Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 09.07.2007, Az.: VgK 30/07
Vergabeverfahren betreffend die Grunderneuerung der Bundesautobahn (BAB) 39 auf einer Länge von drei Kilometern in beide Richtungsfahrbahnen; Anforderungen an die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB); Zwingender Ausschluss eines Angebots wegen Nichtbeachtung von Vergabevorschriften; Verpflichtung des Bieters zur vollständigen und zutreffenden Angabe von Preisen und sonstige Erklärungen; Zuordnung von Baustellenkosten zu einer von dem Leistungsverzeichnis nach gerade nicht erfassten Position; Alleiniges Abstellen auf die in der vorliegenden Ausschreibung gewählte Leistungsbeschreibung hinsichtlich des Vorliegens von Baustellenkosten; Kosten für die Vorhaltung von Baustellencontainern, Kleintransportern, PKW sowie für Strom als zu den Baustellengemeinkosten gehörend; Ausnahmecharakter der Positionen "Baustelle einrichten" bzw. " Baustelle räumen" und Möglichkeit der Zuordnung von baustellenbezogenen Gemeinkosten hierzu
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 09.07.2007
- Aktenzeichen
- VgK 30/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 36914
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 107 Abs. 2 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
- § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A
Verfahrensgegenstand
Vergabeverfahren Grunderneuerung der BAB A 39 von km 12,231 bis km 15,335 beide Richtungsfahrbahnen sowie AS xxxxxxx
In dem Nachprüfungsverfahren ...
hat die Vergabekammer
durch
die Vorsitzende RD'in Dr. Raab,
die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Rohn und
den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Dipl.-Ing. Dierks,
auf die mündliche Verhandlung vom 09.07.2007
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
- 3.
Die Kosten werden auf 4.956 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Mit Bekanntmachung vom 31.01.2007 hat die Auftraggeberin den Bauauftrag "Grunderneuerung der BAB A 39 von km 12,231 bis km 15,335 beide Richtungsfahrbahnen" europaweit als Offenes Verfahren ausgeschrieben.
Der Auftrag beinhaltet die Grunderneuerung der Fahrbahn der BAB A 39, das Herstellen der Markierung, Verkehrssicherungsarbeiten, die Erneuerung der Entwässerungsanlagen sowie die Herstellung von Schutzeinrichtungen. Eine Aufteilung in Lose ist nicht vorgesehen.
Bezüglich der Zuschlagskriterienkriterien wird auf die Vergabeunterlagen verwiesen.
Diese konnten bis zum 20.03.2007 abgefordert werden. Als Schlusstermin für den Eingang der Angebote wurde der 27.03.2007 - 10:00 Uhr - festgelegt.
Bestandteile der Vergabeunterlagen sind u.a. die EG-Aufforderung zur Angebotsabgabe, die Bewerbungsbedingungen, die Baubeschreibung und die zweiteilige Leistungsbeschreibung. Nach Maßgabe der EG-Aufforderung zur Angebotsabgabe sollen als Zuschlagskriterien der Preis zu 85% und der technische Wert zu 15% gewichtet werden.
Die Bewerbungsbedingungen enthalten unter Ziff. 3.3 u.a. folgenden Hinweis:
"Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, benennt nicht die von ihm geforderten Preise im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A. Deshalb werden Angebote, bei denen der Bieter die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen in "Mischkalkulation" auf andere Leistungspositionen umlegt, grundsätzlich von der Wertung ausgeschlossen (§ 25 Nr. 1, Abs. 1b) VOB/A)."
Das Leistungsverzeichnis enthält zur OZ 0.1 "Baustelleneinrichtung, Vorleistungen, Bestandsaufmaß" u.a. die Position OZ 0.1.1 "Baustelle einrichten". Unter dieser Position erwartet die Auftraggeberin ein pauschales Angebot für folgende Leistung:
"Geräte, Werkzeuge und sonstige Betriebsmittel, die zur vertragsgemäßen Durchführung der Bauleistungen erforderlich sind, auf die Baustelle bringen, bereitstellen und - soweit der Geräteeinsatz nicht gesondert berechnet wird - betriebsfertig aufstellen einschl. der dafür notwendigen Arbeiten. Die erforderlichen festen Anlagen herstellen. Baubüros, Unterkünfte, Werkstätten, Lagerschuppen und dgl., soweit erforderlich, antransportieren, aufbauen und einrichten. Strom-, Wasser-, Fernsprechanschluss sowie Entsorgungseinrichtungen und dgl. für die Baustelle, soweit erforderlich, herstellen. Bei Bedarf Zufahrtswege zur Baustelle sowie Lagerplätze, sonstige Platzbefestigungen und Wege im Baustellenbereich anlegen. Oberbodenarbeiten einschl. Beseitigen von Aufwuchs für die Baustelleneinrichtung, soweit erforderlich, ausführen. Flächen beschaffen, sofern die vom AG zur Verfügung gestellten nicht ausreichen. Kosten für Vorhalten, Unterhalten und Betreiben der Geräte, Anlagen und Einrichtungen einschl. Mieten, Pacht, Gebühren und dgl. werden nicht mit dieser Pauschale, sondern mit den Einheitspreisen der betreffenden Teilleistungen vergütet. Soweit nicht für bestimmte Leistungen (z.B. Bedarfsleistungen) für das Einrichten der Baustelle gesonderte Positionen im Leistungsverzeichnis enthalten sind, gilt die Pauschale für alle Leistungen (1.01) sämtlicher Abschnitte des Leistungsverzeichnisses."
