im Streitfall nicht anwendbar sein, weil sich die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 25. September 2020 grundsätzlich nur auf die Parteien des Rechtsstreits erstreckt, in dem die Entscheidung ergangen ist (§ 322 ZPO). Hiervon macht zwar § 325 ZPO Ausnahmen und erstreckt die Rechtskraftwirkung auf Dritte. Eine Rechtskrafterstreckung auf Dritte ergibt sich danach beispielsweise aus § 183 Abs. 1 InsO (vgl. Musielak/Voit/Musielak, ZPO, 19. Aufl., § 325 Rn. 11; MüKoZPO/Gottwald, 6. Aufl., § 325 Rn. 67; jew. mwN). Diese Vorschrift ist jedoch nicht auf die Klage nach § 184 InsO anwendbar (vgl. MüKoInsO/Schumacher, aaO § 184 Rn. 3).

bb) Dementsprechend findet im Streitfall die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren Anwendung (§ 195 BGB). Sie beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (Nr. 1) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (Nr. 2).

(1) Für den Beginn der Verjährungsfrist ist zunächst der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem die Forderung entstanden war. Im Streitfall war die Forderung der Klägerin (wohl) im Jahr 2008 entstanden und der Lauf der Verjährung wurde zunächst nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB unterbrochen, weil die Zahlung eine Anerkennung der Forderung durch den Schuldner bedeutete (vgl. MüKoInsO/Kirchhof/Piekenbrock, 4. Aufl., § 144 Rn. 11; Ganter, WM 2011, 245, 246). Die neu zu laufen beginnende Frist ist allerdings gehemmt während der Zeit, die zwischen der Erfüllung und der Rückgewähr der anfechtbar erhaltenen Leistung verstrichen ist (vgl. BeckOK InsR/Schoon, aaO § 144 Rn. 10; MüKoInsO/Kirchhof/Piekenbrock, aaO § 144 Rn. 11; Hirte/Borries in: Uhlenbruck, InsO, 15. Aufl., § 144 Rn. 3c; Ganter WM 2011, 245, 246). Nach anderer Auffassung führt das Wiederaufleben dazu, dass die Forderung i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB (neu) entsteht (OLG München, Urteil vom 17. März 2009 - 5 U 4355/09, BeckRS 2009, 8580). Mit der Rückgewähr der Zahlung an den Insolvenzverwalter im Jahr 2011 ist die Forderung gemäß § 144 Abs. 1 InsO wiederaufgelebt. Das Wiederaufleben erfolgte dabei grundsätzlich mit Rückwirkung (vgl. OLG München, Urteil vom 17. März 2009 - 5 U 4355/09, aaO; OLG Brandenburg, Urteil vom 9. März 2004 - 11 U 95/03, juris Rn. 47; MüKoInsO/Kirchhof/Piekenbrock, 4. Aufl., § 144 Rn. 11 mwN).

Dies hätte gleichwohl zur Folge gehabt, dass die Klägerin mit dem Wiederaufleben der Forderung darauf bedacht gewesen sein müsste, erneut verjährungsunterbrechende oder -hemmende Maßnahmen zu treffen. Aufgrund des zwischenzeitlich im Jahr 2010 eröffneten Insolvenzverfahrens waren jedoch insolvenzrechtliche Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Klägerin konnte ihre Forderung gem. § 87 InsO nur (noch) nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen, das heißt durch Anmeldung zur Tabelle nach den §§ 174 ff. InsO.

(2) In dieser Konstellation waren jedoch verjährungshemmende Maßnahmen der Klägerin bis zum Ablauf der Verjährungsfrist nicht möglich. Die Klägerin wäre damit gezwungen gewesen, ihre nachrangigen Forderungen sehenden Auges verjähren zu lassen (vgl. auch Wazlawik, NZI 2020, 1081, 1087).

