Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 28.11.2003, Az.: 3 T 560/03 (044)

Anordnung einer Sicherungshaft im Abschiebungsverfahren; Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
28.11.2003
Aktenzeichen
3 T 560/03 (044)
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 33335
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGBRAUN:2003:1128.3T560.03.044.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Wolfenbüttel - AZ: 13 XIV 5/03 B

Fundstelle

  • InfAuslR 2004, 251-252 (Volltext mit red. LS)

Tenor:

Es wird festgestellt, dass die Sicherungshaft des Betroffenen rechtswidrig war.

Dem beteiligen Landkreis werden die außergerichtlichen Kosten des Betroffenen in allen drei Instanzen auferlegt.

Dem Betroffenen wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalt ... gewährt.

Gründe

1

I.

Wegen des Sachverhalts wird auf die Gründe I. im hiesigen Beschluss vom 29.07.2003 (Bl. 106 ff. d.A.) verwiesen. Der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen hat gegen diesen Beschluss rechtzeitig sofortige weitere Beschwerde eingelegt, auf die das Oberlandesgericht Braunschweig den hiesigen Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen hat.

2

II.

Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts im Beschluss vom 20.08.2003 - 6 W 33/03 - ist die sofortige Beschwerde des Betroffenen zulässig.

3

Sie hat auch in der Sache Erfolg. Die Abschiebungshaft des Betroffenen war wegen eines Verstoßes gegen den Beschleunigungsgrundsatz rechtswidrig. Der Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz ist darin zu sehen, dass der beteiligte Landkreis während der Zeit der Inhaftierung des Betroffenen vom 13.12.00 bis Januar 2003 nichts unternommen hat, um die Ausweisung bzw. Abschiebung des Betroffenen vorzubereiten. Dies hatte zur Folge, dass der Betroffene erst am 08.05.2003 abgeschoben werden konnte. Soweit der beteiligte Landkreis in seiner Stellungnahme vom 23.04.2003 (vgl. Telefonvermerk Bl. 73 umseitig), dies damit rechtfertigt, dass der Betroffene zum einen einen Asylfolgeantrag gestellt habe, bzw. in seiner Stellungnahme vom 19.06.2003 (Bl. 99 d.A.) mitteilt, "ein früherer Abschiebetermin direkt auf den Entlassungstag war nicht zu kriegen" vermögen diese Erklärungen den Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz nicht zu rechtfertigen. Der Asylfolgeantrag des Betroffenen ist erst am 30.03.2003 gestellt worden, mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem nach Verbüßung der Strafhaft der Betroffene bei rechtzeitigem Tätigwerden des beteiligten Landkreises hätte schon abgeschoben sein können. Soweit der beteiligte Landkreis weiter mitteilt, ein früherer Flug sei nicht zu bekommen gewesen, so vermag diese Erklärung nicht zu überzeugen. Wäre der beteiligte Landkreis rechtzeitig, beispielsweise bereits Mitte 2002 tätig geworden, um einen Flug zu organisieren, ist davon auszugehen, dass die Abschiebung des Betroffenen zeitlich so hätte erfolgen können, dass die Sicherungshaft nicht notwendig gewesen wäre.

4

Der Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz ist mithin auch ursächlich dafür geworden, dass die Sicherungshaft gegen den Betroffenen angeordnet werden musste. Sie ist daher rechtswidrig erfolgt.

5

Wenngleich der Betroffene eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht eingereicht hat, war ihm in Anlehnung an den Beschluss des OLG Braunschweig vom 20.08.2003 für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes zu bewilligen, weil sein Begehren wie sich aus den Gründen des Beschlusses ergibt, Aussicht auf Erfolg hatte.

6

Die Kostenentscheidung beruht auf § 16 FEVG und berücksichtigt, dass der Antrag und die Sicherungshaft von Anfang an rechtswidrig waren.