Die Baubeschreibung enthält unter Ziff. 2.5 u.a. folgende Angaben zu Lager- und Arbeitsplätzen:
"Der AG stellt die Gesamtfläche des Baufeldes (Baustelle) zur Verfügung. Entlang der Trasse werden keine Arbeitsstreifen zur Verfügung gestellt.
Für die Zwischenlagerung der ungebundenen Schichten bzw. Frostschutzschichten" ... "hat der AN einen entsprechenden Lagerplatz zur Verfügung ohne gesonderte Vergütung zu stellen und vorzuhalten." ...
"Flächen für Baustelleneinrichtung werden vom AG nicht zur Verfügung gestellt.
Benötigt der AN weitere Flächen, so hat er diese unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften und der Festsetzungen der landschaftspflegerischen Ausführungsplanung "Schutzmaßnahmen" bei Bedarf selbst anzupachten und vorzuhalten. Kosten für die Anpachtung sind in die OZ der Baustelleneinrichtung einzurechnen."
Nach Maßgabe der Niederschrift über die Angebotseröffnungam 29.03.2007 waren 7 Angebote fristgerecht beim Auftraggeber eingegangen. Die Angebotsendsummen wurden in der Niederschrift tabellarisch zusammengestellt. Nach den geprüften Angebotsendsummen hat die Antragstellerin das preislich günstigste Angebot abgegeben.
Die Angebote wurden formell und inhaltlich geprüft. Hierbei fertigte die Auftraggeberin für die fünf preislich günstigsten Angebote einen Preisspiegel über die angebotenen Einheitspreise an. Am Preisspiegel erkannte sie für die OZ 0.1.1 ... "Baustelle einrichten" deutliche Unterschiede zwischen den hierfür von den Bietern angebotenen Einheitspreisen. Der von der Antragstellerin angebotene Pauschalpreis von 302.640,70 EUR liegt erheblich über dem von der Auftraggeberin errechneten Mittelwert für diese Position. Die Auftraggeberin nahm diese Auffälligkeit zum Anlass für ein Aufklärungsgespräch mit der Antragstellerin, welches am 09.05.2007 stattfand.
Nach dem hierüber gefertigten Vermerk hat die Antragstellerin die Höhe des Pauschalpreises wie folgt aufgeklärt:
umfangreicher An- und Abtransport von Baumaschinen 50.000,00 EUR
Bereitstellung für Kleintransporter und PKW 40.200,00 EUR
An- und Abtransport sowie Vorhaltung von 10 Baucontainern inkl. Büroausstattung und Beschaffung und Befestigung einer 20.000 qm großen Fläche zur Lagerung von Fräsgut 135.362,93 EUR
Baustelleneinrichtungskosten der Nachunternehmer 52.053,05 EUR
Asphaltierungsarbeiten für die durch Erdarbeiten am Straßendamm bedingte rückwärtige Erschließung 20.514,72 EUR
Dem Vermerk sind zwei Seiten aus der Urkalkulation der Antragstellerin zur OZ 0.1. beigefügt. Hiernach wurden u.a. kalkuliert:
unter U 1 | ||
---|---|---|
- Kleintransporter | ||
3 Stück * 7 Monate | = 21,000 * 1.000,00 EUR | = 21.000 EUR |
- PKW Bauleitung + Polier | ||
2 Stck. * 8 Monate * 30 Tage | = 480,000 * 40,00 EUR | = 19.200,00 EUR |
unter U 2 | ||
- An- und Abtransport Bürocontainer sowie Vorhaltung (Eigenbedarf) | ||
2 Baustellencontainer * 5000,00 EUR | = 10.000,00 EUR | |
8 Baustellencontainer * 5000,00 EUR | = 40.000,00 EUR | |
- 30.000,000 kWh Strom 0,25 EUR | = 7.500,00 EUR | |
und unter U 3 | ||
- 1,000 Psch Be/Br Nachunternehmer | = 49.574,34 EUR |
Unter dem Vermerk über das Aufklärungsgespräch findet sich folgende in rot gedruckte Feststellung:
"Es ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Mischkalkulation."
Diese Feststellung wurde allerdings durchgestrichen und wie folgt - ebenfalls in roter Schrift -ersetzt:
"Es liegt eine Mischkalkulation vor. Das Angebot ist daher gem. dem Urteil des OLG Karlsruhe vom 16.03.07 auszuschließen."
Durch rote Unterstreichung hervorgehoben sind im Text des Vermerks die Erläuterungen der Antragstellerin zu den Kosten für Bereitstellung für Kleintransporter und PKW und für Abtransport sowie Vorhaltung von 10 Baucontainern inkl. Büroausstattung. Der Vermerk ist gezeichnet mit dem Namen der zuständigen Mitarbeiterin, er ist jedoch nicht handschriftlich unterschrieben.
Nachträglich klärte die Auftraggeberin die fehlende Unterschrift der zuständigen Mitarbeiterin der Auftraggeberin und die o. a Korrektur der Feststellung unter dem Vermerk des Aufklärungsgespräches wie folgt auf:
"Die Vergabeakte mit Vergabevorschlag wurde am 09.05.2007 nachmittags von Frau xxxxxxx, geb. xxxxxxx, persönlich an Herrn xxxxxxx im zentralen Geschäftsbereich zur Prüfung und Weiterleitung an das BMVBS übergeben. Am gleichen Tag fand vorab auch das Aufklärungsgespräch mit der Bietergemeinschaft xxxxxxx statt. Bei der Übergabe der Akten an den zentralen Geschäftsbereich existierte noch kein Vermerk über den Inhalt des Aufklärungsgespräches. Dies wurde von Herrn xxxxxxx bemängelt, worauf sich Frau xxxxxxx bereit erklärte - da sie noch am 09.05.2007 in einen längeren Urlaub ging - den Vermerk zu Hause zu fertigen und ihn direkt an Herrn xxxxxxx zu mailen"... "Aus diesem Grund existiert vom Vermerk des Aufklärungsgespräches kein Original in Papierform mit Handzeichen von Frau xxxxxxx (damals noch xxxxxxx).
