Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 24.09.2007, Az.: VgK-37/2007

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
24.09.2007
Aktenzeichen
VgK-37/2007
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 61287
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren

...

wegen

VOL-Vergabeverfahren "Postzustellungsaufträge 2007 für die Justiz Niedersachsen, EG-Amtsblatt 2006/S 66-080826"

hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Rohn und den ehrenamtlichen Beisitzer Herrn RA Hintz auf die mündliche Verhandlung vom 11.09.2007 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf 6 031 € festgesetzt.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat der Beigeladenen zu 1 die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Beigeladene zu 1 erforderlich.

Begründung:

1

I.

Mit Bekanntmachung vom 04.04.2007 hat die Vordruckbeschaffungsstelle bei dem Amtsgericht Hannover als Vergabestelle Postdienstleistungen für die Justiz Niedersachsen für den Zeitraum von 5 Jahren in zwei Losen als Offenes Verfahren europaweit ausgeschrieben. Los 1 beinhaltet Postzustellungsaufträge PZA, Los 2 elektronische Postzustellungsaufträge ePZA. Streitbefangen ist hier das Los 2. Bezüglich der Teilnahmebedingungen und der Zuschlagskriterien verweist die Bekanntmachung auf die Verdingungsunterlagen. Diese konnten bis zum 27.04.07 angefordert werden. Als Angebotsschluss wurde der 21.05.2007 festgelegt.

2

Die Vergabeunterlagen bestehen aus einem Anschreiben und den Verdingungsunterlagen.

3

Unter Ziffer 1.22 enthalten die Verdingungsunterlagen u.a. folgende allgemeine Anforderungen:

"1.22.1 Die Entgeltgenehmigung für den angebotenen Preis muss bereits mit dem Angebot vorgelegt werden.

1.22.2 Es dürfen keine Staffelpreise angeboten werden.

1.22.3 Eventuelle Bietergemeinschaften müssen jeweils identische Entgeltgenehmigungen vorlegen.

1.22.4 Für eventuelle Nachunternehmer müssen detailliert die Leistungsanteile und Zustellbereiche angegeben werden. Ebenso ist die Lizenz jeder beteiligten Firma mit dem Angebot vorzulegen."

4

Unter Ziffer 1.23 informiert der Auftraggeber über die beabsichtigte Wertung und die Zuschlagskriterien. Der Zuschlag soll erteilt werden auf das wirtschaftlichste Angebot nach den Kriterien Preis, Service und technischer Wert. Der Auftraggeber setzt voraus, dass die wirtschaftliche Situation, fachliche Eignung, technische Kompetenz und personelle Kapazität des Anbieters den Anforderungen eines Projektes dieser Größenordnung entsprechen. Bezüglich der Wertung verweist er auf die den Verdingungsunterlagen als Anlage 4 beigefügte Bewertungsmatrix. Ausdrücklich hervorgehoben wird folgender Hinweis:

"Ein Angebot über den Einsatz firmen- oder konzerneigener Mitarbeiter- "Leistung aus einer Hand"! - (Nr. 4.1.18 der Angebotsunterlagen) wird erheblich höher bewertet als der Einsatz von einem bzw. mehreren Nachunternehmern (Nr. 4.1.20 ff)."

5

Für die Niederlegung von Zustellungen legt der Auftraggeber unter Ziffer 2.1 der Leistungsbeschreibung Folgendes fest:

"Für die Niederlegung der Zustellungen nach § 181 ZPO sind geeignete Abholstellen

zu benennen. In Niedersachsen ist die Niederlegung bei den Amtsgerichten gestattet."

6

Die Angebotsunterlagen unter Ziffer 4 der Verdingungsunterlagen enthalten als KO-Kriterien u.a. folgende Abfragen:

"Ziffer 4.1.5 Keine Staffelpreise angeboten

Ziffer 4.1.7 Nachweise konzerneigene oder fremde Nachunternehmer (Leistungsanteile, Zustellbezirke, Lizenzen) liegen vollständig vor.

Ziffer 4.1.8 Sofern relevant: Nachweise über Festanstellungen, Sozial- und Rentenversicherungspflicht liegen vollständig vor."

7

Als Zuschlagskriterien dienen folgende Abfragen:

"Ziffer 4.1.18 Werden firmen- oder konzerneigene Mitarbeiter eingesetzt, also die Leistung "aus einer Hand" angeboten?

Ziffer 4.1.19 Wenn ja bei 4.1.18: Wie viele Mitarbeiter würden im Falle einer Auftragsvergabe für die angebotene Postdienstleistung eingesetzt werden?

Ziffer 4.1.20 Wenn nein bei 4.1.18: Wird die angebotene Postdienstleistung von einem konzernfremden Nachunternehmer vorgenommen?

Ziffer 4.1.22 Wenn nein bei 4.1.18 und 4.1.20: Wird die angebotene Postdienstleistung von verschiedenen konzernfremden Nachunternehmern vorgenommen?

Ziffer 4.1.24 Die Mitarbeiter Ihres Unternehmens / Konzernverbundes oder die des bzw. der konzernfremden Nachunternehmer sind festangestellt sowie sozial- und rentenversicherungspflichtig beschäftigt

Ziffer 4.1.25 Geben Sie an, wo bundesweit (neben den Amtsgerichten in Niedersachsen) die niederzulegenden Zustellungen gem. § 181 ZPO erfolgen sollen

- hierzu wird eine Beschreibung auf gesonderter Anlage erwartet -

Existieren eigene oder vertraglich vereinbarte Niederlegungsstellen?"

8

Unter Ziffer 4.3. erfolgt schließlich die Preisabfrage für Los 2, wobei die Bieter bei entsprechender Erklärung Netto- oder Bruttopreise angeben können.

9

Als Anlage 5.1 ist den Verdingungsunterlagen eine unverbindliche Aufstellung des durchschnittlichen monatlichen Gesamtaufkommens der PZA / ePZA beigefügt. Hieraus ergibt sich, dass mit monatlich 73 500 ePZA gerechnet werden kann.

10

Aufgrund von Bieteranfragen versandte der Auftraggeber vier Bieterrundschreiben, in denen er verschiedene Erklärungen zu den Vergabeunterlagen abgab und eine notwendige Korrektur der Bewertungsmatrix vornahm.

11

Gemäß der Submissionsniederschrift sind zu Los 2 drei Angebote fristgerecht eingegangen.

12

Über die Prüfung und Wertung der Angebote hat der Auftraggeber einen mit dem 24.07.2007 datierten Vergabevermerk gefertigt. Der Vermerk enthält die Entscheidung, den Zuschlag für Los 2 auf das Angebot der Beigeladenen zu 1 zu erteilen und verweist zur Begründung auf die dem Vergabevermerk beigefügte Bewertungsmatrix und eine Ergänzung zum Vergabevermerk.

13

Nach Maßgabe der Bewertungsmatrix liegt das Angebot der Beigeladenen zu 1 mit 1000 Punkten auf Rang 1, auf Rang 2 folgt das Angebot der Beigeladenen zu 2 mit 979,79 Punkten. Das Angebot der Antragstellerin hat mit 905 Punkten die geringste Punktzahl erreicht.

14

Die Ergänzung zum Vergabevermerk enthält zur Wertung des Angebotes der Antragstellerin den Hinweis, dass das Angebot zum Kriterium Ziffer 4.1.24 nicht die volle Punktzahl erhalten habe, weil die Antragstellerin angegeben habe, dass sie nur überwiegend festangestellte versicherungspflichtige Mitarbeiter beschäftigt. Nach der Bewertungsmatrix hat sie deshalb hier nur 50 von 100 möglichen Punkten erhalten.