(a) Eine Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB durch Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahrens war erst im Jahr 2017 möglich. Da die Klägerin (nur) Inhaberin einer nachrangigen Forderung i.S.v. § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO ist, konnte sie ihre Forderung gem. § 174 Abs. 3 InsO nur auf Grund besonderer Aufforderung durch das Insolvenzgericht anmelden. Dies erfolgte jedoch erst durch den Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 2. November 2017 (Anlage K5 = ebd.), mit dem die Gläubiger nachrangiger Forderungen aufgefordert wurden, ihre Forderungen bis zum Ablauf des 15. Dezember 2017 bei dem Beklagten anzumelden. Nur eine ordnungsgemäße, rechtzeitige und vollständige Forderungsanmeldung hemmt jedoch gem. § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB die Verjährung. Fehlt es daran wie hier, wird durch die Anmeldung der Ablauf der Verjährung nicht gehindert (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 92/12, NJW-RR 2013, 992 Rn. 14 mwN).

(b) Eine direkte Anwendung weiterer Hemmungstatbestände kommt ebenfalls nicht in Betracht. Insbesondere liegt weder ein Fall des § 205 BGB oder des § 206 BGB vor (s. dazu auch im Folgenden).

(c) Konnte die Klägerin nach dem Wiederaufleben der Forderung gem. § 144 Abs. 1 InsO keine verjährungshemmenden Maßnahmen vornehmen, hätte dies grundsätzlich die Verjährung ihrer Forderung gem. § 195, § 199 Abs. 1 BGB zur Folge.

Das aber würde mit zwei grundlegenden Gedanken des Institutes der Hemmung der Verjährung im Widerspruch stehen. Herkömmlich ist die Hemmung der Verjährung eine Ausprägung des Satzes agere non valenti non currit praescriptio: Wenn der Gläubiger nicht klagen kann, darf die Verjährung nicht gegen ihn laufen (vgl. Staudinger/Peters/Jacoby, aaO § 199 Rn. 76 und § 209 Rn. 1 mwN). Dies trifft etwa auf die Hemmungstatbestände in §§ 203, 205 f., 207 f. und 210 f. BGB zu. Auf einem ganz anderen Aspekt beruhen die Hemmungsgründe des § 204 BGB, bei denen der Gläubiger gerade sein Recht zu verwirklichen sucht, zB durch Klage, Mahnverfahren, Aufrechnung im Prozess. Hier soll die Hemmung weithin nur überbrücken, bis dem Gläubiger die langfristige Verjährung des § 197 Abs 1 Nr 3 BGB zuteil wird (Staudinger/Peters/Jacoby, aaO § 209 Rn. 1). Im Streitfall konnte die Klägerin nicht klagen und eine Rechtsverfolgung i.S.v § 204 BGB war ausgeschlossen.

(3) Dies zugrunde gelegt besteht eine Regelungslücke, weil das Gesetz im Hinblick auf die Möglichkeit der Hemmung der Verjährung von nachrangigen Insolvenzforderungen einen offenen Punkt und damit eine planwidrige Unvollständigkeit aufweist.

(a) Es bestehen zunächst keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bewusst eine solche Regelungslücke geschaffen hat. Insbesondere die insolvenzrechtlichen Besonderheiten (§§ 87, 174 InsO) vermögen es nicht zu rechtfertigen, dass der nachrangige Insolvenzgläubiger schutzlos die Verjährung seiner Forderung hinzunehmen hat. Ein nachrangiger Forderungsgläubiger kann nicht einerseits gem. § 87 InsO auf die Vorschriften der Insolvenzordnung verwiesen werden und andererseits wegen § 174 Abs. 3 Satz 1 InsO daran gehindert sein, seine nachrangigen Forderungen anzumelden (vgl. Wazlawik, NZI 2020, 1081, 1087). Es ist unzweifelhaft nicht Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens und des dadurch gewonnenen Entlastungseffekts, die Durchsetzbarkeit der Forderung per se zu gefährden und dem Gläubiger möglicherweise über das Verfahren hinaus die Realisierbarkeit seiner Forderung zu nehmen (vgl. Jaeger/Preuß, InsO, 2. Aufl., § 174 Rn. 99).

