Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 22.05.2007, Az.: VgK-22/2007

Ausschluss eines Angebots wegen Verletzung der Nachweispflicht hinsichtlich der Verfügbarkeit von Nachunternehmern; Anforderungen an hinreichende Verdingungsunterlagen; Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Nachprüfungsantrags; Kriterien für die Annahme der Antragsbefugnis in einem Vergaberechtsstreitverfahren; Darlegungsanforderungen an die Geltendmachung einer Rechtsgutsverletzung; Verpflichtung zur Förderung des Nachprüfungsverfahrens

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
22.05.2007
Aktenzeichen
VgK-22/2007
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 34785
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

Vergabeverfahren Projektplanung und -management für die Errichtung eines Gesundheitszentrums

In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer
durch
die Vorsitzende RD'in Dr. Raab,
die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Rohn und
den ehrenamtlichen Beisitzer Herrn BAR Hellermann
auf die mündliche Verhandlung vom 22.05.2007
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf 2.835 EUR festgesetzt.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat der Auftraggeberin und der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war sowohl für die Antragstellerin als auch für die Beigeladene notwendig.

Begründung

1

I.

Die Städtisches Klinikum xxxxxxx gGmbH beabsichtigt, ein Gesundheitszentrum mit Anbindung an das Städtische Klinikum zu errichten und in diesem Zusammenhang einen Auftrag für das Projektmanagement und die Projektplanung zu vergeben. Die Auftraggeberin geht von einer Projektdauer von 24 Monaten aus. Für die vergaberechtliche Begleitung und die Durchführung des Verfahrens hat die Auftraggeberin die xxx Rechtsanwaltsgesellschaft, xxxxxxx, beauftragt.

2

Mit Bekanntmachung vom 19.10.2006 wurde das Vergabeverfahren "Projektplanung und -management für die Errichtung eines Gesundheitszentrums" europaweit als Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb ausgeschrieben.

3

In der Bekanntmachung wurde angekündigt, dass die Verhandlungen mit mindestens 3 und höchstens 5 Wirtschaftsteilnehmern geführt werden sollen. Bezüglich der Auswahlkriterien wird auf die Vergabeunterlagen verwiesen. Das Verhandlungsverfahren mit den ausgewählten Bewerbern soll in aufeinander folgenden Phasen zwecks schrittweiser Verringerung der Zahl der zu erörternden Lösungen bzw. zu verhandelnden Angebote durchgeführt werden. Der Zuschlag soll auf das wirtschaftlich günstigste Angebot nach Maßgabe der in den Vergabeunterlagen genannten Kriterien erfolgen.

4

Die Vergabeunterlagen konnten bis zum 20.11.2006 um 15:00 Uhr bei der xxx Rechtsanwaltsgesellschaft abgefordert werden. Als Schlusstermin für den Eingang der Teilnahmeanträge wurde der 23.11.2006 - 12:00 Uhr - festgelegt.

5

Die Vergabeunterlagen bestehen aus der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages, einem Zeitplan des Vergabeverfahrens, den Bewerbungsbedingungen und dem Formular Teilnahmeantrag und der Leistungsbeschreibung sowie verschiedenen Anlagen zur Information der Bieter.

6

Unter Nr. 2 der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages beschreibt die Auftraggeberin Anforderungen an die Projektleistungen. Diese umfassen

  • die Entwicklung eines medizinischen und wirtschaftlichen Konzepts für das Gesundheitszentrum

  • die entsprechende bauplanerische Umsetzung dieses Konzeptes

  • die Darstellung der bei der Realisation des Projektes voraussichtlich entstehenden Kosten und

  • die anschließende Begleitung der Realisation.

7

Die Auftraggeberin erwartet im Rahmen der Projektleistungen ausdrücklich, dass die Bewerber Auswahlkriterien für die Auswahl von zukünftigen Mietern des Gesundheitszentrums erstellen und künftige Mieter ansprechen und akquirieren. Von den Bewerbern verlangt sie, ihre diesbezüglichen Erfahrungen durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen. Außerdem erwartet sie von Bewerbern vor diesem Hintergrund ein detailliertes Nutzungskonzept. Im Teilnahmewettbewerb sollen die Bewerber für das Verhandlungsverfahren nach Maßgabe der gemäß Nr. 4 der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages vorzulegenden Nachweise ausgewählt werden.

8

Vorzulegen sind:

  • Erklärung, dass keine Ausschlussgründe im Sinne von § 7 Nr. 5 VOL/A Abschnitt 2 vorliegen.

  • Erklärung über den Gesamtumsatz des Unternehmens in den letzten drei Geschäftsjahren.

  • Erklärung über den Umsatz des Unternehmens bezüglich der besonderen Leistungsart, die Gegenstand der Vergabe ist, in den letzten drei Geschäftsjahren.

  • Nachweis der Unternehmens- und Organisationsstruktur (Geschäftstätigkeit, Unternehmenszweck, interne Organisation), soweit vorhanden durch Vorlage der letzten drei Geschäftsberichte.

  • Vorlage einer Liste der Gesellschafter bezogen auf die letzten drei Jahre, ggf. Umfang des Streubesitzes.