Nach Prüfung der Unterlagen durch den zentralen Geschäftsbereich und Feststellung einer Mischkalkulation bei der Position "Baustelle einrichten" wurde der Vermerk von Herrn xxxxxxx geändert. Die ursprüngliche Wertung von Frau xxxxxxx, dass "keine Anhaltspunkte für eine Mischkalkulation" vorliegen wurde in der Datei mit Rot gestrichen und der Hinweis: "Es liegt eine Mischkalkulation vor. Das Angebot ist daher gem. dem Urteil des OLG Karlsruhe vom 16.03.07 auszuschließen." wurde ebenfalls in Rot hinzugefügt."
Über das Vergabeverfahren hat die Auftraggeberin einen mit dem 30.05.2007 datierten Vergabevermerk angefertigt. Ziff. 8 des Vermerks enthält Ausführungen zur Prüfung und Wertung der Angebote. Unter Ziff. 8.4.5 "Angemessenheit der Preise" stellt die Auftraggeberin fest, dass im Angebot der Antragstellerin bei der Position "Baustelle einrichten" eine Mischkalkulation festgestellt worden ist. Die Aufklärung vom 09.05.07 mit Einsicht in die Urkalkulation habe ergeben, dass in der Leistungsposition auch Gerätevorhaltekosten und Flächenbeschaffungskosten enthalten sind, die gemäß Leistungstext hier nicht kalkuliert werden durften. Daher sei die Antragstellerin über ihren Ausschluss zu verständigen.
Mit Schreiben vom 24.05.2007 wurde die Antragstellerin über den Ausschluss ihres Angebotes informiert. Unter Verweis auf eine Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 16.03.2007 wurde ihr mitgeteilt, dass ihr Angebot ausgeschlossen wurde, weil in der Leistungsposition 0.1.1 "Baustelle einrichten" eine Mischkalkulation festgestellt worden sei. Die Aufklärung vom 09.05.07 mit Einsicht in die Urkalkulation habe ergeben, dass in dieser Leistungsposition Gerätevorhaltekosten und Flächenbeschaffungskosten enthalten sind, die gemäß Leistungstext hier nicht kalkuliert werden durften.
Mit anwaltlichem Schreiben vom gleichen Tage rügte die Antragstellerin den Ausschluss ihres Angebotes bei der Auftraggeberin. Sie wies den Vorwurf der Mischkalkulation zurück. Die beanstandete Kalkulation der Flächenbeschaffungskosten unter OZ 0.1.1 entspreche den Vorgaben der Baubeschreibung. Unter Ziff. 2.5 heiße es hierzu:
"Benötigt der AN weitere Flächen, so hat er diese ... selbst anzupachten und vorzuhalten. Kosten für die Anpachtung sind in die OZ der Baustelleneinrichtung einzurechnen."
Gleiches gelte auch für die offenbar beanstandete Kalkulation bezüglich der Bürocontainer für den Eigenbedarf der Auftraggeberin. Die diesbezüglichen Vorhaltekosten seien bei verständiger Auslegung der Position 0.1.1 von dieser umfasst.
Auch nach der aktuellen Rechtsprechung sei dies nicht zu beanstanden, sondern gerechtfertigt. Die vorgenommene Auslegung des Leistungstextes entspreche zudem der langjährigen Praxis der Vergabestelle der Auftraggeberin.
In ihrer Rügeantwort vom 31.05.2007 nahm die Auftraggeberin zwar den Vorwurf der Mischkalkulation bezüglich der Beschaffungs- und Pachtkosten von Flächen zurück, hielt aber an einem Ausschluss gemäß § 25 Nr. 1 b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 2 Abs. 1 Satz 5 VOB/A fest. Die Antragstellerin habe die Kosten für die Vorhaltung von Baustellencontainern, Kleintransportern, PKW sowie für Strom in die Position OZ 0.1.1 "Baustelle einrichten" einbezogen, obwohl dies nach dem Wortlaut des Leistungsverzeichnisses ausdrücklich nicht vorgesehen sei.
In ihrer Erwiderung vom 31.05.2007 bestreitet die Antragstellerin, Vorhaltekosten für Kleintransporter und PKW unzulässig in die Position OZ 0.1.1 "Baustelle einrichten" einbezogen zu haben. Dort seien ausschließlich die hierfür im Text des Leistungsverzeichnisses beschriebenen Leistungen eingeflossen. Soweit die Auftraggeberin nunmehr auch den Kostenbestandteil "Strom" beanstandet, sei darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um die Kosten für den Stromanschluss handelt, welcher im Leistungstext dieser Position ausdrücklich erwähnt wird. Offenbar sehe sich die Auftraggeberin nunmehr im laufenden Verfahren gehalten, auf Grund der von ihr genannten Rechtsprechung von ihrer bisherigen weiten Auslegung der Position "Baustelle einrichten" abzuweichen. In dieser im Nachhinein geänderten Auslegung - für die es nach Auffassung der Antragstellerin nach der Rechtsprechung gar keinen Anlass gibt - sieht die Antragstellerin eine Änderung der Verdingungsunterlagen, auf die sie nicht mehr reagieren kann. Sie weist das Handeln der Auftraggeberin als willkürlich und intransparent zurück.
