Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 27.08.2024, Az.: 13 U 5/23 (Kart)

Geltende Grundsätze für die Nachprüfung der Entscheidung der Gemeinde in einem Wasserkonzessionsvergabeverfahren

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
27.08.2024
Aktenzeichen
13 U 5/23 (Kart)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 21370
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2024:0827.13U5.23KART.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 16.01.2023 - AZ: 13 O 203/22

Amtlicher Leitsatz

Zu den Grundsätzen, die für die Nachprüfung der Entscheidung der Gemeinde in einem Wasserkonzessionsvergabeverfahren gelten.

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
pp.
hat der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juli 2024 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K., den Richter am Oberlandesgericht Dr. B. und den Richter am Oberlandesgericht S. für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 16. Januar 2023 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Verfügungsbeklagten wird untersagt, im mit EU-Bekanntmachung vom 9. November 2020 (2020/S 222-547088) eingeleiteten Wasserkonzessionierungsverfahren auf Grundlage des Beschlusses ihres Stadtrats vom 27. September 2022 einen Wasserkonzessionsvertrag mit der Wasserversorgung S. GmbH, ..., abzuschließen.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das vorstehende Verbot wird der Verfügungsbeklagten ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an der Bürgermeisterin der Stadt S., angedroht.

Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.

Der Streitwert wird für die erste Instanz - insoweit unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung im angefochtenen Urteil - und für das Berufungsverfahren jeweils auf bis zu 100.000 € festgesetzt.

Gründe

(Im Folgenden werden die Parteien abkürzend als Klägerin und Beklagte und die Wasserversorgung S. GmbH als WSG bezeichnet.

Die Fundstellen werden wie folgt abgekürzt:

Wettbewerbsunterlagen = WU, Mustervertrag = MV,

Angebot der Klägerin = AK, Angebot der WSG = AWSG,

Auswertungsvermerk = AV, Rügeschreiben = R, Rügeantwort = RA,

Berufungsbegründung = BB, Berufungserwiderung = BE, Berufungsreplik = BR,

Stellungnahme der Beklagten zu dem Hinweisbeschluss des Senats = Stn

Sämtliche Wertungskriterien sind zur schnelleren Orientierung fortlaufend numeriert (Nr. 1 - 30), wobei auch die nicht streitigen Bewertungen eine Ordnungsnummer erhalten haben.)

A.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das angefochtene Urteil beruht auf Rechtsfehlern (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO); die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).

I.

Der Verfügungsantrag (Hauptantrag) der Klägerin in der geänderten Fassung, die Gegenstand ihrer Berufung ist, ist zulässig. Die Antragsfassung entspricht der Rechtsprechung des Senats zum Streitgegenstand in Konzessionsvergabeverfahren bei Strom- und Gasnetzen gemäß §§ 46, 47 EnWG (Senat, Beschluss vom 5. August 2022 - 13 U 81/21, Rn. 5, juris; Beschluss vom 15. Februar 2024 - 13 U 43/22, Rn. 4 ff., juris). Für das vorliegende Wasserkonzessionsvergabeverfahren gilt nichts anderes.

Streitgegenstand des Verfügungsverfahrens sind auf der vorliegenden Stufe des Konzessionsvergabeverfahrens nicht die einzelnen gerügten Rechtsfehler, sondern die begehrte Unterlassung in der konkreten Verletzungsform - der beabsichtigten Konzessionsvergabe auf der Grundlage des Ratsbeschlusses, dem wiederum die Beschlussvorlage nebst Bewertung der Angebote zugrunde liegt. Rechtschutzziel der Klägerin ist nicht die Feststellung einzelner Rechtsfehler, sondern die Verhinderung der anderweitigen Konzessionsvergabe.

II.

Der Verfügungsantrag ist auch begründet.

Der Klägerin steht der mit dem aktuellen Hauptantrag geltend gemachte Verfügungsanspruch aus § 33 Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB zu.

Hierzu wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 18. Juni 2024 Bezug genommen. Die Stellungnahme der Beklagten vom 17. Juli 2024 führt zu keiner anderen Beurteilung.

1. Die in der der kartellrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vergabe von Strom- und Gasnetzen entwickelten Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - KZR 66/12, Rn. 16) gelten auch für den Bereich der kommunalen Wasserkonzessionsvergabe.

Als marktbeherrschende Anbieter der Wegenutzungsrechte in ihrem Gebiet sind die Gemeinden somit gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB verpflichtet, den Konzessionär für den Betrieb eines Wasserversorgungsnetzes in einem diskriminierungsfreien Wettbewerb mit einem transparenten Verfahren auszuwählen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2018 - VI-2 U 7/16 (Kart), Rn. 90, juris). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob im Streitfall für die Konzessionsvergabe eine EU-Binnenmarktrelevanz anzunehmen ist; das Diskriminierungsverbot ergibt sich bereits aus § 19 GWB, ohne dass hierzu primärrechtliche Grundsätze des Unionsrechts (AEUV) herangezogen werden müssen.

Anders als bei Konzessionsvergaben für örtliche Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze, die durch §§ 46, 47 EnWG geregelt sind, bestehen im Bereich der Wasserversorgungsnetze keine spezialgesetzlichen Bestimmungen, sodass die Verfahrensgrundsätze allein aus dem Diskriminierungsverbot des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB herzuleiten sind.

2. Auf dieser Grundlage gilt für das vorliegende Wasserkonzessionsverfahren Folgendes:

a) Die Klägerin ist mit der Rüge von Rechtsverletzungen in dem Konzessionsverfahren grundsätzlich nicht präkludiert. Dabei kommt es nicht auf die Einhaltung der in den Wettbewerbsunterlagen vorgegebenen Rügefristen (Ziff. 8.4.1 Abs. 2 WU) an.

aa) Gesetzliche Präklusionsvorschriften bestehen für den unterlegenen Bewerber nicht. Die entsprechende Anwendung des Rüge- und Präklusionsregimes aus § 47 EnWG, das durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung vom 27. Januar 2017 eingeführt wurde, oder der vergaberechtlichen Präklusionsbestimmungen aus Teil 4 des GWB kommt nicht in Betracht. Insoweit besteht schon keine planwidrige Regelungslücke; der Gesetzgeber hat den Teil 4 des GWB ausdrücklich von der Anwendung auf Konzessionen im Bereich der örtlichen Trinkwasserversorgung ausgenommen (§ 149 Nr. 9 GWB). Zudem bedarf die mit Präklusionsregelungen verbundene Einschränkung des Rechtsschutzes wegen der verfassungsrechtlichen Garantie des Art. 19 Abs. 4 GG einer klaren gesetzlichen Regelung, was einer analogen Anwendung von Präklusionsvorschriften grundsätzlich entgegenstehen dürfte.

bb) Angesichts dieser Rechtslage konnte die Geltung der Präklusionsvorschriften in Ziff. 8.4.1 WU auch nicht dadurch wirksam vereinbart werden, dass die Klägerin die Wettbewerbsunterlagen mit dem von der Beklagten vorgegebenen Anschreiben zum Angebot zu akzeptieren hatte.

Wenn insoweit von einer vertraglichen oder vertragsähnlichen Vereinbarung der Geltung der Wettbewerbsunterlagen der Beklagten ausgegangen wird, sind die Präklusionsvorschriften in Ziff. 8.4.1 WU gemäß § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Dass es bei Nichteinhaltung der Rügefristen ausgeschlossen sein soll, Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB gerichtlich geltend zu machen, stellt einen erheblichen Eingriff in die Rechtsschutzgarantie dar. Wenn das marktbeherrschende Unternehmen dies - ohne eine gesetzliche Präklusionsvorschrift - durch seine Wettbewerbsbedingungen vorgibt, ist dies mit den wesentlichen Grundgedanken dieser Regelungen (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB, Art. 19 Abs. 4 GG) nicht vereinbar.

cc) Allerdings kann es im Einzelfall treuwidrig (§ 242 BGB) sein, wenn ein Bieter die ausdrücklich eingeräumte Rügemöglichkeit in Bezug auf die ihm bekannt gegebenen Wettbewerbsunterlagen nicht nutzt und in einem regelmäßig äußerst zeit- und kostenintensiven Konzessionsvergabeverfahren erst die Wertungsentscheidung wegen vermeintlicher Mängel der Wettbewerbsunterlagen angreift, die für den Bieter bereits seit langem erkennbar waren (vgl. zur möglichen Verwirkung des Einwands der Nichtigkeit des Konzessionsvertrages: BGH, Urteil vom 7. September 2021 - EnZR 29/20 - Gasnetz Rösrath, Rn. 25, juris). Entsprechendes mag für andere Fehler in Verfahrensschritten gelten, die der Wertungsentscheidung vorgelagert sind.

dd) Hingegen ist ein Bieter grundsätzlich nicht nach Treu und Glauben gehindert, in einem - wie hier - unverzüglich veranlassten gerichtlichen Verfahren zur Überprüfung der Wertungsentscheidung seinen Unterlassungsanspruch auch auf "nachgeschoben" beanstandete Fehler der Wertungsentscheidung zu stützen, die nicht in der in den Wettbewerbsunterlagen vorgesehenen Frist nach Bekanntgabe der Wertungsentscheidung gerügt wurden. Insoweit besteht schon kein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der angegriffenen Wertungsentscheidung. Die Zulässigkeit eines derartigen Prozessvortrags ist daher allein nach den Präklusionsregelungen des Zivilprozessrechts zu beurteilen.

Weil keine Rügepflicht besteht, ist das Gericht zudem nicht gehindert, ohne konkrete Rügen Bewertungsfehler zu berücksichtigen, die sich aus dem vorgetragenen Inhalt der Vergabeverfahrensunterlagen ergeben, sofern der Bieter nicht nach Treu und Glauben daran gehindert wäre, sich noch auf diese Fehler zu berufen.

c) Die 6-stufige Bewertungsskala (Ziffer 6.1 Abs. 9 WU, S. 17 f.) ist nicht zu beanstanden.

Die Bewertungsskala lässt auch bei geringeren Unterschieden der Angebote bei den einzelnen Bewertungskriterien noch einen ausreichenden Raum für eine angemessene Differenzierung der Bewertung. Die Bewertungsskala zwingt nicht dazu, bei ganz geringen Unterschieden mit vernachlässigbarer Auswirkung eine unangemessene Abwertung eines Angebots vorzunehmen. Entscheidend ist, dass bei der konkreten Bewertung die Frage im Blick behalten wird, ob bei Feststellung geringfügiger Unterschiede bereits eine Abwertung um eine Notenstufe gerechtfertigt ist. Ob dies - im Rahmen des Beurteilungsspielraums der Beklagten - sachgerecht erfolgt ist, ist bei der Überprüfung der zu den einzelnen Kriterien vorgenommenen Bewertungen festzustellen. Die notwendigerweise immer abstrakte sprachliche Beschreibung der Notenstufen ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie kann ohnehin nur einen gewissen Anhalt für die Beurteilung geben; entscheidend ist die wertende Betrachtung im Einzelfall, wobei die konkreten Auswirkungen der festgestellten Unterschiede in den Blick zu nehmen sind.

Dass es im Vergleich zu einer kleinstufigeren Bewertungsskala im Einzelfall zu gewissen "Rundungsfehlern" kommen mag, trifft beide Bieter gleichermaßen und ist im Rahmen des der Beklagten zustehenden Beurteilungsspielraums hinzunehmen. Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den Bewertungsstufen bestehen im Übrigen bei einer feiner abgestuften Bewertungsskala tendenziell eher in stärkerem Maß, sodass kleinteiligere Bewertungssysteme vielfach nur zu einer Scheingenauigkeit führen dürften.

