Landgericht Braunschweig
Urt. v. 23.12.2003, Az.: 6 S 296/03 (092)

Geltendmachung eines Anspruches auf Rückzahlung einer Kaution nach Beendigung eines Mietverhältnisses; Verrechnung einer Kaution mit anfallender Miete bei Kündigung vor Ablauf eines vereinbarten Kündigungsverzichts; Unwirksamkeit von Vereinbarungen über einen befristeten Kündigungsverzicht

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
23.12.2003
Aktenzeichen
6 S 296/03 (092)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 33734
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGBRAUN:2003:1223.6S296.03.092.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Braunschweig - 14.05.2003 - AZ: 121 C 5149/02

Fundstelle

  • WuM 2004, 158 (Volltext mit amtl. LS)

In dem Rechtsstreit ...
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig
auf die mündliche Verhandlung vom
18.11.03
durch
den xxx
den xxx
den xxx
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 14.05.2003 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 600,00 EUR.

Die Revision wird zugelassen.

Entscheidungsgründe

1

I.

Der Kläger verlangt nach Beendigung des Mietverhältnisses die Rückzahlung der von ihm geleisteten Kaution. Im Mietvertrag vom 31.10.01 war ein beiderseitiger Kündigungsverzicht für 5 Jahre vereinbart. Der Kläger zog nach Kündigung am 02.11.01 zum nächstmöglichen Zeitpunkt im Januar 2002 aus. Am 31.01.02 übergab er dem Beklagten die zur Wohnung gehörenden Schlüssel. Dieser vermietete die Wohnung Mitte März 2002 neu. Er rechnet gegen die Kaution mit der Miete für Februar und den halben März in Höhe von insgesamt 600,00 EUR auf, weil er meint, dass ihm diese Mieten noch zustünden.

2

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die erstinstanzliche Entscheidung nebst der weiteren Verweisung auf die erstinstanzlichen Schriftsätze Bezug genommen.

3

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, dass das Mietverhältnis aufgrund der 3-monatigen Kündigungsfrist des § 573 c Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) beendet worden ist, weil der vereinbarte Kündigungsverzicht gem. § 134 BGB unwirksam gewesen sei. Er verstoße gegen § 575 Abs. 4 BGB und gegen § 573 c Abs. 4 BGB. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe Bezug genommen.

4

Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 16.05.2003 zugestellt worden. Die Berufung ist gleichzeitig mit der Berufungsbegründung am 16.06.2003 beim Landgericht eingegangen.

5

Gegenstand der Berufung sind die vom Beklagten aufgerechneten Mietansprüche für Februar und März 2002. Die Berufung vertritt die Auffassung, dass der Kündigungsverzicht wirksam vereinbart worden sei. Wegen der Einzelheiten dazu wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.

6

Der Beklagte beantragt,

das Urteils des Amtsgerichts Braunschweig vom 14.05.2003 abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit der Beklagte zu mehr als 310,50 EUR verurteilt worden ist.

7

Der Kläger beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

8

Der Beschwerdegegenstand übersteige 600,00 EUR nicht. An die Zulassung der Berufung durch das Amtsgericht bestehe keine Bindung, weil hier eine nicht mögliche teilweise Zulassung der Berufung vorliege.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird ergänzend auf die gegenseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

10

II.

Die Berufung ist zulässig. Nach § 511 Abs. 4 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist das Berufungsgericht an die Zulassung gebunden.

11

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Kammer teilt die Erwägung des Amtsgerichts zur Unwirksamkeit von Vereinbarungen über einen befristeten Kündigungsverzicht. Die Entscheidung dieser Frage ist in der Rechtsprechung und juristischen Literatur umstritten. Jedoch erklärt § 573 c Abs. 1 Satz 1 BGB eine Kündigungsfrist von 3 Monaten für zulässig und verbietet in Absatz 4 eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung. Der Wortlaut des Gesetzes ist folglich eindeutig. Soweit in der Begründung zum Mietrechtsreformgesetz eine andere Ansicht geäußert worden ist, beruht dies auf einem Flüchtigkeitsfehler. Eine in der Gesetzesbegründung geäußerte Rechtsansicht ist auch für die Gesetzesauslegung nicht bindend (Wiek, Anmerkung zum Urteil des Landgerichts Itzehoe in WUM, 2003, 328, 330 unter Bezugnahme auf Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage, Seite 149 ff.). Das sollte grundsätzlich schon deshalb so sein, damit Gesetze auch von Nichtjuristen verstanden werden können.

12

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10 analog, 711 ZPO.

13

Die Revision war zuzulassen aus den Gründen des § 543 Abs. 2 Ziffer 2 ZPO.