  • Erfahrungsnachweis in Form einer Referenzliste in der Art der anzubietenden Leistung bezogen auf die letzten fünf Jahre (Angaben zu Auftraggebern, Auftragsgegenständen, Laufzeit, Auftragsvolumen).

  • Erfahrungsnachweis in Form einer Referenzliste der wesentlichen, in den letzten fünf Jahren erbrachten Leistungen in Zusammenarbeit mit Krankenhäusern oder vergleichbaren Einrichtungen (Angaben zu Auftraggebern, Auftragsgegenständen, Laufzeit, Auftragsvolumen).

  • Zahl und Qualifikation der an dem Projekt beteiligten Mitarbeiter. Benennung der Projektverantwortlichen mit persönlichem Erfahrungsnachweis.

  • Erklärung, dass die Anforderungen des § 58 der Niedersächsischen Bauordnung ("Entwurfsverfasserin und Entwurfsverfasser") für die notwendigen baurechtlichen Genehmigungsprozesse erfüllt werden.

  • Erklärung, dass alle eingesetzten Mitarbeiter deutsch in Wort und Schrift ausreichend beherrschen.

9

Unter den Nrn. 8 und 9 der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages informiert die Auftraggeberin über den geplanten Ablauf des weiteren Verfahrens und über die Zuschlagskriterien. Die im Teilnahmewettbewerb ausgewählten Bewerber sollten in der nächsten Phase Gelegenheit erhalten, im Rahmen einer Präsentation darzustellen, wie sie den Auftrag durchführen wollen. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Präsentationen sollte eine Rangfolge der Bewerber gebildet werden. Entsprechend der Platzierung sollten konkrete Vertragsverhandlungen zunächst mit bis zu drei der erstplazierten Bewerber durchgeführt werden. Im Falle eines Scheiterns dieser Verhandlungen wollte die Auftraggeberin mit den jeweils nächstplatzierten Bewerbern verhandeln.

10

Der Auftrag soll an den Bewerber vergeben werden, der im Rahmen der Vertragsverhandlungen das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat.

11

Hierzu sollten gewertet werden:

  • der Preis (unter Berücksichtigung der jeweils dargelegten Berechnungsmodelle) zu 40%,

  • die medizinische Konzeption für das Gesundheitszentrum zu 35%,

  • die wirtschaftliche Konzeption für das Gesundheitszentrum (Wirtschaftlichkeitsberechnungen und/oder der Erstellung von Businessplänen) zu 15% und

  • die bauplanerische und architektonische Umsetzung zu 10%.

12

Insgesamt gingen 24 Teilnahmeanträge bei der xxx Rechtsanwaltsgesellschaft ein. Die Anträge wurden formell und inhaltlich geprüft. Die Prüfung ergab, dass drei der 24 Teilnahmeanträge aufgrund formeller Mängel auszuschließen waren. Hiernach folgte die Wertung der vorgelegten Nachweise unter Verwendung eines einheitlichen Auswertungsbogens. Das Ergebnis der Auswertung wurde tabellarisch in der Vergabeakte festgehalten.

13

Mit Schreiben vom 11.12.2006 wurden die erfolgreichen Bewerber über Inhalt und Zeitplan der zweiten Phase informiert. Sie wurden aufgefordert, bis zum 18.01.2007 ein indikatives Angebot vorzulegen und sich selbst und ihr Angebot im Rahmen einer Präsentation am 25./26.01.2007 vorzustellen. Zur Vergleichbarkeit gab die Auftraggeberin hierfür eine Gliederung und einen Fragenkatalog vor.

14

Die indikativen Angebote und die Präsentationen der ausgewählten Bewerber wurden anhand entsprechend gegliederter Auswertungsbögen nach Maßgabe der bekannt gegebenen Gewichtung ausgewertet.

15

Die Antragstellerin und die Beigeladene waren mit 63 Punkten bzw. 62 Punkten im Teilnahmewettbewerb erfolgreich. Mit ihren Präsentationen und ihren indikativen Angeboten erreichten die Beigeladene 9975 Punkte und die Antragstellerin 9940 Punkte. Sie waren damit in der 2. Phase die ranghöchsten Bewerber und wurden mit Schreiben vom 12.02.2007 darüber informiert, dass die Auftraggeberin die Absicht hat, mit ihnen in konkrete Vertragsverhandlungen einzutreten.

16

Zur Vorbereitung auf die Vertragsverhandlungen übersandte die Auftraggeberin beiden per Email identische Entwürfe für einen Generalplanervertrag und einen Projektplanungs- und Projektmanagementvertrag. Gemäß den Protokollen der Anlage 19 zum Vergabevermerk wurde am 20.03.2007 mit der Antragstellerin und am 21.03.2007 mit der Beigeladenen über diese Verträge verhandelt. Die Entwürfe wurden entsprechend den jeweiligen Verhandlungsergebnissen abgeändert und den Bietern per Email zugesandt. Beide Bieter waren aufgefordert, bis Freitag, den 23.03.2007 auf der Basis des mit ihnen ausgehandelten Vertrages ein überarbeitetes Angebot abzugeben. Beide legten fristgemäß ein überarbeitetes Angebot vor.

