Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 24.08.2022, Az.: 3 U 191/21

Autorisierung von Überweisungen; Missbrauch der Vertretungsmacht; Bankrecht; Unwirksamkeit der Autorisierung von Überweisungen wegen des Missbrauchs der Vertretungsmacht (hier verneint); Zur (hier fehlenden) Unwirksamkeit der Autorisierung von Überweisungen wegen des Missbrauchs der Vertretungsmacht

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
24.08.2022
Aktenzeichen
3 U 191/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 46182
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2022:0824.3U191.21.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hildesheim - 09.11.2021 - AZ: 6 O 213/19

In dem Rechtsstreit
X. Bank, ...,
Beklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...,
gegen
G. GmbH, ...,
Klägerin und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro...,
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juni 2022
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 9. November 2021 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf valutamäßige Rückbuchung von angeblich nicht autorisierten Zahlungsvorgängen sowie - in der Berufungsinstanz nicht mehr von Interesse - auf Rückzahlung von Bankgebühren in Anspruch.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine örtliche gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die maßgeblich im Großraum A. tätig ist. Gemäß § 2 ihres Gesellschaftsvertrages verfolgt und fördert die Klägerin die Hilfe bei Not- und Unglücksfällen, die Wohlfahrtspflege, das Gesundheitswesen und die Jugend- und Familienhilfe sowie die Aus-, Fort- und Weiterbildung in diesen Bereichen. Die Zwecke der Gesellschaft werden "insbesondere" durch die in § 2 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages bezeichneten Aktivitäten verwirklicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Gesellschaftsvertrag Anlage K 1 (Bl. 30 ff. Bd. I d.A.) Bezug genommen.

Alleiniger Gesellschafter der Klägerin ist der H. e.V., einer der 16 Landesverbände des I. e.V. Einziger und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer war im Zeitraum vom 31. August 2010 bis zum 14. März 2019 (Handelsregisterauszug vom 16. Oktober 2019, Anlage B 4, gesondert geheftet) Herr M. (nachfolgend: Geschäftsführer), der über die d. und die l. Staatsangehörigkeit verfügte.

Der Geschäftsführer eröffnete am 8. September 2016 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Y. Bank (nachfolgend einheitlich als Beklagte bezeichnet), ein Kontokorrentkonto zur Kontonummer ... (IBAN: DE...) sowie ein - nicht streitgegenständliches - Tagesgeldkonto. Die Parteien vereinbarten zugleich die Nutzung des Online-Bankings (Anlage B 8, gesondert geheftet). Im Zuge der Einrichtung der Konten legte der Geschäftsführer den Gesellschaftsvertrag der Klägerin vor, den die Beklagte zu ihren Akten nahm.

Am 25. August 2017 vereinbarten die Parteien eine Erhöhung des Überweisungslimits sowie des Auslandsauftragslimits über das Online-Banking von ursprünglich 5.000,00 € auf 500.000,00 € (Anlage B 9, gesondert geheftet).

Das Konto wurde in der Folge für den Zahlungsverkehr genutzt. Unter anderem gingen dort bis zum Monat Juni 2018 insgesamt zwölf Überweisungen des Landes B. in Höhe von insgesamt 8.126.942,87 € ein (Aufstellung auf Seite 10 des Schriftsatzes der Beklagten vom 27. November 2019, Bl. 86 Bd. I d.A.). Bis November 2018 erfolgten Auszahlungen in Höhe von insgesamt 1.595.215,50 € auf andere Konten des Arbeiter-Samariter-Bundes (Aufstellung auf Seite 11 des Schriftsatzes der Beklagten vom 27. November 2019, Bl. 87 Bd. I d.A.). In der Zeit zwischen der Eröffnung des Kontos und August 2018 wurden keine Zahlungen ins Ausland veranlasst. Ebenso wenig gingen in diesem Zeitraum Zahlungen aus dem Ausland auf dem Konto ein.

Am 9. August 2018 wandte sich der Geschäftsführer nach telefonischer Vorankündigung bei seinem Kundenbetreuer bei der Beklagten, Herrn G. S., in einer Filiale der Beklagten mit einem Auslandsüberweisungsanliegen an die dortige Mitarbeiterin, Frau S., der der Geschäftsführer in Person bekannt war. Diese füllte für den Geschäftsführer den bankmäßigen Vordruck "Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr" aus. Demnach sollte ein Betrag in Höhe von 3.000.000,00 € an einen Herrn I. S. auf ein Konto bei der W. Bank in den C. unter dem Verwendungszweck "Einlage" überwiesen werden. Der Zahlungsauftrag (Anlage K 2, Bl. 43 Bd. I d. A.) wurde sowohl von dem Geschäftsführer als auch von den Mitarbeiterinnen der Beklagten F. und S. unterzeichnet.

Die Beklagte beauftragte sodann die V. Bank AG (nachfolgend: V.-Bank), deren Inhaberin u. a. die Beklagte ist und an die sie den Geschäftsbereich der Auslandsüberweisungen ausgelagert hat, mit der Weiterleitung des angewiesenen Betrags. Die V.-Bank nahm den Auftrag an und leitete den Betrag weiter.

Kurz darauf erhielt die V.-Bank den angewiesenen Betrag von der c. Bank zurück, die den Betrag schließlich unter dem Hinweis auf eine "Internal Policy of 57" an die Beklagte weiterleitete. Die Beklagte vermerkte auf der Rückgabenachricht der V.-Bank nach Rücksprache mit dieser handschriftlich, dass die Rückgabe aus einer politischen Entscheidung der Empfängerbank resultiere (Rücküberweisungsbeleg vom 21. August 2018, Bl. 418 - 420 d.A.). Von diesem Vorgang hatte auch Frau S. Kenntnis.

Die L. GmbH, damals firmierend unter K. GmbH (im Folgenden: K. GmbH), die Geldwäschebeauftragte der Beklagten, die Überweisungen ihrer Auftraggeber mittels einer künstlichen Intelligenz überwacht, bat die Beklagte nach Rückgabe der Überweisung mit Schreiben vom 22. August 2018 (Anlage B 11, Bl. 315 Bd. II d. A.) unter dem Betreff "Geldwäscheprävention" um Auskunft über den Vorgang im Hinblick auf eine etwaige Geldwäscherelevanz. Der damalige Beklagtenmitarbeiter S. hielt daraufhin Rücksprache mit dem Geschäftsführer, der mitteilte, dass die Klägerin sich sehr stark im Bereich der Flüchtlingshilfe im C. engagiere und der Überweisungsbetrag dem Bau einer sozialen Einrichtung diene. Er habe in Erfahrung bringen können, dass die Klägerin bei der Empfängerbank nicht gelistet sei und diese daher die Überweisung abgelehnt habe. Er werde sich um eine Eintragung der Klägerin im C. kümmern und die Überweisung erneut veranlassen. Dies teilte Herr S. der K. GmbH am 23. August 2018 schriftlich mit.

Am 16. Oktober 2018 (insoweit in erster Instanz unstreitig) begab sich der Geschäftsführer nach telefonischer Ankündigung erneut in die Filiale der Beklagten und legte dort ein als "Zielvereinbarung" überschriebenes Dokument vor (Anlage K 3, Bl. 44 f. Bd. I d. A.), mit dem sich die Beklagte jedoch inhaltlich nicht befasste. Frau S. füllte wiederum den Vordruck "Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr" aus (Anlage K 4, Bl. 48 Bd. I d. A.), wonach ein Betrag in Höhe von 3.000.000,00 € an einen Herrn I. A. S. auf ein - im Vergleich zum ersten Zahlungsauftrag anderes - Konto in den C. unter dem Verwendungszweck "Vertragserfüllung aus 2018" überwiesen werden sollte. Die Daten wurden aus dem Mobiltelefon des Geschäftsführers übernommen. Der Zahlungsauftrag wurde wiederum durch den Geschäftsführer sowie Frau S. und Frau F. unterzeichnet und im Anschluss erfolgreich ausgeführt.