In ihrer Antwort vom 07.06.2007 an die Antragstellerin teilt die Auftraggeberin mit, dass sie an ihrer Entscheidung zum Ausschluss des Angebotes festhält.
Mit Schriftsatz vom 14.06.2007, per Fax eingegangen bei der Vergabekammer am selben Tage, beantragte die Antragstellerin bei der Vergabekammer gemäß § 107 GWB die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Unter Verweis auf ihre Rüge beanstandet sie den Ausschluss ihres Angebotes als vergaberechtswidrig.
Sie habe in der Kalkulation zur Position 0.1.1 "Baustelle einrichten" lediglich die Kosten berücksichtigt, die nach dem Text des Leistungsverzeichnisses einbezogen werden durften. Eine Mischkalkulation liege mithin nicht vor. Dies habe sie im Aufklärungsgespräch am 09.05.2007 nachgewiesen. Die Auftraggeberin habe ihre Kalkulation im Rahmen dieses Gespräches auch als rechtmäßig anerkannt. Hätte sie weitere Zweifel gehabt, hätten diese ebenfalls Gegenstand der Aufklärung sein können und müssen, was nicht der Fall war.
Dass die Einbeziehung der bauzeitabhängigen Kosten (wie etwa die Vorhaltung der Baubüros) in die Position "Baustelle einrichten" nicht zu beanstanden ist, sei im übrigen in einem Gespräch mit der Auftraggeberin im Dezember 2006 - im Rahmen eines anderen Bauvorhabens - einvernehmlich festgestellt worden. Es sei zudem langjährige Übung der Vergabestelle, dass die Position "Baustelle einrichten" auch Kosten umfasst, die anderen Leistungspositionen nicht zugeordnet werden können, weil sie Kosten der Baustelleneinrichtung und nicht der eigentlichen "Bau"-Teilleistungen betreffen.
Unter Vorlage zweier Schriftstücke legt sie dar, dass sich die Auftraggeberin erst Ende Mai 2007 - und damit mitten im laufenden Vergabeverfahren - entschieden hat, von der bisherigen weitläufigen Auslegung der Position "Baustelle einrichten" abzuweichen. Die von der Auftraggeberin genannte Rechtsprechung des OLG Karlsruhe vom 16.03.2007 wie auch die des OLG Koblenz vom 02.01.2006 könne diese Abweichung nicht rechtfertigen. Beide Entscheidungen bezögen sich auf Fälle, in denen Kosten einer anderen Teilleistung zuzuordnen waren, jedoch an falscher Stelle kalkuliert worden sind. Dies sei im vorliegenden Fall anders. Tatsächlich seien Geräte- und Materialkosten in der Position "Baustelle einrichten" lediglich insoweit kalkuliert worden, wie sie zur Einrichtung der Baustelle benötigt werden.
Nach Akteneinsicht rügte sie mit Schriftsatz vom 27.06.2007, dass der Vermerk des Aufklärungsgespräches vom 09.05.2007 nachträglich - vermutlich nach dem 13.06.2007 und ohne Namens- und Datumsangabe - geändert worden sei und nicht das Ergebnis des Gespräches wiedergebe.
Auch habe die Auftraggeberin dem Vermerk nachträglich Auszüge aus der Urkalkulation angeheftet, obwohl diese - in einem verschlossenen Umschlag übergeben - lediglich während des Aufklärungsgespräches gemeinsam eingesehen und danach wieder verschlossen worden war.
Der von der Auftraggeberin zur Begründung zitierte Satz 8 des Textes der Positionsbeschreibung OZ 0.1.1 sei aus dem Zusammenhang gerissen, seine korrekte Bedeutung ergebe sich nur aus der vollständigen Positionsbeschreibung. Im Wortlaut dieser Position seien Bereitstellungskosten ausdrücklich genannt.
Abgesehen hiervon seien - auch nach dem Verständnis der Auftraggeberin - sowohl die Kosten für die Baustellencontainer, für Kleintransporter und PKW und für Strom korrekt in die Position "Baustelle einrichten" einkalkuliert worden, weil sie tatsächlich nur der Teilleistung "Baustelle einrichten" zuzuordnen seien.
Die in der Position kalkulierten Kosten für Baustellencontainer umfassten lediglich den Teil der Kosten, der für die Platzbefestigung und die Lagerplatzerstellung erforderlich sei. Die Vorhaltung der Baustellencontainer nach Beendigung der Lagerplatzerstellung sei nicht einkalkuliert worden.
Soweit Kosten für Kleintransporter und PKW in die Position "Baustelle einrichten" einkalkuliert worden seien, seien diese als Kosten für die Verbringung der Fahrzeuge auf die Baustelle zu verstehen und zu unterscheiden von den Kosten in Position OZ 0.0.1 "PKW für AG bereitstellen".
Die vermeintlichen Stromkosten seien zum einen die Kosten für den Stromanschluss. Soweit hier außerdem Stromkosten kalkuliert wurden, seien diese zu Recht im Rahmen der Herstellungskosten des Lagerplatzes kalkuliert worden.
Zu berücksichtigen sei, dass sich die Leistungen der Position "Baustelle einrichten" nicht auf den Zeitraum vor der Ausführung der eigentlichen Bauleistungen beschränken, sondern z.T. auch noch während der Bauleistung zu erbringen seien.