17

Die Auftraggeberin wertete das Kriterium 4 "Preis" nach den aktuellen Angeboten neu, die Wertungen der Kriterien 1 bis 3 blieben unverändert. Bei ihrer Bewertung unterschied die Auftraggeberin nach den Unterkriterien "Kosten für medizinisch-wirtschaftliches Konzept" (4.1.), "Kosten für Architekten- und Ingenieurleistungen" (4.2.), Erfolgshonorar" (4.3.) und "Zeithonorare" (4.4.) und stellte fest, welcher der beiden Bieter bezüglich dieser Unterkriterien das bessere Angebot vorgelegt hatte. Sie trug die für die Unterkriterien erreichten Punktzahlen nach Maßgabe der Ergebnisse ihres Angebotsvergleichs in den jeweiligen Auswertungsbogen ein.

18

Hiernach liegt das Angebot der Beigeladenen mit 10675 Punkten vor dem Angebot der Antragstellerin mit 9590 Punkten.

19

Der von der xxx Rechtsanwaltsgesellschaft über das Verfahren gefertigte Vergabevermerk enthält dem entsprechend den Vorschlag, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Die Auftraggeberin nahm diesen Vorschlag - nach Prüfung durch das RPA - am 16.04.2007 an.

20

Mit Schreiben vom 18.04.2007 informierte die xxx Rechtsanwaltsgesellschaft die Antragstellerin darüber, dass die Auftraggeberin nach Auswertung der Angebote auf der Basis der bekannt gemachten Wertungs- und Zuschlagskriterien entschieden hat, den Zuschlag der Beigeladenen zu erteilen.

21

Mit Schreiben vom 18.04.2007 bat die Antragstellerin um nähere Informationen über die Punktebewertung zu den vier Zuschlagskriterien und rügte vorsorglich die vorgenommene Wertung. Im Hinblick auf die eigenen Referenzen und Erfahrungswerte könne sie nicht nachvollziehen, dass ihr Angebot bezüglich der Wertungskriterien "Medizinische Konzeption", "Wirtschaftliche Konzeption" und "Bauplanerische und architektonische Umsetzung" dem Angebot der Beigeladenen unterlegen sein soll.

22

Die xxx Rechtsanwaltsgesellschaft wies die Antragstellerin mit Schreiben vom 19.04.2007 darauf hin, dass die Referenzen und Erfahrungswerte für den Teilnahmewettbewerb maßgeblich gewesen seien, im anschließenden Verhandlungsverfahren als Kriterien aber nicht mehr bewertet werden durften. Sie erläuterte der Antragstellerin die im Verhandlungsverfahren vorgenommene Wertung nach Maßgabe der bekannt gemachten Zuschlagskriterien. Hiernach liege die Antragstellerin mit einer Gesamtpunktzahl von 9.590 auf Rang 2 hinter der Beigeladenen mit 10.675 Punkten. Die Rüge der Antragstellerin gegen die vorgenommene Wertung wies sie als unbegründet zurück.

23

Noch am selben Tage bat die Antragstellerin schriftlich um detaillierte Informationen zur Punktevergabe der einzelnen Wertungskriterien, um erkennen zu können, wie sie bei den einzelnen Kriterien bewertet worden ist. Sie wies auf den Fortbestand ihrer Rüge hin.

24

Mit Schreiben vom 25.04.2007 gab die xxx Rechtsanwaltsgesellschaft der Antragstellerin die gewünschten detaillierten Informationen zur Detailwertung nach den einzelnen Wertungskriterien.

25

In Reaktion auf die Ausführungen der Auftraggeberin bekräftigte die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 27.04.2007 ihre Rügen an der vorgenommenen Wertung. Hierbei stellt sie die fachliche Eignung der Beigeladenen bezüglich des Kriteriums "Medizinisches Konzept" in Frage, da die Beigeladene ihres Wissens bisher keine vergleichbaren Leistungen für Kliniken oder Gesundheitszentren erbracht habe. Hinsichtlich des Kriteriums "Wirtschaftliches Konzept" enthalte ihr eigenes Angebot vom 18.01.2007 umfangreiche Ausführungen zu sämtlichen gestellten Fragen, auch habe sie im Rahmen der Präsentation weitere Details ergänzt. Im Hinblick auf die von ihr erreichte Bewertung für dieses Kriterium und unter Bezugnahme auf das Schreiben der Auftraggeberin vom 12.02.2007 mutmaßt sie, dass - vergaberechtswidrig - als zusätzliches Kriterium Wirtschaftlichkeitsberechnungen oder Businesspläne Eingang in die Bewertung gefunden haben, obwohl diese nicht mit dem Angebot verlangt worden waren. Auch im Hinblick auf ihre eigenen umfangreichen Darlegungen bezüglich der architektonischen Umsetzung kann sie sich den Vorsprung der Beigeladenen nicht erklären, es sei denn, es wurden auch hier nicht geforderte Unterlagen unzulässig in die Wertung einbezogen. Schließlich habe sie ihre Planungsleistungen wie auch die Projektmanagementleistungen zum niedrigst möglichen Honorarsatz angeboten. Eine noch niedrigere Honorarforderung widerspreche der HOAI bzw. lasse darauf schließen, dass die Leistung nicht bzw. nicht ordnungsgemäß erbracht werden könne. Im Hinblick auf deren höhere Punktebewertung habe die Beigeladene entweder ein Dumping-Angebot abgegeben oder aber bei ihrer Kalkulation nicht den vollen Leistungsumfang berücksichtigt.