In diesem Zusammenhang kann auch die Ausführungen des BGH in der Entscheidung vom 18. November 2010 (IX ZR 67/10, juris Rn. 13) verwiesen werden, wonach "nicht festgestellt werden kann, dass der Gesetzgeber es von der durch den Gläubiger nicht zu beeinflussenden Frage, ob das Vermögen des Schuldners ausreicht, um zu einer Aufforderung nach § 174 Abs. 3 InsO zu kommen, abhängig machen wollte, ob der Gläubiger nach Verfahrenseröffnung anfallende Zinsen auf eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung anmelden kann".

(b) Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte auf die Möglichkeit einer Verjährungsverzichtsvereinbarung mit dem Insolvenzverwalter.

Die heutigen Hemmungstatbestände beruhen übereinstimmend auf dem Gedanken, dass die Schutzfunktion, die die Verjährung zu Gunsten des Schuldners entfaltet, von gegenläufigen Gläubigerinteressen überlagert wird (vgl. MüKoBGB/Grothe, aaO § 203 Rn. 2). Darüber hinaus kennt das Gesetz verschiedene Hemmungstatbestände, die jeweils auf unterschiedlichen Ansätzen beruhen. Während einzelne Regelungen einen zweiseitigen Kommunikationsprozess voraussetzen (zB § 203 BGB; vgl. BeckOGK BGB/Meller-Hannich BGB § 203 Rn. 17 [Stand: 1. Juni 2022]), stellen andere Vorschriften auf die einseitige Geltendmachung von Ansprüchen durch den Gläubiger ab (zB § 204 BGB). § 204 BGB liegt der Gedanke zugrunde, dass der Gläubiger für den Schuldner erkennbar deutlich macht, seinen Anspruch geltend machen zu wollen (vgl. BeckOGK BGB/Meller-Hannich, aaO § 204 Rn. 2). Wieder andere Regelungen stellen auf tatsächliche Hindernisse an der Durchsetzung des Rechts ab (zB § 206 BGB; vgl. Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearb. 2019, § 206 Rn. 1).

Diese gesetzgeberischen Vorstellungen zugrunde legend kann die Klägerin jedoch nicht darauf verwiesen werden, eine Verjährungsverzichtsvereinbarung mit dem Insolvenzverwalter zu treffen. Denn dies hätte zur Folge, dass der Lauf der Verjährung einseitig von dem Handeln des Insolvenzverwalters abhängig wäre. Er hätte es - würde er einer solchen Vereinbarung nicht zustimmen - einseitig in der Hand, die Verjährung von Forderungen der Klägerin herbeizuführen, ohne dass die Klägerin selbst Maßnahmen treffen könnte. Das aber widerspricht unzweifelhaft dem Sinn und Zweck der Verjährungshemmung.

(c) Die Klägerin muss sich auch nicht aufgrund einer teleologischen Reduktion von § 174 Abs. 3 Satz 1 InsO darauf verweisen lassen, die (tatsächlich) nachrangige Insolvenzforderung als nicht nachrangige (einfache) Insolvenzforderung beim Insolvenzverwalter anzumelden.

(aa) Es ist zwar im Ansatzpunkt zutreffend, dass die Anmeldung einer nachrangigen Insolvenzforderung als ausdrücklich nicht nachrangige Insolvenzforderung grundsätzlich wirksam wäre. Der Insolvenzverwalter müsste diese Forderung dann in die Insolvenztabelle aufnehmen und sie, wenn er sie für nachrangig hält, im Prüfungstermin bestreiten; eine Zurückweisungsbefugnis bestünde in diesen Fällen nicht (vgl. MüKoInsO/Ehricke/Behme, aaO § 39 Rn. 101; Nerlich/Römermann/Andres, InsO, § 39 Rn. 4 [Stand: November 2021]). Andererseits wird bereits in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten, dass es dem Insolvenzgericht möglich sein muss, "offensichtlich nachrangige" Forderungen auch bei der Anmeldung als gewöhnliche Insolvenzforderungen sofort zurückzuweisen (vgl. MüKoInsO/Ehricke/Behme, aaO § 39 Rn. 101 mwN).