Selbst wenn die Vermutung der Auftraggeberin zuträfe, also im Angebot der Antragstellerin bauzeitabhängige Kosten in die Position einkalkuliert worden wären, gäbe es noch keinen Grund für einen Angebotsauschluss. Entscheidend sei die objektive Sachlage im Zeitpunkt der Angebotsabgabe. Zu diesem Zeitpunkt habe die Antragstellerin auf die Beibehaltung der bisherigen weiten Auslegung der Auftraggeberin vertrauen können.
Die Antragstellerin sieht ihre Rechte durch die aus ihrer Sicht willkürliche und nicht transparente Entscheidung der Auftraggeberin verletzt.
Sie beantragt
die Auftraggeberin zu verpflichten, den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin zurückzunehmen und die Wertung im Vergabeverfahren unter Einschluss des wieder aufzunehmenden Angebots der Antragstellerin vorzunehmen;
hilfsweise die Auftraggeberin zu verpflichten, die Wertung der Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer in den fehlerhaften Punkten zu wiederholen;
hilfsweise, für die Fälle des § 114 Abs. 2 GWB festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Bieterrechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt wurde;
der Auftraggeberin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen;
festzustellen, dass die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Antragstellerin notwendig war.
Die Auftraggeberin beantragt
den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin kostenpflichtig zurückzuweisen.
Im Leistungsverzeichnis wurde unter der OZ 0.1.1 "Baustelle einrichten" ein Pauschalpreis gefordert. Gemäß den Vorgaben des Standardleistungskataloges sollten in dieser Position alle Kosten berücksichtigt werden, die für das Einrichten der Baustelle erforderlich sind. Kosten für Vorhaltung, Unterhaltung und Betreiben der Geräte, Anlagen und Einrichtungen einschließlich Mieten, Pacht, Gebühren und dergleichen sollten nicht mit dieser Pauschale, sondern mit den Einheitspreisen der betreffenden Teilleistungen vergütet werden.
Im Rahmen des am 09.05.2007 mit der Antragstellerin geführten Aufklärungsgespräches habe man u.a. mittels Einsicht in die Urkalkulation festgestellt, dass die Antragstellerin auch zeitabhängige Baustellengemeinkosten in diese Position eingerechnet habe.
Aus Anlass der Rüge der Antragstellerin habe man die Vermutung, dass in die kalkulierten Flächenbeschaffungskosten auch Pachtkosten einbezogen worden sind, zurückgestellt und diesbezüglich den Vorwurf einer Mischkalkulation zurückgenommen.
Eindeutig habe aber die Antragstellerin zeitabhängige Kosten für die Vorhaltung von Baustellencontainern, Kleintransportern, PKW sowie für Strom in die Position OZ 0.1.1 "Baustelle einrichten" einkalkuliert und damit Baustellengemeinkosten bzw. Kostenanteile einer Position zugeordnet, welche diese nach dem Leistungsverzeichnis nicht erfasst.
Soweit die Antragstellerin vortrage, dass das Leistungsverzeichnis keine Ordnungsziffern enthalte, in welche sie die genannten Kosten hätte einkalkulieren können, ist dem entgegenzuhalten, dass eine Umlage der Gemeinkosten auf die einzelnen Leistungspositionen betriebsbedingter Praxis entspricht.
Aus der Tatsache, dass sie derartige Kalkulationen in der Vergangenheit - fehlerhaft - akzeptiert habe, könne die Antragstellerin keinen Rechtsanspruch herleiten.
Bei nochmaliger Überprüfung der Kalkulation aus Anlass des Nachprüfungsverfahrens seien weitere Unregelmäßigkeiten der Kalkulation festgestellt worden. U.a. habe die Antragstellerin bei den Kosten von Nachunternehmerleistungen eine vergaberechtswidrige Verschiebung von Kostenanteilen aus der Teilleistung 0.1.2 "Baustelle räumen" in die Teilleistung 0.1.1 "Baustelle einrichten" vorgenommen. Im Auftragsfall würde dies dazu führen, dass der Auftragnehmer bei Abrechnung der Baustelleneinrichtungsposition den versteckten Kostenanteil für die Räumung mit erhält und damit überzahlt wird.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung mit den Beteiligten am 09.07.2007 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig.
Die antragstellende Bietergemeinschaft ist nicht in ihren Rechten gem. §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt.
Die Vergabekammer Lüneburg ist zuständig. Bei der Auftraggeberin, der Bundesrepublik Deutschland, handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit einen öffentlichen Auftraggeber i.S.d. § 98 Nr. 1. Das Land Niedersachsen, vertreten durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr - Geschäftsbereich xxxxxxx - führt das beanstandete Vergabeverfahren im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung gem. Artikel 85 GG für die Bundesrepublik Deutschland - Straßenbauverwaltung - durch.
Ausgehend von der geprüften Angebotssumme der Antragstellerin von 7.755.830,38 EUR brutto und damit 6.517.504,52 EUR netto, ist der gem. §§ 100 Abs. 1, 127 GWB in einer Rechtsverordnung festgelegte maßgebliche Schwellenwert für einen Bauauftragauftrag von 5.278.000 EUR überschritten, so dass die angerufene Vergabekammer zuständig ist.
Der Nachprüfungsantrag ist aber unzulässig. Die Antragstellerin ist nicht gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Zwar hat sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag und macht eine Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend, indem sie vorträgt, die Auftraggeberin habe ihr Angebot vergaberechtswidrig ausgeschlossen, indem sie entgegen ihrer ursprünglichen Bewertung nach dem Aufklärungsgespräch und im Widerspruch zu ihrer ständig praktizierten Vorgehensweise von fehlerhaften Preisangaben zur Position "Baustelle einrichten" ausgegangen ist. Dies gilt umso mehr, als das Angebot der Antragstellerin preislich auf dem ersten Rang liegt.