In der Folge gab der Geschäftsführer per Online-Banking im TAN-Verfahren ohne Beteiligung der Mitarbeiter der Beklagten noch die folgenden Zahlungsanweisungen bei der Beklagten in Auftrag, die jeweils ausgeführt wurden und deren Gesamtsumme sich auf 648.726,62 € belief:

- am 22. Oktober 2018 eine Überweisung in Höhe von 75.000,00 € an "int. S. S. L. I. C." auf ein Konto bei einer d. Bank,

- am 26. Oktober 2018 eine Überweisung in Höhe von 50.000,00 € an "P. m." auf ein Konto bei einer j. Bank,

- am 26. Oktober 2018 eine Überweisung in Höhe von 50.000,00 € an "L." auf ein Konto bei einer e. Bank,

- am 9. November 2018 eine Überweisung in Höhe von 94.217,64 € an "M. P. SL" auf ein Konto bei einer d. Bank,

- am 19. November 2018 eine Überweisung in Höhe von 100.000,00 € an "S.." auf ein Konto bei einer d. Bank,

- am 19. November 2018 eine Überweisung in Höhe von 50.000,00 € an "i. S." auf ein Konto bei einer j. Bank,

- am 19. November 2018 eine Überweisung in Höhe von 49.508,98 € an "D. S.L.R." auf ein Konto bei einer j. Bank,

- am 16. Januar 2019 eine Überweisung in Höhe von 130.000,00 € an "S.." auf ein Konto bei einer d. Bank,

- am 16. Januar 2019 eine Überweisung in Höhe von 50.000,00 € an "F." auf ein Konto bei einer j. Bank.

Bereits am 21. September 2018 war durch die Staatsanwaltschaft ... aufgrund einer vorangegangenen Mitteilung der Steuerfahndung ein Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet und zur weiteren Ermittlung an das Landeskriminalamt (LKA) ... übersandt worden (Verfügung Anlage K 11, gesondert geheftet). Auf ein entsprechendes Auskunftsersuchen übersandte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) am 10. Oktober 2018 an das LKA eine Aufstellung der Bankkonten, über die der Geschäftsführer verfügungsberechtigt war. Die Aufstellung (Anlage K 13, gesondert geheftet) enthielt auch das hier streitgegenständliche Konto bei der Beklagten. Diese erfuhr im Februar 2019 von den Ermittlungen gegen den Geschäftsführer.

Durch rechtskräftiges Urteil der 11. Strafkammer des Landgerichts ... vom 28. November 2019 - Az.: ... - wurde der Geschäftsführer wegen Untreue, u. a. im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Überweisungen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Strafurteil (gesondert geheftet) verwiesen.

Die Klägerin hat ausgeführt, bei den jeweiligen Überweisungen habe es sich um nicht autorisierte Zahlungsvorgänge gehandelt, da die eigentlich bestehende Vertretungsmacht des Geschäftsführers für die Klägerin durch den Missbrauch dieser Vertretungsmacht im Außenverhältnis weggefallen sei. Der Missbrauch sei nach den Gesamtumständen evident und daher für die Beklagte erkennbar gewesen. Bei der vom Geschäftsführer vorgelegten Zielvereinbarung (Anlage K 3, Bl. 44 f. Bd. I d. A.) habe es sich um eine Fälschung des Geschäftsführers gehandelt. Die tatsächliche Zielvereinbarung (Anlage K 7, Bl. 144 ff. Bd. I d. A.) sehe eine Überweisung in den C. nicht vor. Die Zielvereinbarung sei von der Beklagten eingescannt und an die V.-Bank weitergeleitet worden. Die in Auftrag gegebenen Überweisungen hätten allein dem Zweck gedient, den Geschäftsführer oder einen Dritten zu bereichern; ihnen habe jeweils kein Forderungsverhältnis zugrunde gelegen. Der Geschäftsführer habe mit dem Geld seine Pflichten aus einem Kaufvertrag vom 17. August 2018 über den Erwerb eines Immobilienkomplexes im C. erfüllen wollen. Die Mitteilung "Internal Policy of 57" bedeute, dass der Empfänger einer Überweisung auf einer schwarzen Liste der Empfängerbank stehe, da er verurteilter Straftäter oder aus anderen Gründen verdächtig sei, nicht berechtigt zu sein, die Gutschrift zu erhalten, was der Beklagten auch bekannt gewesen sei. Die Mitarbeiterin der Beklagten, Frau S., habe dem Geschäftsführer bei dessen telefonischer Ankündigung der zweiten Überweisung von 3.000.000,00 € mitgeteilt, dass er etwas Schriftliches mitbringen müsse, damit es dieses Mal klappe. Die Folgeüberweisungen ins Ausland seien nur erfolgt, weil der Geschäftsführer nach erfolgreicher Ausführung der Überweisung in Höhe von 3.000.000,00 € gemerkt habe, dass die Beklagte keine Prüfung vornehme. Die Beklagte habe insgesamt keine hinreichenden Kontrollen von Überweisungen durchgeführt.

Die Beklagte hat ausgeführt, sie habe lediglich die Anweisungen des allein vertretungsberechtigten Geschäftsführers der Klägerin durchgeführt; das Risiko einer nicht autorisierten Zahlung liege ausschließlich bei der Klägerin. Die Klägerin versuche, eigene strukturelle Versäumnisse auf die Beklagte abzuwälzen. So seien insgesamt ca. 10.000.000,00 € durch den Geschäftsführer veruntreut worden. Von der Überweisung von 3.000.000,00 € hätten weitere Personen bei der Klägerin Kenntnis gehabt. Der Geschäftsführer habe zudem zwei Helfer bei der Klägerin gehabt. Die K. GmbH habe keine Veranlassung für eine Meldung nach dem Geldwäschegesetz gesehen. Die Mitteilung "Internal Policy of 57" bedeute, dass die Empfängerbank auf einer Sanktionsliste stehe. Bei dem streitgegenständlichen Konto habe es sich zudem um ein Schwarzgeldkonto gehandelt, das der Geschäftsführer in Kenntnis des Gesellschafters der Klägerin errichtet habe.