26

Unerklärlich sei ihr schließlich die Punktebewertung der Kriterien "Architektonische Umsetzung" und "Preis". Eine Bewertung zum Kriterium "Preis" sei im übrigen nur möglich, wenn die unterschiedlichen Honorarangebote auf Basis gleicher anrechenbarer Kosten ermittelt wurden, ein rein arithmetisches Vorgehen sei als unplausibel zu rügen.

27

Die xxx Rechtsanwaltsgesellschaft nahm zu den Rügen der Antragstellerin mit Schreiben vom 02.05.2007 Stellung. Die Eignung der Beigeladenen sei im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs festgestellt worden. Auf Grund ihrer Erfahrungen und Referenzen sei diese für die Teilnahme am Verhandlungsverfahren ausgewählt worden.

28

Die wirtschaftliche Konzeption sei nicht nachträglich als Zuschlags- bzw. Wertungskriterium eingeführt worden, sondern dies sei bereits aus den Vergabeunterlagen ersichtlich gewesen. Die Beigeladene habe ein wirtschaftliches Konzept vorgelegt, das als aussagekräftiger und vorzugswürdiger bewertet worden ist als das Konzept der Antragstellerin.

29

Die von der Antragstellerin vorgetragene Rechtsauffassung, dass bei der Wertung über die Anforderungen hinaus von den Bietern vorgelegte Unterlagen nicht gewertet werden dürften, sei nicht haltbar. Allen Bietern habe es frei gestanden, unter Beachtung der Vorgaben des Auftraggebers auch mehrere Varianten z.B. der architektonischen Umsetzung anzubieten.

30

Da das Konzept der Beigeladenen zur architektonischen Umsetzung den Vorstellungen des Auftraggebers am besten entsprochen habe, habe es eine entsprechend hohe Bewertung erhalten.

31

Hinsichtlich des Kriteriums "Preis" habe keines der vorgelegten Angebote Anlass für Nachprüfungen i.S.d. § 25 Nr. 2 VOL/A gegeben. Das Angebot der Beigeladenen sei weder ein Dumping-Angebot, noch sei es hinsichtlich des Leistungsumfanges unvollständig. Die Verhandlungen mit der Beigeladenen und der Antragstellerin seien auf der Grundlage identischer Vertragsentwürfe geführt worden.

32

Zu den von der Antragstellerin vorgetragenen Fragen zur rechnerische Punkteermittlung wird auf die Unterteilung der Wertungskriterien in verschiedene Unterpunkte verwiesen.

33

Die Wertung des Kriteriums "Preis" sei nach Maßgabe der Ankündigungen in den Vergabeunterlagen erfolgt. Auch wenn die Kostenkalkulationen auf unterschiedlichen Konzepten beruhten, seien die Kosten für die angebotenen Konzepte grundsätzlich miteinander vergleichbar und letztendlich - unter Berücksichtigung der Vertragsverhandlungen / der Festlegung und Bepreisung bestimmter Leistungsschritte - auch wertbar.

34

Mit Schriftsatz vom 02.05.2007, per Fax eingegangen bei der Vergabekammer am selben Tage, beantragte die Antragstellerin gemäß § 107 GWB die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Unter Verweis auf ihre Rügen beanstandet sie die Einbeziehung der Beigeladenen in das Verhandlungsverfahren und die von der Auftraggeberin vorgenommene Wertung des Kriteriums "Preis" als vergaberechtswidrig. Mit Schreiben vom 04.05.2007 führt sie hierzu ergänzend aus, die Beigeladene verfüge nicht über die in den Vergabeunterlagen geforderten Nachweise über Erfahrungen und Qualifikationen. Sie bezweifelt, dass die Beigeladene in nennenswertem Umfang Projektmanagementleistungen für Klinikprojekte erbracht hat und geeignete Nachweise über ihre bisherigen Erfahrungen bei der Mieterakquisition vorlegen konnte. Im Hinblick auf das für sie nicht nachvollziehbare bessere Ergebnis vermutet sie eine vergaberechtswidrige Prüfung und Wertung von Teilnahmeantrag und Angebot der Beigeladenen, wertungsfremde Aspekte sowie Manipulationen bei den zu wertenden Angeboten und bittet um entsprechende Überprüfung. Hinsichtlich der Wertung des Preises vermutet sie Fehler bei der Punktevergabe und Abweichungen von der bekannt gegebenen Gewichtung.

35

Am 14.05.2007 erhielt die Antragstellerin auf ihren Wunsch im Rahmen der Akteneinsicht per Fax einen umfangreichen Aktenauszug. Zusammen mit dem Aktenauszug erhielt sie ein verfahrensbegleitendes Schreiben der Vergabekammer mit der Aufforderung, zu den gegebenen Hinweisen bis Freitag, den 18.05.2007 um 12:00 Uhr Stellung zu nehmen. Nach Erhalt des Fax meldete sich die Antragstellerin telefonisch bei der Vergabekammer und teilte mit, das Fax sei mit Ausnahme der Seite 2 des verfahrensbegleitenden Schreibens vollständig eingegangen. Daraufhin wurde die fehlende Seite 2 nochmals per Fax an die Antragstellerin übersandt.