15

Mit Schreiben vom 24.07.2007 informierte der Auftraggeber die Antragstellerin über den beabsichtigten Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu 1. Zusätzlich teilte er mit, dass die Antragstellerin aufgrund ihrer Angaben zum Kriterium 4.1.24 hier lediglich 50 Punkte, bei allen anderen Kriterien zum Bieterprofil aber die volle Punktzahl erhalten habe und das Endergebnis daher in erster Linie aus den angebotenen Preisen resultiere.

16

Mit Schreiben vom 01.08.2007 rügte die Antragstellerin beim Auftraggeber die Entscheidung als vergaberechtswidrig. Das Angebot der Beigeladenen zu 1 müsse bei den Kriterien 4.1.18, 4.1.20 und 4.1.22 mit 0 Punkten bewertet werden, da diese ihre Zustellungen mit Hilfe einer Vielzahl von fremden Subunternehmern abwickele. Die Antragstellerin forderte den Auftraggeber auf, seine Bewertung entsprechend zu korrigieren und den Zuschlag auf ihr Angebot zu erteilen.

17

Mit Antwortschreiben von 02.08.2007 teilte der Auftraggeber der Antragstellerin mit, dass er nach dem Angebot der Beigeladenen keinen Anlass für die verlangte Abwertung sehe und daher an seiner Entscheidung festhalten werde.

18

Mit Anwaltschriftsatz vom 07.08.2007 wandte sich die Antragstellerin per Fax an die Vergabekammer Lüneburg und beantragte ein Nachprüfungsverfahren nach § 107 GWB. Unter Bezugnahme auf ihre unverzüglich erhobene Rüge beanstandet sie die beabsichtigte Zuschlagentscheidung für Los 2 als vergaberechtswidrig.

19

Sie habe ein in jeder Beziehung vollständiges Angebot vorgelegt, in welchem sie einen dem ausgeschriebenen Auftrag und der erteilten Entgeltgenehmigung entsprechenden Preis angeboten habe, der auch die - lediglich für Zusatzleistungen anfallende - Umsatzsteuer enthalte. Bei korrekter Angebotswertung würde sich ihr Angebot als wirtschaftlicher erweisen als die Angebote der Beigeladenen.

20

Fehlerhaft sei die Angebotswertung hinsichtlich der Höherbewertung einer Leistung "aus einer Hand" (Kriterium 4.1.18, 4.1.20 und 4.1.22). Diesbezüglich könnten die Angebote der Beigeladenen nur mit 0 Punkten bewertet werden, weil nachweislich beide die Zustellleistungen nicht ausschließlich durch eigene Mitarbeiter ausführen, sondern sich externer Nachunternehmer bedienen.

21

Zu beanstanden sei auch die Wertung des Kriteriums 4.1.24, denn beide Beigeladenen beschäftigen keineswegs nur festangestellte, versicherungspflichtige Mitarbeiter. Soweit die Beigeladenen im Rahmen ihrer Angebote Gegenteiliges erklärt hätten, seien ihre Angebote wegen vorsätzlich unzutreffender Erklärungen und fehlender Eignung auszuschließen.

22

Die Beigeladene zu 1 verfüge nicht über ein eigenes flächendeckendes Zustellnetz und setze selbst in den von ihr erklärten eigenen Zustellgebieten nicht nur eigene Mitarbeiter, sondern auch Fremdunternehmen ein. Der angebotene Einsatz von Mitarbeitern der ... könne die hohe Bewertung des Angebotes nicht rechtfertigen, da die Beigeladene über die ... oder ihre Tochtergesellschaften keine unternehmerische Leitung ausübt. Abgesehen davon führe auch die ... Zustellleistungen nicht vollumfänglich mit eigenen oder konzernangehörigen Mitarbeiter durch.

23

Nach statistischen Erhebungen im Rahmen einer Studie liege der Anteil der geringfügig - und damit nicht sozialversicherungspflichtig - Beschäftigten insbesondere bei privaten Postdienstleistungsunternehmen weit über 50 % mit weiter zunehmender Tendenz. Die Beigeladenen gehören zu den größten privaten Postdienstleistern. Deshalb sei nicht vorstellbar, dass gerade sie neuerdings gänzlich ohne Aushilfskräfte oder geringfügig beschäftigte Mitarbeiter auskämen.

24

Der Auftraggeber habe die offensichtlich unzutreffenden Angaben der Beigeladenen vergaberechtswidrig ungeprüft in seiner Angebotswertung berücksichtigt.

25

Darüber hinaus sei auch seine Bewertung des Kriteriums zu Ziffer 4.1.25 fehlerhaft, denn das Netz an Niederlegungsstellen der Beigeladenen sei ungleich dünner, sodass auch hier die Vergabe der maximalen Punktzahl nicht zu rechtfertigen sei.

26

Der Auftraggeber habe auch versäumt, die Eignung der Beigeladenen zu 2 zu prüfen. Diese habe am 31.05.2007 Insolvenz angemeldet, ihre wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit sei damit - möglicherweise auch nach der Übernahme durch die ... - begrenzt. Auch sei es in jüngster Vergangenheit bei der Abwicklung von Zustellungsaufträgen durch die Beigeladene zu 2 bekanntlich zu Unregelmäßigkeiten gekommen, was deren Zuverlässigkeit in Frage stelle.

27

Schließlich seien die Beigeladenen wegen unzulässiger Doppelbeteiligung und damit wegen Verstoßes gegen den Geheimwettbewerb vom Verfahren auszuschließen, da sie nach Übernahme der Beigeladenen zu 2 durch die ... Anfang Juni 2007 zum gleichen Konzern gehören. Auch wenn die Übernahme erst nach Angebotsschluss erfolgte, sei es unwahrscheinlich, dass nicht auch vorher schon Gespräche zwischen den Beigeladenen stattgefunden haben.

28

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    den Auftraggeber zu verpflichten, die Angebotswertung für das Los 2 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen;

  2. 2.

    dem Auftraggeber die Kosten des Verfahrens einschließlich der Rechtsverfolgungskosten der Antragstellerin aufzuerlegen;

  3. 3.

    die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären.

29

Der Auftraggeber beantragt,

  1. den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin kostenpflichtig zurückzuweisen.

30

Er hält den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin für unzulässig, da deren Angebot lediglich auf Rang 3 liege und damit keine reale Chance auf den Zuschlag habe.

31

Ihr entstehe insoweit kein Schaden, sodass es bereits an der Antragsberechtigung fehle.

32

Außerdem sei der Antrag unbegründet. Die Beigeladene zu 1 habe mit ihrem Angebot, in welchem sie die gewünschte Leistung "aus einer Hand" mit ausschließlich festangestellten, versicherungspflichtigen Mitarbeitern anbietet, zu Recht in der Wertung die höchste Punktzahl erreicht.

33

Der Hinweis der Antragstellerin darauf, dass die Beigeladene zu 1 mit Nachunternehmern arbeite, sei für das vorliegende Vergabeverfahren nicht relevant. Die differenzierten Erklärungen im Angebot der Beigeladenen zu 1 ließen keine begründeten Zweifel am objektiven Wahrheitsgehalt zu, eine möglicherweise der jetzigen Ausschreibung widersprechende, früher praktizierte Ausführung der Dienstleistung könne ebenso wenig Gegenstand der Bewertung sein wie die von der Antragstellerin vorgetragenen statistischen Erhebungen. Gleiches gelte für die Wertung des zweitplazierten Bieters.

34

Die Beigeladene zu 1 beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

  2. 2.

    die Kosten des Verfahrens einschließlich der Rechtsverfolgungskosten der Antrag- stellerin aufzuerlegen und

  3. 3.

    die Hinzuziehung eines Rechtsbeistands für notwendig zu erklären.