Wegen des weiteren Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme im Wesentlichen stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch auf valutamäßige Rückbuchung aus § 675u Satz 2 BGB gegen die Beklagte zu. Bei den streitgegenständlichen Überweisungen habe jeweils kein autorisierter Zahlungsvorgang vorgelegen, da der Geschäftsführer seine Vertretungsmacht missbraucht habe, was für die Beklagte wegen der Evidenz des Missbrauchs erkennbar gewesen sei. Massive Verdachtsmomente hätten sich aus dem Umstand ergeben, dass es nach der ersten Überweisung aus dem August 2018 zu einer Rückgabe des Betrages mit der ungewöhnlichen Nachricht "Internal policy of 57" gekommen sei. Die Beklagte habe sich mit der Mitteilung der V.-Bank, es habe sich bei der Rückgabe der Überweisung um eine politische Entscheidung der Empfängerbank gehandelt, zufriedengegeben, obwohl sie weiterhin nicht im Einzelnen gewusst habe, was dies bedeute. Zudem habe die Beklagte auf die Geldwäscheanfrage der K. GmbH lediglich den Geschäftsführer informiert und dessen Antworten ungeprüft in die Rücknachricht an die K. GmbH übernommen. Stattdessen hätte sie den Sachverhalt unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnismöglichkeiten aufklären müssen, etwa mittels Durchsicht des Gesellschaftsvertrages der Beklagten und der Anforderung weiterer Unterlagen über die angebliche Listung der Klägerin bei der Empfängerbank. Die Beklagte hätte zudem die von dem Geschäftsführer vorgelegte Zielvereinbarung nicht ungelesen zu den Akten nehmen dürfen, sondern hätte diese prüfen müssen. Ihr wäre dann aufgefallen, dass ihr Inhalt nicht mit den Angaben des Geschäftsführers in Einklang zu bringen und auch in sich nicht schlüssig sei. Die Evidenz des Missbrauchs der Vertretungsmacht bei der ersten Überweisung habe auch bei den nachfolgenden Auslandsüberweisungen fortgewirkt, die von der Beklagten hätten verhindert werden müssen. Unerheblich sei, ob auch Dritte bei der Klägerin oder deren Gesellschafter davon Kenntnis hatten, dass ein Betrag in Höhe von 3.000.000,00 € für ein Flüchtlingsprojekt im C. überwiesen werden sollte. Denn nach den Feststellungen der Strafkammer des Landgerichts ... im Urteil gegen den Geschäftsführer vom 28. November 2019 und dessen zeugenschaftlichen Angaben im vorliegenden Verfahren habe dieser das Geld gerade nicht für den Bau eines Flüchtlingsheims, sondern für eigene Zwecke verwenden wollen. Die nachfolgenden Auslandsüberweisungen hätten der Begleichung von Warenlieferungen durch Herrn I. A. S. gedient. Der Anspruch der Klägerin sei auch nicht nach § 254 BGB gemindert, da die Norm auf den Anspruch aus § 675u S. 2 BGB nicht anwendbar sei. Der Beklagten stehe kein Gegenanspruch aus § 675v Abs. 3 BGB zu, da die Klägerin keine der dort genannten Pflichten verletzt habe. Ein anderweitiger Schadensersatzanspruch der Klägerin scheitere an der Sperrwirkung des § 675v Abs. 3 BGB. Unbegründet sei die Klage nur hinsichtlich der Bankgebühren in Höhe von 219,50 € und 254,75 € sowie des geltend gemachten Zinsanspruchs. Über den hilfsweise anstelle der valutamäßigen Rückbuchung geltend gemachten Schadensersatzanspruch sei nicht zu entscheiden.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Zur Begründung führt sie aus, das Landgericht hätte bei ordnungsgemäßer Würdigung des Sachverhalts nach § 286 Abs. 1 ZPO nicht von einer fehlenden Autorisierung der streitgegenständlichen Überweisungsvorgänge ausgehen dürfen. Es habe die Ambivalenz der für die Begründung einer objektiven Evidenz des Missbrauchs der Vertretungsmacht herangezogenen Umstände verkannt und ihnen Indizwirkungen beigemessen, die sie nicht gehabt hätten. Aus den herangezogenen Indizien könne nicht der Schluss auf einen evidenten Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Geschäftsführer gezogen werden. Das Landgericht habe nicht beachtet, dass nur massive, sich aufdrängende Verdachtsmomente eine Evidenz begründen können. So stelle der Umstand einer Rückbuchung der 3.000.000,00 € nach dem ersten Überweisungsversuch kein Indiz dar, da der Vermerk "Internal Policy of 57" auf eine nicht näher ermittelbare "geschäftspolitische" Entscheidung der Empfängerbank verweise, die auch bei weiterer Aufklärung nicht den Verdacht eines Missbrauchs habe erwecken können. Die nach Rückfrage bei dem Geschäftsführer erhaltene Auskunft, die Klägerin sei bei der Empfängerbank nicht gelistet, entspreche im Übrigen dem Grund der "geschäftspolitischen Entscheidung" für die Nichtannahme der Überweisung. Dieser sei daher aus Sicht der Beklagten plausibel gewesen. Die Anfrage der K. GmbH stelle sich nicht als Indiz für einen Vertretungsmissbrauch durch den Geschäftsführer dar. Denn diese sei nicht aus Anlass der ersten Überweisung, sondern aus Anlass der nach Rückgabe der Überweisung erfolgten Gutschrift erfolgt. Die Anfrage sei nach Rücksprache mit dem Geschäftsführer sachgerecht beantwortet worden; eine Pflicht zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts der Beklagten lasse sich hieraus mangels rechtlicher Grundlage nicht herleiten. Der Gesellschaftsvertrag schließe zudem eine Tätigkeit der Klägerin im Ausland nicht aus: Eine Flüchtlingshilfe - auch im C. - lasse sich unter die in § 2 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrags vorgesehene Hilfe bei Notfällen subsumieren. Eine Prüfung der Zielvereinbarung habe der Beklagten nicht oblegen, da es keine Verdachtsmomente für einen Vertretungsmissbrauch gegeben habe. Gleiches gelte für die V.-Bank, die, wie die Beklagte, auf eine formale Prüfung des Überweisungsauftrags beschränkt gewesen sei. Bei der Prüfung der hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche der Beklagten habe das Landgericht deren Vortrag übergangen, dass es sich bei dem betreffenden Konto um ein Schwarzgeldkonto gehandelt habe, von dem der Gesellschafter der Klägerin Kenntnis gehabt habe. Diese Kenntnis müsse sich die Klägerin zurechnen lassen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 11. März 2022 (Bl. 631 ff. Bd. IV d.A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 9. November 2021, Az. 6 O 213/19, wie folgt abzuändern: Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und trägt vor, der Rückgabevermerk "Internal Policy of 57" besage - wie der Klägerin zwischenzeitlich durch den Verbindungsbeamten des Bundeskriminalamtes im C. mitgeteilt worden sei -, dass die c. Empfängerbank W. Bank S.A.L. die Annahme der Transaktion wegen des Verdachts der Geldwäsche abgelehnt habe. Die W. Bank habe im Jahre 2012 ein internes Regelwerk (auszugsweise vorgelegt als Anlage K 21, in englischer Sprache, gesondert geheftet) zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erlassen, welches u.a. eine Prüfung vorsehe, ob die der Bank bekannten Tätigkeiten ihres Kunden die Höhe des Zahlungseingangs rechtfertigen. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten und den Angaben im Schreiben der Z. Bank vom 23. Dezember 2020 (Bl. 354 f. Bd. II d.A.) gebe es sehr wohl standardisierte Mitteilungen für Überweisungsrückgaben im internationalen Zahlungsverkehr. Dies ergebe sich aus dem auszugsweise als Anlage K 22 (in englischer Sprache, gesondert geheftet) vorgelegten "SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook" des E. P. C., einer Einrichtung zur Koordinierung und Harmonisierung der SEPA-Verfahren im Europäischen Zahlungsverkehr. Die von dem Geschäftsführer behauptete "Listung" juristischer Personen zum Zwecke der Ausführung von Überweisungen sei weder tatsächlich vorgenommen worden noch sei sie möglich. Letzteres gehöre zum branchenüblichen Wissen im Bankwesen. Der Geschäftsführer habe im Anschluss an die Rücküberweisung des Betrages von 3.000.000,00 € weder bei der c. Botschaft in ... noch andernorts eine solche Listung durchführen lassen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Berufungserwiderung vom 30. Mai 2022 (Bl. 701 ff. Bd. IV d.A.) Bezug genommen.

Der Senat hat das Urteil Az. ... des Landgerichts ... beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

II.

Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf Erstattung der streitgegenständlichen Zahlungsbeträge gemäß § 675u Satz 2 BGB (hierzu unter 1.) noch der mit den Hilfsanträgen verfolgte Schadensersatzanspruch (hierzu unter 2.) zu, was eine Abweisung der Klage auch in Bezug auf die Nebenforderungen zur Folge hat (hierzu unter 3.).