36

Am 15.05.2007 wurden die Verfahrensbeteiligten per Fax für Dienstag, den 22.05.2007 zur mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten eingeladen.

37

Die Antragstellerin ließ den von der Vergabekammer für ihre Stellungnahme gesetzten Termin verstreichen. Erst am 20.05.2007 übersandte ihre erst am 18.05.2007 beauftragte Verfahrensbevollmächtigte einen Schriftsatz, den die Kammer am Morgen des 21.05.2007 zur Kenntnis nahm. Im Schriftsatz vom 20.05.2007 bittet die Bevollmächtigte zunächst einmal um erneute Akteneinsicht, da der per Fax übersandte Aktenauszug in wesentlichen Teilen wegen unterlegter Schraffuren nicht lesbar sei. Des Weiteren werden vorgetragen

  • Verstöße gegen das zwingende Preisrecht der HOAI,

  • fehlerhafte Wertungen der architektonischen Umsetzung und des wirtschaftlichen Konzepts, Verstöße gegen das Gleichbehandlungsgebot

  • sowie - mit Nichtwissen - ein vergaberechtswidriges Punktesystem.

38

Die Vergabekammer gewährte am 21.05.2007 kurz vor 12:00 Uhr erneut Akteneinsicht durch Übersendung der nicht lesbaren Seiten des Aktenauszuges per E-Mail. Am 21.05.2007 um 17:59 Uhr ging ein weiterer Schriftsatz der Antragstellerin ein. In diesem Schriftsatz bezieht sich die Antragstellerin auf die Antragserwiderung der Auftraggeberin, in welcher diese fehlende Verpflichtungserklärungen für Nachunternehmer erwähnte. Hierzu teilt sie mit, dass entsprechende Verträge vorlägen, von der Auftraggeberin aber - ausdrücklich - nicht verlangt worden seien. Dass die Verfügbarkeit ihres Nachunternehmers gegeben sei, werde im Übrigen durch dessen Teilnahme an der Präsentation hinreichend belegt. Nach den Ausführungen der Antragserwiderung dürfte vielmehr der Teilnahmeantrag der Beigeladenen diesbezüglich unvollständig sein.

39

Die Antragstellerin beantragt

  • die Auftraggeberin zu verpflichten, das Angebot der Beigeladenen von der Angebotswertung auszuschließen,

40

hilfsweise,

  • die Auftraggeberin zu verpflichten, das Vergabeverfahren von dem Zeitpunkt an zu wiederholen, in dem die Teilnahmeanträge gewertet wurden,

  • festzustellen, dass die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Antragstellerin notwendig war,

  • der Auftraggeberin die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen.

41

Die Auftraggeberin beantragt

  • den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

42

Sie tritt den Vermutungen und der Rechtsauffassung der Antragstellerin entgegen. Das von ihr durchgeführte Verhandlungsverfahren sei in allen Phasen vergaberechtlich korrekt und habe einen diskriminierungsfreien und transparenten Wettbewerb sichergestellt.

43

Die Beigeladene wie auch die Antragstellerin hätten mit ihren im Teilnahmewettbewerb vorgelegten Nachweisen die erforderliche Eignung nachgewiesen, beide wurden für das weitere Verfahren ausgewählt. Für dieses waren die bekannt gemachten Zuschlagskriterien maßgeblich. Von der Antragstellerin für den Teilnahmewettbewerb vorgelegte - möglicherweise höherwertige - Eignungsnachweise mussten unberücksichtigt bleiben. Die Beigeladene habe kein wettbewerbswidriges Dumpingangebot vorgelegt, auch sei ihr Angebot - nicht nur - hinsichtlich des Leistungsumfanges mit dem Angebot der Antragstellerin vergleichbar. In der Wertung seien weder wertungsfremde Aspekte berücksichtigt worden, noch sei von den bekannt gemachten Kriterien abgewichen worden. Die Beigeladene habe durch Vorlage nicht geforderter Unterlagen keine Wettbewerbsvorteile erlangt, auch habe es bei der Angebotswertung keine Manipulationen zu Gunsten der Beigeladenen gegeben. Die vorgenommene differenzierte Wertung des Kriteriums "Preis" führe auch nicht zu Verstößen gegen das zwingende Preisrecht der HOAI.

44

Die beigeladene Bietergemeinschaft beantragt

  • die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen,

  • der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten und Auslagen auch der Beigeladenen aufzuerlegen,

  • die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Beigeladenen für notwendig zu erklären.

45

Sie weist insbesondere das Ausschlussverlangen der Antragstellerin zurück. Abgesehen davon, dass ihre vermeintlich mangelnde Eignung von der Antragstellerin nicht unverzüglich, sondern erst nach 10 Tagen gerügt worden sei, sei dieser Einwand auch unbegründet. Sie habe alle von der Auftraggeberin geforderten Eignungsnachweise vorgelegt, hierunter auch die geforderten Referenzen von vergleichbar ausgeführten Leistungen.