Darüber hinaus ist die Klägerin nach dem Vorstehenden (Ziff. II. 2. a) cc) ) auch gemäß § 242 BGB gehindert, die Bewertungsskala erstmals im Rahmen der Überprüfung der Angebotswertung zu beanstanden, nachdem sie diese bislang hingenommen hat und die Beklagte im Vertrauen hierauf die Wertung vorgenommen hat.

d) Soweit nach den Wertungsunterlagen zu den einzelnen Bewertungskriterien vertragliche Zusagen anzubieten waren (sämtliche Kriterien mit Ausnahme der Kriterien IV.2 und IV.3, zu denen lediglich Prognosen anzustellen waren), war grundsätzlich bei der Angebotswertung eine vertiefte Plausibilitätskontrolle nicht geboten, weil die Bieter - anders als bei einem unverbindlichen Konzeptwettbewerb - für die Einhaltung der Zusagen einzustehen haben (s.a. Senat, Urteil vom 16. Juni 2022 - 13 U 67/21 (Kart), Rn. 38 ff., juris). Wenn sich während der Vertragslaufzeit herausstellt, dass der Netzbetreiber die gegebenen Zusagen mit dem ursprünglich vorgesehenen Betriebskonzept nicht einhalten kann, muss er durch geeignete Maßnahmen die Einhaltung der Zusagen sicherstellen.

Bei der Bewertung vertraglicher Zusagen steht daher vielmehr die Prüfung im Vordergrund, ob konkrete und verbindliche Zusagen (Ziffer 3.4 Abs. 4 WU) und effektive Kontroll-, Abhilfe- und Sanktionsmöglichkeiten (Ziffer. 7.2.3 WU) gegeben werden, sodass die Beklagte die Einhaltung der von den Bietern eingegangenen Verpflichtungen rechtssicher einfordern und durchsetzen sowie Verstöße sanktionieren kann.

Eine Pflicht der Beklagten, bei den vertraglichen Zusagen eine vertiefte Plausibilitätsprüfung vorzunehmen, ergibt sich auch nicht aus den Wettbewerbsunterlagen. Danach bezieht sich die Plausibilitätsprüfung im Schwerpunkt auf "Schätzungen und Prognosen" (Ziffer 3.4 Abs. 2 WU). Nur diese sind nachvollziehbar zu begründen (Ziffer 7.2.2 WU), nur bei diesen sind dem Angebot die für eine Plausibilitätsprüfung erforderlichen Unterlagen beizufügen, "soweit sie nicht verbindliche Zusagen an die Stadt betreffen" (Ziffer 3.4 Abs. 3 WU).

Zwar ist der Beklagten gemäß Ziffer 7.2.1 Abs. 4 WU die Möglichkeit eröffnet, unplausible vertragliche Zusagen - nach Hinweis in der Verhandlungsrunde - abzuwerten. Eine Pflicht zu einer vertieften Plausibilitätskontrolle ergibt sich hieraus aber nicht, solange die Plausibilitätskontrolle nicht einseitig diskriminierend ausgeübt wird.

e) Vertragliche Zusagen, die die WSG unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Beklagten angeboten hat, können nur unter nachstehenden Maßgaben berücksichtigt werden.

Verschiedentlich stehen vertragliche Zusagen im Angebot der WSG unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Beklagten, ohne dass der Beklagten nach der jeweiligen Kriterienbeschreibung entsprechend Optionen anzubieten waren oder sich aus der Angebotswertung ergibt, ob die Beklagte die Zustimmung erteilen wird. Es steht daher noch nicht fest, ob die WSG die insoweit angebotenen Maßnahmen jemals realisieren muss. Gerade bei Zusagen, deren Umsetzung höhere Kosten auslösen kann und damit die Gewinne der WSG und deren Ausschüttungen an die Beklagte als Mehrheitsgesellschafterin schmälern würde, erscheint es zweifelhaft, ob die Beklagte jeweils die Zustimmung erteilen wird.

Solange die Beklagte bei diesen von ihr nach der jeweiligen Kriterienbeschreibung nicht geforderten Optionen zum Zeitpunkt der Wertungsentscheidung nicht verbindlich entschieden hat, dass sie die Zustimmung erteilen wird, können solche Zusagen unter Zustimmungsvorbehalt grundsätzlich nicht bei der Wertung berücksichtigt werden. Sie stehen einem Angebot unter Bedingungen gleich, das nach Ziff. 3.1 Abs. 13 WU nicht zulässig ist. Die Berücksichtigung von Zusagen der WSG unter Zustimmungsvorbehalt der Beklagten hat auch potentiell diskriminierende Wirkung. Die WSG könnte im Grundsatz darauf vertrauen, dass die Beklagte im eigenen Interesse bei der Entscheidung über die Zustimmung die damit verbundenen Kosten im Blick behalten und im Zweifel die Zustimmung zu unwirtschaftlichen Maßnahmen nicht erteilen wird. Damit würde die WSG erheblich von dem üblichen, mit der Angebotsabgabe verbundenen Kalkulationsrisiko entlastet und ihr im Ergebnis ein ungerechtfertigter Vorteil verschafft.

Die von der Beklagten hiergegen in ihrer Stellungnahme erhobenen Einwendungen führen zu keiner anderen Beurteilung. Ihr Verweis auf Ziffer 7.4 WU ("Übergreifende Hinweise zur Absicherung des Angebots gegen mögliche Verstöße gegen § 6 Abs. 1 KAEAnO", S. 24 WU) geht fehl. Dort geht es darum, dass die Beklagte nicht verpflichtet werden will, kostenpflichtige Leistungen der Klägerin in Anspruch zu nehmen. Die Ausführungen des Senats beziehen sich hingegen auf vertragliche zugesagte Leistungen beim Betrieb des Wassernetzes, die als solche nicht von der Beklagten zu vergüten sind. Die insoweit aufgrund des Zustimmungsvorbehalts beanstandeten positiven Bewertungen hat der Senat bei den einzelnen Bewertungskriterien explizit aufgeführt. Auch soweit die Beklagte darauf verweist, dass die Übertragung des Netzes nur mit Zustimmung der Beklagten erfolgen solle (Kriterium V.2), geht es ersichtlich nicht um diese Konstellation. Gleiches gilt, soweit nach den Bedingungen der Wertungsunterlagen nachträgliche Änderungen nur mit Zustimmung der Beklagten zulässig sein sollen oder die Klägerin zusagt, dass potentiell nachteilige erneute Aufgrabungen nur mit Zustimmung der Beklagten erfolgen.

Soweit die Beklagte außerdem in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, es sei schon deshalb davon auszugehen, dass sie unter Zustimmungsvorbehalt angebotenen Leistungen zustimmen werde, weil sie für die Kosten als Mitgesellschafterin nur etwa zur Hälfte aufkommen müsse, überzeugt dies nicht. Es ist keineswegs von vornherein davon auszugehen, dass die Beklagte Investitionen des WSG, die keinen unmittelbaren finanziellen Vorteil für sie haben (wie etwa das angebotene Notbrunnensystem), nur deshalb befürworten wird, weil sie im Ergebnis nur die hälftigen Kosten zu tragen hat.

3. Die Bewertungen, die die Beklagte bei den einzelnen Bewertungskriterien vorgenommen hat, weisen die nachfolgend dargestellten Fehler auf, die die vergebenen Punkte - und in der Gesamtschau das Bewertungsergebnis - beeinflusst haben können:

I. Versorgungssicherheit

I.1.1 Reaktionszeit bei Störungen, § 3 Abs. 6

Nr. 1

a) Bei diesem Kriterium hat die Beklagte das Angebot der WSG mit 6 Punkten und das der Klägerin mit 4 Punkten bewertet (S. 1 ff. AV). Dabei war für die Beklagte im Wesentlichen maßgeblich, dass das Angebot einer Durchschnittszeit (Klägerin) und von Maximalzeiten (WSG) qualitativ identisch seien, aber die von der Klägerin angebotene Durchschnittszeit nur bei normalen Wetter- und Verkehrsverhältnissen gelten solle und außerdem nur die WSG Informations- und Sanktionsmöglichkeiten angeboten habe.

b) Die Wertung beruht auf einem Fehler.

aa) Zwar ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das Angebot der WSG nicht als unplausibel bewertet hat. Die Beklagte musste nicht im Einzelnen prüfen, ob die Zusage mit dem vorgesehenen Konzept eingehalten werden kann. Auf die vorstehenden Ausführungen zu Ziffer II.2.d) wird Bezug genommen. Es ist grundsätzlich Sache der WSG, die Einhaltung der vertraglichen Zusage zu gewährleisten und dafür auch - soweit erforderlich - konzeptionelle Änderungen vorzunehmen. Dass die Zusage generell nicht eingehalten werden kann, musste sich der Beklagten jedenfalls nicht aufdrängen.

bb) Im Rahmen des Beurteilungsspielraums der Beklagten ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte im Ausgangspunkt das Angebot einer Durchschnittszeit und von Maximalzeiten als qualitativ identisch angesehen hat. Fehlerhaft ist jedoch, dass die Beklagte bei dem Angebot der Klägerin den Vorbehalt normaler Wetter- und Verkehrsverhältnisse nachteilig gewertet hat, ohne zu prüfen, ob die WSG ihrerseits (verschuldensunabhängig) für jegliche Wetterverhältnisse und Störungen des Straßenverkehrs einstehen will oder auch von normalen Straßen- und Wetterverhältnissen ausgegangen ist. Hierzu hätte es einer entsprechenden Auslegung des Angebots der WSG bedurft. Nach dem aufgedeckten Angebotsinhalt der WSG (S. 21 BE) dürfte die erstgenannte Auslegung fernliegend sein. Vielmehr drängt sich aufgrund des eingefügten Kartenausschnitts mit den einzelnen Zeitangaben auf, dass bei den zugesicherten Maximalzeiten Straßensperrungen und Staus sowie ungewöhnliche Wetterereignisse (z.B. Glatteis) mit verkehrsbehindernder Wirkung nicht berücksichtigt sind und sich die Zusicherung somit ebenfalls nur auf eine "normale" Verkehrssituation beziehen könnte.

c) Es erscheint möglich, dass die Klägerin bei Vermeidung dieses Fehlers zumindest 5 Punkte erhalten hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die von der WSG zugesagten Informationen und Sanktionsrechte zwar tendenziell einen Vorteil darstellen, aber - wegen des sehr großen Zeit- und Kostenaufwandes eines neuen Konzessionsverfahrens - davon auszugehen sein dürfte, dass die Beklagte von dem eingeräumten Kündigungsrecht nur Gebrauch machen wird, wenn aufgrund von schwereren Verstößen ein sachgerechter Störungsdienst nicht mehr gewährleistet ist. Dann bestünde aber ohnehin ein gesetzliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund. Ein deutlich effektiveres Sanktionsmittel wären Vertragsstrafen gewesen, die aber nicht angeboten wurden.

d) Die Stellungnahme der Beklagten führt zu keiner anderen Beurteilung. Sie beruht auf einer unzutreffenden Darstellung des Angebots der WSG. Die WSG hat nicht angeboten, dass - wie die Beklagte meint - als "dreifacher Puffer" sich zu jeder Zeit jeweils ein Mitarbeiter an den im Angebot markierten Hauptorten aufhält (S. 17 AWSG). Vielmehr soll der Tagesbetrieb "im definierten Radius" (der im Angebot markierten Fläche) stattfinden und außerhalb der Regelarbeitszeit ein Mitarbeiter mit tätigkeitsnahem Wohnort gefunden werden.

Dass grundsätzlich keine vertiefte Plausibilitätskontrolle angebotener Zusagen erforderlich ist, entbindet die Beklagte nicht davon, die angebotenen Vertragsklauseln auszulegen. Im Streitfall drängt es sich auf, dass die zugesagten Zeiten nicht für ungewöhnliche Wetter- und Verkehrsereignisse gelten sollen. Ohne diese Einschränkung wäre die Zusage hingegen ersichtlich unplausibel, ohne dass hierfür eine vertiefte Plausibilitätskontrolle erforderlich wäre.