Eine Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften kommt aber unter keinem Gesichtspunkt in Betracht, weil das Angebot der Antragstellerin wegen fehlerhafter Preisangaben gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit b VOB/A zwingend von der Wertung auszuschließen war. Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen einerseits nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, VergabeR, 2. Aufl., § 107 GWB, Rdnr. 954). Andererseits ist hier jedoch ausschlaggebend, dass ein Angebot, das von vornherein vergaberechtlich nicht zuschlagsfähig ist, den Zuschlag nicht erhalten darf, so dass dem betroffenen Bieter kein Schaden entstehen oder drohen kann (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 08.09.2005, Az. 1 Verg 10/05). Die Antragstellerin hat demnach ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis nicht darlegen können, da ihr Angebot zwingend auszuschließen war, sie also bei vergaberechtskonformer Angebotswertung keine Chance auf den Zuschlag gehabt hätte.
Der Bieter hat gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A Preise und sonstige Erklärungen vollständig und zutreffend anzugeben, damit das Angebot gewertet werden kann (vgl. BGH, Urteil v. 18. Mai 2004, X ZB 7/04; VK Bund, Beschluss vom 03.05.2007, Az. VK 2 27/07). Der Bieter darf Baustellengemeinkosten nicht einer Position zuordnen, die diese dem Leistungsverzeichnis nach gerade nicht erfasst (Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 16.03.2007, Az. 17 Verg 4/07). Ein Bieter hat im Rahmen seiner Kalkulation die Baustellengemeinkosten, die laut Leistungsverzeichnis nicht zur Position "Baustelle einrichten" gehören, ohne weiteres anteilig auf die Einzelkosten der Bauleistungen umzulegen (Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 16.03.2007, Az. 17 Verg 4/07; VK Bund, Beschluss vom 03.05.2007, Az. VK 2 27/07).
Mangels gesetzlicher Definition des Begriffes der Baustelleneinrichtung ist allein auf die in der vorliegenden Ausschreibung gewählte Leistungsbeschreibung abzustellen (VK Bund, Beschluss vom 03.05.2007, Az. VK 2 27/07).
Nach dem Leistungsverzeichnis umfasst die Position OZ 0.1.1 "Baustelle einrichten" im vorliegenden Fall folgende Leistungen:
"Geräte, Werkzeuge und sonstige Betriebsmittel, die zur vertragsgemäßen Durchführung der Bauleistungen erforderlich sind, auf die Baustelle bringen, bereitstellen und - soweit der Geräteeinsatz nicht gesondert berechnet wird - betriebsfertig aufstellen einschl. der dafür notwendigen Arbeiten. Die erforderlichen festen Anlagen herstellen. Baubüros, Unterkünfte, Werkstätten, Lagerschuppen und dgl., soweit erforderlich, antransportieren, aufbauen und einrichten. Strom-, Wasser-, Fernsprechanschluss sowie Entsorgungseinrichtungen und dgl. für die Baustelle, soweit erforderlich, herstellen. Bei Bedarf Zufahrtswege zur Baustelle sowie Lagerplätze, sonstige Platzbefestigungen und Wege im Baustellenbereich anlegen. Oberbodenarbeiten einschl. Beseitigen von Aufwuchs für die Baustelleneinrichtung, soweit erforderlich, ausführen. Flächen beschaffen, sofern die vom AG zur Verfügung gestellten nicht ausreichen.
Kosten für Vorhalten, Unterhalten und Betreiben der Geräte, Anlagen und Einrichtungen einschl. Mieten, Pacht, Gebühren und dgl. werden nicht mit dieser Pauschale, sondern mit den Einheitspreisen der betreffenden Teilleistungen vergütet.
Soweit nicht für bestimmte Leistungen (z.B. Bedarfsleistungen) für das Einrichten der Baustelle gesonderte Positionen im Leistungsverzeichnis enthalten sind, gilt die Pauschale für alle Leistungen (1.01) sämtlicher Abschnitte des Leistungsverzeichnisses."
Wie die Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag selbst darlegt, gehören die Kosten für die Vorhaltung von Baustellencontainern, Kleintransportern, PKW sowie für Strom zu den Baustellengemeinkosten. Sie entstehen durch den Betrieb der Baustelle und werden bezogen auf das konkrete Bauvorhaben kalkuliert, sind aber nicht den einzelnen Teilleistungen direkt zuzuordnen. Baustellengemeinkosten werden - soweit keine gesonderten Positionen hierfür vorgesehen sind - in Form der Umlage über alle Einheitspreise kalkuliert (VK Bund, Beschluss vom 03.05.2007, Az. VK 2 27/07). Angaben zur Preisermittlung sind ggf. in der von der Auftraggeberin geforderten Form zu dokumentieren.
Die Antragstellerin hat die Vorhaltung von Baustellencontainern, Kleintransportern, PKW sowie für Strom in die Pos. OZ 0.1.1 "Baustelle einrichten" einkalkuliert, obwohl dies nach dem Wortlaut des Leistungsverzeichnisses ausdrücklich nicht vorgesehen ist.
