Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 29.07.2003, Az.: 3 T 560/03 (044)
Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebungshaft im Rahmen eines Haftaufhebungsantrages
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 29.07.2003
- Aktenzeichen
- 3 T 560/03 (044)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 33334
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBRAUN:2003:0729.3T560.03.044.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Wolfenbüttel - 23.04.2003 - AZ: 1220-3/13 XIV 5/03 B
Rechtsgrundlagen
- § 57 Abs. 2 AuslG
- § 10 FEVG
Tenor:
In der Abschiebungshaftsache wird die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Wolfenbüttel vom 23.04.2003 - 1220-3/13 XIV 5/03 B - unter Anordnung der sofortigen Wirksamkeit dieser Entscheidung auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Prozeßkostenhilfeantrag des Betroffenen wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Wolfenbüttel ordnete mit Beschluß vom 10.03.2003 - 1220-3/13 XIV 5/03 B - gemäß § 57 Abs. 2 AuslG die Sicherungshaft des Betroffenen von bis zu 3 Monaten an.
Der Beschluß wurde am selben Tage verkündet und dem Betroffenen eine Rechtsmittelbelehrung mündlich erteilt.
Mit Schriftsatz vom 30.03.2003, eingegangen beim Amtsgericht Wolfenbüttel am selben Tage, legte der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen sofortige Beschwerde gegen den Beschluß ein.
Nach erfolgter Akteneinsicht nahm der Verfahrensbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 15.04.2003 die sofortige Beschwerde zurück und bau um "umgehende Entscheidung über den Haftaufhebungsantrag vom 30.03.2003".
Mit Schreiben vom 23.04.2003 teilte das Amtsgericht Wolfenbüttel mit, daß eine Aufhebung der Sicherungshaft nicht in Betracht käme, weil ein begleiteter Flug erst in ca. 4 Wochen stattfinden könne. Wegen der weiteren Begründung wird auf das Schreiben des Amtsgerichts Wolfenbüttel vom 23.04.2003 (Bl. 75 d.A.) Bezug genommen.
Bezüglich des Antrages auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ist darauf hingewiesen worden, daß die Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Betroffenen bislang nicht vorliege.
Mit Schriftsatz vom 29.04.2003 bat der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen um umgehende Mitteilung, ob es sich bei dem Schreiben des Gerichts vom 23.04.2003 um einen mit der Beschwerde angreifbaren Beschluß handele.
Unter dem 07.05.2003 fertigte die Richterin am Amtsgericht Wolfenbüttel folgenden Vermerk (Bl. 77 umseitig):
"Bl. 76 ist als Beschwerde anzusehen.
Auch der ergänzende Vortrag ändert nichts an dem Umstand, daß das Beschleunigungsgebot der Ausländerbehörde in vollem Umfang beachtet worden ist.
Ich helfe der Beschwerde deshalb nicht ab."
Mit Schriftsatz vom 09.05.2003 legte der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen gegen den "Beschluß" des Amtsgerichts Wolfenbüttel vom 23.04.2003 sofortige Beschwerde ein. Er beantragte nach erfolgter Abschiebung des Betroffenen am 08.05.2003,
den Beschluß vom 10.03.2003 aufzuheben und festzustellen, daß die Inhaftierung des Betroffenen in Abschiebungshaft rechtswidrig war.
Weiterhin ist beantragt worden,
dem Betroffenen Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung des Unterzeichners zum Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen.
Mit der Beschwerde rügt er einen Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz, weil die antragstellende Behörde den Betroffenen erst am 24.02.2003, d.h. 3 1/2 Wochen vor Endstrafenende, ausgewiesen habe, nachdem sich der Betroffenen bereits seit dem 13.12.2000 in Strafhaft befunden habe, und die Ausweisungsgründe bereits seit den jeweiligen Verurteilungen, spätestens aber seit Inhaftierung des Betroffenen in Strafhaft Ende 2000 vorgelegen hätten. Insoweit wird auf die Schriftsätze vom 15.04.2003 (Bl. 30-33 d.A.), vom 09.05.2003 (Bl. 94-95 d.A.) und vom 23.07.2003 (Bl. 102-103 d.A.) verwiesen.
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde vom 09.05.2003 hat in der Sache keinen Erfolg.
Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem Schreiben des Amtsgerichts Wolfenbüttel vom 23.04.2003 um einen Beschluß im Rechtssinne handelt. Jedenfalls ist in dem Schreiben vom 23.04.2003 insoweit eine anfechtbare Entscheidung zu sehen, als daß der Haftaufhebungsantrag vom 30.03.2003 mit diesem Schreiben zurückgewiesen worden ist. Eine andere Beurteilung läßt auch der auf Seite 77 umseitig befindliche Vermerk nicht zu.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebungshaft nachdem sich diese durch die Abschiebung des Betroffenen am 08.05.2003 erledigt hat, kommt im Rahmen eines Haftaufhebungsantrages nach § 10 FEVG nicht in Betracht. Die Vorschrift des § 10 FEVG regelt die Aufhebung der Freiheitsentziehung vor Ablauf der nach § 9 Abs. 1 FEVG festgesetzten Frist (Sage/Göppinger, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 3. Aufl., § 10 FEVB, Rn. 1). Durch die Abschiebung des Betroffenen ist die Freiheitsentziehung bereits tatsächlich aufgehoben. Der Sinn und Zweck des § 10 FEVG kann mithin nach Abschiebung des Betroffenen nicht mehr erreicht werden.
Soweit der Betroffene die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung der Abschiebungshaft begehrt, wäre dieses Begehren im Wege der sofortigen Beschwerde gegen den Anordnungsbeschluß des Amtsgerichts Wolfenbüttel vom 10.03.2003 geltend zu machen gewesen. Die gegen diesen Beschluß auch eingelegte sofortige Beschwerde des Betroffenen, war hingegen verfristet, da der Beschluß bereits am 10.03.2003 verkündet worden ist, die Beschwerde jedoch erst am 30.03.2003 beim Amtsgericht Wolfenbüttel eingegangen ist.
Auch unter dem Aspekt, daß anderenfalls die Frist der sofortigen Beschwerde unterlaufen werden würde, kommt eine nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sicherungshaft im Rahmen eines Haftaufhebungsantrages gem. § 10 FEVG nicht in Betracht.
Die sofortige Beschwerde hat deshalb in der Sache keinen Erfolg.