1. Die Klägerin kann von der Beklagten nicht nach § 675u Satz 2 BGB die Erstattung der streitgegenständlichen Überweisungen in Höhe von 3.648.726,62 € durch Wiederherstellung des Kontostands ohne die Belastung durch die Überweisungen ("valutamäßige Rückbuchung") verlangen. Denn eine fehlende Autorisierung der Zahlungsvorgänge im Sinne von § 675u Satz 1 BGB in Verbindung mit § 675j Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht vor. Die Voraussetzungen einer wirksamen Autorisierung (hierzu unter a)) waren in Bezug auf die Erklärungen des Geschäftsführers erfüllt (hierzu unter b)) und der Fall eines für die Bank aufgrund objektiver Evidenz erkennbaren Missbrauchs der Vertretungsmacht, der die Wirksamkeit der Autorisierungserklärungen beseitigt hätte, ist hier nicht gegeben (dazu unter c)).

a) Ein Zahlungsvorgang ist gemäß § 675j Abs. 1 BGB autorisiert und dem Zahler gegenüber wirksam, wenn dieser dem Zahlungsvorgang zugestimmt hat (BGH, Urteil vom 17. November 2020 - XI ZR 294/19 - beck-online, Rn. 13). Zahler ist der verfügungsberechtigte Kontoinhaber oder ein bei Zulässigkeit der Vertretung mit entsprechender Vertretungsmacht ausgestatteter Dritter (Sprau in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 675j Rn. 2; OLG Schleswig, Beschluss vom 28. November 2013 - 5 W 40/13 - juris, Rn. 9), dem ggf. - im Falle der Verwendung eines Zahlungsinstruments - ein eigenes personalisiertes Zahlungsinstrument einschließlich gesonderter personalisierter Sicherheitsmerkmale zugewiesen worden ist (BGH, a.a.O.; Urteil vom 26. Januar 2016 - XI ZR 91/14 - beck-online, Rn. 58 f.). Ob die für die Autorisierung des Zahlungsvorgangs erforderliche Erklärung des Zahlers als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (so die überwiegende Ansicht, der sich auch das Landgericht angeschlossen hat, Seite 11 f. LGU; vgl. Jungmann in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2020, § 675j Rn. 12; Köndgen in: BeckOGK-BGB, Stand 1. April 2022, § 675j Rn. 13) oder als rechtsgeschäftsähnliche Handlung (Köbrich, VuR 2015, 9, 11; wohl auch Sprau in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 675j Rn. 3) anzusehen ist, kann im Ergebnis dahinstehen, weil in beiden Fällen die Vorschriften über die Stellvertretung gemäß §§ 164 ff. BGB - direkt oder entsprechend - anwendbar sind (Ellenberger in: Grüneberg, a.a.O., Einf v § 164 Rn. 3 und Sprau in: Grüneberg, a.a.O., § 675j Rn. 2; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. Januar 2016 - XI ZR 91/14 - beck-online, Rn. 58 f.).

b) Vorliegend hat der Geschäftsführer der Klägerin in deren Namen die streitgegenständlichen Überweisungen autorisiert. Hierzu war er im Außenverhältnis als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin aufgrund seiner organschaftlichen Vertretungsmacht gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG berechtigt, so dass seine Erklärungen der Klägerin zuzurechnen sind. Soweit die Überweisungen durch den Geschäftsführer im Wege des Online-Bankings, also unter Verwendung eines Zahlungsinstruments im Sinne des § 675j Abs. 1 Satz 4 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2016 - XI ZR 91/14 - beck-online, Rn. 14), ausgeführt wurden, verfügte er aufgrund der Vereinbarung Anlage B 8 über das für eine wirksame Autorisierung erforderliche personalisierte Zahlungsinstrument einschließlich gesonderter personalisierter Sicherheitsmerkmale.

c) Die Autorisierung der Überweisungen durch den Geschäftsführer war nicht wegen eines Missbrauchs seiner Vertretungsmacht unwirksam, weil der Missbrauch der Beklagten nicht bekannt war und er sich ihr auch nicht nach den Umständen aufdrängen musste.

aa) Das Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der Vollmacht hat grundsätzlich der Vertretene zu tragen (BGH, Urteil vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98 - juris, Rn. 12). Die Missachtung von Regeln und Weisungen, die sich aus dem Innenverhältnis des Vertreters zum Vertretenen ergeben, wirkt sich erst dann im Außenverhältnis aus, wenn die Grenzen des rechtlich Tragbaren überschritten werden. Erst dann spricht man von einem Vollmachtsmissbrauch im Rechtssinne, der sich auf die Wirksamkeit des vom Vertreter geschlossenen Rechtsgeschäfts auswirkt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Vertreter und Geschäftsgegner bewusst zum Nachteil des Vertretenen zusammenwirken oder wenn der Missbrauch der Vertretungsmacht dem Geschäftsgegner bekannt ist oder wegen Evidenz des Missbrauchs ohne weitere Nachforschungen hätte bekannt sein müssen. Das Vertrauen des Geschäftsgegners auf den Bestand des Geschäfts ist nicht schutzwürdig, wenn er weiß oder wenn es sich ihm geradezu aufdrängen muss, dass der Vertreter seine Vertretungsmacht missbraucht. In einem solchen Fall des Missbrauchs der Vertretungsmacht kann der Geschäftsgegner aus dem formal durch die Vertretungsmacht gedeckten Geschäft keine vertraglichen Rechte oder Einwendungen herleiten (BGH, Urteil vom 29. Oktober 2020 - IX ZR 212/19 - juris, Rn. 9). Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs (BGH, Urteil vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10 - juris, Rn. 21; BGH, Urteil vom 19. April 1994 - XI ZR 18/93 - juris, Rn. 17, juris; BGH, Urteil vom 25. Oktober 1994 - XI ZR 239/93 - juris, Rn. 14). Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des Geschäftsgegners bei dem Vertretenen geradezu aufdrängt (BGH, Urteil vom 11. Mai 2017 - IX ZR 238/15 - juris, Rn. 20; BGH, Urteil vom 29. Juni 1999, a.a.O. - juris, Rn. 12).

Diese Grundsätze gelten auch gegenüber einer Bank im Rahmen der Autorisierung eines Zahlungsvorgangs. Im bargeldlosen Zahlungsverkehr werden Kreditinstitute allerdings nur zum Zweck der technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Abwicklung tätig und haben sich schon wegen dieses begrenzten Geschäftszwecks und der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorgänge grundsätzlich nicht um die beteiligten Interessen ihrer Kunden zu kümmern. In Ausnahmefällen können aber Warn- und Hinweispflichten der Kreditinstitute zum Schutz ihrer Kunden vor drohenden Schäden bestehen. Eine solche Pflicht ist im Überweisungsverkehr anzunehmen, wenn der Überweisungsbank der ersichtlich unmittelbar bevorstehende wirtschaftliche Zusammenbruch des Überweisungsempfängers oder der Empfängerbank bekannt ist, wenn unklar ist, ob die erteilte Weisung fortbesteht oder wenn sich der Verdacht des Missbrauchs der Vertretungsmacht aufdrängen muss (BGH, Urteil vom 6. Mai 2008 - XI ZR 56/07 - juris, Rn. 14). Eine Warnpflicht besteht, wenn die Bank ohne nähere Prüfung im Rahmen der normalen Bearbeitung eines Zahlungsverkehrsvorgangs aufgrund einer auf massiven Verdachtsmomenten beruhenden objektiven Evidenz den Verdacht einer Veruntreuung schöpft (BGH, a.a.O., - juris, Rn. 16; Urteil vom 24. April 2012 - XI ZR 96/11 - juris, Rn. 32). Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des Geschäftsgegners bei dem Vertretenen geradezu aufdrängt (BGH, Urteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 74/14 - beck-online, Rn. 22).