In der Urkalkulation zur Pos. 0.1.1 wurden Kosten für 2 und 8 Baustellencontainer unter der Bezeichnung "An- und Abtransport Bürocontainer sowie Vorhaltung (Eigenbedarf)" zum Preis von 5.000,00 EUR pro Container mit 10.000,00 EUR und 40.000,00 EUR in die Kalkulation eingestellt. Auch die in dieser Kalkulation für Kleintransporter und PKW berücksichtigten Zeiträume von sieben bzw. acht Monaten sprechen dafür, dass es sich bei den eingestellten Kosten nicht nur um die auf die Position "Baustelle einrichten" bezogenen Anteile dieser Kosten handelt. Auch ist zu bezweifeln, dass der kalkulierte Stromverbrauch von 30.000,000 kWh tatsächlich nur der Baustelleneinrichtung zuzuordnen ist. Schließlich hat die Antragstellerin in der Position "Baustelle einrichten" unter "Be/Br Nachunternehmer" Kosten angesetzt, die in diesem Punkt keine Entsprechung in der Position "Baustelle räumen" finden.
Ihre Erklärung, bei den hierzu eingestellten Kosten handele es sich nur um die Kostenanteile, die tatsächlich zur Einrichtung der Baustelle anfielen, widerspricht ihrem ausdrücklichen Kostenansatz in ihrer Urkalkulation, ihrem Vortrag im Rahmen der Rüge und ist nicht plausibel.
In ihrer Rüge vom 24.05.2007 hat die Antragstellerin auf den Seiten 2 und 3 unter der Überschrift "2. Keine Mischkalkulation in Bezug auf Gerätevorhaltekosten" wörtlich vorgetragen:
"Gleiches trifft auch auf die behauptete unzulässige Kalkulation von Gerätevorhaltekosten zu. Offensichtlich zielen Sie dabei auf die Formulierung in der Angebotskalkulation bezüglich der Bürocontainer für den Eigenbedarf ab. Andere Gerätekosten sind in der Pos. 0.1.1 lediglich insoweit kalkuliert, wie sie zur Einrichtung der Baustelle benötigt werden. Vorhaltekosten sind demgegenüber gerade nicht kalkuliert worden. Die Vorhaltekosten für die Bürocontainer für den Eigenbedarf sind aber bei verständiger Auslegung der Pos. 0.1.1 von dieser umfasst, mithin eine Mischkalkulation nicht gegeben."
und
"Meine Mandantin hat daher die Pos. 0.1.1 in verständiger und aus Bietersicht nachvollziehbarer Weise zutreffend dahingehend ausgelegt, dass Vorhaltekosten, die ausschließlich die Baustelleneinrichtung betreffen, mangels anderweitiger Vorgaben auch in der einzig möglichen Teilleistung, die sich mit diesen Kosten befasst, nämlich die Pos. 0.1.1, auch dort zu kalkulieren sind." (Hervorhebung d. d. Vergabekammer)
Die Antragstellerin hat zutreffend festgestellt, dass das Leistungsverzeichnis keine gesonderte Position für die Baustellengemeinkosten enthält. Da es sich um unmittelbar baustellenbezogene Kosten handelt, vertritt sie die Auffassung, sie dürfe die Baustellengemeinkosten in der Position "Baustelle einrichten" kalkulieren. Sie hält es für gewisse Vorhaltekosten für nicht sachgerecht, sie als Baustellengemeinkosten mittels einer Umlage über alle Leistungspositionen zu kalkulieren (s. Schriftsatz der Antragstellerin vom 27.06.2007, S. 2, letzter Absatz). Hiermit räumt sie ihre unzutreffenden Preisangaben letztlich selbst ein.
Die Antragstellerin verkennt, dass der Bieter die Baustellengemeinkosten der Position "Baustelle einrichten" nur dann zurechnen kann, wenn die Position "Baustelle einrichten" die Kosten für Vorhalten, Unterhalten und Betreiben der Geräte und Einrichtungen auch tatsächlich umfasst. Es ergibt sich schon aus dem Ausnahmecharakter der Positionen "Baustelle einrichten" bzw. " Baustelle räumen", was die Zuordnung von baustellenbezogenen Gemeinkosten betrifft, dass gerade nur ausdrücklich aufgeführte Kosten erfasst sind, alle anderen Baustellengemeinkosten auf die einzelnen Bauteilleistungen umzulegen sind (VK Bund, Beschluss vom 03.05.2007, Az. VK 2 27/07). In der Pos. OZ 0.1.1 "Baustelle einrichten" sind die Kosten für das Betreiben und Vorhalten von Geräten und sonstigen Betriebsmitteln jedoch, wie dargelegt, ausdrücklich nicht miterfasst.
Der angebotene Preis entspricht daher nicht dem beschriebenen Leistungsumfang, sondern bezieht darüber hinausgehende Leistungsbestandteile mit ein und ist - gemessen an der Vorgabe des Leistungsverzeichnisses - unzutreffend. Eine gegen den klaren Wortlaut des Leistungsverzeichnisses verstoßende Berücksichtigung von Kosten bei der Baustelleneinrichtung kann nicht gerechtfertigt werden.
Angesichts der festgestellten deutlichen Abweichung der kalkulierten Kosten in der Position "Baustelle einrichten" von den anderen von der Auftraggeberin ebenfalls in die engere Wahl genommenen Angeboten und der Ausführungen im Rügeschreiben zum Vorhalten von Bürocontainern, insbesondere dem ausdrücklichen Ansatz von Vorhaltekosten für Kleintransporter und PKW für sieben bzw. acht Monate, der nur als bauzeitabhängiger Ansatz verstanden werden kann, obliegt es der Antragstellerin - ungeachtet ihrer Kalkulationsfreiheit - zu beweisen, dass sie keine bauzeitabhängigen Gemeinkosten angesetzt hat. Dies ist der Antragstellerin - abgesehen von ihren Erklärungen zur Positionsart U3 der Baustellenräumung durch Nachunternehmer - auch in der mündlichen Verhandlung nicht gelungen, weil zu viele Fragen offen blieben und sich neue Widersprüche auftaten.