35

Sie hält den Nachprüfungsantrag ebenfalls für unzulässig.

36

Zum einen habe die Antragstellerin den von ihr erkannten Verstoß nicht unverzüglich gerügt. Zum anderen sei das Angebot der Antragstellerin aus mehreren Gründen von der Wertung auszuschließen.

37

Die Antragstellerin habe in Konsequenz der ihr erteilten Entgeltgenehmigung und der Regelungen des § 23 PostG entgegen den ausdrücklichen Vorgaben des Auftraggebers unter Ziffer 1.22.2 der Vergabeunterlagen unzulässige Staffelpreise angeboten.

38

Auch sei zu bezweifeln, dass die Antragstellerin überhaupt eine auftragskonforme vollständige Entgeltgenehmigung vorgelegt habe.

39

Ein weiterer Ausschlussgrund sei in der fehlenden bzw. unvollständigen Preisangabe zu sehen. Das Angebot der Antragstellerin enthalte keine Mehrwertsteuer, obwohl bei den hier ausgeschriebenen, nicht zu ihrem Monopolbereich gehörenden Zustellungsdienstleistungen auch die Antragstellerin die Mehrwertsteuer erheben und abführen müsse. Sollte die Leistung von der Mehrwertsteuer befreit sein, wäre hierin eine Beihilfe zu sehen, für die die Antragstellerin einen Nachweis gemäß § 25a Nr. 2 VOL/A hätte beibringen müssen.

40

Im Übrigen sei der Nachprüfungsantrag unbegründet. Sie weist die Vorhaltungen der Antragstellerin bezüglich ihres Angebotes als unzutreffend bzw. nicht relevant zurück und wehrt sich insbesondere gegen den Vorwurf, vorsätzlich unzutreffende Erklärungen abgegeben zu haben. Die von ihr angebotene Zustellungsdienstleistung unter Einbindung anderer konzerneigener Unternehmen entspreche den Erwartungen des Auftraggebers und rechtfertige die Vergabe der Höchstpunktzahl für das Kriterium "Leistung aus einer Hand".

41

Die durch den Auftraggeber vorgenommene Wertung der Angebote sei nicht zu beanstanden. Die Forderung der Antragstellerin, die Beigeladenen wegen wettbewerbsbeschränkender Verhaltensweise von der Wertung auszuschließen, weist sie zurück unter Hinweis darauf, dass die Übernahme der Beigeladenen zu 2 durch die ... erst nach Angebotsschluss erfolgt sei. Beide Beigeladene hätten ihre Angebote fristgerecht, unabhängig voneinander und ohne Kenntnis vom Inhalt des jeweils anderen Angebots abgegeben.

42

Die Beigeladene zu 2 stellt keinen eigenen Antrag. Sie unterstützt den Vortrag des Auftraggebers. Die gegen sie gerichteten Vorwürfe der Unzuverlässigkeit seien unbegründet. Auch habe es vor Angebotsschluss keine Absprachen mit der Beigeladenen zu 1 gegeben.

43

Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 11.09.2007 Bezug genommen.

44

Die Vergabekammer hat durch Verfügung des Vorsitzenden gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB vom 07.09.2007 die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB) hinaus bis zum 27.09.2007 verlängert.

Gründe

45

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Der Auftraggeber hat die Angebotswertung auf der Grundlage der in den Verdingungsunterlagen bekannt gemachten Zuschlagskriterien und ihrer ebenfalls bekannt gemachten Gewichtung gem. § 25a VOL/A in nicht zu beanstandender Weise durchgeführt und das Angebot der Beigeladenen zu 1 als wirtschaftlichstes Angebot gem. § 25 Nr. 3 VOL/A ermittelt. Der Auftraggeber war und ist weder gehalten noch berechtigt, die Angebote der Beigeladenen im Rahmen der Bewertung des Bieterprofils derartig abzuwerten, dass dies eine Rang verändernde Auswirkung zugunsten des Angebotes der Beigeladenen haben könnte. Er ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch weder gehalten noch berechtigt, das Angebot der Beigeladenen wegen vermeintlich wahrheitswidriger Angaben hinsichtlich des Einsatzes festangestellter, versicherungspflichtig beschäftigter Mitarbeiter auszuschließen. Unabhängig davon, dass die Antragstellerin nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat, ist das Angebot der Antragstellerin darüber hinaus schon deshalb nicht zuschlagsfähig, weil die von den Bietern gem. Ziffer 1.22.1 und 4.1.4 der Verdingungsunterlagen bereits mit dem Angebot vorzulegende Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur nicht vollständig eingereicht wurde. Die Antragstellerin hat zwar eine Entgeltgenehmigung vom 12.03.2007 (Az.: BK 5b-07/021) vorgelegt, die jedoch ausdrücklich nicht selbstständig gilt, sondern lediglich eine Entgeltgenehmigung vom 11.10.2006 (Az.: BK 5b-06/090) abändert, die im Übrigen aber fortbesteht. Eine Genehmigung vom 11.10.2006 aber hat die Beigeladene ihrem Angebot nur auszugsweise (Seiten 1 und 16 von 16 Seiten) beigefügt. Überdies trägt der Genehmigungsauszug ein abweichendes Aktenzeichen, nämlich BK 5b-06/091. Das Angebot der Antragstellerin ist daher gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A wegen Unvollständigkeit von der Wertung auszuschließen.

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei dem Auftraggeber handelt es sich um eine Justizbehörde des Landes Niedersachsen und damit um einen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um Postdienstleistungen und damit um einen Dienstleistungsauftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 und Abs. 4 GWB, für den gem. § 2 Nr. 3 der Vergabeverordnung (VgV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Februar 2003, zuletzt geändert durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung vom 23. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2334), ein Schwellenwert von 211 000 € gilt. Unter Zugrundelegung des vom Auftraggeber geschätzten und in der Vergabeakte (Blatt 2) dokumentierten Auftragswertes beträgt der Wert des hier streitbefangenen Loses 2 (elektronische Postzustellungsaufträge - ePZA) über den gesamten ausgeschriebenen fünfjährigen Vertragszeitraum 23 328 241,20 €. Der Wert des ausgeschriebenen Auftrags überschreitet damit weit den für die Anrufung der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert.

    Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie vorträgt, der Auftraggeber hat nur deshalb das Angebot der Beigeladenen zu 1 als wirtschaftlichstes Angebot gem. § 25 Nr. 3 VOL/A ermittelt, weil er bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes unter Zugrundelegung der bekannt gemachten Bewertungsmatrix der Beigeladenen zu 1 wie auch der Beigeladenen zu 2 im Rahmen der Bewertung des Bieterprofils bei mehreren Zuschlagskriterien vergaberechtswidrig eine zu hohe Punktzahl im Vergleich zum Angebot der Antragstellerin zugesprochen habe. Auch sei die Vergabe der höchsten erreichbaren Punktzahl von 200 für den Einsatz firmen- oder konzerneigener Mitarbeiter (Leistung aus einer Hand) im Falle der Beigeladenen zu 1 und der Beigeladenen zu 2 nicht gerechtfertigt, weil diese bislang stets in hohem Maße konzernfremde Nachunternehmer eingesetzt hätten. Gleiches gelte für die Zumessung der Höchstpunktzahl für das Kriterium "Mitarbeiter festangestellt, versicherungspflichtig beschäftigt". Diesbezüglich hätten die Beigeladenen offenbar wahrheitswidrige Angaben gemacht, was zum Angebotsausschluss führen müsse. Ferner sei die Vergabe der Höchstpunktzahl für das Kriterium "Niederlegungsstellen" nur bezüglich der Antragstellerin gerechtfertigt, da die Beigeladenen kein eigenes Netz von Niederlegungsstellen vorhielten. Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen oder die Darlegungslast dürfen nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rn. 954). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat schlüssig vorgetragen, dass sie bei aus ihrer Sicht vergaberechtskonformer Angebotswertung eine Chance auf den Zuschlag gehabt hätte. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Antragsteller auch schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 13.04.1999, Az.: Verg 1/99, S. 24).

    Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den behaupteten Verstoß gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber dem Auftraggeber zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne von § 107 Abs. 3 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2002, Az.: Verg 9/00). Die Frage, ob eine Rüge noch unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung erfolgt, hängt vom Einzelfall ab. Nach der Rechtsprechung muss die Rüge angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich binnen 1 bis 3 Tagen erfolgen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 4/03; Bechtold, GWB, § 107, Rn. 2). Auch bei einer ggf. notwendigen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erfüllt ein Rügezeitraum von mehr als einer Woche das Zeitkriterium des § 107 Abs. 3 GWB nicht (OLG Dresden, Beschluss vom 11.09.2006, Az.: WVerg 13/06). Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt wird (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 45 ff. [OLG Düsseldorf 13.04.1999 - Verg 1/99]), kann einem Bieterunternehmen allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe erfordert. Die Antragstellerin hat die Information nach § 13 VgV vom 24.07.2007 am 26.07.2007 (Eingangsstempel) erhalten. Mit Schreiben vom 01.08.2007, also 6 Tage später, hat die Antragstellerin gegenüber dem Auftraggeber - vorab per Fax - den beabsichtigten Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu 1 gerügt und zur Begründung vorgetragen, der Auftraggeber habe bei der Bewertung des Bieterprofils der Beigeladenen zu 1 zu Unrecht bei allen Bewertungskriterien des Loses 2 die volle Punktzahl zugemessen. Die Beigeladene zu 1 erfülle aber diesbezüglich die Voraussetzungen nicht. Insbesondere führe die Beigeladene zu 1 die Zustellung der PZA nicht nur mit firmen- oder konzerneigenen Mitarbeitern (Leistungen aus einer Hand) aus. Die Beigeladene zu 1 wickele ihre Zustellungen vielmehr mit Hilfe einer Vielzahl von konzernfremden Subunternehmern ab. Die Rüge ist direkt von der Antragstellerin und nicht von einem beauftragten Rechtsanwalt abgesetzt worden. Gleichwohl hat sich die Antragstellerin mit der Rüge sechs Tage Zeit gelassen. Die Antragstellerin hat die relativ späte Rüge mit Schriftsatz vom 06.09.2007 gegenüber der Vergabekammer damit begründet, dass es sich hier nicht um einen einfach gelagerten Fall handele. Sie habe deshalb eine angemessene Überlegungsfrist benötigt, innerhalb derer sie die Qualität ihrer Argumente überprüfen und eine Chancen-Risiko-Abwägung vornehmen konnte. Auch wenn zu berücksichtigen ist, dass die Antragstellerin wie auch die Beigeladenen bundesweit in mehreren sachlich ähnlich gelagerten Nachprüfungsverfahren beteiligt waren, hält die Vergabekammer eine Rügefrist von sechs Tagen im vorliegenden Fall im Ergebnis gerade noch für unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.

  2. 2.

    Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber das Angebot der Beigeladenen zu 1 unter Zugrundelegung der von ihm bekannt gemachten Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung gem. § 25a VOL/A als das wirtschaftlichste Angebot im Sinne des § 25 Nr. 3 VOL/A ermittelt hat. Der Auftraggeber ist insbesondere nicht gehalten, das Angebot der Beigeladenen zu 1 und zu 2 im Hinblick auf die Bewertung des Bieterprofils abzuwerten. Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Angebote der Beigeladenen zu 1 und Beigeladenen zu 2 gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A vor. Die Tatsache, dass sich zwei inzwischen dem gleichen Konzern - der ... - angehörige Schwesterunternehmen am streitbefangenen Vergabeverfahren beteiligt haben, ist nicht per se vergaberechtswidrig. Anhaltspunkte für eine unzulässige, wettbewerbsbeschränkende Abrede in Form eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Geheimwettbewerbs liegen nicht vor (im Folgenden a). Der Nachprüfungsantrag ist aber auch deshalb unbegründet, weil das Angebot der Antragstellerin in Ermangelung einer mit dem Angebot vorzulegenden vollständigen Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur von vornherein nicht zuschlagsfähig ist. Das Angebot der Antragstellerin ist vielmehr gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A wegen Unvollständigkeit von der Wertung auszuschließen (im Folgenden b). Es bedarf daher vorliegend keiner abschließenden Entscheidung, ob das Angebot der Antragstellerin darüber hinaus wegen Abweichung von den Verdingungsunterlagen gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A von der Angebotswertung auszuschließen ist, weil die Antragstellerin entgegen den ausdrücklichen, als Ausschlusskriterium bezeichneten Festlegungen des Auftraggebers in den Verdingungsunterlagen im Ergebnis einen Staffelpreis angeboten hat. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des von der Antragstellerin diesbezüglich zitierten Beschlusses des OLG München vom 29.03.2007, Az.: Verg 2/07, wonach eine Preisstaffel in der Entgeltgenehmigung auch im Falle eines vom Auftraggeber geforderten Festpreises unter Umständen unschädlich sein kann (im Folgenden c).

    1. a)

      Der Auftraggeber hat im Ergebnis zu Recht das Angebot der Beigeladenen zu 1 auf der Grundlage der gem. § 25a VOL/A bekannt gemachten Kriterien und ihrer Gewichtung als wirtschaftlichstes Angebot im Sinne des § 25 Nr. 3 VOL/A ermittelt. Das Angebot der Beigeladenen zu 1 hat unter Zugrundelegung der in der Vergabeakte enthaltenen Bewertungsmatrix mit insgesamt 1000 Bewertungspunkten die höchste Punktzahl erzielt. Dem folgt mit insgesamt 979,79 Bewertungspunkten das Angebot der Beigeladenen zu 2. Erst an dritter Stelle rangiert mit 905 Punkten das Angebot der Antragstellerin. Dieser Punkteabstand ist zum einen darauf zurückzuführen, dass die Beigeladenen einen niedrigeren Preis angeboten haben, so dass die Beigeladene zu 1 die dort erreichbare Maximalpunktzahl von 300 Punkten erhalten hat, während die Beigeladene zu 2) 279,79 Punkte und die Antragstellerin 255 Punkte erhalten haben. Zum anderen aber haben die Beigeladenen auch bei der Bewertung des Bieterprofils, die mit 70 % bzw. 700 Punkten in die Gesamtwertung eingeflossen ist, die mögliche Höchstpunktzahl 700 Punkten erreicht, während das Angebot der Antragstellerin lediglich mit 650 Punkten bewertet wurde. Die dortige Punktedifferenz ist darauf zurückzuführen, dass die Antragstellerin entsprechend den Angaben in ihrem Angebot für das Unterkriterium 4.1.24 (Mitarbeiter festangestellt, versicherungspflichtig beschäftigt) lediglich 50 Punkte statt der maximal erreichbaren 100 Punkte erhalten hat, weil die Antragstellerin angegeben hat, dass sie (nur) überwiegend, nicht aber ausnahmslos festangestellte und versicherungspflichtig beschäftigte Mitarbeiter für den streitbefangenen Auftrag einsetzen will. Demgegenüber haben die Beigeladene zu 1 und die Beigeladene zu 2 in ihrem Angebot angegeben, dass sie ausnahmslos festangestellte und versicherungspflichtig beschäftigte Mitarbeiter im Zuschlagsfalle einsetzen werden. Der Auftraggeber hatte entgegen der Auffassung der Antragstellerin im Rahmen der Angebotswertung keinen Anlass für begründete Zweifel am objektiven Wahrheitsgehalt der Angaben der Beigeladenen zu 1 oder der Beigeladenen zu 2. Die von der Antragstellerin unter Hinweis auf Presse- und Internetveröffentlichungen geführte Argumentation, dass die Beigeladenen in der Vergangenheit in erheblichem Maße auch nicht festangestellte und nicht versicherungspflichtige Mitarbeiter für die Erfüllung öffentlicher Aufträge eingesetzt haben, schließt nicht aus, dass die Beigeladene zu 1 oder die Beigeladene zu 2 im Zuschlagsfalle den Auftrag ausschließlich, wie angeboten, mit festangestellten, versicherungspflichtig beschäftigten Mitarbeitern ausführen wird. Erst recht hatte der Auftraggeber entgegen der Auffassung der Antragstellerin daher keinen Anlass, die Angebote der Beigeladenen zu 1 und der Beigeladenen zu 2 wegen vorsätzlich unzutreffender Erklärungen und fehlender Eignung auszuschließen. In Bezug auf die Beigeladene zu 2 hat der Auftraggeber darüber hinaus zu Recht auch in diesem Kontext die positiven Erfahrungen aus vorangegangenen Vertragsverhältnissen berücksichtigt. Der Auftraggeber hat in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf zurückliegende Vertragsverhältnisse mit der Beigeladenen zu 2 erklärt, dass er nie Anlass zu Zweifeln daran gehabt habe, dass die Beigeladene zu 2 ausnahmslos festangestellte eigene Mitarbeiter beschäftigt.