Für die fehlende Autorisierung im Rahmen des Erstattungsverlangens und damit auch für den evidenten Missbrauch der Vertretungsmacht ist der Zahler - hier die Klägerin - darlegungs- und beweisbelastet (Sprau in: Grüneberg, a.a.O., § 675u Rn. 8, vgl. auch BGH, Urteil vom 29. Oktober 2020 - IX ZR 212/19 - beck-online, Rn. 11).

bb) Nach diesen Maßstäben rechtfertigen die konkreten Umstände des vorliegenden Falles weder einzeln noch in ihrer Gesamtschau die Annahme einer zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Überweisungen bestehenden objektiven Evidenz eines Missbrauchs der Vertretungsmacht durch den Geschäftsführer. Maßgeblich ist eine auf die jeweiligen Zeitpunkte der Ausführung der Überweisungsaufträge durch die Beklagte bezogene, objektive Betrachtung ex ante.

Der Senat kann dabei offenlassen, ob es tatsächlich zu der von der Klägerin vorgetragenen Veruntreuung der streitgegenständlichen Geldbeträge durch den Geschäftsführer gekommen ist (wofür das Strafurteil des Landgerichts ... vom 28. November 2019 spricht, welches allerdings für den Zivilprozess keine Bindungswirkung entfaltet, vgl. dazu Gruber in: MüKo-ZPO, 6. Aufl. 2022, § 14 EGZPO Rn. 4; BGH, Beschluss vom 20. Mai 2010 - IX ZR 101/07 - beck-online, Rn. 5). Die Beklagte hatte das entsprechende Vorbringen der Klägerin in erster Instanz bestritten (Seite 17 des Schriftsatzes vom 27. November 2019, Bl. 93 d.A.), greift das Urteil des Landgerichts allerdings unter diesem Gesichtspunkt mit der Berufung nicht mehr an. Ein Anspruch der Klägerin bestünde jedoch auch dann nicht, wenn die von ihr vorgetragenen Untreuehandlungen des Geschäftsführers als zutreffend unterstellt würden, so dass es hierzu keiner weiteren Feststellungen durch den Senat bedarf.

(1) Aus der Rückgabe der ersten Überweisung vom 9. August 2018 in Höhe von 3.000.000,00 € kann die Klägerin nichts für sich herleiten. Denn es ist selbst in der Nachschau - und erst recht aus der damaligen Sicht - nicht ersichtlich, dass die Ablehnung des angewiesenen Betrages durch die Empfängerbank auf einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Geschäftsführers beruhte. Die Klägerin hat vorgetragen, die Rückgabenachricht "Internal Policy of 57" weise unmittelbar auf einen von der Empfängerbank W. Bank S.A.L. gehegten Geldwäscheverdacht hin bzw. auf eine fehlende Berechtigung des Empfängers S. hinsichtlich des Erhalts der Gutschrift (Seite 6 der Berufungserwiderung vom 30. Mai 2022, Bl. 706 Bd. IV d.A.). Dies lässt aber keinen Rückschluss auf ein Fehlverhalten des Geschäftsführers zu. Auch wenn der Überweisungsempfänger auf einer schwarzen Liste der W. Bank gestanden hätte, weil er ein verurteilter Straftäter oder aus anderen Gründen verdächtig gewesen wäre, nicht zum Empfang der Gutschrift berechtigt zu sein, folgt daraus nicht, dass dem Geschäftsführer dieser Umstand bekannt gewesen sein musste. Im Übrigen lässt eine frühere strafrechtliche Verurteilung einer Person keinen Schluss auf eine fehlende Berechtigung zum Empfang von Geldzahlungen zu: Auch ein verurteilter Straftäter kann zum Erhalt von Zahlungen befugt sein. Erst recht vermag daher die Überweisung an eine solche Person keinen Verdacht einer missbräuchlichen Handlung des Überweisenden zu begründen.

Ein etwaiger durch den Vermerk "Internal Policy of 57" angezeigter Geldwäscheverdacht der Empfängerbank war ebenfalls nicht dazu angetan, Nachforschungs- oder Warnpflichten der Beklagten zu begründen. Geldwäsche im Sinne des § 1 Abs. 1 GwG, der auf § 261 StGB verweist, ist die Verwendung von Gegenständen aus einer rechtswidrigen Vortat in einer in § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1- 4 StGB bezeichneten Weise. Da es sich bei § 261 StGB um ein Anschlussdelikt handelt, muss der Geldwäsche die rechtswidrige Vortat vorausgehen, d.h. die Vortat darf nicht in der Geldwäschehandlung selbst bestehen (vgl. Ruhmannseder in: BeckOK-StGB, Stand 01.05.2022, § 261 StGB Rn. 6). Aus der Sicht der Beklagten bestand jedoch kein Anlass zu der Annahme, die für die Überweisung verwendeten Geldmittel würden aus einer rechtswidrigen Vortat herrühren. Denn unstreitig (Seite 4 LGU oben) bestand das Guthaben auf dem streitgegenständlichen Konto maßgeblich aus Zahlungen des Landes ... an die Klägerin in Höhe von insgesamt 8.126.942,87 €, also aus offensichtlich legaler Quelle. Dies war der Beklagten, anders als der c. Empfängerbank, auch bekannt. Dass es sich bei dem streitgegenständlichen Konto möglicherweise um ein Schwarzgeldkonto gehandelt hat, welches in der Buchhaltung der Klägerin nicht auftauchte (vgl. Feststellungen des Landgerichts ... im Strafurteil vom 28. November 2019, dort Seite 17 f.), war der Beklagten hingegen nicht bekannt und musste ihr auch nicht bekannt sein. Ein Anlass für weitere Nachforschungen hätte deshalb auch dann nicht bestanden, wenn die Beklagte die von der Klägerin behauptete Bedeutung des Vermerks gekannt hätte.

Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass der Beklagten die Bedeutung des Rückgabevermerks "Internal Policy of 57" bekannt gewesen sein musste oder sie dieses durch Nachforschungen - wollte man sie im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Senats als hierzu verpflichtet ansehen - in Erfahrung hätte bringen können. Selbst die vom Landgericht eingeholte Auskunft bei der Deutschen Bundesbank vom 23. Dezember 2020 (Bl. 354 f. Bd. II d. A.) hat zu keiner eindeutigen Antwort geführt. Die Bundesbank hat ausgeführt, im Auslandszahlungsverkehr gebe es keine standardisierten oder normierten Hinweistexte für Rückgaben der vorliegenden Art. Der Text "Internal Policy" deute auf eine geschäftspolitische Entscheidung der Empfängerbank hin, zu der Ergänzung "of 57" sei jedoch keine belastbare Aussage möglich. Dies deckt sich mit den handschriftlich auf dem Rücküberweisungsbeleg festgehaltenen Erkenntnissen der von der Beklagten mit der Auslandsüberweisung beauftragten V.-Bank, wonach es sich um eine "politische Entscheidung der Empfängerbank" (Rücküberweisungsbeleg Bl. 418 Bd. II d.A.) gehandelt habe. Soweit die Klägerin in der Berufungserwiderung zum Beleg einer angeblichen Standardisierung von Mitteilungen zu Überweisungsrückgaben im internationalen Zahlungsverkehr auf das "SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook" des E. P. C. (auszugsweise als Anlage K 22 vorgelegt in englischer Sprache) verweist, greift dies nicht durch. Bei dem E. P. C. handelt es sich nach ihrem eigenen Vorbringen um eine Einrichtung zur Koordinierung und Harmonisierung der SEPA-Verfahren im Europäischen Zahlungsverkehr (Bl. 707 f. Bd. IV d.A.). Der vorliegende Fall betrifft jedoch die Überweisung in den außereuropäischen Staat C., so dass die Regelungen des "Rulebooks" hierauf nicht anwendbar sind. Dass sich die Bedeutung des Vermerks "Internal Policy of 57" aus dem "Rulebook" ergäbe, ist ebenfalls nicht dargetan. Gleichfalls ergibt sich die Bedeutung nicht aus dem als Anlage K 21 (auszugsweise) vorgelegten internen Regelwerk der W. Bank zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, welches der Beklagten im Übrigen nicht bekannt sein musste.