Insofern hat die Antragstellerin für den Bereich der Position "Baustelle einrichten", die nach Umfang und Ausführungsart genau bestimmt war (siehe § 5 Nr. 1 lit. b VOB/A), eine unzutreffende Erklärung zum Preis abgegeben. Ihr Angebot verstößt gegen den von § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A angestrebten Zweck, eine transparente und alle Bieter gleich behandelnde Vergabeentscheidung zu gewährleisten (vgl. dazu OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.03.2007, Az. 17 Verg 4/07; VK Bund, Beschluss vom 03.05.2007, Az. VK 2 27/07).
Die ausschreibungswidrige Zuordnung von Kosten in die Position "Baustelle einrichten" ist wegen der gleichheitswidrigen Möglichkeit eines Zinsgewinns nicht hinzunehmen und vergaberechtswidrig (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.03.2007, Az. 17 Verg 4/07; VK Bund, Beschluss vom 03.05.2007, Az. VK 2 27/07). Nach § 16 Nr. 4 VOB/B können in sich abgeschlossene Teile der Leistung nach Teilabnahme ohne Rücksicht auf die Vollendung der übrigen Leistungen endgültig festgestellt und bezahlt werden. Die Position "Baustelle einrichten" ist mit dem Aufstellen der Baustelleneinrichtung abgeschlossen und könnte vom Auftragnehmer dementsprechend als Teilleistung abgerechnet werden. Durch die Kalkulation der Kosten für die Vorhaltung von Baustellencontainern, Kleintransportern, PKW sowie für Strom wird ein erst über die gesamte Laufzeit erwachsender Kostenbestandteil in dieser Position "sofort" abrechenbar.
Die Antragstellerin beansprucht unter Hinweis auf das bisherige Vergabe- und Abrechnungsverhalten der Auftraggeberin einen Vertrauensschutz. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich trotz bisher geübter, ständiger Praxis der Auftraggeberin, derartige Preisangaben zu akzeptieren, kein Anspruch auf "Vertrauensschutz" gründen lässt. Dies gilt schon deshalb, weil die Gegenansicht letztlich darauf hinausliefe, bei der Angebotswertung im laufenden Vergabeverfahren den individuellen Kenntnisstand des einzelnen Bieters von einer - rechtswidrigen - Verwaltungspraxis der Vergabestelle zu berücksichtigen (vgl. Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 08.11.2002, AZ.: WVerg 0018/02). Ein solcher Vertrauensschutz wäre mit den Gleichbehandlungs- und Transparenzgeboten des § 97 GWB unvereinbar.
Auch von der Antragstellerin gerügte Fehler in der Vorgehensweise der Auftraggeberin sind nicht erkennbar. Die Antragstellerin hat beanstandet, dass die Auftraggeberin ohne ihre Zustimmung nachträglich Kopien der Urkalkulation angefertigt habe, nachdem diese während des Aufklärungsgesprächs gemeinsam geöffnet und auch wieder verschlossen worden war. Die zuständige Mitarbeiterin der Auftraggeberin hat glaubhaft dargelegt, dass sie während des Aufklärungsgesprächs nachgefragt habe, ob sie zwei Blätter der Urkalkulation kopieren dürfe, dies einvernehmlich geschehen sei und anschließend die Urkalkulation wieder verschlossen worden sei.
Schließlich ist es auch nicht vergaberechtswidrig, dass die rechtliche Einschätzung der zuständigen Mitarbeiterin des Geschäftsbereichs xxxxxxx der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr am Ende des Vermerks über das Aufklärungsgespräch vom 09.05.2007, es liege keine Mischkalkulation vor, von der Zentrale gestrichen und in die gegenteilige Beurteilung geändert wurde. Der Auftraggeberin ist es nicht verwehrt, bis zum abschließenden Vergabevermerk in einem internen Meinungsbildungsprozess die neue Beschlusspraxis der Vergabesenate heranzuziehen und auch bisherige Fehleinschätzungen oder Vorgehensweisen zu korrigieren und damit dem Vergaberecht Geltung zu verschaffen.
Folglich hat die Auftraggeberin das Angebot der Antragstellerin zu Recht zwingend wegen fehlerhafter Angabe von Preisen ausgeschlossen, so dass es an der Antragsbefugnis fehlt.
Der Nachprüfungsantrag war demnach insgesamt wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro - Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 EUR, die Höchstgebühr 25.000 EUR bzw. in Ausnahmefällen 50.000 EUR beträgt.
Es wird eine Gebühr in Höhe von 4.956 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt 7.755.830,38 EUR. Dieser Betrag entspricht dem Bruttogesamtpreis des Angebotes der Antragstellerin und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 - 1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 7.755.830,38 EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 4.956 EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die im Tenor verfügteKostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren i.S.d. § 128 Abs.3 Satz 1 GWB unterlegen ist.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von 4.956 EUR unter Angabe des Kassenzeichens ... innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses auf folgendes Konto zu überweisen: ...
IV. Rechtsbehelf
[...]
Streitwertbeschluss:
Die Kosten werden auf 4.956 Euro festgesetzt.
Rohn
Dierks