      Dies sei damals ausdrücklich auch in den entsprechenden Verträgen so festgelegt gewesen.

      Selbst wenn man aber mit der Antragstellerin unterstellen würde, dass die Beigeladene zu 1 und die Beigeladene zu 2 ebenso wie die Antragstellerin nicht ausnahmslos festangestellte und versicherungspflichtig beschäftigte Mitarbeiter für den streitbefangenen Auftrag einsetzen würden, würde dies allenfalls zu einer Nivellierung des Punktestandes für das Kriterium 4.1.24 führen, was die Rangfolge der Angebote in der Gesamtbewertung nicht ändern würde.

      Gleiches gilt für die von der Antragstellerin beanstandete Bewertung des Unterkriteriums 4.1.25 (Niederlegungsstellen). Hier haben alle drei Angebote die maximal erreichbare Bewertung von 50 Punkten erzielt. Selbst wenn man hier zu Gunsten der Antragstellerin dem Umstand Rechnung tragen würde, dass nur die Antragstellerin im Gegensatz zu den Beigeladenen ein bundesweites Netz von eigenen Niederlegungsstellen vorhält und daher nur dem Angebot der Antragstellerin die Höchstpunktzahl zusprechen würde, ändert dies nichts an der Rangfolge der Angebote im Rahmen der Gesamtbewertung. Die Beigeladene zu 1 und die Beigeladene zu 2 halten - im Einklang mit den Vorgaben der Verdingungsunterlagen - kein eigenes Netz von Niederlegungsstellen vor, sondern wollen nach ihrem Firmenkonzept zur Realisierung von notwendigen Niederlegungen von Postzustellungsaufträgen ausdrücklich auf die ... und auf die örtlich zuständigen Amtsgerichte zurückgreifen. So heißt es im Niederlegungskonzept der Beigeladenen zu 1 in ihrem Angebot vom 21.05.2007:

      "Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 oder § 180 nicht ausführbar, werden sämtliche Schriftstücke, die gem. § 181 ZPO niedergelegt werden müssten, auf Kosten von ... unverzüglich der ... zum Zwecke eines zweiten Zustellversuches übergeben. Nach erfolglosem zweiten Zustellversuch durch die ... legt diese die ihr zum Zwecke des zweiten Zustellversuchs übergebenen Schriftstücke in ihrer jeweiligen Niederlassung am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, nieder."

      Bei der Bewertung dieses Kriteriums ist zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber in seinen Verdingungsunterlagen eine derartige Verfahrensweise nicht ausgeschlossen hatte. Vielmehr hatte er unter Ziffer 2.1 der Leistungsbeschreibung (Umfang der Dienstleistung) ausdrücklich folgenden Hinweis aufgenommen:

      "Für die Niederlegung der Zustellungen nach § 181 ZPO sind geeignete Abholstellen zu benennen. In Niedersachsen ist die Niederlegung bei den Amtsgerichten gestattet." (Hervorhebung durch die Vergabekammer)

      Auf Seite 22 der Verdingungsunterlagen hat der Auftraggeber unter Ziffer 4.1.25 lediglich folgende Vorgabe gemacht:

      "Geben Sie an, wo bundesweit (neben den Amtsgerichten in Niedersachsen) die niederzulegenden Zustellungen gem. § 181 ZPO erfolgen sollen. Existieren eigene oder vertraglich vereinbarte Niederlegungsstellen?"

      Selbst ein damit verbundener erheblicher Punktebonus zu Gunsten der Antragstellerin für das von ihr vorgehaltene eigene Netz von Niederlegungsstellen würde nicht zu einer Rangverschiebung der Angebote im Rahmen der Gesamtwertung führen. Dies würde selbst dann gelten, wenn man den Beigeladenen diesbezüglich nur 10 Punkte und der Antragstellerin die diesbezüglich erreichbare Maximalpunktzahl von 50 Punkten zubilligen würde.

      Eine Rang verschiebende Wirkung überhaupt hätte nur eine deutlich unterschiedliche Bewertung hinsichtlich der von der Antragstellerin beanstandeten Unterkriterien 4.1.18, 4.1.20, 4.1.22 (firmen- oder konzerneigene Mitarbeiter, Leistung aus eigener Hand, keine konzernfremden Nachunternehmer), wo die Antragstellerin ebenso wie die Beigeladenen die erreichbare Höchstbewertung von 200 Punkten erzielt hat. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist aber auch diese einheitliche Bewertung der Angebote durch den Auftraggeber nicht zu beanstanden.

      Der Auftraggeber hat auf Seite 10 seiner Verdingungsunterlagen unter Ziffer 1.2.3 (Zuschlag) folgenden Hinweis aufgenommen:

      "Ein Angebot über den Einsatz firmen- oder konzerneigener Mitarbeiter - "Leistung aus einer Hand"! - (Nr. 4.1.18 der Angebotsunterlagen) wird erheblich höher bewertet als der Einsatz von einem bzw. mehreren Nachunternehmern (Nr. 4.1.20 ff.)."

      Entsprechend hatte der Auftraggeber auf Seite 21 der Verdingungsunterlagen zu den Zuschlagskriterien unter Ziffer 4.1.18 folgende Frage aufgenommen:

      "Werden firmen- oder konzerneigene Mitarbeiter eingesetzt, also die Leistung ‚aus einer Hand‘ angeboten?"