46

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Vergabeakte, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 22.05.2007 Bezug genommen.

47

II.

Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig. Das Angebot der Antragstellerin war auszuschließen, da sie es versäumt hat, Verfügbarkeitsbescheinigungen ihres Nachunternehmers oder vergleichbare Nachweise vorzulegen, obgleich dieser einen nicht nur untergeordneten Teil der zu erbringenden Leistung wahrnehmen sollte, so dass ihre Eignung in einem für die Leistungserbringung wesentlichen Teil nicht nachgewiesen war.

48

1.

Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig. Zwar ist die Vergabekammer zuständig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um das in der Rechtsform einer gGmbH organisierte Städtische Klinikum xxxxxxx und damit um eine juristische Person des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen. Sie steht in hundertprozentiger Trägerschaft der Stadt xxxxxxx und ist damit öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um Dienstleistungen im Sinne des § 1 VOL betreffend die erforderlichen Planungsleistungen für den Neubau eines Gesundheitszentrums und damit um einen Dienstleistungsauftrag, für den gemäß § 2 Nr. 3 der Vergabeverordnung (VgV) angesichts der Bekanntmachung am 19.10.2006 ein Schwellenwert von 200.000 EUR gilt. Der Wert des ausgeschriebenen Auftrags überschreitet unstreitig den für die Anrufung der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert. Der Nettoauftragswert liegt unter Zugrundelegung des Angebots der Antragstellerin unter Vernachlässigung des Erfolgshonorars und der Zeithonorare bei 946.224 EUR.

49

Die Antragstellerin ist aber nicht gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Zwar hat sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag und macht eine Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend, indem sie vorträgt, die Auftraggeberin habe sie im Rahmen ihrer Bewertung des Zuschlagskriteriums Preis vergaberechtswidrig benachteiligt und diese Bewertung unzureichend dokumentiert, zudem habe die Auftraggeberin die Beigeladene wegen Nichteignung ausschließen müssen.

50

Eine Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften kommt aber unter keinem Gesichtspunkt in Betracht, weil das Angebot der Antragstellerin zwingend auszuschließen war. Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen einerseits nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, VergabeR, 2. Aufl., § 107 GWB, Rdnr. 954). Andererseits ist hier jedoch ausschlaggebend, dass ein Angebot, das von vornherein vergaberechtlich nicht zuschlagsfähig ist, den Zuschlag nicht erhalten darf, so dass dem betroffenen Bieter kein Schaden entstehen oder drohen kann (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 08.09.2005, Az. 1 Verg 10/05). Die Antragstellerin hat demnach ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis nicht darlegen können, da ihr Angebot zwingend auszuschließen war, sie also bei vergaberechtskonformer Angebotswertung keine Chance auf den Zuschlag gehabt hätte.

51

Das Angebot der Antragstellerin war auszuschließen, weil es an den notwendigen Verfügbarkeitserklärungen der von ihr einzusetzenden Nachunternehmer fehlt. § 7a Nr. 3 Abs. 6 S. 1 VOL/A sieht vor, dass ein Unternehmen sich zum Nachweis der Leistungsfähigkeit und Fachkunde der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen darf. Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil vom 02.12.1999, Az. C - 176/98, Holst Italia Spa), die mittlerweile Eingang in § 7a Nr. 3 Abs. 6 S. 2 VOL/A gefunden hat, muss ein Unternehmen dem Auftraggeber nachweisen, dass ihm die erforderlichen Mittel bei der Erfüllung des Auftrages zur Verfügung stehen, indem es beispielsweise eine entsprechende Verpflichtungserklärung dieser Unternehmen vorlegt. Der EuGH führt aus: "Der Auftraggeber hat ... die fachliche Eignung der Dienstleistungserbringer aufgrund der aufgeführten Kriterien zu prüfen. Wenn also eine Gesellschaft, um im Hinblick auf ihre Zulassung zu einem Vergabeverfahren ihre finanzielle, wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit darzutun, auf die Leistungsfähigkeit von Einrichtungen oder Unternehmen verweist, zu denen sie unmittelbare oder mittelbare Verbindungen hat, welcher Rechtsnatur diese auch sein mögen, hat sie nachzuweisen, dass sie tatsächlich über die diesen Einrichtungen oder Unternehmen zustehenden Mittel, die sie nicht selbst besitzt und die zur Ausführung des Auftrags erforderlich sind, verfügt." Die Auftraggeberin hätte hier bereits bei der Eignungsprüfung zu dem Ergebnis kommen müssen, dass das Angebot der Antragstellerin auszuschließen war, weil sie nicht ihre Eignung insoweit nachgewiesen hat, dass ihr die erforderlichen Mittel bei der Erfüllung des Auftrags zur Verfügung stehen. Ein Nachweis wäre z.B. möglich gewesen durch Verpflichtungserklärungen ihrer für die Mieterakquisition benannten Nachunternehmerin, dass deren personelle und materielle Ressourcen für den Auftrag zur Verfügung stehen. Zwar hat die Auftraggeberin derartige Nachweise weder in der Bekanntmachung noch in den Verdingungsunterlagen noch im Verfahren eingefordert (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.06.2006, Az. VII-Verg 18/06, zwingender Ausschluss bei Fehlen geforderter Nachweise), aber die Eignung der Antragstellerin, die selbst insoweit keine Referenzen vorgelegt hat, beruht für den streitbefangenen Auftrag der Projektplanung und des Projektmanagements für die Errichtung eines Gesundheitszentrums maßgeblich und nicht nur untergeordnet auf dem Einsatz der von ihr benannten Nachunternehmerin. In einer solchen Konstellation, wenn die Eignung des Unternehmens mit dem Einsatz von Nachunternehmern "steht und fällt", ist es - unabhängig von einer Forderung des Auftraggebers - unabdingbar, dass nachgewiesen wird, dass die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen. Die Auftraggeberin hat im Rahmen der Projektleistungen ausdrücklich erwartet, dass die Bewerber Kriterien für die Auswahl von zukünftigen Mietern des Gesundheitszentrums erstellen und geeignete Mieter akquirieren. Von den Bewerbern hat sie verlangt, ihre diesbezüglichen Erfahrungen durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen. Es reicht hier zum Nachweis der Eignung keinesfalls aus, lediglich einen Nachunternehmer zu benennen. Auch die Beifügung von Referenzen des Nachunternehmers belegt nicht, dass dieser mit seinen personellen und materiellen Ressourcen für die Erfüllung des streitbefangenen Auftrags einsteht. Darauf aber beschränkt sich das Angebot der Antragstellerin. Entgegen ihrer Auffassung ist es auch nicht ausreichend, dass die Nachunternehmerin bei den späteren Präsentationen mitwirkte. Es kommt insoweit auf den Zeitpunkt der Eignungsprüfung an. Unerheblich ist auch, dass die Beigeladene ebenfalls keine Verpflichtungserklärung für den Nachunternehmereinsatz beigefügt hat. Denn die Beigeladene hat ihre Eignung auch durch eigene Referenzen belegen können. Folglich hätte die Auftraggeberin das Angebot der Antragstellerin zwingend ausschließen müssen, weil die Antragstellerin ihre Eignung nicht hinreichend nachgewiesen hat, so dass es an ihrer Antragsbefugnis fehlt.