(2) Eine objektive Evidenz des Missbrauchs der Vertretungsmacht folgt auch nicht aus der Geldwäscheanfrage der K. GmbH vom 22. August 2018, wobei dahinstehen kann, ob sich diese Anfrage allein auf die Rücküberweisung des Betrages von 3.000.000,00 € durch die W. Bank oder auch auf die vorangegangene Hinüberweisung in den C. bezog. Sowohl für die fehlgeschlagene Überweisung als auch für die Rückgutschrift lagen aus Sicht der Beklagten plausible Gründe vor.

Nach der Aussage des Zeugen S. vor dem Landgericht (Seite 7 des Sitzungsprotokolls vom 5. Mai 2021, Bl. 409 d.A.) hatte der Geschäftsführer ihm bereits im Jahr 2017 mitgeteilt, dass an einem Projekt zum Bau eines Flüchtlingsheims im C. gearbeitet werde, was er in Folgegesprächen weiter konkretisiert hatte. Ein nachvollziehbarer Grund für die Überweisung wurde also bereits mehrere Monate vor deren Beauftragung genannt. Dass es sich um eine Überweisung mit Geldwäscherelevanz gehandelt hätte, war - wie bereits ausgeführt - fernliegend, weil der Beklagten die - allem Anschein nach legale - Herkunft des auf dem Konto vorhandenen Guthabens bekannt war.

Die Beklagte war mangels entsprechender Verdachtsmomente nicht gehalten, zu überprüfen, ob der vom Geschäftsführer mündlich mitgeteilte Überweisungszweck im Einklang mit dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin stand. Doch auch wenn man, wie das Landgericht (Seite 17 LGU), eine solche Prüfung für erforderlich hielte, hätte sie kein anderes Ergebnis erbracht. Der Gesellschaftsvertrag (Anlage K 1, Bl. 30 ff. Bd. I d.A.) lässt weder erkennen, dass die Tätigkeit der Klägerin ausschließlich regional beschränkt ist, noch ist die Auflistung der Aktivitäten zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks in § 2 Nr. 2 des Vertrages (Bl. 31 Bd. I d.A.) abschließend, was durch das Wort "insbesondere" zum Ausdruck gebracht wird. Dass sich der Dachverband der Klägerin, I., in der Flüchtlingshilfe in Deutschland sowie in den Herkunfts- und Transitländern engagiert, ist zudem allgemeinkundig (§ 291 ZPO) und unstreitig. Die Allgemeinkundigkeit ergibt sich etwa aus der Darstellung auf der Internetseite des I. e.V. unter https://www.... (abgerufen am 2. Juni 2022), auf die der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat (insoweit nicht protokolliert) und auf der es u.a. heißt:

"...-Flüchtlingshilfe

In vielen deutschen Städten und Gemeinden sind ...-Helfer im Einsatz für Flüchtlinge. Auch in Herkunfts- und Transitländern leistet der ... tatkräftig Hilfe für Menschen auf der Flucht.

Als humanitäre Organisation kümmert sich der ... um die Versorgung der Menschen. Unsere Helfer betreuen und begleiten Flüchtlinge oder übernehmen Verantwortung für Wohnprojekte. In vielen Einrichtungen der Flüchtlingshilfe werden Unterstützer gesucht." (Hervorhebung durch den Senat).

§ 2 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages gestattet der Klägerin, ihre Mittel teilweise einer anderen, ebenfalls steuerbegünstigten Körperschaft zur Verwirklichung zu steuerbegünstigten Zwecken zuzuwenden. Es ist daher nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass sich die Klägerin an Aktivitäten des Bundesverbands, zu denen auch die Flüchtlingshilfe im Ausland gehört, finanziell beteiligt.

Aus der Rücküberweisung des Betrages ergaben sich ebenfalls keine weiteren Nachforschungspflichten. Da es sich um die Rückgabe einer Überweisungsgutschrift handelte, deren Herkunft der Beklagten bekannt war, bestand aus ihrer Sicht kein Anhaltspunkt für einen Vorgang mit Geldwäscherelevanz. Die Erklärung des Geschäftsführers, die Rückgabe sei deshalb erfolgt, weil die Klägerin bei der Empfängerbank im C. nicht gelistet gewesen sei, erschien aus der damaligen Sicht plausibel und stand im Einklang mit der Auskunft der V.-Bank, die Verweigerung der Annahme der Gutschrift beruhe auf einer geschäftspolitischen Entscheidung der Empfängerbank. Die internen Regelwerke der c. W. Bank, welche sie sich nach dem Vorbringen der Klägerin zum Zwecke der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus gegeben hatte, mussten der Beklagten nicht bekannt sein. Doch auch wenn sie von der Existenz eines solchen Regelwerks und dessen Zweck gewusst hätte, wäre die Erklärung des Geschäftsführers aus der damaligen Sicht nicht unplausibel gewesen. Es ist dem Senat nachvollziehbar, dass eine Bank, die Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bekämpfen will, eine aus dem Ausland stammende Überweisung in der vorliegenden Höhe ablehnt, wenn ihr der Absender und die Herkunft der Zahlung unbekannt sind. Dass dem durch eine Listung des Absenders, mit der gleichsam seine Seriosität verifiziert und ein etwaiger Geldwäscheverdacht ausgeräumt wird, begegnet werden sollte, kann ebenfalls nachvollzogen werden und erscheint möglich. Ob dies tatsächlich die von der W. Bank geübte Praxis war, bedarf keiner Aufklärung. Denn es ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass die Beklagte diese Erklärung des Geschäftsführers von vorneherein für unplausibel halten und deshalb entsprechende Nachforschungen anstellen musste.

Die Voraussetzungen des § 142 Abs. 1 ZPO, nach welcher der Beklagten - wie von der Klägerin beantragt - die Vorlage der vollständigen Geldwäscheanfrage der K. sowie des Antwortschreibens des Mitarbeiters S. aufgegeben werden könnte, liegen nicht vor. Eine solche Anordnung liefe auf eine unzulässige Ausforschung hinaus, weil die Klägerin nicht vorträgt, welche relevanten Erkenntnisse sich aus der Vorlage dieser Unterlagen ergeben sollen (vgl. Zöller/Greger, 34. Aufl. 2022, § 142 Rn. 7). Deshalb greift auch § 421 ZPO nicht ein. Dass sich die Geldwäscheanfrage sowohl auf die Hin- als auch auf die Rücküberweisung bezieht, kann zudem - wie ausgeführt - unterstellt werden, ohne dass dies der Klage zum Erfolg verhelfen würde (s.o.).