      Die Beigeladenen hatten diese Frage ebenso wie die Antragstellerin mit "Ja" beantwortet. Der Auftraggeber hat dementsprechend allen drei gewerteten Angeboten die nach ihrer bekanntgemachten Bewertungsmatrix vorgesehene Höchstpunktzahl von 200 für dieses Zuschlagskriterium zugemessen. Es ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber für die sensible Dienstleistung der Postzustellungsaufträge für die Justiz Niedersachsen im gesamten Bundesgebiet jedenfalls im Rahmen der Bewertung der Qualität und des Bieterprofils die flächendeckende Struktur eines Anbieters mit eigenen oder konzernverbundenen Mitarbeitern höher bewertet als die eines Anbieters, der im erheblichen Maße auf den Einsatz konzernfremder Subunternehmen angewiesen ist. Die Postzustellungen, denen weitreichende Rechtswirkungen materiellrechtlicher und prozessrechtlicher Art zukommen, müssen mit äußerster Sorgfalt, Zuverlässigkeit und Schnelligkeit durchgeführt werden. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn der Auftraggeber die Zahl der für die Zustellung notwendigen Schnittstellen möglichst gering halten will und eine Dienstleistungserbringung "aus einer Hand" höher bewertet als eine Dienstleistungserbringung, die den erheblichen Einsatz von Subunternehmern erforderlich macht.

      Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist der Auftraggeber jedoch nicht gehalten, die Angaben der Beigeladenen zu 1 und der Beigeladenen zu 2, sie würden die "Leistung aus einer Hand" erfüllen, zu bezweifeln. Dies gilt selbst dann, wenn sämtliche Hinweise der Antragstellerin, dass insbesondere die Beigeladene zu 1 in der Vergangenheit ihre Aufträge nur durch einen Einsatz von konzernfremden Nachunternehmern erfüllen konnte, zutreffen sollten. Dies schließt nämlich nicht aus, dass die Beigeladenen nunmehr den streitbefangenen Auftrag tatsächlich durch eigenes Personal oder durch Personal konzernverbundener Unternehmen erfüllen werden. Die Beigeladene zu 1 hat die ausgeschriebene Leistung ausdrücklich im Konzernverbund der ..., ..., angeboten. Die Antragstellerin gehört ausweislich der mit ihrem Angebot eingereichten Unterlagen zu 100 % der ..., diese wiederum gehört mehrheitlich der .... Zum Personaleinsatz heißt es im Angebot der Beigeladenen zu 1 vom 21.05.2007 in der Beschreibung des Logistik-(Transport-)Konzepts:

      "Im Falle der Zuschlagserteilung wird die ... in den auf der als Anlage beigefügten Deutschlandkarte farblich (blau) hervorgehobenen PLZ-Gebieten die Zustellung der Postzustellungsaufträge durch eigenes Personal vornehmen.

      Die übrigen farblich (grün) hervorgehobenen PLZ-Gebiete werden von den festangestellten Briefzustellern der jeweiligen im Angebot genauer bezeichneten - konzernverbundenen - ...-Tochtergesellschaften vollständig abgedeckt. Im Falle der Auftragserteilung wären gemäß Planung ca. 1000 Briefzusteller der ...-Tochtergesellschaften mit der Auftragsabwicklung befasst." (Hervorhebung durch die Vergabekammer)

      Die Beigeladene zu 1 hat ihrem Angebot dementsprechend mehrere ausdrückliche Verpflichtungserklärungen sowohl der Muttergesellschaft (der ... ...) wie auch ihrer Konzernschwestergesellschaften beigefügt. Darin erklären sowohl die Konzernmutter wie auch die Konzernschwestern ausdrücklich, dass sie ihre gesamten logistischen, personellen und strukturellen Postdienstleistungsressourcen in der Bundesrepublik Deutschland uneingeschränkt zur Verfügung stellen, damit die Beigeladene zu 1 die ausgeschriebene und von ihr angebotene Dienstleistung über die Durchführung der bundesweiten elektronischen Zustellungsaufträge nach den §§ 166 ff. ZPO für das Zentrale Mahngericht (ZEMA) ... einschließlich Abholservice, Frankierservice (soweit erforderlich) (Los 2) voll umfänglich unter Zuhilfenahme ihrer Unternehmen für die Dauer des Vertrages ausführen kann.

      Angesichts dieser umfangreichen und eindeutigen Verpflichtungserklärungen durfte und darf der Auftraggeber davon ausgehen, dass die Beigeladene zu 1 auch faktisch in der Lage ist, die ausgeschriebenen Zustellungsdienstleistungen ausschließlich mit konzerneigenen Mitarbeitern und damit "aus einer Hand" zu erbringen. Es ist im Übrigen auch nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber den Einsatz von Mitarbeitern konzernangehöriger Unternehmen ebenso hoch bewertet wie den Einsatz unmittelbarer, eigener Mitarbeiter eines Anbieters. Der Bewertungsmaßstab trägt den Vorgaben des § 4 Abs. 4 VgV Rechnung. Danach ist § 7 Nr. 2 Abs. 1 des Abschnittes 2 des Teiles A der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/A) mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Auftragnehmer sich bei der Erfüllung der Leistung der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen kann. Gemäß § 7a Nr. 3 Abs. 6 kann ein Unternehmen sich zum Nachweis der Leistungsfähigkeit und Fachkunde der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen, ungeachtet des rechtlichen Charakters der zwischen ihm und diesem Unternehmen bestehenden Verbindungen. Er muss in diesem Fall dem Auftraggeber nachweisen, dass ihm die erforderlichen Mittel bei der Erfüllung des Auftrages zur Verfügung stehen, indem er beispielsweise eine entsprechende Verpflichtungserklärung dieser Unternehmen vorlegt. Diesen Nachweis hat die Beigeladene zu 2 durch die Beifügung der Verpflichtungserklärungen erfüllt.

      Gleiches gilt im Übrigen auch für die in der Vergabeakte dokumentierte Bewertung der zweitplatzierten Beigeladenen zu 2.

      Auch die Voraussetzungen für den von der Antragstellerin geforderten Ausschluss der Angebote der Beigeladenen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A liegen nicht vor. Die Tatsache, dass auch die Beigeladene zu 2 seit Anfang Juni 2007 zur ... und damit zum gleichen Konzern gehört wie die Beigeladene zu 1 und sich damit nunmehr zwei Schwesterunternehmen am streitbefangenen Vergabeverfahren beteiligt haben, ist nicht per se vergaberechtswidrig. Anhaltspunkte für eine unzulässige, wettbewerbsbeschränkende Abrede in Form eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Geheimwettbewerbs liegen nicht vor.

      Die Beigeladene zu 1 und die Beigeladene zu 2 sind unstreitig selbstständige juristische Personen und damit ausdrücklich nicht identische Bieter. Es bestehen zudem auch keinerlei Überschneidungen in der Geschäftsführung. Daher ist der vorliegende Sachverhalt nicht etwa mit dem vergleichbar, der der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 16.09.2003, Az.: VII Verg 52/03, zugrunde lag. Im dortigen Verfahren hatte der Vergabesenat darüber zu entscheiden, ob es zulässig ist, dass sich ein Bieterunternehmen an einem Verfahren doppelt in der Weise beteiligt, dass es zum einen ein eigenes Angebot abgibt und darüber hinaus sich an einer Bietergemeinschaft beteiligt, die ihrerseits ein Angebot über die identische ausgeschriebene Leistung abgibt. Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass in diesem Falle sowohl das Angebot des Bieters selbst wie auch das parallele Angebot der Bietergemeinschaft gemäß §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f, 2 Nr. 1 VOL/A vom Vergabeverfahren zwingend ausgeschlossen werden muss, weil durch die Abgabe dieser parallelen Angebote jedenfalls im Verhältnis zwischen diesem Bieter und der Bietergemeinschaft ein Geheimwettbewerb um den ausgeschriebenen Auftrag ausgeschaltet gewesen sei. Nur dann, wenn jeder Bieter die ausgeschriebene Leistung in Unkenntnis der Angebote, Angebotsunterlagen und Angebotskalkulation seiner Mitbewerber um den Zuschlag anbietet, sei ein echter Bieterwettbewerb möglich. Dies sei nicht mehr möglich, wenn - wie im dortigen Streitfall - ein Bieter für die ausgeschriebene Leistung nicht nur ein eigenes Angebot abgibt, sondern sich daneben auch als Mitglied einer Bietergemeinschaft um den Zuschlag derselben Leistung bewirbt. Dann sei in aller Regel der Geheimwettbewerb in Bezug auf beide Angebote nicht mehr gewahrt.

      § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A setzt jedoch keine potentiell möglichen, sondern tatsächliche wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen voraus, die dann zum Ausschluss gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A führen müssen. Vorliegend bietet weder die Vergabeakte noch der Sachverhalt im Übrigen Anhaltspunkte für das von der Antragstellerin vermutete wettbewerbsbeschränkende Verhalten der Beigeladenen zu 1 und der Beigeladenen zu 2. Beiden Unternehmen ist es auch künftig nicht verwehrt, sich unter Beachtung des § 2 Nr. 1 VOL/A unabhängig voneinander um öffentliche Aufträge zu bewerben. Die Rechtsauffassung der Antragstellerin hätte gerade auch für den Bereich des umkämpften Marktes der Postdienstleistungen die Folge, dass der Wettbewerb sich bei allen Ausschreibungen auf immer weniger Angebote beschränkt. Dies folgt wiederum daraus, dass die Branche inzwischen so strukturiert ist, dass die überwiegende Zahl der ehemals selbstständigen Zustellungsunternehmen inzwischen mit einem von wenigen Konzernen verbunden ist. Eine Ausweitung der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf über die dort zugrunde liegende Konstellation (Parallelbeteiligung als Einzelfirma und gleichzeitig im Rahmen einer Bietergemeinschaft) auf alle nur denkbaren, zivilrechtlich im Übrigen ja zulässigen Organisationsverbindungen von Bieterunternehmen würde faktisch zu einer Beschränkung des Wettbewerberkreises führen, die mit dem Ziel des Vergaberechts nicht in Einklang zu bringen ist.

      Der Auftraggeber hat daher in nicht zu beanstandender Weise auf der Grundlage der von ihm gem. § 25a VOL/A bekannt gemachten Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung das Angebot der Beigeladenen zu 1 als das wirtschaftlichste Angebot im Sinne des § 25 Nr. 3 VOL/A ermittelt. Die vom Auftraggeber beabsichtigte Zuschlagserteilung ist daher nicht zu beanstanden.

    2. b)

      Der Nachprüfungsantrag ist darüber hinaus aber auch deshalb unbegründet, weil das Angebot der Antragstellerin gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A wegen Unvollständigkeit von der Wertung auszuschließen ist. Das Angebot der Antragstellerin ist schon deshalb nicht zuschlagsfähig, weil die Antragstellerin versäumt hat, die von den Bietern gem. Ziffer 1.22.1 und 4.1.4 der Verdingungsunterlagen bereits mit dem Angebot vorzulegende Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur vollständig einzureichen. Gemäß Ziffer 1.22.1 der Verdingungsunterlagen musste die Entgeltgenehmigung für den angebotenen Preis ausdrücklich bereits mit dem Angebot vorgelegt werden. Die Nichtvorlage der Entgeltgenehmigung mit dem Angebot wurde vom Auftraggeber auf Seite 19 der Verdingungsunterlagen gem. Ziffer 4.1.4 ausdrücklich als Ausschlusskriterium gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A bezeichnet. Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A können Angebote, die nicht die geforderten Angaben und Erklärungen enthalten, ausgeschlossen werden. Dieses Ermessen reduziert sich durch Selbstbindung eines Auftraggebers aber immer dann auf null und damit auf einen zwingenden Ausschluss, soweit der Auftraggeber mit der Vergabebekanntmachung, der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder den sonstigen Vergabeunterlagen die Nachweise und Belege zur Mindestbedingung erhebt, indem er ihre Vorlage ausdrücklich mit Angebotsabgabe verlangt und auf einen zwingenden Ausschluss im Falle der Nichtbeifügung oder nicht rechtzeitigen Beifügung hinweist. Der Auftraggeber ist dann an diese Voraussetzungen gebunden und darf nicht nachträglich von seinen Mindestvoraussetzungen abweichen (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 11.03.2004, Az.: 13 Verg 3/04; BayObLG, Beschluss v. 20.12.1999, Az.: 8/99 = BauR 2000, 558 ff., 560; VK Sachsen, Beschluss v. 06.05.2002, Az.: 1/SVK/034-02). Der Auftraggeber hat die Vorlage der Entgeltgenehmigung mit dem Angebot ausdrücklich zur Mindestbedingung in diesem Sinne erhoben und den automatischen Ausschluss für den Fall der nicht rechtzeitigen Vorlage angedroht, indem er die Nichtvorlage ausdrücklich als Ausschlusskriterium und als "K.O.-Kriterium" bezeichnet hat.

      Die Antragstellerin hat zwar eine Entgeltgenehmigung vom 12.03.2007 (Beschluss der Beschlusskammer 5 der Bundesnetzagentur, Az.: BK 5b-07/021) mit dem Angebot vorgelegt. Diese gilt jedoch ausdrücklich nicht selbstständig, sondern ändert lediglich eine Entgeltgenehmigung vom 11.10.2006 (Az.: BK 5b-06/090), die im Übrigen aber fortbesteht. Eine Genehmigung vom 11.10.2006 aber hat die Beigeladene ihrem Angebot nur auszugsweise (Seiten 1 und 16 von 16 Seiten) beigefügt. Überdies trägt der Genehmigungsauszug ein abweichendes Aktenzeichen, nämlich BK 5b-06/091. Die Antragstellerin hat die nur auszugsweise Vorlage der Entgeltgenehmigung vom 11.10.2006 in der mündlichen Verhandlung damit begründet, dass diese Ursprungsgenehmigung zahlreiche Details im Hinblick auf schützenswerte Kalkulationsgeheimnisse der Antragstellerin enthalte. Sie habe deshalb ausdrücklich bei der Bundesnetzagentur eine neue gesonderte Genehmigung beantragt, die sie mit dem Angebot vorgelegt habe. Sie weist darauf hin, dass sich auch aus dem Auszug im Kontext mit der neuen Genehmigung aus 2007 ausdrücklich die Genehmigung der Entgelte ergebe.

      Dieser Vortrag rechtfertigt jedoch eine unvollständige Vorlage der Entgeltgenehmigung nicht (vgl. OLG München, Beschluss vom 29.03.2007, Az.: Verg 2/07 ). Zum einen hat sowohl die Beigeladene zu 1 als auch die Beigeladene zu 2 ihren Angeboten, wie gefordert, vollständige Entgeltgenehmigungen beigefügt. Zum anderen ist das schutzwürdige Interesse der Antragstellerin an der Geheimhaltung einzelner Regelungen der ursprünglichen Entgeltgenehmigung von 2006 schon deshalb zweifelhaft, weil die Bundesnetzagentur diese Genehmigung den Konkurrenzunternehmen auf Anforderung gegen Gebühr ausdrücklich in Kopie zur Verfügung gestellt hat. Die Beigeladene zu 1 hat im Nachgang zur mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 14.09.2007 ein Schreiben der Bundesnetzagentur vom 04.12.2006 vorgelegt, mit dem diese der Beigeladenen zu 1 eine Abschrift der Entgeltgenehmigungen der Antragstellerin mit den Aktenzeichen BK 5b-06/090 übersandt hat. Diese Ablichtung enthält die vollständige Entgeltgenehmigung der Antragstellerin. Lediglich die Staffelpreise wurden geschwärzt.