52

Der Nachprüfungsantrag war demnach insgesamt wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen. Eine Prüfung der Begründetheit der erhobenen Rügen durch die Vergabekammer ist damit ausgeschlossen.

53

2.

Da die Auftraggeberin wegen der vermeintlichen rechtlichen Übergangslage über die fehlenden Verpflichtungserklärungen für Nachunternehmer hinweggesehen hat, weist die Vergabekammer ergänzend darauf hin, dass die Vorwürfe der Antragstellerin gegen die Vorgehensweise der Auftraggeberin bei der Angebotswertung nicht durchgreifen. Die Auftraggeberin hat die in den Verdingungsunterlagen bekannt gemachten Zuschlagskriterien und ein nach ihren Angaben vorab festgelegtes Bewertungssystems angewendet. Wertung und Ergebnis wurden in einer den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert. Gemäß § 9 a Nr. 1 c. VOL/A geben die Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung alle Zuschlagskriterien an, deren Verwendung sie vorsehen, möglichst mit ihrer Gewichtung. Die Auftraggeberin hat in den Verdingungsunterlagen die Gewichtung der Zuschlagskriterien genannt, u.a. "Preis (unter Berücksichtigung der jeweils dargelegten Berechnungsmodelle) 40%". Der prozentuale Anteil des Preises in der Angebotswertung ist nicht beanstandet worden.

54

Soweit die Antragstellerin in ihrer Rüge vom 27.04.2007 beanstandet, dass die unterschiedlichen Honorarangebote nur auf Basis gleicher anrechenbarer Kosten miteinander vergleichbar gewesen wären, die Auftraggeberin für die Ermittlung der Honorare nach HOAI aber keine einheitliche Bausumme vorgegeben hat, ist festzustellen, dass sich der Verzicht der Auftraggeberin auf diese Vorgabe auf Grund der Systematik der vorgenommenen Wertung nicht zum Nachteil der Antragstellerin ausgewirkt hat. Die Antragstellerin hat für das hiervon betroffene Unterkriterium 4.2 "Kosten für Architekten- und Ingenieurleistungen" die bestmögliche Bewertung (35 Punkte) erhalten. Auch bewegt sich das Angebot der Beigeladenen entgegen der Meinung der Antragstellerin erkennbar im Rahmen der HOAI. Die von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vorgestellten Rechenbeispiele, die sich nicht einmal korrekt auf die von der Auftraggeberin vorgenommene Wertung beziehen und die die Kammer allenfalls im Rahmen einer umdeutenden Interpretation dessen, was die Antragstellerin gemeint haben könnte, nachvollziehen kann, können nicht davon überzeugen, dass das Zuschlagskriterium "Preis" vergaberechtswidrig gewertet worden ist.