(bb) Daraus wird teilweise der Schluss gezogen, der Inhaber einer nachrangigen Insolvenzforderung müsste diese als ausdrücklich nicht nachrangige Insolvenzforderung anmelden bzw. dass vor dem Hintergrund der Verjährungsproblematik des § 87 i.V.m. § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB die Anmeldung ausnahmsweise auch ohne Aufforderung des Gerichts zugelassen werden sollte, wenn durch die drohende Verjährung ein Rechtsschutzinteresse begründet ist und die Forderung auch nach Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens noch besteht und geltend gemacht werden kann (vgl. MüKoInsO/Ehricke/Behme, aaO § 39 Rn. 101; Jaeger/Henckel, aaO § 39 Rn. 4; BeckOK InsR/Zenker, aaO § 174 Rn. 32).

Das vermag den Senat jedoch nicht zu überzeugen. In einem solchen Fall würde man von dem Inhaber einer nachrangigen Insolvenzforderung verlangen, contra legem und bewusst eine nachrangige Insolvenzforderung als ausdrücklich nicht nachrangige Insolvenzforderung anzumelden. Dies, obwohl nach der ausdrücklichen gesetzgeberischen Wertung in § 174 Abs. 3 Satz 1 InsO die Forderungen nachrangiger Gläubiger nur anzumelden sind, soweit das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung dieser Forderungen auffordert. Das beruht letztlich darauf, dass eine Anmeldung nur dann Sinn macht, wenn eine Aussicht besteht, dass auch auf nachrangige Forderungen Ausschüttungen aus der Masse erfolgen können. Nur in diesem Fall erfolgt eine Aufforderung nach § 174 Abs. 3 InsO. Würde man nunmehr von Gläubigern verlangen, nachrangige Forderungen ungeachtet einer solchen Aufforderung des Insolvenzgerichts anzumelden, ggf. sogar ausdrücklich als nicht nachrangige Forderung, widerspräche dies erkennbar dem dargelegten gesetzgeberischen Zweck.

Nicht zuletzt würde dies zu Rechtsunsicherheiten führen. Ungeachtet der Frage, ob "offensichtlich nachrangige" Forderungen bei der Anmeldung als gewöhnliche Insolvenzforderungen nicht sofort zurückzuweisen wären (vgl. MüKoInsO/Ehricke/Behme, aaO § 39 Rn. 101; BeckOK InsR/Prosteder/Dachner, aaO § 39 Rn. 129; jew. mwN), würde man die Frage der Verjährungshemmung nicht von gesetzlichen Regelungen bzw. einem objektiven Maßstab abhängig machen, sondern davon, ob ein Gläubiger sich bewusst zu einem gesetzlich nicht geregelten - und bisher höchstrichterlich nicht anerkannten - Vorgehen entscheidet. Dass davon nicht die Frage der Verjährungshemmung abhängig gemacht werden kann, liegt auf der Hand. Im Ergebnis handelt es sich um eine aus rechtsstaatlicher Sicht kaum empfehlenswerte und akzeptable Lösungsmöglichkeit (Jaeger/Gerhardt, 1. Aufl., § 174 Rn. 107).

Aus den vorgenannten Gründen kann es der Klägerin demzufolge auch nicht zum Nachteil gereichen, dass sie (erst) mit Schreiben vom 24. März 2017 (Anlage B5 = Anlagenband Beklagter) einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 2,2 Mio. EUR gem. Ziffer 3.2 des Vergleichs vom 28. Januar 2011 gegen den Nachlass angemeldet hat.

(d) Schlechterdings nicht nachvollziehbar ist schließlich der Einwand, die Klägerin hätte eine Feststellungsklage mit dem Ziel erheben müssen, dass ihr eine nachrangige Insolvenzforderung zusteht.