Soweit die Beklagte darauf verweist, dass nach dem Angebot der WSG ein Sonderkündigungsrecht ohnehin nur besteht, wenn die zugesicherten Reaktionszeiten in mehr als 10 % der Einsätze nicht eingehalten werden, vermengt sie die vertragliche Zusage mit den hierzu angebotenen Sanktionsrechten. Das Sonderkündigungsrecht schränkt nach seinem klaren Wortlaut die Zusage als solche nicht ein. Insbesondere könnte die Beklagte bei Nichteinhaltung der Zusage verlangen, dass die WSG durch organisatorische Veränderungen die künftige Einhaltung der Zusage sicherstellt.

I.2.1 Notversorgung bei Ausfall Wasserbezugsquellen, § 3 Abs. 10

Nr. 3

a) Bei diesem Kriterium hat die Beklagte das Angebot der WSG mit 6 Punkten und das der Klägerin mit 4 Punkten bewertet (S. 11 ff. AV). Dabei war für die Beklagte im Wesentlichen maßgeblich, dass das Angebot der WSG deutlich umfassender und konkreter sei. Die WSG habe zudem deutlich größere Notversorgungsmengen zugesichert und nur sie habe die Verwendung von Notversorgungsbrunnen zugesagt. Die von der Klägerin zugesagten Ersatzversorgungsmengen seien deutlich geringer als bei der WSG.

b) Die Bewertung weist verschiedene Fehler auf.

aa) Die im Angebot der WSG genannte Nutzung des Hochbehälters "S." durfte die Beklagte nicht zu Gunsten der WSG werten, ohne zu prüfen, ob der - unstreitig zum Ausgleich von Schwankungen im Wassernetz genutzte (S. 43 BB) - Behälter nicht ohnehin Bestandteil des Wasserversorgungsnetzes ist, das der obsiegende Bieter übernimmt und daher im Rahmen der Wasserversorgung - auch zum Ausgleich im Rahmen einer Mangelsituation - nutzen wird. Hiervon dürfte nach der mitgeteilten Endschaftsbestimmung (Ziffer 1.4, S. 6 f. WU) auszugehen sein. Die beabsichtigte Nutzung des ohnehin vorhandenen Hochbehälters stellt dann keinen wertungsrelevanten Vorteil des Angebots der WSG dar.

Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, sie wisse nicht, welche Funktion der Hochbehälter S. erfülle (Stn S. 13). Die zur Angebotswertung erforderlichen Kenntnisse muss sie sich verschaffen. Im Übrigen ist aber auch unstreitig, dass der Behälter zum Ausgleich von Schwankungen im Wassernetz genutzt wird.

bb) Das Angebot der WSG zur Reaktivierung eines Notbrunnensystems durfte - unabhängig von der Frage eines - wie von der Klägerin geltend gemacht - unzulässigen Informationsvorsprungs der WSG - aufgrund des Zustimmungsvorbehalts der Beklagten nicht gewertet werden (s.o. Ziffer II.2. e)). Dass die WSG die Maßnahme bereits "zusagt", bevor sie hierzu ein Konzept erstellt hat (s. Angebotswortlaut S. 25 BE), veranschaulicht die aufgezeigte Problematik von Zusagen unter Zustimmungsvorbehalt der Beklagten als Mehrheitsgesellschafterin.

cc) Gleiches gilt für die beabsichtigten Vereinbarungen mit benachbarten Versorgern, die ebenfalls unter Zustimmungsvorbehalt stehen. Hier ist zudem gänzlich unklar, welche benachbarten Versorger zu welchen Konditionen zur Lieferungen welcher Wassermengen bereit wären.

dd) Soweit die Beklagte pauschal die angebotenen Ersatzversorgungsmengen vergleicht, differenziert sie nicht ausreichend zwischen der angebotenen Transportkapazität (Lebensmitteltankzug, etc.) und der Frage, woher im jeweiligen Bedarfsfall die Ersatzversorgungsmengen bezogen werden können. Die konkreten Mengenangaben der WSG (mit Ausnahme des wohl jedem Netzbetreiber zur Verfügung stehenden Hochbehälters, s.o.) beziehen sich lediglich auf die vorgehaltenen Gerätschaften und Ausrüstungen (S. 25 BE). Die Beklagte berücksichtigt nicht, dass sich aus dem Angebot der WSG nicht ergibt, woher das Wasser "bei Ausfall der Wasserbezugsquellen" (s. Beschreibung des Kriteriums) bezogen werden soll. Eine gewisse Ausnahme stellt insoweit das im Angebot der WSG genannte "abgepackte Trinkwasser" dar, bei dem aber unklar ist, in welcher Menge es insgesamt vorgehalten werden soll.

Soweit die Beklagte in ihrer Stellungnahme (S. 13 f.) lediglich erneut auf die Wassermenge verweist, die täglich bereitgestellt werden soll, führt dies zu keiner anderen Beurteilung.

c) Im Ergebnis erscheint es möglich, dass das Angebot der Klägerin - insbesondere aufgrund der angebotenen Notleitung aus ihren angrenzenden Netzteilen, die die Beklagte als vorteilhaft gewertet, aber in der abschließenden Abwägung nicht mehr erwähnt hat - als deutlich besser bewertet worden wäre und die WSG maximal 3 Punkte erhalten hätte.

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass generell für eine sachgerechte Bewertung danach zu differenzieren sein dürfte, welcher konkrete Ausfall einer Wasserbezugsquelle (beispielsweise genereller Ausfall der Lieferung von H.wasser, von dem unter Umständen auch benachbarte Wassernetze betroffen wären oder nur ein lokaler Schaden an einer einzelnen Wasserleitung) sich ereignen könnte und mit welchen Notversorgungsmaßnahmen dem jeweils begegnet werden könnte.

I. 2.2 Maßnahmen bei gesundheitsschädlichen Beeinträchtigungen des Trinkwassers, § 3 Abs. 2

Nr. 4

a) Bei diesem Kriterium hat die Beklagte beide Angebote mit 6 Punkten bewertet (S. 14 ff. AV), weil beide Angebote als qualitativ gleichwertig anzusehen seien. Die nur von der Klägerin angebotenen mobilen Desinfektionsanlagen hat die Beklagte bei der abschließenden Abwägung nicht mehr erwähnt, obwohl sie das Angebot der Klägerin insoweit als zielfördernd angesehen hat.

b) Die Bewertung weist insoweit einen Fehler auf, weil nicht ersichtlich ist, ob die Beklagte das Angebot mobiler Desinfektionsanlagen bei der abschließenden Wertung noch berücksichtigt hat.

c) Es ist möglich, dass das Angebot der WSG bei Vermeidung dieses Fehlers mit allenfalls 5 Punkten bewertet worden wäre (sehr geringe Abweichung).

Soweit die Beklagte in ihrer Stellungnahme entgegnet, sie würde gleichwohl bei einer Neubewertung ihre Bewertung im Ergebnis nicht ändern (Stn S. 14), ist dies für den Rechtsstreit unerheblich. Der Senat hat nur festzustellen, inwiefern Bewertungsfehler das Wertungsergebnis beeinflusst haben können.

I. 3 Instandhaltung, § 2 Abs. 3

Nr. 5

a) Bei diesem Kriterium hat die Beklagte das Angebot der WSG mit 6 Punkten und das der Klägerin mit 5 Punkten bewertet (S. 21 ff. AV). Dabei war für die Beklagte im Wesentlichen maßgeblich, dass nur die WSG konkrete Zielgrößen, z.B. für spezifische Wasserverluste, zur Güte des Trinkwassernetzes und zu Störungshäufigkeiten garantiert habe. Bei Unterschreitung dieser Anforderungen habe die Beklagte das Recht, die Nachteile beheben zu lassen und den Aufwand in Rechnung zu stellen. Dies werde durch das deutlich höhere Instandhaltungsbudget der Klägerin nur teilweise ausgeglichen.

b) Die Bewertung beruht auf Fehlern.

aa) Hinsichtlich des von der WSG angebotenen Zielkriteriums "Güte des Trinkwassernetzes von 2,7" ist auf der Grundlage des Auswertungsvermerks intransparent, was darunter nach der angebotenen vertraglichen Zusage zu verstehen ist und wie diese Zielgröße rechtssicher ermittelt werden soll. Aus der Angebotswertung ergibt sich auch nicht, inwiefern die Beklagte nachvollziehen konnte, dass die Zielgröße, bei der es sich nach der Berufungserwiderung um eine "Schulnote" handeln soll, für die Zielerreichung aussagekräftig sein könnte.

bb) Nach dem Auswertungsvermerk hat die Beklagte ausdrücklich bei der WSG die "Garantie eines maximalen spezifischen Wasserverlustes von 0,07 m3/h x km" als positiv bewertet. Dies ist nach den Wertungsunterlagen nicht zulässig, weil Zusagen zur Vermeidung von Wasserverlusten bereits Gegenstand des (insoweit spezielleren) Kriteriums Ziff. III. 3 (Nr. 16) waren und für einen Bieter nicht erkennbar war, dass die Beklagte entsprechende Zusagen bei beiden Kriterien werten wollte.

Die Stellungnahme der Beklagten (S. 14) führt zu keiner anderen Beurteilung. Ein verständiger Bieter geht davon aus, dass Zusagen - wie hier zum Wasserverlust - die inhaltlich einem speziellen Kriterium zuzuordnen sind, nur dort anzubieten sind und nicht zusätzlich an einer anderen Stelle des Vertrages bei einem allgemeineren Kriterium. Aus den Wettbewerbsunterlagen ergibt sich nichts Gegenteiliges. Es wäre auch nicht sachgerecht, wenn derselbe Umstand mehrfach in die Wertung eingehen würde.

cc) Bei der Zielgröße "Störungshäufigkeiten" im Angebot der WSG ist - wie die Beklagte in dem Auswertungsvermerk auch andeutet - unklar, welche konkreten Maßnahmen die WSG bei einer Zielverfehlung vornehmen will, zumal die Störungen häufig auch externe Ursachen haben dürften, worauf die Klägerin zu Recht hinweist.

dd) Nicht hinreichend nachvollziehbar ist auch, warum die Beklagte die Einhaltung von DVGW-Vorgaben bei der Klägerin als neutral (S. 17 AV) und bei der WSG (S. 19 unten, S. 20 1. Abs. AV) als zielfördernd bewertet hat.

Soweit die Beklagte nunmehr ausführt, bei dem von der Klägerin angebotenen "Reporting und Monitoring auf der Grundlage des DVGW-Regelwerks" bedeute die Bezugnahme auf das DVGW-Regelwerk nur, dass die - ohnehin obligatorischen - allgemeinen Regeln der Technik eingehalten würden, während die Bezugnahmen der WSG darüber hinausgingen (Stn S. 16 ff.), erscheint dies zweifelhaft. Dass bereits die allgemein anerkannten Regeln der Technik ein "Reporting und Monitoring" nach DVGW-Vorgaben verlangen, während die Verwendung der DVGW-Arbeitsblätter überobligatorisch erfolgt, hat die Beklagte nicht nachvollziehbar dargetan. Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben, weil diese nachgeschobenen Erwägungen nicht Bestandteil des Auswertungsvermerks sind. Im Auswertungsvermerk ist die vorgenommene Differenzierung jedenfalls nicht nachvollziehbar.