(3) Aus den weiteren Details der ersten Zahlungsanweisung selbst ergeben sich keine Verdachtsmomente für einen Missbrauch der Vertretungsmacht. So folgt der Verdacht einer Untreuehandlung des Geschäftsführers nicht aus dem Umstand, dass die Überweisung kein Unternehmen, sondern eine Einzelperson als Zahlungsempfänger auswies. Die Prüfpflicht der Beklagten bei Durchführung einer Überweisung erstreckt sich gemäß § 675r Abs. 1 BGB gerade nicht auf die Person des Zahlungsempfängers. Vielmehr genügt die Überprüfung der vom Zahler angegebenen Kundenkennung, hier der IBAN (vgl. Zahrte in: BeckOGK-BGB, Stand 1. März 2022, § 675r Rn. 3). Auch vor dem Hintergrund des vom Geschäftsführer mitgeteilten Zwecks der Überweisung, nämlich des Baus eines Flüchtlingsheims, begegnet die Überweisung an eine Einzelperson, nicht an eine Gesellschaft, keinen Bedenken. Schließlich ist es auch in Deutschland möglich, Bauaufträge an Einzelkaufleute zu vergeben, die ihr Gewerbe oder jedenfalls die Kontoverbindung unter ihrem bürgerlichen Namen führen. So ergibt sich aus dem Feststellungen der 11. Strafkammer des Landgerichts ..., dass es sich bei dem Zahlungsempfänger S. um einen Großhändler für Keramik und Fliesen handelt (Seite 26 des Strafurteils). Dass der im C. ansässige Zahlungsempfänger einen arabisch klingenden Namen hat, begründet vor diesem Hintergrund offenkundig kein Verdachtsmoment für einen Vollmachtsmissbrauch.

Auch der Umstand, dass die Überweisung in den C. (einen nach dem Vorbringen der Klägerin im Hinblick auf Geldwäsche auffälligen und kaum stabilen Staat) erfolgte, begründet keine weitere Nachforschungspflicht der Beklagten. Der Zeuge S. hat in seiner Vernehmung vor dem Landgericht angegeben, der Geschäftsführer habe ihm erklärt, dass ihm die Angelegenheit auch aufgrund seiner Herkunft persönlich am Herzen gelegen habe. Dies sei ihm, dem Zeugen, damals schlüssig und aufrichtig erschienen. Da sich der ... auch in den Herkunfts- und Transitländern von Flüchtlingen engagiert (s.o.), erschien die angegebene Begründung für die Wahl des Ziellandes plausibel und legte den Verdacht einer Untreuehandlung des Geschäftsführers keinesfalls nahe.

Unerheblich ist weiterhin, dass zuvor noch keine Auslandsüberweisung von dem streitgegenständlichen Konto getätigt worden ist und auch sämtliche Einzahlungen keinen Auslandsbezug aufwiesen. Denn nach den obigen Ausführungen bestand aus Sicht der Beklagten eine plausible Erklärung für die Überweisung in den C.. Im Übrigen sah die Vereinbarung über das Online-Banking (Anlage B 8) Auslandsüberweisungen von dem Konto ausdrücklich vor, wie die Vereinbarung des Auslandsauftragslimits zeigt. Ausweislich der Abrede vom 25. August 2017 (Anlage B 9, gesondert geheftet) hatten die Vertragsparteien das Auslandsauftragslimit zwischenzeitlich auf 500.000,00 € erhöht, was aus Sicht der Beklagten nahelegt, dass Überweisungen ins Ausland von dem Konto durchaus in Betracht kamen und beabsichtigt waren.

Dementsprechend bestanden auch bei der zweiten Überweisung vom 16. Oktober 2018 keine massiven Verdachtsmomente, die eine objektive Evidenz des Missbrauchs der Vertretungsmacht begründet hätten. Die Beklagte war deshalb schon nicht verpflichtet, Namensverschiedenheiten beim Zahlungsempfänger bezüglich der ersten und der zweiten Überweisung in Höhe von 3.000.000,00 € zu überprüfen. Gleiches gilt für die unterschiedlichen Überweisungszwecke "Einlage" und "Vertragserfüllung aus 2018". Auch aus der geänderten Kontoverbindung lässt sich kein Untreueverdacht ableiten. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich innerhalb der Zeit von etwa zwei Monaten zwischen den Überweisungen die Kontoverbindung des Zahlungsempfängers geändert hat.

(4) Die Beklagte war mangels bestehender Verdachtsmomente nicht gehalten, die von dem Geschäftsführer überreichte Zielvereinbarung inhaltlich zu überprüfen. Der Zeitpunkt der Übergabe der Zielvereinbarung kann deshalb dahinstehen. Der Senat merkt jedoch an, dass sich die Klägerin insoweit mit ihrem Vortrag in der Berufungserwiderung, die Zielvereinbarung sei bereits am 9. August 2018 von dem Geschäftsführer vorgelegt worden (Seite 4 der Berufungserwiderung, Bl. 704 Bd. IV d.A.), in Widerspruch zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen (Seite 6 LGU und Seite 9 der Klageschrift) setzt. Darauf kommt es allerdings nicht maßgeblich an. Wie bereits ausgeführt, beschränkte sich die Pflicht der Beklagten bei Ausführung einer Zahlungsanweisung grundsätzlich auf eine rein formelle Prüfung. Mangels hinreichender Anhaltspunkte war die Beklagte demnach nicht zu einer weitergehenden Erforschung der Hintergründe der Überweisung verpflichtet. Die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe eine entsprechende schriftliche Unterlage im Rahmen der telefonischen Ankündigung der Überweisung durch den Geschäftsführer erfordert, konnte im Rahmen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme weder vom Geschäftsführer noch von der Zeugin S. bestätigt werden. Dem Umstand, dass der Geschäftsführer unaufgefordert einen Beleg für den Überweisungszweck vorlegte, kommt eher indizielle Wirkung dahingehend zu, dass ein ordnungsgemäßer Zahlungsauftrag vorlag, der nämlich noch durch zusätzliche Unterlagen unterlegt werden konnte. Der Klägerin ist zuzugeben, dass eine nähere inhaltliche Prüfung der Zielvereinbarung Fragen aufgeworfen hätte, insbesondere im Hinblick auf Widersprüchlichkeiten zwischen der Präambel auf Seite 1 und den Angaben zur Höhe des Geldbetrages und zu seinem Verwendungszweck in § 1 und § 2 auf Seite 2 der Vereinbarung. Da die Beklagte die Vereinbarung jedoch tatsächlich nicht geprüft hat und sie auch nicht prüfen musste, bedarf dies keiner weiteren Erörterung.

cc) Die vorgenannten Umstände vermögen auch in ihrer Gesamtschau im vorliegenden Fall eine objektive Evidenz für den Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Geschäftsführer nicht zu begründen. Dies bestätigt sich bei vergleichender - exemplarischer - Betrachtung von Sachverhalten, in denen der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit eine objektive Evidenz des Missbrauchs der Vertretungsmacht angenommen hat.

(1) In dem mit Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. November 1975 - II ZR 70/74 (juris) entschiedenen Fall hatte der Geschäftsführer einer Gesellschaft von dem Firmenkonto bei der beklagten Bank sämtliche eingehenden Zahlungen auf sein ebenfalls bei der Beklagten geführtes Privatkonto überwiesen und auf dem Firmenkonto keinerlei Guthaben belassen. Dies war der dort beklagten Bank bekannt. Eine solche Konstellation der sich aus Sicht der Bank ohne weitere Nachforschungen aufdrängenden Eigenbegünstigung des Geschäftsführers lag hier - wie ausgeführt - jedoch nicht vor.

(2) In dem dem Urteil vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98 - zugrundeliegenden Sachverhalt hatte die Klägerin ein bestehendes Sparguthaben auf ein Konto der Beklagten übertragen und dieses durch ein aufgenommenes Darlehen aufgestockt. Für das Konto bei der Beklagten hatte sie ihrem Hausarzt eine umfassende Vollmacht eingeräumt. Wenige Tage nach der Übertragung des Sparguthabens an die Beklagte löste die Ehefrau des Hausarztes das Konto auf und verwendete das Guthaben von rund 200.000,00 DM zum ganz überwiegenden Teil zur Begleichung von Schulden ihres Ehemannes bei der Beklagten. Auch dort handelte es sich - wie hier nicht - um einen für die Bank offenkundigen Fall der Eigenbegünstigung des Verfügenden, der Anlass zur weiteren Prüfung gegeben hätte.