Eine Feststellungsklage gem. § 179 Abs. 1 InsO hätte zwar keinen Erfolg gehabt, weil es an der Prozessvoraussetzung fehlte, dass die Forderung, deren Bestehen festgestellt werden soll, vom Verwalter oder einem anderen Gläubiger ganz oder teilweise nicht anerkannt worden ist (vgl. §§ 87, 179, 180 InsO). Ohne eine - hier erst im Zeitpunkt nach § 174 Abs. 3 InsO mögliche - Anmeldung der Forderung ist eine Feststellungsklage ebenso unzulässig wie eine Klage ohne jede Anmeldung (s. auch BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 165/03, NJW-RR 2004, 1450 [BGH 30.06.2004 - XII ZR 251/02]). Das Erfordernis des insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahrens ist nicht abdingbar; es handelt sich vielmehr um eine zwingende Sachurteilsvoraussetzung sowohl im Falle einer neu erhobenen Feststellungsklage als auch bei der Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 2020 - IX ZR 47/19, NZI 2020, 782 Rn. 10).

Gleichwohl hätte die Klägerin eine solche Feststellungsklage erheben können, weil die Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht voraussetzt, dass die Klage zulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2010 - III ZR 56/10, NJW 2011, 2193 Rn. 11 ff.; BeckOGK BGB/Meller-Hannich, aaO § 204 Rn. 28 mwN).

Allerdings ist es weder prozessökonomisch noch entspricht es dem Sinn und Zweck der Regelung über die Hemmung der Verjährung, bewusst eine unzulässige (Feststellungs-)Klage zu erheben und damit ein entsprechendes Kostenrisiko einzugehen, nur um in den Genuss der Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung zu kommen. Nicht zuletzt verkennt der Beklagte, dass die Parteien einen Vergleich geschlossen haben, wonach Grund und Höhe der Forderung im hier noch streitgegenständlichen Umfang nicht streitig waren.

(4) Im Hinblick auf die Frage, wie diese gesetzliche Regelungslücke zu schließen ist, werden - vorrangig im Schrifttum - verschiedene Ansätze vertreten.

(a) Teilweise wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, die bestehende Regelungslücke sei durch eine analoge Anwendung von § 206 BGB - ggf. als Unterfall des Stillstandes der Rechtspflege - zu schließen, so dass die Verjährung nachrangiger Insolvenzforderungen so lange gehemmt sei, als der Gläubiger aufgrund der Vorschriften der InsO seinen Anspruch nicht verfolgen könnte (vgl. MüKoInsO/Riedel, aaO § 174 Rn. 3a; Jaeger/Preuß, aaO § 174 Rn. 101; K. Schmidt/Jungmann, InsO, 19. Aufl., § 174 Rn. 72).

Dagegen wird eingewandt, dass das Verbot einer verjährungshemmenden Klage während eines Insolvenzverfahrens oder das Anmeldungsverbot für nachrangige Forderungen nicht auf einem (generellen) "Stillstand der Rechtspflege" oder höherer Gewalt beruhen dürfte (vgl. dazu Jaeger/Preuß, aaO § 174 Rn. 101; s. auch Wazlawik, NZI 2020, 1081, 1086). Der Entscheidung des BGH vom 14. Dezember 2017 (IX ZR 118/17, NZI 2018, 154 Rn. 19) zur Frage einer entsprechenden Anwendung des § 206 BGB auf die Anzeige der Masseunzulänglichkeit, dürfte dies ebenfalls nicht zu entnehmen sein. Nicht zuletzt wurde der im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts diskutierte Vorschlag, § 206 BGB an § 233 ZPO anzupassen und auch in den Fällen anzuwenden, in denen der Gläubiger ohne sein Verschulden an der Rechtsverfolgung gehindert sei (BT-Drs 14/6040, S. 118 zu § 206 BGB-E), nicht übernommen (ebenso: Wazlawik, NZI 2020, 1081, 1086).

(b) Wiederum andere befürworten eine entsprechende Anwendung von § 205 BGB. Denn unter der Geltung von § 202 Abs. 1 Alt. 2 BGB in der Fassung vom 1. Januar 1964 (bis zum 31. Dezember 2001) war eine analoge Anwendung auf die Fälle anerkannt, in denen der Berechtigte an der Durchsetzung eines an sich bestehenden Anspruchs vorübergehend rechtlich gehindert war (vgl. BGH, Urteile vom 20. November 1997 - IX ZR 136/97, NJW 1998, 1058 und vom 20. Juni 1969 - VI ZR 14/68, NJW 1969, 1661; s. auch Wazlawik, NZI 2020, 1081, 1086).