Zudem ist die angebotene Zertifizierung des Alarmierungs- und Einsatzplans durch die WSG nicht unter diesem Kriterium als zielfördernd zu berücksichtigen, weil dies die Organisation des Bereitschaftsdienstes betrifft, die gesondert unter dem Kriterium I.1.2. zu werten war.

ee) Fehlerhaft ist zudem, dass die Beklagte das Angebot der Klägerin hinsichtlich der Instandhaltungszyklen pauschal als nicht verbindlich angesehen hat. Dies beruht auf einer nicht mehr vertretbaren Auslegung des Angebots der Klägerin (S. 5 f. AK). Dort heißt es "Die wesentlichen Instandhaltungszyklen sind nachfolgend aufgeführt: (...)", gefolgt von einer entsprechenden Aufstellung. Der nachfolgende Sternchenhinweis zu den aufgeführten Inspektionszyklen, den die Beklagte in dem Auswertungsvermerk nicht mehr eingerückt hat, lässt die Verbindlichkeit des Angebots nicht zweifelhaft erscheinen. Es erscheint fernliegend anzunehmen, die Klägerin habe mit dem Hinweis auf ihre entsprechende Praxis im - weitaus größeren - Bestandsnetz den Vorbehalt verbinden wollen, hiervon allein im streitgegenständlichen Trinkwassernetz negativ abzuweichen. Vielmehr liegt das Verständnis auf der Hand, dass die Klägerin - wie im Bestandsnetz - bei Bedarf auch im Wassernetz S. kürzere Zyklen wählen will, wenn es der Netzzustand erfordert.

Dass die Klägerin trotz der von der Beklagten zitierten Erklärung im Protokoll (Stn S. 18) insoweit keine Veränderung ihres Angebots vorgenommen hat, kann nicht dahin verstanden werden, dass die aufgeführten Mindestinspektionszyklen keine Gültigkeit haben sollen. Naheliegend ist vielmehr das Verständnis, dass die Klägerin - mangels näherer Kenntnis des zu übernehmenden Wassernetzes - noch keine Angaben dazu machen kann, ob dessen Zustand häufigere Inspektionszyklen gebietet oder die von der Klägerin in ihrem Bestandsnetz angewendeten Inspektionszyklen auch hier ausreichen werden.

c) Im Ergebnis erscheint es möglich, dass bei Vermeidung der aufgezeigten Fehler das Angebot der Klägerin unter Berücksichtigung ihres deutlich höheren Instandhaltungsbudgets als Bestes bewertet worden wäre und die WSG 3 Punkte erzielt hätte.

I.5 Sicherstellung des Wasserbezuges, § 7 Abs. 10

Nr. 7

a) Bei diesem Kriterium hat die Beklagte das Angebot der WSG mit 6 Punkten und das der Klägerin mit 4 Punkten bewertet (S. 27 ff. AV). Dabei war für die Beklagte im Wesentlichen maßgeblich, dass nur die WSG "ein Mitspracherecht und Zustimmungsvorbehalt bei möglichen Veränderungen an der Mitgliedschaft und der Gesellschafterstellung sowie den Lieferverträgen mit den Vorlieferanten" anbiete und bereits heute über einen Wasserbezugsvertrag für das Konzessionsgebiet verfüge, sodass sie bis zum Abschluss eines Anschlussvertrages ein wassergesetzlich abgesichertes Bezugsrecht habe.

b) Die Bewertung weist Fehler auf.

aa) Bei der Berücksichtigung von Umständen, die naturgemäß nur der bisherige Netzbetreiber aufgrund seines bereits bestehenden Netzbetriebes erfüllen kann, ist Zurückhaltung geboten, um eine unzulässige Diskriminierung neuer Bewerber zu vermeiden. Daher ist es nicht gerechtfertigt, den von der WSG bislang unterhaltenen Liefervertrag zu ihren Gunsten zu berücksichtigen. Wie sich aus dem Auswertungsvermerk ergibt, muss auch die WSG einen neuen Anschlussvertrag abschließen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass nur der WSG, nicht aber der Klägerin, die ebenfalls Gesellschafterin der Vorlieferantin (H.wasserwerke) ist, der Abschluss eines Anschlussvertrages gelingen könnte. Soweit die Beklagte meint, nur die WSG - nicht aber die Klägerin - könnte "bei einem nicht nahtlosen" Anschlussvertrag" ein gesetzliches Bezugsrecht aus § 50 WHG und § 1 Nds. Katastrophenschutzgesetz haben, vermag der Senat diese rechtliche Beurteilung nicht nachzuvollziehen, jedenfalls fehlt es an einer vertretbaren Begründung für diese Rechtsansicht. Offenbar hat die Beklagte die rechtliche Argumentation ungeprüft aus dem Angebot der WSG entnommen. Soweit die H.wasserwerke als Vorlieferant eine marktbeherrschende Stellung haben, dürften sie schon kartellrechtlich bei dem Abschluss eines Anschlussvertrages zu einer Gleichbehandlung des jeweiligen Wassernetzbetreibers verpflichtet sein.

Soweit die Beklagte in ihrer Stellungnahme (S. 20) meint, die H.wasserwerke müssten die Wassernetzbetreiber nicht zwingend zu identischen Konditionen beliefern, kann dies dahin gestellt bleiben. Es geht bei dem Kriterium nur um die Sicherstellung der Wasserversorgung nicht um die von dem zukünftigen Netzbetreiber zu zahlenden Preise.

bb) Die Bewertung des Mitbestimmungsrechts und des Zustimmungsvorbehalts im Angebot der WSG ist fehlerhaft. Für einen durchschnittlichen Bieter war aus den bekannt gegebenen Wertungskriterien schon nicht erkennbar, dass es der Beklagten bei der "Sicherstellung des Wasserbezugs" darum gehen könnte, derartige Zustimmungsvorbehalte gegenüber dem Netzbetreiber zu erlangen. Dies steht einer Berücksichtigung bei der Wertung entgegen. Aus dem Auswertungsvermerk ergibt sich auch nicht, worin die Beklagte hier einen konkreten Vorteil für die Erfüllung des Kriteriums sieht. Soweit die Beklagte ausführt, sie könne "hierdurch auf eine Fortsetzung des Wasserbezugsvertrages hinwirken", ist nicht nachvollziehbar, in welcher Situation sich die Beklagte hiervon einen Vorteil verspricht. Dafür, dass die Klägerin ohne einen solchen Vorbehalt einen bestehenden Wasserbezugsvertrag ersatzlos beenden oder anderweitig eigenmächtig die Wasserversorgung gefährden würde, ist nichts ersichtlich. Dies erscheint auch fernliegend.

Soweit die Beklagte demgegenüber darauf verweist, dass nach Ziff. 7.2.3 Abs. 4 WU bei der Festlegung und Anpassung von Zielwerten Mitwirkungsrechte der Beklagten angeboten werden können (Stn S. 19), betrifft dies ersichtlich nicht die hier vorliegende Konstellation des Abschlusses eines Wasserbezugsvertrages.

cc) Zudem trifft die Aussage im Auswertungsvermerk, die WSG besitze zusammen mit dem Wasserbezugskonsortium und dem Betriebsführer die Mehrheit der Anteile des Vorlieferanten (S. 28 AV) unstreitig nicht zu (S. 58 BB, S. 34 BR).

dd) Zu Unrecht hat die Beklagte bei diesem Kriterium nicht berücksichtigt, dass die Klägerin angeboten hat, bei Engpässen/Störungen temporäre Leitungen zum Wassernetz L. zu realisieren. Einer Berücksichtigung steht nicht entgegen, dass temporäre Leitungen auch zum Kriterium der Notversorgung (Nr. 3) angeboten wurden. Die Beklagte hat in dem vorliegenden Kriterium ausdrücklich nach "Alternativen/Ausweichmöglichkeiten bei Engpässen/Störungen bei den Lieferverträgen und/oder den Bezugsquellen" gefragt. Hieran ist sie gebunden, sodass sie sich nicht darauf berufen kann, dass die angebotene Ersatzleitung bereits bei einem anderen Kriterium berücksichtigt worden sei. Soweit die Beklagte nunmehr meint, die Zusage habe keinen Nutzen, wenn aus den Talsperren des H. kein oder nur geringe Mengen Trinkwasser gefördert werden könnten, kann dahingestellt bleiben, ob dies zutrifft, weil die Beklagte ihren Wertungsfehler jedenfalls nicht in dem vorliegenden Gerichtsverfahren - ohne erneuten Eintritt in die Angebotswertung - durch nachträglichen Austausch der Argumentation heilen kann.

c) Aufgrund des vorstehend genannten Gesichtspunkts ist es möglich, dass das Angebot der Beklagten als in geringem Maß schlechter beurteilt wird und die Klägerin bei Vermeidung dieser Bewertungsfehler 6 Punkte und die WSG 4 Punkte erhalten hätte.

II. Verbraucherfreundlichkeit

II. 4.1 Frist für die Erstellung eines Wasseranschlusses der Zählergröße DN 25, § 5 Abs. 6

Nr. 12

a) Bei diesem Kriterium hat die Beklagte das Angebot der WSG mit 6 Punkten und das der Klägerin mit 5 Punkten bewertet (S. 40 f. AV). Dabei war für die Beklagte im Wesentlichen maßgeblich, dass die Klägerin zwar kürzere Zeiten für die Angebotserstellung und Fertigstellung angeboten habe, sich dies jedoch nur auf einen Standardhausanschluss bis 10 m im öffentlichen Bereich bezogen habe und die Klägerin im Gegensatz zur WSG keine Kontroll- oder Sanktionsmöglichkeiten für die Beklagte angeboten habe.

b) Hierzu hat die Beklagte in ihrer Stellungnahme mitgeteilt, dass ihre Darstellung des Angebots der WSG in Bezug auf den Wasseranschluss der Zählergröße DN 50 (Bezeichnung als Standardhausanschluss) falsch war, so dass die hierauf beruhende Auslegung des Angebots der WSG durch den Senat in dem Hinweisbeschluss nicht aufrechterhalten wird.

Es dürfte daher davon auszugehen sein, dass die WSG im Ausgangspunkt die genannten Zeiten zur Herstellung der Hausanschlüsse für jede erdenkliche Anschlusssituation - auch bei Vorliegen von besonders erschwerten Bedingungen - anbietet. Allerdings ist - was die Beklagte bei der Angebotswertung nicht hinreichend beachtet hat - die Bedeutung dieser Zusage erheblich dadurch eingeschränkt, dass die WSG nur dann "zur Nachbesserung" verpflichtet sein soll (S. 28 AWSG), wenn die garantierte Frist zur Herstellung eines Hausanschlusses über einen Zeitraum von zwei aufeinanderfolgenden Quartalen "im Mittel um mehr als 10 %" überschritten wird. Daraus folgt, dass gewisse Überschreitungen der genannten Fristen, die im Einzelfall auch länger ausfallen können, hinzunehmen sind. Demgegenüber enthält das Angebot der Klägerin keine solche Einschränkung, sodass sie - bei Standard-Hausanschlüssen bis 10 m im öffentlichen Bereich - die zugesagten Fristen in jedem Fall einhalten muss, wobei allerdings im Einzelfall Unklarheiten in Bezug auf die Anspruchsdurchsetzung bestehen mögen.

c) Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass die abschließende Abwägung der Beklagten den Eindruck erweckt, dass auch die von der Klägerin angebotene Frist zur Angebotserstellung nur für Standardhausanschlüsse bis 10 m im öffentlichen Bereich gelte. Dies ist jedoch nicht der Fall (S. 27 AK), sodass das Angebot der Klägerin insoweit deutlich besser ist (2 Tage statt 5 Tage).

d) Im Ergebnis erscheint es - trotz der eingeschränkten Vergleichbarkeit der Angebote - möglich, dass das Angebot der Klägerin aufgrund der erheblich kürzeren Fristen bei der Angebotserstellung und - für Standard-Hausanschlüsse - bei der Herstellung zumindest als sehr geringfügig besser angesehen wird, sodass das Angebot der WSG mit 5 Punkten zu bewerten wäre.

II. 4.2 Frist für die Erstellung eines Wasseranschlusses der Zählergröße DN 50, § 5 Abs. 7

Nr. 13

Bei diesem Kriterium hat die Beklagte - mit identischer Begründung wie bei dem vorstehenden Kriterium - das Angebot der WSG mit 6 Punkten und das der Klägerin mit 5 Punkten bewertet (S. 42 f.). Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen (Nr. 12) entsprechend.