(3) Im Urteil vom 6. Mai 2008 - XI ZR 56/07 ging es um ein Konto einer Gesellschaft, auf welches Anleger Geld einzahlten, das dann von der Gesellschaft angelegt werden sollte. Dies war der beklagten Bank auch bekannt. In der Folge kam es insgesamt 95 Mal zur Barabhebung von vier- bis fünfstelligen Beträgen, dies zum Teil bis zu fünfmal am Tag (vgl. Urteil der Vorinstanz, OLG Düsseldorf, vom 12. Januar 2007 - I-16 U 3/05 - juris, Rn. 5). Auf Nachfrage wurde der Bank von dem über das Konto Verfügungsberechtigten der Gesellschaft mitgeteilt, die Gelder sollten in der Türkei angelegt werden und der Transport in bar sei preisgünstiger als die Überweisung (BGH, a.a.O., juris Rn. 3). Dieser Fall ist dem vorliegenden entgegen der Ansicht der Klägerin (Seite 34 ff. der Berufungserwiderung, Bl. 734 ff. Bd. IV d.A.) nicht vergleichbar. Weder handelte es sich vorliegend um Barabhebungen - schon gar nicht in einer solchen Häufigkeit - noch war die von dem Geschäftsführer gegebene Erklärung für die Überweisung in den C. derart abwegig wie die Behauptung des angeblich preisgünstigeren Transports von Bargeld.

Aus diesen Vergleichsfällen geht nochmals deutlich hervor, dass objektive Evidenz im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs massive Verdachtsmomente voraussetzt, die aus Sicht der Bank ohne nähere Prüfung den Verdacht einer Untreue nahelegen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2008 - XI ZR 56/07 - juris, Rn. 16, Hervorhebung durch den Senat). Während dies etwa bei der Umleitung von Firmengeldern auf ein der Bank bekanntes Privatkonto des Verfügenden regelmäßig der Fall ist, bestanden aus den dargelegten Gründen für die Beklagte in Anbetracht aller zum damaligen Zeitpunkt bekannten Umstände keine ausreichenden Anhaltspunkte, um an den plausibel erscheinenden Angaben des Geschäftsführers zum Überweisungszweck zu zweifeln und den Verdacht eines Missbrauchs seiner Vertretungsmacht zu schöpfen.

dd) Entgegen der Ansicht der Klägerin trafen die Beklagte im vorliegenden Fall keine verschärften Prüfpflichten. Die Klägerin hat, auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat, argumentiert, der Bundesgerichtshof begründe die unter aa) dargestellten eingeschränkten Kontrollpflichten der Banken im bargeldlosen Zahlungsverkehr mit der Massenhaftigkeit der dortigen Geschäftsvorgänge. Hiervon hebe sich der streitgegenständliche Vorgang jedoch ab, weil der Geschäftsführer im Vorfeld der Überweisungen persönlichen Kontakt zu den Mitarbeitern der Beklagten aufgenommen und Angaben zu den Hintergründen der beabsichtigten Überweisung gemacht hatte. Der Senat vermag darin jedoch einen Rechtsgrund für eine Ausweitung der Prüfpflichten nicht zu sehen. Bei einer Differenzierung zwischen Massengeschäften im bargeldlosen Zahlungsverkehr und außergewöhnlichen Zahlungsvorgängen, bei denen den Banken weitergehende Kontrollpflichten oblägen, müsste der Zahlungsdienstleister de facto jeden von ihm abgewickelten Zahlungsvorgang daraufhin überprüfen, ob er in die erste oder in die zweite Kategorie einzuordnen sei. Dies würde die vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretene Zielsetzung der technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Abwicklung des Zahlungsverkehrs erheblich beeinträchtigen. Auch ist kein sachlicher Grund erkennbar, weshalb eine nach vorherigem persönlichem Kontakt zu Bankmitarbeitern ausgeführte Überweisung Anlass für eine weitergehende Kontrolle durch die Bank geben soll. Die Kontaktaufnahme mit Erläuterung des Überweisungszwecks kann vielmehr auch als Versuch seitens des Kunden verstanden werden, für ein im Vergleich zum automatisierten Überweisungsvorgang, etwa im Wege des Online-Bankings, höheres Maß an Transparenz zu sorgen. Der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine derartige Differenzierung nach der Verfahrensweise bei der Zahlungsbeauftragung im Hinblick auf die Prüfpflichten der Bank ebenfalls nicht zu entnehmen. Auch wenn die Überweisung im Wege des persönlichen Kontakts zu Mitarbeitern der Bank in Auftrag gegeben wird, muss die Bank nur im Falle eines evidenten Missbrauchs der Vertretungsmacht nach den dargestellten Grundsätzen tätig werden.

d) Da sich die Klägerin hinsichtlich der fehlenden Autorisierung der weiteren streitgegenständlichen Überweisungen in Höhe von insgesamt 648.726,62 € maßgeblich darauf stützt, dass der Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Geschäftsführer bereits bei der Überweisung vom 16. Oktober 2018 offen zutage getreten wäre, fehlt es nach den obigen Erwägungen auch insoweit an einer nicht ordnungsgemäßen Autorisierung der jeweiligen Zahlungsvorgänge. Anderweitige Umstände, die insoweit eine objektive Evidenz für einen Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Geschäftsführer begründen würden, sind nicht ersichtlich. Überweisungen ins Ausland, auch wenn es sich (wie hier allerdings nur teilweise) um "glatte" Beträge handelt, geben ohne weitere besondere Umstände keinen Anlass, den Verdacht einer Straftat zu schöpfen (BGH, Urteil vom 24. April 2012 - XI ZR 96/11 - juris, Rn. 34). Da es sich um unterschiedliche Zahlungsempfänger und um Konten bei Banken aus verschiedenen Ländern handelte, lag auch insoweit eine Eigenbegünstigung des Geschäftsführers nicht nahe.

2. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte die hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzansprüche ebenfalls nicht zu. Diese vom Landgericht wegen der Zuerkennung der Hauptanträge nicht beschiedenen Hilfsanträge fallen aufgrund der Einlegung des Rechtsmittels durch die Beklagte auch in der Berufungsinstanz an (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2019 - XI ZR 426/18 - juris, Rn. 31).

a) Ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB scheiden aus, da die Beklagte nach den vorstehenden Erwägungen keine Pflichten aus dem Girovertrag gegenüber der Klägerin verletzt hat. Damit kann auch offenbleiben, ob entsprechende Schadensersatzansprüche der Sperrwirkung des § 675z Satz 1 BGB unterfallen (vgl. hierzu M. Zimmermann in: BeckOGK-BGB, Stand 15. März 2022, BGB § 675u Rn. 37).

b) Auch deliktische Ansprüche stehen der Klägerin nicht zu.

Insbesondere ergeben sich solche nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Geldwäschegesetz, da dessen Normen keine drittschützenden Wirkungen entfalten (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2008 a.a.O. Rn. 50 ff.).

Ein Anspruch aus § 826 BGB scheidet nach den vorstehenden Erwägungen mangels einer sittenwidrigen Schädigung der Klägerin seitens der Beklagten aus.

3. Da ein Anspruch in der Hauptsache nicht besteht, sind auch die Nebenforderungen in Gestalt der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie der mit den Hilfsanträgen geltend gemachten Zinsen unbegründet.

III.

Die Schriftsätze der Klägerin vom 13. Juni 2022 und vom 23. August 2022 gaben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

V.

Anlass für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO gibt diese auf den Umständen des konkreten Einzelfalls beruhende Entscheidung nicht.