Dagegen wird geltend gemacht, dass der Hemmungstatbestand des § 205 BGB nach der Neuregelung des Verjährungsrechts durch das Gesetz über die Modernisierung des Schuldrechts gegenüber demjenigen des § 202 Abs. 1 BGB aF stark eingeschränkt ist und nur noch Fälle betrifft, in denen der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Leistungsverweigerung berechtigt ist. Andere rechtliche Hindernisse, die der Geltendmachung des Anspruchs vorübergehend entgegenstehen, begründen, anders als nach früherem Recht, grundsätzlich keine Hemmung (vgl. OLG München, Urteil vom 17. März 2009 - 5 U 4355/08, aaO mwN)

(c) Schließlich wird versucht die Regelungslücke in § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB insolvenzspezifisch zu schließen und vorgeschlagen, dass für diese Gläubiger die Verjährung vom Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung de lege ferenda bis entweder zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Aufforderung gem. § 74 Abs. 2 Satz 1 InsO oder bis sechs Monate nach Verfahrensbeendigung gehemmt ist (vgl. BeckOGK BGB/Meller-Hannich, aaO § 204 Rn. 334.1; Wazlawik, NZI 2020, 1081, 1087 f.; s. auch Jaeger/Preuß, aaO § 174 Rn. 101 und BeckOK InsR/Prosteder/Dachner, aaO § 39 Rn. 129)

(d) Der Senat muss im konkreten Verfahren nicht entscheiden, ob die gesetzliche Regelungslücke durch eine analoge Anwendung von § 205 bzw. § 206 BGB oder de lege ferenda zu schließen ist. Denn sämtliche Ansichten kommen hier zu demselben Ergebnis, dass die Verjährung jedenfalls bis zur Aufforderung des Insolvenzgerichts, die nachrangigen Forderungen anzumelden (§ 174 Abs. 3 InsO) entweder durch Zustellung des entsprechenden Beschlusses bzw. durch öffentliche Bekanntmachung (vgl. MüKoInsO/Riedel, aaO § 174 Rn. 38; Sinz in Uhlenbruck, aaO § 174 Rn. 51) gehemmt ist.

cc) Im Streitfall hat dies zur Folge, dass die regelmäßige Verjährungsfrist gem. § 195, § 199 Abs. 1 BGB zwar zunächst mit dem Entstehen der Forderung im Jahr 2008 zu laufen begann, sodann jedoch nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB unterbrochen und in der Folgezeit zwischen der Erfüllung und der Rückgewähr an den beklagten Insolvenzverwalter gehemmt war. Mit der Rückgewähr des Geldbetrages im Juni 2011 lebte die Forderung gemäß § 144 Abs. 1 InsO wieder auf und zwar rückwirkend auf die Zeit unmittelbar vor der Insolvenzeröffnung (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 9. März 2004 - 11 U 95/03, aaO Rn. 47; MüKoInsO/Kirchhof/Piekenbrock, aaO § 144 Rn. 11 mwN).

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens war der Lauf der Verjährung sodann erneut gehemmt bis zur Aufforderung des Insolvenzgerichts, die nachrangigen Forderungen anzumelden. Dies erfolgte vorliegend mit Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 2. November 2017 (Anlage K5 = ebd.). Damit endete die Hemmung der Verjährung und es begann die sechsmonatige Frist gem. § 204 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BGB zu laufen. Noch vor deren Ablauf hat die Klägerin mit am 23. Januar 2018 eingegangenen (Bl. 1 Bd. I d.A.) und am 7. Februar 2018 zugestellten (Bl. 29 Bd. I d.A.) Schriftsatz Klage vor dem Landgericht Hannover erhoben und damit erneut die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt. Folglich kommt es auch nicht auf eine etwaig verbliebene Restlaufzeit der Verjährung an.

4.

Nach alledem hat die Berufung des Beklagten keine Aussicht auf Erfolg, weshalb er erwägen sollte, diese zurückzunehmen.