III. Umweltverträglichkeit

III.3 Vermeidung von Wasserverlusten, § 2 Abs. 13

Nr. 16

a) Bei diesem Kriterium hat die Beklagte das Angebot der WSG mit 6 Punkten und das der Klägerin mit 4 Punkten bewertet (S. 53 ff. AV). Dabei war für die Beklagte im Wesentlichen maßgeblich, dass beide Bieter in vergleichbarem Maß technische Maßnahmen zur Wasserreduzierung angeboten hätten, aber nur die WSG die Einhaltung einer Höchstmenge an Wasserverlusten garantiere, während die Klägerin nur einen Zielwert angebe. Die vertragsstrafenbewehrte Zusage der Vorlage eines Berichts durch die Klägerin könne dies nicht ausgleichen.

b) Die Bewertung weist Fehler auf.

Nach dem mitgeteilten Angebotsinhalt der WSG (S. 54 AV) soll erst nach einer Verfehlung der garantierten Werte über einen Zeitraum von drei Jahren ein Konzept zum Erreichen des garantierten Wertes vorgelegt werden, dessen Umsetzung die Beklagte zustimmen muss. Das Angebot der WSG dürfte wohl dahin zu verstehen sein, dass die Verfehlung der "Garantie" ansonsten folgenlos bleiben soll. Die WSG macht auch keine Zusagen dazu, welchen Inhalt das Konzept mindestens haben muss und in welcher Zeit die garantierten Werte dann erreicht werden sollen. Dies relativiert den Nutzen der vermeintlichen Garantie erheblich. Auch die Beklagte geht davon aus, dass diese Zusage das Ziel der Stadt nur leicht fördert, sodass auf der Grundlage der Angebotswertung nicht hinreichend nachvollziehbar erscheint, inwiefern die auf diese Weise eingeschränkte Garantie noch einen spürbaren Mehrwert gegenüber dem von der Klägerin angebotenen Zielwert aufweist. Dies kann aber letztlich dahingestellt bleiben. Weil die Umsetzung des Konzepts unter dem Zustimmungsvorbehalt der Beklagten steht, kann diese Zusage - aus den zu Ziffer II.2.e) dargelegten Gründen - ohnehin nicht positiv berücksichtigt werden. Denn es ist unklar, inwieweit die Beklagte zur Reduzierung von Wasserverlusten kostenauslösenden, gewinnschmälernden Maßnahmen zustimmen würde.

Auch die "Selbstverpflichtung" der WSG dürfte nach ihrem Inhalt bloß unverbindliche Absichtserklärungen enthalten, zumal keine konkreten Zielwerte genannt sind.

Im Ergebnis dürften beide Angebote insoweit keine rechtssicher durchsetzbaren, wertungsfähigen Zusagen zur Einhaltung der Verlustmengen enthalten, sodass unter Berücksichtigung der strafbewehrten Berichtspflicht im Angebot der Klägerin - bei ansonsten vergleichbar angebotenen technischen Maßnahmen - zumindest eine Bewertung beider Angebote mit 6 Punkten möglich ist.

Die Stellungnahme der Beklagten (S. 22 f.) führt zu keiner anderen Beurteilung; sie berücksichtigt nicht, dass die bloße Verpflichtung der WSG zur Vorlage eines nicht näher konkretisierten Konzepts bei Nichteinhaltung der "garantierten" Werte, die vermeintliche Garantie erheblich entwertet.

III.4 Umweltfreundlicher Fuhrpark. § 2 Abs. 10

Nr. 17

a) Bei diesem Kriterium hat die Beklagte das Angebot der WSG mit 6 Punkten und das der Klägerin mit 4 Punkten bewertet (S. 56 ff. AV). Dabei war für die Beklagte im Wesentlichen maßgeblich, dass die WSG die "Umstellung auf umweltfreundliche Antriebe" bis 2027 anbiete und der Fuhrpark bis Ende dieses Jahres CO2-neutral sein werde, während die Klägerin eine vollständige Umstellung auf Elektromobilität und regenerative Kraftstoffe ohne CO2 -Emissionen erst bis 2040 anbiete.

b) Die Wertung weist Fehler auf.

In der im Auswertungsvermerk dargestellten Form ist das Angebot der WSG unklar. Danach verpflichtet sich die WSG "zur CO2-Neutralität" und zur vollständigen Umstellung auf "alternative Antriebe" bis Ende 2027 (S. 60 AV). Zu den alternativen Antrieben zählt die WSG neben Elektroantrieben auch Gas- und Hybridmotoren, wozu die Beklagte zutreffend feststellt, dass letztere zu den fossilen Verbrennern zählen (S. 60 AV). Anders als das Angebot der Klägerin enthält das Angebot der WSG keine Zusage, die Verbrennungsmotoren ausschließlich mit regenerativ erzeugten Kraftstoffen zu betreiben. Daher ist unklar, wie die WSG auf diese Weise das Ziel der "CO2-Neutralität" erreichen will und was sie insoweit konkret zusagt. Möglich erscheint, dass die WSG die "CO2-Neutralität" nicht durch Antriebe ohne CO2-Emissionen erreichen will, sondern lediglich CO2-Emissionen durch anderweitige CO2-Einsparungen oder den Erwerb entsprechender Ausgleichszertifikate ausgleichen will. Dies wäre aber mit dem vorgegebenen Ziel des Einsatzes umweltfreundlicher Antriebe nicht vereinbar. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte in der abschließenden Abwägung die von ihr erkannte Problematik unberücksichtigt lässt und das Angebot der WSG trotzdem - allein aufgrund des früheren Zieljahres - als vorteilhaft ansieht.

Zudem ist auf der Grundlage des Auswertungsvermerks unklar, ob sich die Zusage nur auf die eigenen Fahrzeuge der WSG bezieht oder auf sämtliche Fahrzeuge erstreckt, die ihre Betriebsführerin für den Netzbetrieb einsetzt.

Soweit die Beklagte in ihrer Stellungnahme (S. 23 f.) meint, die WSG habe auch die sukzessive Umstellung "in Jahrestranchen" angeboten (S. 60 GA), übersieht sie, dass sich diese Zusage ausschließlich auf Verwaltungsfahrzeuge bezieht, während der "Fuhrpark für den Netzbetrieb", der Gegenstand dieses Kriteriums ist, - wie sie selbst im Auswertungsvermerk ausgeführt hat - zu den "Nichtverwaltungsfahrzeugen" zu zählen sein dürfte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus ihrer Darstellung im Auswertungsvermerk nicht, dass sich die Zusagen der WSG auch auf den Fuhrpark eingesetzter Nachunternehmer beziehen. Soweit sich dies aus dem Auswertungsvermerk erkennen lässt, beziehen sich die Zusagen der WSG nur auf ihren eigenen Fuhrpark ("Fuhrpark der WSG"). Dagegen beziehen sich die Zusagen der Klägerin nach dem Auswertungsvermerk auch auf "den von ihr beauftragten konzernverbundenen Netzbetreiber" (S. 56 AV).

c) Aufgrund der aufgezeigten Unklarheiten im Angebot der WSG bzw. der Intransparenz des Auswertungsvermerks ist nicht auszuschließen, dass bei Vermeidung dieser Fehler das Angebot der Klägerin mit 6 Punkten und das Angebot der WSG mit einem Punkt bewertet worden wäre.

IV. Preisgünstigkeit

IV.1 Entwicklung der Wasserpreise, § 6 Abs. 2

Nr. 18

a) Bei diesem Kriterium hat die Beklagte das Angebot der Klägerin mit 6 Punkten und das der WSG mit 3,72 Punkten bewertet (S. 62 ff. AV). Dabei war für die Beklagte im Wesentlichen maßgeblich, dass die Klägerin die geringste maximale Preissteigerungsrate zugesagt hat und sich für das Angebot der WSG nach der für dieses Kriterium vorgegebenen Berechnungsmethode 3,72 Punkte ergäben. Zwar stünde das Angebot der WSG unter dem Vorbehalt, dass sie eine Steigerung ihrer Wasserbezugskosten von über 1,34 % weitergeben werde. Dieser Nachteil werde jedoch durch das von der WSG in diesem Fall eingeräumte Sonderkündigungsrecht ausgeglichen. Weil bei dem Angebot der Klägerin bei Nichteinhaltung der zugesagten Preissteigerungen ebenfalls ein Sonderkündigungsrecht bestehe (gemeint ist ersichtlich § 27 Abs. 3 MV), glichen sich Vor- und Nachteile wieder aus, sodass die Angebote rechnerisch vergleichbar seien.

b) Diese Wertung ist fehlerhaft. Die WSG hat insoweit gar kein wertungsfähiges Angebot abgegeben. Gefragt war nach vertraglichen Zusagen zu einer maximalen Preissteigerung. Die WSG hat sich vorbehalten, mögliche Steigerungen ihrer Wasserbezugspreise von über 1,34 % p.a. (unbegrenzt) weiterzugeben. Die WSG hat aufgrund dieses Vorbehalts im Ergebnis keine maximale Preissteigerung zugesagt. Weil ein rechnerisch vergleichbares Angebot, bei dem die maximale Preissteigerung 50 % über dem günstigsten Angebot liegt, mit 0 Punkten zu bewerten ist, ist das Angebot der WSG, bei dem es zu noch höheren Preissteigerungen kommen kann, folgerichtig erst recht mit 0 Punkten zu bewerten. Das Angebot der WSG kann insoweit nicht besser behandelt werden, als wenn eine bezifferte maximale Preissteigerung angegeben worden wäre, die 50 % über dem günstigsten Angebot liegt.

Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die WSG nach der Darstellung im Auswertungsvermerk bei einer Preissteigerung des Wasserbezugspreises über 1,34 % der Beklagten eine transparente Preiskalkulation vorlegt, die nur nach Genehmigung der Stadt "umgesetzt" werden darf (S. 64 AV). Insoweit ist auf der Grundlage der Darstellung im Auswertungsvermerk unklar, ob der Beklagten nur ein Kontrollrecht dahin zustehen soll, dass die WSG lediglich die Steigerung ihrer Bezugspreise von über 1,34 % weitergibt oder sie entsprechende Preissteigerungen generell - ohne Angabe von Gründen - verweigern dürfte. Die vorgesehene Vorlage der transparenten Preiskalkulation dürfte dafür sprechen, dass der Beklagten nur ein Kontrollrecht dahin zustehen soll, dass die WSG nur die Erhöhung ihrer Bezugspreise von über 1,34 % weitergibt. Letztlich kann dies dahingestellt bleiben, weil auch ein weiter gehender Zustimmungsvorbehalt nicht sicherstellen würde, dass es nicht zu der vorbehaltenen Preiserhöhung über die zugesagten Höchstgrenzen hinaus kommen wird. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte einer Weitergabe der entsprechenden Preissteigerungen an die Wasserkunden nicht zustimmen wird.

Auch das von der WSG zugesagte Sonderkündigungsrecht rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Der Weg zu einer in der Erläuterung zu diesem Wertungskriterium (S. 62 AV, Ziff. I, vorletzter Absatz) hilfsweise vorgesehenen qualitativen Angebotswertung - bei fehlender rechnerischer Vergleichbarkeit der Angebote - ist nicht eröffnet. Weil keine Begrenzung der Preissteigerung zugesagt worden ist, liegt im Ergebnis der Fall vor, dass die maximale Preissteigerung 50 % oder mehr über dem günstigsten Angebot liegt und somit mit 0 Punkten zu bewerten ist. Bei einem Angebot ohne zugesagte Höchstgrenze fehlt es daher nicht an einer rechnerischen Vergleichbarkeit; vielmehr ist es in sachgerechter Anwendung der Bewertungsformel mit 0 Punkten zu bewerten.