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Abschließend ist festzuhalten, dass die Antragstellerin entgegen den Anforderungen des § 113 Abs. 2 GWB nicht auf eine Förderung des Verfahrens hingewirkt hat. Obgleich sie am Montag, den 14.05.2007 per Fax vormittags im Rahmen der Akteneinsicht Aktenauszüge und ein verfahrensbegleitendes Schreiben der Kammer mit einer Äußerungsfrist bis zum Freitag, den 18.05.2007, 12.00 Uhr erhielt, außerdem am Dienstag, den 15.05.2007 die vorsorgliche Ladung zur mündlichen Verhandlung am Dienstag, den 22.05.2007, hat die Antragstellerin nicht angemessen reagiert. Sie hat, abgesehen von der Nachforderung einer fehlenden Seite, die sie unverzüglich von der Kammer erhielt, zunächst nichts unternommen und auch nicht darauf hingewiesen, dass das Fax in Teilen (schraffiert unterlegte Teile aus der Wertung der Auftraggeberin) unleserlich war. Die Antragstellerin hat sich gar nicht während der von der Kammer gesetzten Frist geäußert. Erst am Freitag, den 18.05.2007 hat die Antragstellerin ihre Verfahrensbevollmächtigte beauftragt, die ihrerseits ohne Kenntnis wesentlichen Akteninhalts der Kammer am Sonntag, 20.05.2007 einen Schriftsatz übersandte, den die Kammer am Morgen des 21.05.2007 zur Kenntnis nahm und daraufhin erneut im Rahmen einer Übersendung per E-Mail Akteneinsicht gewährte. Auf den Arbeitsanfall und die interne Büroorganisation kommt es für die Mitwirkungspflicht der Beteiligten im Nachprüfungsverfahren nicht an. Entsprechend ist es auch nicht erheblich, dass die Antragstellerin anführt, sie habe wegen der Bewerbung in einem anderen Vergabeverfahrens keine Gelegenheit gehabt, sich mit der verfahrensbegleitenden Verfügung der Kammer und den übersandten Aktenauszügen auseinanderzusetzen. Jedenfalls hätte die Antragstellerin angesichts der Tatsache, dass die Kammer in ihrem verfahrensbegleitenden Schreiben die Rücknahme des Nachprüfungsantrags nahe gelegt hatte, unverzüglich einen Verfahrensbevollmächtigten mit der Angelegenheit betrauen können. Die Kammer hat im Übrigen insoweit während der mündlichen Verhandlung auf § 113 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GWB hinsichtlich des schriftlichen Vortrags der Antragstellerin vom 20.05. und 21.05.2007 hingewiesen. Selbstverständlich hat die Antragstellerin eine Mitwirkungspflicht, um einen raschen Abschluss des Verfahrens zu ermöglichen. Dementsprechend war der Vortrag der Antragstellerin, die Auftraggeberin habe etwaige Nachweise für die Nachunternehmer ausdrücklich nicht verlangt bzw. sogar deren Vorlage zum Teilnahmewettbewerb abgelehnt, als verspätet zurückzuweisen. In der mündlichen Verhandlung konnte diesbezüglich auch keine Aufklärung erreicht werden.

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III. Kosten

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro - Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 Euro, die Höchstgebühr 25.000 Euro bzw. in Ausnahmefällen 50.000 Euro beträgt.

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Es wird eine Gebühr in Höhe von 2.835 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

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Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 1.126.006,56 EUR brutto. Dieser Betrag entspricht den Kosten nach dem Angebot der Antragstellerin und damit ihrem Interesse am Auftrag. Zu Gunsten der Antragstellerin wurden bei der Ermittlung des Auftragswertes das Erfolgshonorar und die Zeithonorare vernachlässigt.

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Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der zurzeit gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 1.126.006,56 EUR ergibt sich eine Gebühr von 2.835 EUR.

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Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

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Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin keinen Erfolg hatte.

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Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten der Auftraggeberin, die dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Auftraggeberin im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte die Auftraggeberin für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.

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Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306) [BVerwG 10.04.1978 - 6 C 27/77]. Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdnr. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl.,

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§ 80, Rdnr. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zugunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren übertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.

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Kosten der Beigeladenen:

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Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen zu 1) folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zugunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 155, 158 [OLG Düsseldorf 12.01.2000 - Verg 3/99]; sowie OLG Düsseldorf, Beschluss v. 15.06.2000, Az.: Verg 6/00). Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird: "Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend." Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den Beteiligten-Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwerwiegend berührt werden".

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Einerseits darf daher zwar für den Antragsteller durch (mögliche) Beiladungen kein unkalkulierbares und damit abschreckendes Kostenrisiko entstehen. Andererseits dürfen aber auch Kosten des Beigeladenen nicht zu einer Waffenungleichheit zu seinen Lasten führen (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 128, Rdnr. 1034).

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Unter Berücksichtigung dieser sachgerechten Grundsätze entspricht es im vorliegenden Fall der Billigkeit i.S.d. hier analog anzuwendenden § 162 Abs. 3 VwGO, dass die unterlegene Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren erforderlichen Aufwendungen der Beigeladenen, zu denen auch die Kosten einer in einem derartig komplexen, nicht nur materielles Vergaberecht, sondern auch prozessuale Rechtsfragen berührenden Verfahren ohne weiteres erforderlichen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gehören, zu tragen hat.

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Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Betrag von 2.835 EUR unter Angabe des Kassenzeichens ... innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses auf folgendes Konto zu überweisen:

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Dr. Raab
Rohn
Hellermann