      Selbst wenn man der Antragstellerin aber ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung einzelner Passagen der Entgeltgenehmigung zugestehen würde, war sie nicht berechtigt, ohne entsprechende Rücksprache mit dem Auftraggeber lediglich die erste und die letzte Seite der ursprünglichen Entgeltgenehmigung einzureichen. Die Antragstellerin konnte als Bieterin angesichts der eindeutigen Forderung des Auftraggebers nach Vorlage einer gültigen Entgeltgenehmigung mit Angebotsabgabe nicht davon ausgehen, dass der Auftraggeber auch lediglich einen Auszug einer Entgeltgenehmigung akzeptieren würde.

      Das Angebot der Antragstellerin ist daher wegen Unvollständigkeit gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A von der Angebotswertung auszuschließen.

    3. c)

      Es braucht daher vorliegend nicht entschieden zu werden, ob das Angebot der Antragstellerin darüber hinaus, wie die Beigeladene zu 1 fordert, wegen Abweichung von den Verdingungsunterlagen gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A von der Angebotswertung auszuschließen ist, weil die Antragstellerin entgegen den ausdrücklichen, als Ausschlusskriterium bezeichneten Festlegungen des Auftraggebers in den Verdingungsunterlagen im Ergebnis einen Staffelpreis angeboten hat. Gemäß Ziffer 4.1.5 der Verdingungsunterlagen (S. 19) und Allgemeinen Anforderungen unter Ziffer 1.22.2 (S. 9) hatte der Auftraggeber ausdrücklich festgelegt, dass keine Staffelpreise angeboten werden dürfen. Die von der Antragstellerin mit dem Angebot vorgelegte neue Entgeltgenehmigung vom 12.03.2007 enthält jedoch ausdrücklich einen Staffelpreis. Gemäß § 23 Abs. 2 PostG sind Verträge über Dienstleistungen, die andere als die genehmigten Entgelte enthalten, mit der Maßgabe wirksam, dass das genehmigte Entgelt an die Stelle des vereinbarten Entgelts tritt.

      Ungeachtet der Tatsache, dass die Antragstellerin mit ihrem Angebot ausdrücklich einen Festpreis pro Zustellung angeboten hat, würde im Falle des Vertragsschlusses durch diese gesetzliche Fiktion nicht der ausdrücklich angebotene Festpreis, sondern der genehmigte Staffelpreis gelten. Die Antragstellerin hält diese Folge des § 23 Abs. 2 PostG unter Berufung auf eine Entscheidung des OLG München vom 29.03.2007, Az.: Verg 2/07, im Ergebnis für vergaberechtlich unschädlich. Nach dieser Rechtsprechung ist eine Preisstaffel in der Entgeltgenehmigung auch im Falle eines ausdrücklich vom Auftraggeber geforderten Festpreises dann unschädlich, wenn es nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen ist, dass die für den niedrigsten Staffelpreis notwendige Zahl der Zustellungsaufträge pro Jahr nicht erreicht wird. Der der Antragstellerin durch die Bundesnetzagentur mit Beschluss vom 12.03.2007 genehmigte niedrigste Staffelpreis gilt ausdrücklich für eine Stückzahl ab 72 000 PZA pro Jahr. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass diese Mindestzahl auch beim streitbefangenen Auftrag deutlich überschritten wird. Gleichwohl bestehen Zweifel, ob sich die Antragstellerin auf diese für sie günstige Rechtsprechung des OLG München berufen kann. In Abweichung zum dort zugrunde liegenden Fall entspricht der von der Antragstellerin angebotene Festpreis pro Zustellung nämlich nicht exakt dem genehmigten niedrigsten Staffelpreis, sondern er überschreitet diesen um einen Cent. Im Ergebnis käme daher im Vertragsfalle wegen der Entgeltfiktion des § 23 Abs. 2 PostG tatsächlich ein anderer Preis zum Tragen als ausdrücklich von der Antragstellerin als Festpreis angeboten.

      Die Antragstellerin hat die Vorlage einer Genehmigung von Staffelpreisen anstelle einer Festpreisgenehmigung damit begründet, dass ihr die Bundesnetzagentur aufgrund einer entsprechenden Anfrage deutlich gemacht habe, dass ein Antrag auf Genehmigung eines Festpreises aufgrund der besonderen Marktposition der Antragstellerin nicht genehmigt werden würde. Die Antragstellerin hat allerdings eingeräumt, dass sie einen konkreten Antrag auf Genehmigung eines Festpreises auch nicht gestellt hat. Ferner hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass im Festpreis im Gegensatz zum genehmigten Staffelpreis auch das Entgelt für die Serviceleistungen enthalten sei, die nicht genehmigungspflichtig im Sinne des Postgesetzes sind.

      Im Ergebnis kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob das Angebot der Antragstellerin über den Ausschluss wegen Unvollständigkeit hinaus auch wegen der Staffelpreise ausgeschlossen werden müsste. Auch diesbezüglich durfte die Antragstellerin jedenfalls nicht von den zwingenden Vorgaben der Verdingungsunterlagen abweichen. Wenn sie sich nach Rücksprache mit der Bundesnetzagentur tatsächlich außerstande gesehen hat, die vom Auftraggeber geforderte Entgeltgenehmigung für einen Festpreis beizubringen, so hätte sie die entsprechende Vorgabe in den Verdingungsunterlagen jedenfalls vor Angebotsabgabe unverzüglich gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gegenüber dem Auftraggeber rügen müssen.

      Nach alledem ist nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu 1, die das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat, erteilen will. Der Nachprüfungsantrag war daher als unbegründet zurückzuweisen.

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III. Kosten

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-

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Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1: 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2 500 €, die Höchstgebühr 25 000 € bzw. in Ausnahmefällen 50 000 € beträgt.

49

Es wird eine Gebühr in Höhe von 6 031 € gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

50

Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung ... € brutto für Los 2. Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Angebot der Antragstellerin über die geplante maximale Vertragslaufzeit von 60 Monaten und damit ihrem Interesse am Auftrag. Der Auftragswert wurde unter Zugrundelegung des in den Verdingungsunterlagen vorgegebenen durchschnittlichen Aufkommens von ... ePZA pro Monat ermittelt.

51

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2 500 € (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80 000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25 000 € (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von ... € ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 6 031 €.

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Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.

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Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin keinen Erfolg hatte, weil die Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers bestätigt wurde.

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Kosten der Beigeladenen zu 1:

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Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zugunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 155, 158 [OLG Düsseldorf 12.01.2000 - Verg 3/99]; sowie OLG Düsseldorf, Beschluss v. 15.06.2000, Az.: Verg 6/00.). Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird: "Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend." Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den Beteiligten-Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwerwiegend berührt werden".

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Einerseits darf daher zwar für den Antragsteller durch (mögliche) Beiladungen kein unkalkulierbares und damit abschreckendes Kostenrisiko entstehen. Andererseits dürfen aber auch Kosten des Beigeladenen nicht zu einer Waffenungleichheit zu seinen Lasten führen (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 128, Rdnr. 1034).

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Unter Berücksichtigung dieser sachgerechten Grundsätze entspricht es im vorliegenden Fall der Billigkeit i.S.d. hier analog anzuwendenden § 162 Abs. 3 VwGO, dass die unterlegene Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren erforderlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu 1, zu denen auch die Kosten einer in einem derartig komplexen, nicht nur materielles Vergaberecht, sondern auch prozessuale Rechtsfragen berührenden Verfahren ohne weiteres erforderlichen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gehören, zu tragen hat.

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Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von 6 031 € unter Angabe des Kassenzeichens

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auf folgendes Konto zu überweisen:

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MR Gause
Dipl.-Ing. Rohn
Herrn RA Hintz