Soweit die Beklagte in ihrer Stellungnahme einwendet, in Bezug auf den zugrundegelegten Abnahmefall sei bei den anzunehmenden Steigerungen der Wasserbezugspreise der WSG keine Preissteigerung um 50 % zu erwarten, verkennt sie, dass sich das Kriterium nicht auf prognostizierte Wasserpreise, sondern ausdrücklich auf Zusagen zu einer maximalen Preissteigerung bezieht. Auch das vorgesehene Genehmigungsrecht der Beklagten steht - unabhängig von seinem konkreten Inhalt - der geforderten Zusage einer maximalen Preissteigerung nicht gleich. Darüber hinaus hat sich die Beklagte - auch in ihrer Stellungnahme - nicht dahin festgelegt, dass sie einer Preissteigerung über 1,34 % hinaus in jedem Fall (zu Lasten ihrer Gewinne) die Zustimmung versagen wird.

c) Selbst wenn - entgegen den vorstehenden Ausführungen - eine qualitative Angebotswertung mit der ansonsten geltenden Notenskala von 1 - 6 Punkten vorgenommen werden dürfte, könnte das eingeräumte Sonderkündigungsrecht - anders als in dem Auswertungsvermerk (S. 64) angenommen - die Nachteile der möglichen Weitergabe der Erhöhung der Wasserbezugspreise nicht ausgleichen. Die Beklagte verkennt insoweit, dass eine verbindlich zugesagte Preisobergrenze ihr - und möglicherweise auch den Wasserkunden als Vertrag zu Gunsten Dritter - ein durchsetzbares Recht auf Einhaltung dieser Obergrenze gibt, während bei der bloßen Möglichkeit, ein Sonderkündigungsrecht auszuüben, nicht sichergestellt ist, dass die Wasserkunden ab diesem Zeitpunkt von einem anderen Netzbetreiber Wasser zu den Preisen beziehen können, die die WSG - ohne den vorbehaltenen zusätzlichen Aufpreis - angeboten hatte.

Die Nachteile des Vorbehalts, Erhöhungen der Wasserbezugspreise von über 1,34 % unbegrenzt weiterzugeben, können daher durch das eingeräumte Sonderkündigungsrecht nicht spürbar verringert werden. Bei einer qualitativen Bewertung dürfte das Angebot der WSG daher - ausgehend von dem errechneten Punktwert 3,72 - erheblich abzuwerten sein, sodass für das Angebot der WSG nur die Vergabe der Mindestpunktzahl (1 Punkt) in Betracht gekommen wäre.

V. Weitere Ausgestaltung des Wasserkonzessionsvertrages

V.1 Koordinierung von Baumaßnahmen mit dem Ziel der gemeinsamen Nutzung von Baumaßnahmen durch mehrere Leitungsträger und die Stadt, § 12 Abs. 4

Nr. 21

a) Bei diesem Kriterium hat die Beklagte das Angebot der WSG mit 6 Punkten und das der Klägerin mit 3 Punkten bewertet (S. 72 ff. AV). Dabei war für die Beklagte im Wesentlichen maßgeblich, dass nur die WSG angeboten habe, zu den von ihr geplanten Maßnahmen die Zustimmung der Beklagten einzuholen. Außerdem habe sie ihre Verpflichtung zum Vorziehen eigener Maßnahmen nicht auf einen Zeitraum von 4 Jahren beschränkt und nicht unter den Vorbehalt wirtschaftlicher Zumutbarkeit gestellt. Die mögliche Koordination erstrecke sich bei ihr etwas stärker auf den Bereich der Projektplanung. Bei der WSG sei die Sperrfrist, innerhalb der ein neu asphaltierter Straßenbelag nur mit Zustimmung der Stadt aufgebrochen werden dürfe, ein Jahr länger und sie trage bei Nichteinhaltung die gesamten Kosten der Neuasphaltierung. Nur die WSG habe sich zu monatlichen Koordinationsgesprächen verpflichtet, während die Klägerin einen einheitlichen Ansprechpartner für die Beklagte stelle und den Abstimmungsprozess etwas konkreter gestalte.

b) Diese Bewertung weist Fehler auf.

aa) Soweit die Beklagte das - einschränkungslose - Angebot der WSG zur Nutzung von Straßenaufbrüchen anderer Versorgungsträger für vorzeitige Baumaßnahmen als vorteilhaft ansieht, fehlt es an einer hinreichenden Erfassung und Auslegung des Angebotsinhalts, um festzustellen, welche rechtssicher durchsetzbare Zusage sich hieraus ergibt. So drängen sich bereits Zweifel auf, ob die WSG tatsächlich eigene Baumaßnahmen beliebig weit und ohne jede Rücksicht auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit vorziehen will, was im Extremfall bedeuten würde, dass neu verlegte Leitungen nach kurzer Zeit wieder auszutauschen wären, weil damit der erst viele Jahre später anstehende turnusgemäße Austausch vorgezogen werden könnte. Soweit die Beklagte nunmehr eine Beschränkung auf eine 10-Jahres-Planung anführt, ergibt sich dies nicht aus dem Auswertungsvermerk oder den vorgelegten Ausschnitten des Angebots der WSG. Möglicherweise hat die WSG auf jede Einschränkung oder nähere Definition in Bezug auf die "vorzeitige Baumaßnahme" verzichtet, weil sie ohnehin nur einen "Vorschlag" "unter Berücksichtigung der gesellschaftseigenen Netzbewertung" erarbeiten will und es sich dabei um keine verbindliche Zusage über die Nutzung der jeweiligen Straßenaufbrüche handeln soll. Dass der Vorschlag irgendeinen Mindestgehalt haben muss, ergibt sich nicht aus dem mitgeteilten Angebotsinhalt. Die Wertung ist insoweit auch intransparent. Darüber hinaus entwertet es die angebotene Zusage, dass wiederum ein Zustimmungsvorbehalt der Beklagten vorgesehen und unklar ist, in welchem Fall die Beklagte die Zustimmung erteilen wird (s.o. Ziffer II.2.e) ).

Der Senat bleibt auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Beklagten bei seiner Beurteilung, dass auf der Grundlage des Auswertungsvermerks nicht festgestellt werden kann, dass der von der WSG angebotene "Vorschlag" zur uneingeschränkten Nutzung von Straßenaufbrüchen anderer Versorgungsträger einen Mehrwert bietet.

bb) Ob die Zusage fester Monatsgespräche tatsächlich einen Mehrwert schafft oder der Informationsaustausch nicht ebensogut oder schneller und präziser schriftlich - mit der Möglichkeit zu Rückfragen über einen festen Ansprechpartner - erfolgen kann, erscheint fraglich. Letztlich mag die Wertung der Beklagten als zielführend insoweit noch durch ihren Beurteilungsspielraum gedeckt sein, wobei der Vorteil allerdings allenfalls marginal sein dürfte.

cc) Zu Recht beanstandet die Klägerin, dass die Beklagte ihr Angebot zur Vorverlegung von Leitungen bei Neuerschließungen (S. 73 AV) zwar als zielfördernd angesehen, aber bei der abschließenden Abwägung nicht mehr berücksichtigt hat. Es trifft nicht zu, dass diese Zusage bereits dem Bereich "Nutzung von Straßenaufbrüchen" unterfällt. Vielmehr geht es darum, bei Neuerschließungen überhaupt den Aufbruch neu erstellter Oberflächen zu vermeiden, wie es die Beklagte in der Erläuterung ihres Kriteriums (S. 72 AV) auch ausdrücklich vorgesehen hat.

Soweit die Beklagte einwendet (Stn S. 27), die Zusage der WSG zu einer Sperrfrist für erneute Aufgrabungen nach einer vollständigen Erneuerung des asphaltierten Straßenbelags (S. 74 AV) betreffe ebenfalls diesen Sachverhalt, trifft dies nicht zu.

c) Im Ergebnis erscheint es möglich, dass die Klägerin bei Vermeidung der aufgezeigten Fehler ebenfalls 6 Punkte erhalten hätte.

V.2 Zustimmungsvorbehalte bei Übertragung/Überlassung des Netzes, § 26 Abs. 2, 3

Nr. 22

a) Bei diesem Kriterium hat die Beklagte das Angebot der WSG mit 6 Punkten und das der Klägerin mit 4 Punkten bewertet (S. 76 ff. AV). In der Abwägung ist die Beklagte allerdings von einer Abweichung des Angebots der Klägerin in sehr geringem Maß und folglich von 5 Punkten ausgegangen (S. 77). Dabei war für die Beklagte im Wesentlichen maßgeblich, dass bei dem von beiden Bietern zu Gunsten der Beklagten angebotenen Zustimmungsvorbehalt nur die WSG vorsehe, dass die Zustimmung von der Beklagten nach freiem Ermessen erteilt werden könne und die WSG die Bedingungen, die bei einer Überlassung oder Verpachtung des Netzes erfüllt sein müssten, zu Gunsten der Beklagten enger fasse sowie den Anwendungsbereich etwas klarer beschreibe. Dies werde nicht dadurch kompensiert, dass bei der Klägerin die Anzeigepflicht für die geplante Netzübertragung/-überlassung "unverzüglich, mindestens sechs Monate vorher" und bei der WSG "sechs Monate vorher" zu erfüllen sei. Es kompensiere den Abstand auch nicht vollständig, dass nach dem Angebot der Klägerin die Vereinbarungen mit jeglichen Dritten und nach dem Angebot der WSG nur mit Pächtern offenzulegen seien.

b) Die Bewertung beruht auf Fehlern.

Beide Parteien haben den von der Beklagten in dem Mustervertrag enthaltenen Zustimmungsvorbehalt (§ 26 Abs. 2 MV) übernommen (S. 54 AK, S. 53 BE). Bereits nach dieser Klausel besteht kein Zweifel, dass die Beklagte frei entscheiden kann, ob und unter welchen Voraussetzungen sie einer Übertragung oder Überlassung des Netzes an einen Dritten zustimmt. Deshalb ist es nicht vertretbar, den von der WSG vorgenommenen Ergänzungen einen Mehrwert zuzusprechen. Die Ergänzungen ändern nichts an dem bereits umfassend eingeräumten Zustimmungsvorbehalt. Sie dienen auch nicht der Klarstellung, weil bereits die Musterklausel keinen Zweifel aufkommen lässt, dass die Beklagte über die Erteilung der Zustimmung frei entscheiden kann und der Zustimmungsvorbehalt in jeglichen Fällen der Übertragung und Überlassung des Netzes gilt.

Aus der nachfolgenden Musterklausel (§ 26 Abs. 3 MV) ergibt sich auch bereits klar und eindeutig, dass die vertraglichen Rechte der Beklagten durch die Übertragung/Überlassung nicht beeinträchtigt werden dürfen, sodass es auch insoweit keiner Klarstellungen bedurfte. Außerdem hat es die Beklagte insoweit aufgrund ihres umfassenden Zustimmungsvorbehalts ohnehin in der Hand, die Bedingungen einer Übertragung/Überlassung des Netzes entsprechend zu gestalten.

Entgegen der Stellungnahme der Beklagten (S. 28) bringt der von der WSG angebotene Zusatz, dass die Zustimmung der Stadt nach freiem Ermessen erteilt werden kann, keinen Mehrwert. Auch ohne diesen Zusatz bestehen keine Zweifel, dass die Beklagte über die Erteilung der Zustimmung frei entscheiden kann. Dieses Recht findet seine Grenzen nur im - allgemein geltenden - Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Die von der WSG vorgenommene Ergänzung führt nicht zu einer größeren Klarheit, vielmehr könnte sie Zweifel an der Bedeutung der Regelung hervorrufen. Der Begriff des "freien Ermessens" ist im Zivilrecht kaum gebräuchlich; er könnte auch dahin verstanden werden, dass - wie im Verwaltungsrecht - die Ermessensausübung der Beklagten auf Ermessensfehler überprüft werden kann. Explizit verwendet wird der Begriff des freien Ermessens zum Beispiel auch in § 3 ZPO (Wertfestsetzung nach freiem Ermessen). Auch dort bedeutet der Begriff nicht, dass die Gerichte völlig frei über den Streitwert entscheiden können; vielmehr sind sie bei der Ermessensausübung an bestimmte Grundsätze gebunden.

c) Im Ergebnis erscheint es möglich, dass bei Vermeidung dieses Fehlers beide Angebote 6 Punkte erhalten hätten.

Zwar bietet das Angebot der Klägerin gewisse Vorteile bei der frühzeitigen Anzeigepflicht und der Offenlegung der Vereinbarungen, dies dürfte aber kaum einen Mehrwert für die Beklagte ergeben, weil sie über ihren Zustimmungsvorbehalt ohnehin das Verfahren maßgeblich mitbestimmen kann und sich die aus ihrer Sicht erforderliche Prüfungszeit ausbedingen sowie Einsicht in die maßgeblichen Unterlagen verlangen kann.

V.5 Sonderkündigungsrecht nach Zeitablauf, § 27 Abs. 5

Nr. 25

a) Bei diesem Kriterium hat die Beklagte das Angebot der WSG mit 6 Punkten und das der Klägerin mit 4 Punkten bewertet (S. 86 f. AV). Dabei war für die Beklagte maßgeblich, dass beide Bieter ein Kündigungsrecht zum Ende des 20. Vertragsjahres und nachfolgend jährlich zusagen, das Angebot der WSG aber flexibler ausgestaltet sei, weil keine über § 27 Abs. 6 MV hinausgehenden Fristen zu beachten seien.

b) Es liegt ein Bewertungsfehler vor.

Bei der Angebotswertung ist zu berücksichtigen, dass sich das Kriterium - entgegen der Auslegung durch das Landgericht - auf den Kündigungstermin bezieht, zu dem der Vertrag beendet werden kann, nicht auf den Zeitpunkt der Kündigungserklärung. So haben es auch beide Bieter (S. 55 AK, S. 56 BE) und die Beklagte verstanden. Die dabei einzuhaltende Kündigungsfrist ist bereits durch den von der Beklagten vorgegebenen § 27 Abs. 6 MV verbindlich geregelt. Anders als im Auswertungsvermerk angenommen, kann diese Regelung auch nicht dahin verstanden werden, dass sie das Angebot von Regelungen zur Kündigungsfrist in § 27 Abs. 5 nicht ausschließt, weil sie nur einen "Korridor" für die anzubietende Kündigungsfrist vorgebe. Eine solche Regelungstechnik würde der Konzeption der Wettbewerbsunterlagen nicht entsprechend; sie findet auch im Wortlaut der Klausel keine Stütze.

Die Klägerin hat bei ihrem Angebot verkannt, dass sie keine Kündigungsfrist bestimmen durfte, weil insoweit eine verbindliche Regelung im Mustervertrag vorlag. Entgegen der von der Beklagten nunmehr vertretenen Ansicht, besteht keine rechtliche Grundlage dafür, das Angebot der Klägerin wegen dieser Abweichungen von der verbindlichen Vorgabe des Mustervertrages auszuschließen. Es besteht weder eine gesetzliche Grundlage für einen Ausschluss, noch sehen die Wertungsunterlagen einen Angebotsausschluss vor. Letztlich kann dies hier dahingestellt bleiben, weil die Beklagte das Angebot der Klägerin auch nicht ausgeschlossen hat.

Der Widerspruch zwischen dem Angebot der Klägerin und den Vorgaben des Mustervertrages ist daher dahin aufzulösen, dass die verbindlichen Vorgaben aus dem Mustervertrag (vgl. Ziff. 6.1 Abs. 1 WU) etwaigen Abweichungen im Angebot vorgehen. Denn es ist nicht zweifelhaft, dass die Klägerin sich hier an die verbindlichen Vorgaben des Mustervertrags halten wollte. Zu den Unklarheiten ist es durch die sehr ungewöhnliche Fassung der § 27 Abs. 6 MV (die sich in ihrer ursprünglichen Fassung mit dem Zusatz "binnen 6 Monaten ab Kenntnisnahme" (Anlage AG 19, Bl. 137 d.A.) noch gar nicht auf das Kündigungsrecht nach Zeitablauf bezogen haben dürfte) gekommen, die der Beklagten für die Ausübung des Kündigungsrechts auch eine "Höchstfrist" vorgibt. Die Beklagte hat in ihrem Auswertungsvermerk selbst eingeräumt, dass dies auch dahin verstanden werden konnte, dass die Klausel nur einen Korridor vorgebe. Der laut Protokoll der Verhandlungsrunde am 22. März 2022 zu dem Kriterium V.5 gegebene Hinweis, dass die Kündigungsfrist in § 27 Abs. 6 MV bereits vorgegeben sei (Anlage AG 18, Bl. 135R d.A.), steht dem nicht entgegen. Auch dieser Hinweis bezeichnet die Problematik nicht so deutlich, dass dies die Annahme zuließe, die Klägerin habe von den verbindlichen Vorgaben der WU abweichen wollen, zumal zu diesem Zeitpunkt noch die o.g. ursprüngliche Formulierung des § 27 Abs. 6 MV vorgegeben war, die naheliegend nicht auf Kündigungsrechte nach § 27 Abs. 5 MV bezogen werden konnte.

Weil kein Zweifel besteht, dass die Klägerin sich an die vorrangigen Vorgaben des Mustervertrages halten wollte und es zu der Abänderung des vorgegebenen Fristenrahmens nur durch die missverständliche Formulierung der Musterklausel gekommen ist, ist das Angebot der Klägerin dahin auszulegen, dass die verbindliche Regelung in § 27 Abs. 6 MV gelten soll. Somit sind die im Angebot der Klägerin genannten Kündigungsfristen zu streichen, sodass nur die angebotenen Kündigungszeitpunkte zu werten sind.

Insoweit haben beide Angebote im Grundsatz den gleichen Inhalt, wobei der Vertrag nach dem Angebot der Klägerin - nach Ablauf von 20 Jahren - zu jedem Zeitpunkt beendet werden kann, während nach dem Angebot der WSG der Vertrag dann nur zum Ablauf eines Vertragsjahres beendet werden kann.

c) Im Ergebnis erscheint es möglich, dass das Angebot der Klägerin mit 6 Punkten und das der WSG mit 5 Punkten bewertet worden wäre. Der vorstehend aufgezeigte Unterschied zu Gunsten der Klägerin dürfte in der Praxis wenig erheblich sein, weil im Falle einer Kündigung die neue Konzessionsvergabe einen langen zeitlichen Vorlauf benötigen würde und deshalb in der Praxis kaum Bedarf für eine unterjährige Vertragsbeendigung bestehen dürfte.

Soweit die Beklagte in ihrer Stellungnahme (S. 30) darauf hinweist, dass der Vorteil einer - nur von der Klägerin angebotenen - unterjährigen Kündigung in der Praxis höher einzuschätzen sei, als vom Senat zunächst angenommen, könnte die Abwertung des Angebots der WSG hier allerdings auch höher ausfallen.

V. 7.1 Vergütung für den Erwerb des Wassernetzes durch die Stadt, § 23 Abs. 2, 3

Nr. 27

a) Bei diesem Kriterium hat die Beklagte das Angebot der Klägerin mit 6 Punkten und das der WSG mit 4 Punkten bewertet (S. 90 ff. AV). Dabei war für die Beklagte im Wesentlichen maßgeblich, dass beide Angebote sich bei der Berechnung des Übertragungswertes am IDW S1-Standard orientierten, das Angebot der Klägerin insoweit aber weniger Streitpotential biete und die Beklagte nach dem Angebot der Klägerin die Kaufpreisverhandlungen bereits nach 9 Monaten für gescheitert erklären könne, während dies bei der WSG erst nach einem Jahr der Fall sei. Bei dem von beiden Bietern angebotenen Erwerb zum Vorbehaltskaufpreis glichen sich die unterschiedlichen Angebote zur Verzinsung im Ergebnis aus.

b) aa) Soweit das Angebot der WSG vorsieht, dass der Übertragungswert zwar zunächst - der Zielvorgabe entsprechend - nach dem IDW S1-Standard zu ermitteln ist, aber einen nach anderen Kriterien zu bestimmenden Mindestübertragungswert nicht unterschreiten darf, hat die Beklagte zutreffend die Abweichung von den Zielvorgaben gesehen (S. 91 AV). Es ist aber nicht vertretbar, dass die Beklagte die damit verbundenen Nachteile im Ergebnis lediglich als geringe qualitative Abweichung bewertet hat. Zum einen weicht das Angebot erheblich von der Zielvorgabe der Ermittlung nach dem sog. IDW S1-Standard ab. Zum anderen erhöht sich der Aufwand der Wertermittlung durch die zusätzliche Bewertungsmethode beträchtlich.

Soweit die Beklagte in ihrer Stellungnahme darauf verweist, dass der Wert des Anlagevermögens bereits in dem zu veröffentlichenden Jahresabschlusses beziffert werde, sodass der von der WSG geforderte Mindestübertragungswert die Kaufpreisermittlung kaum erschwere (S. 31), führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Es ist schon nicht davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Kaufpreisverhandlungen bereits ein Jahresabschluss bezogen auf das in der Zukunft liegende Kaufdatum vorliegt. Außerdem kann auch über die Bewertung des Anlagevermögens in einem Jahresabschluss Streit entstehen. Schließlich erfolgt - soweit es die Darstellung des Angebots im Auswertungsvermerk erkennen lässt - die Ermittlung des von der WSG vorgegebenen "Mindestübertragungswerts" nach anderen Grundsätzen als die Bewertung des Sachanlagevermögens in einer Bilanz. Der Mindestübertragungswert soll als "Wert für die Finanzierung" über die "notwendigen Fremd- und Eigenmittel zuzüglich etwaiger Vorfälligkeitsentschädigungen" bestimmt werden (S. 91 AV).

bb) Hinsichtlich der Verzinsung des Vorbehaltskaufpreises haben beide Angebote die Zielvorgaben des Kriteriums (Festlegung des Zinssatzes durch die Stadt und Deckelung durch § 288 Abs. 1 BGB) nicht erreicht, weil sie sich an der Musterklausel (§ 23 Abs. 3) orientiert haben, wo keine Festlegung durch die Stadt und eine - höhere - Deckelung auf den Zinssatz des § 288 Abs. 2 BGB vorgesehen war. Im Falles eines negativen Basiszinssatzes ist die Deckelung im Angebot der WSG noch höher als bei der Klägerin, weil sie in diesem Fall einen Basiszins von 0 in Ansatz bringt, während die gesetzlichen Verzugszinsen auch mit einem negativen Basiszinssatz zu berechnen sind (BeckOGK/Coen, 1.3.2024, BGB § 247 Rn. 42). Deshalb ist die Beurteilung der Beklagten, die Angebote glichen sich insoweit aus, nicht nachvollziehbar, auch wenn der Unterschied von eher geringer Bedeutung sein dürfte.

c) Im Ergebnis könnte bei Vermeidung der vorgenannten Bewertungsfehler das Angebot der WSG mit zwei Punkten weniger - d.h. mit 2 Punkten - zu bewerten sein.

Nicht nachvollziehbar ist, dass die Beklagte in ihrer Stellungnahme (S. 31) die Hinweise des Senats dahin versteht, dass die Angebote im Hinblick auf die Möglichkeit zur Zahlung des Vorbehaltspreises sowie dessen Verzinsung gleich zu bewerten seien. In Bezug auf die Möglichkeit zur Zahlung des Vorbehaltspreises ist das Angebot der Klägerin schon nach der Bewertung der Beklagten als besser anzusehen, weil dort die Verhandlungen bereits nach kürzerer Zeit für gescheitert erklärt werden können, sodass dann die Option des Erwerbs zum Vorbehaltskaufpreis gewählt werden kann. Auch hinsichtlich der Verzinsung erfüllt das Angebot der Klägerin - wie vorstehend ausgeführt - die Vorgaben jedenfalls besser als das der WSG.

V.8 Auskunftsansprüche der Stadt zum Vertragsende, § 25 Abs. 2

Nr. 29

a) Bei diesem Kriterium hat die Beklagte das Angebot der Klägerin mit 6 Punkten und das der WSG mit 5 Punkten bewertet (S. 95 ff. AV). Dabei war für die Beklagte im Wesentlichen maßgeblich, dass nur die Klägerin sich verpflichtet hat, bereits im Rahmen der Auskunftserteilung zum Vertragsende ein Netzkaufpreisangebot zu unterbreiten. Hingegen sei hinsichtlich des mitzuteilenden Mengengerüsts die "Klarstellung" der WSG, dass das Mengengerüst mindestens die während der Laufzeit des Konzessionsvertrags errichteten Anlagen und Netze beinhalte, weder als Vorteil noch als Nachteil zu bewerten, weil auch die Klägerin "nur heute bestehende Daten" übernehmen könne.

b) Die Bewertung dürfte im Ergebnis nicht zu beanstanden sein.

Der von der WSG eingefügte Klammerzusatz in Bezug auf das vorzulegende Mengengerüst dürfte im Ergebnis - wenn auch nicht aus den im Auswertungsvermerk genannten Gründen - keine nachteilige Abweichung von der Musterklausel § 25 Abs. 2 darstellen, die beiden Angeboten zugrundeliegt (s. S. 95 AV). Das Argument, dass auch die Klägerin keine Daten aus der Zeit vor Abschluss des Konzessionsvertrages mitteilen könne, dürfte nicht zu zutreffen, weil die Klägerin diese Netzdaten bereits aufgrund des Konzessionsverfahrens erhalten hat (Nr. 1.3 WU, S. 6) bzw. bei einem Obsiegen im Rahmen der Ermittlung des Restbuchwerts (s. Endschaftsbestimmung S. 6 WU) erhalten wird und diese sodann auf der Grundlage der von ihr während der Vertragslaufzeit vorgenommenen Instandsetzungs- und Erweiterungsmaßnahmen entsprechend fortschreiben kann.

Der Klammerzusatz im Angebot der WSG dürfte jedoch nicht dahin zu verstehen sein, dass die WSG den Auskunftsanspruch zum Mengengerüst bereits dann als erfüllt ansehen will, wenn sie lediglich die Daten für die im Zeitraum des Konzessionsvertrages neu errichteten Anlagen mitteilt, und sie berechtigt sein soll, vorhandene Daten aus der Zeit vor Abschluss des Vertrages zurückzuhalten. Dies würde erkennbar dem Zweck des Auskunftsanspruchs nicht gerecht, für den ein möglichst vollständiges Mengengerüst für das gesamte Netz mit allen Versorgungsanlagen benötigt wird. Dass nur vorhandene Daten vorzulegen sind, ergibt sich bereits aus dem von beiden Bietern übernommenen Zusatz "jeweils soweit vorhanden". Vor diesem Hintergrund erscheint es fernliegend, dass die WSG mit dem Zusatz den Auskunftsanspruch weiter einschränken und damit negativ von der Musterklausel abweichen wollte. Vielmehr dürfte der Zusatz dahin zu verstehen sein, dass die WSG - allerdings sprachlich missglückt und überflüssig - bekräftigen will, dass das mitzuteilende Mengengerüst jedenfalls auch die Daten für alle im Zeitraum des Konzessionsvertrages neu errichteten Anlagenbestandteile umfassen soll.

V.9 Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Umsetzung von Leerrohrkonzepten, § 11 Abs. 10

Nr. 30

a) Bei diesem Kriterium hat die Beklagte das Angebot der WSG mit 6 Punkten und das der Klägerin mit 5 Punkten bewertet (S. 98 f. AV). Dabei war für die Beklagte im Wesentlichen maßgeblich, dass beide Bieter die Verlegung von Leerrohren für die Beklagte angeboten hätten, aber nur die WSG angeboten habe, dass die Beklagte die Leerrohre auch selbst mitverlegen könne. Außerdem habe nur die WSG der Beklagten angeboten, stillgelegte Versorgungsleitungen als Trägermedium zu nutzen. Nach dem Angebot der Klägerin erhalte die Beklagte - sofern Pauschalangebote nicht genutzt werden könnten - erst 9 Wochen vor Beginn der Maßnahme einen Kostenvoranschlag und sie müsse 6 Wochen vorher ihre Mitverlegungswünsche mitteilen, sodass ihr nur ein sehr kurzer Zeitraum für ihre Entscheidung zur Verfügung stehe.

b) Die Bewertung beruht auf Fehlern.

aa) Zwar kann die Beklagte das Angebot, stillgelegte Versorgungsleitungen zu nutzen, im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums als positiv bewerten, auch wenn die praktische Relevanz nicht groß sein mag.

bb) Hingegen hätte bei diesem Kriterium nicht positiv gewertet werden dürfen, dass nach dem Angebot der WSG die Beklagte bei Baumaßnahmen der WSG auch selbst Leerrohre verlegen kann. Dies ist bereits durch das Kriterium V.I. (gemeinsame Nutzung von Baumaßnahmen) vollständig erfasst und daher nicht Gegenstand des vorliegenden Kriteriums.

Die hiergegen von der Beklagten in ihrer Stellungnahme erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Die Beklagte hat selbst in dem Auswertungsvermerk zur angebotenen Mitverlegung von Leerrohren darauf hingewiesen, dass die Koordinierung von Baumaßnahmen in Kriterium V.1. bewertet wird (S. 98). Um nichts anderes handelt es sich, wenn die Beklagte Baumaßnahmen der WSG nutzen darf, um dort selbst Leerrohre zu verlegen. Entsprechend hat die Klägerin zum Kriterium V.1. angeboten, die Beklagte über eigene Baumaßnahmen zu informieren und zu erfragen, ob eine gemeinsame Baumaßnahme gewünscht ist. Hierunter würde es fallen, wenn die Beklagte sich entscheidet, eine Grabung der Klägerin zu nutzen, um dort selbst Leerrohre zu verlegen. Hingegen betrifft aus Sicht der Bieter das Kriterium V.9 die Frage, inwiefern sich der Wassernetzbetreiber bei der gewünschten "umfassenden Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Umsetzung von Leerohrkonzepten" an der Verlegung der Leerrohre selbst beteiligt.

cc) Die von der Klägerin angebotenen Fristen (S. 38 AK) durfte die Beklagte nicht als nachteilig bewerten, weil die WSG sich insoweit gar nicht zur Einhaltung von Fristen verpflichtet hat (s. S. 60 BE), sodass der Beklagte dort noch ein viel kürzerer Zeitraum für ihre Entscheidung zur Verfügung stehen könnte. Darüber hinaus betreffen die von der Klägerin angebotenen Fristen für die Erteilung eines Kostenvoranschlags nur Sonderkonstellationen. Ansonsten hat die Klägerin angeboten, jahresweise Pauschalangebote für typische Verlegekonstellationen zu unterbreiten, was der Beklagten langfristige Planungssicherheit gibt und daher positiv zu beurteilen ist, was die Beklagte zwar gesehen, aber in der abschließenden Abwägung nicht mehr berücksichtigt hat.

In ihrer diesbezüglichen Stellungnahme (S. 32) verkennt die Beklagte, dass es zunächst darum geht, dass die Klägerin sich verpflichtet hat, spätestens 9 Wochen vor Beginn der Maßnahme einen Kostenvoranschlag zu übermitteln, den die Beklagte dann bis 6 Wochen vor der Maßnahme annehmen kann. Hingegen hat die WSG gar keine Zusagen zu einer rechtzeitigen Übermittlung eines Kostenvoranschlags abgegeben, was keinesfalls als besser bewertet werden kann.

dd) Hingegen dürften die sachenrechtlichen Regelungen im Angebot der Klägerin (Leerrohre als Scheinbestandteile) - anders als die Beklagte in ihrer Stellungnahme (S. 32) meint - als neutral zu bewerten sein, weil sie ohnehin der Rechtslage für Leitungen entsprechen und darüber hinaus auch nicht gegenüber dritten Grundstückseigentümern gelten würden.

ee) Schließlich hat die Beklagte in der abschließenden Abwägung (S. 99 AV) fehlerhaft nicht mehr berücksichtigt, dass die Klägerin angeboten hat, die Bestandsunterlagen für das Glasfaser- und Leerrohrnetz zu führen, und die Beklagte dies als zielführend angesehen hatte (S. 98 AV).

c) Im Ergebnis scheint es möglich, dass bei Vermeidung dieser Fehler das Angebot der Klägerin mit 6 Punkten und das der WSG mit 3 Punkten bewertet worden wäre, weil die Vorteile im Angebot der Klägerin deutlich überwiegen dürften.

4. Die aufgezeigten Bewertungsfehler können das Ergebnis der Bewertung beeinflusst haben. Es ist möglich, dass das Angebot der Klägerin bei Vermeidung dieser Fehler als bestes bewertet worden wäre. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass die Kausalitätsschwelle rechnerisch sehr deutlich überschritten ist (562 Punkte für die Klägerin, 415,16 Punkte für die WSG), sodass es hierfür nicht auf jede einzelne Beurteilung des Senats im Detail ankommt.

Außerdem weist der Senat im Hinblick auf eine Wiederholung der Wertung vorsorglich darauf hin, dass bei der Prüfung, ob sich die wertungsrelevanten Gesichtspunkte des Angebots der WSG hinreichend nachvollziehbar aus der Darstellung im Auswertungsvermerk ergeben und die Wertung mit dem nur ausschnittsweise vorgelegten Angebot der WSG ausreichend transparent ist, insgesamt kein strenger Maßstab angewendet worden ist. Weil es bei der Prüfung von Vertragsklauseln auf deren genauen Wortlaut ankommen kann, hätte im Streitfall insgesamt durchaus auch stärker in Frage gestellt werden können, inwieweit die Darstellung des Angebotsinhalts im Auswertungsvermerk zur Herstellung einer ausreichenden Transparenz ausreicht und nicht in größerem Umfang die Kenntnis von dem Angebot erforderlich ist.

III.

Es besteht auch ein Verfügungsgrund (§ 935 ZPO). Zwar wird dieser nicht - wie bei energierechtlichen Konzessionsverfahren gemäß § 47 Abs. 5 Satz 3 EnWG - gesetzlich vermutet; der Verfügungsgrund ergibt sich aber daraus, dass bei einem Zuwarten der Klägerin der von der Beklagten angekündigte Vertragsschluss mit der WSG droht und die Diskriminierung der Klägerin nicht mehr beseitigt werden könnte.

B.

I.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

II.

Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt in entsprechender Anwendung von § 53 Abs. 1 Nr. 4 GKG. Es ist davon auszugehen, dass das maßgebliche wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Verhinderung einer anderweitigen Konzessionsvergabe die durch § 53 Abs. 1 Nr. 4 GKG analog vorgegebene Streitwertbegrenzung auf höchstens 100.000 € nicht unterschreitet. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass es sich bei der Beklagten um eine kleinere Stadt handelt und dies den im Stadtgebiet zu erwartenden Wasserverbrauch und damit auch die Gewinnerwartung des ausgewählten Wasserversorgungsunternehmens maßgeblich beeinflusst. Bei einem Streitwert von 100.000 € und einer vorgesehenen Vertragslaufzeit von 30 Jahren entfällt auf ein Vertragsjahr jedoch nur ein Betrag von ca. 3.333 €; auch unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse der Beklagten erscheint es nicht zweifelhaft, dass das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an dem Verfügungsantrag diesen Betrag mindestens erreicht.

Die Abänderung des erstinstanzlich festgesetzten Streitwerts erfolgt gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.