Landgericht Hannover
Beschl. v. 23.01.2001, Az.: 11 T 2235/00

Weigerung eines Rechtspflegers zur Festsetzung von Kosten wegen fehlenden Vorliegens eines Vollstreckungstitels auf Grund der Vereinbarung eines Vergleichs vor dem Oberlandesgericht; Festsetzung von Zwangsvollstreckungskosten

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
23.01.2001
Aktenzeichen
11 T 2235/00
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 30531
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2001:0123.11T2235.00.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Neustadt am Rübenberge - 15.09.2000 - AZ: 11 M 11558/98

Fundstelle

  • NJW-RR 2001, 1437-1438 (Volltext mit amtl. LS)

In der Zwangsvollstreckungssache
hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
auf das als sofortige Beschwerde anzusehende Rechtsmittel der Gläubigerin vom 21.09.2000
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neustadt a. Rbge. vom 15.09.2000 (Az. 11 M 11558/98)
am 23.01.2001
beschlossen:

Tenor:

Das Amtsgericht wird angewiesen, von den geäußerten Bedenken gegen die Festsetzung der Zwangsvollstreckungskosten Abstand zu nehmen, und über den Antrag der Gläubigerin vom 30.08.1999 unter Berücksichtigung der Gründe dieses Beschlusses erneut zu entscheiden.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Schuldner.

Beschwerdewert: 977,86 DM

Gründe

1

Die Gläubigerin hat gegen die Schuldner ein vorläufig vollstreckbares Urteil des Landgerichts Bielefeld erwirkt, durch das die Schuldner zur Zahlung von 47.412,92 DM nebst Zinsen und Kosten verurteilt wurden. Aus diesem Urteil hat die Gläubigerin die Zwangsvollstreckung betrieben. Im Rahmen dieser Zwangsvollstreckung sind ihr Kosten in Höhe von 977,86 DM entstanden.

2

In der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Hamm haben sich die Parteien dann in der mündlichen Verhandlung vom 04.02.1999 dahin verglichen, dass die Schuldner an die Gläubigerin einen Betrag von 40.000,00 DM nebst Zinsen zu zahlen hatten. Weiter heißt es in dem Vergleich: " Dieser Vergleich tritt an die Stelle des am 20. Mai 1998 verkündeten Urteils des Landgerichts Bielefeld, das mit diesem Vergleich erledigt ist." Hinsichtlich der Kosten hat der Senat die Kosten des Rechtsstreits der Gläubigerin zu 1/10 und den Schuldnern zu 9/10, die Kosten des Vergleichs der Gläubigerin zu 1/7 und den Schuldnern zu 6/7 gemäß § 91a ZPO auferlegt.

3

Die Gläubigerin hat dann beantragt, die Vollstreckungskosten aus dem Urteil des Landgerichts Bielefeld festzusetzen. Diesen Antrag hat der Rechtspfleger mit dem angefochtenen Beschluss mit der Begründung abgelehnt, es fehle auf Grund des Vergleichs vor dem Oberlandesgericht Hamm an einem Vollstreckungstitel, da der Vergleich das Urteil des Landgerichts Bielefeld ersetzt habe.

4

Die hiergegen gerichtete zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

5

Das Amtsgericht hat zu Unrecht die Festsetzung der Zwangsvollsteckungskosten gemäß §§ 103 Abs. 1, 788 ZPO abgelehnt.

6

Die Kosten der Zwangsvollstreckung werden indes nicht bereits durch die Kostenfolge des zwischen den Parteien vor dem Oberlandesgericht Hamm geschlossenen Vergleichs erfasst, da diese Kosten nicht zu den Kosten des Rechtsstreits gehören, über die allein das Oberlandesgericht entschieden hat ( vgl. KG NJW-RR 2000, 518, 519; OLG Frankfurt JurBüro 1979, 1566).

7

Die Verpflichtung der Schuldner, die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung zu tragen, ergibt sich jedoch aus § 788 Abs. 1 i V. m. dem vollstreckbaren Vergleich vom 04.02.1999. Allerdings hat die Gläubigerin nicht aus dem Vergleich, sondern aus dem Urteil des Landgerichts Bielefeld vollstreckt. Dessen Wirksamkeit ist hingegen nachträglich durch den gerichtlichen Vergleich vom 02.04.1999 entfallen, weil der derselbe mangels ausdrücklicher Aufrechterhaltung des Urteils dem Regelfall entsprechend, und wie sich auch aus dem Vergleich selbst ergibt, an die Stelle des Urteils des Landgerichts getreten ist.

8

Dies steht jedoch weder einem Erstattungsanspruch der Gläubigerin aus § 788 Abs. 1 ZPO noch dessen Festsetzung entsprechend §§ 103 ff. ZPO entgegen. § 788 Abs.1 ZPO stellt für die Entstehung und Beitreibbarkeit des Anspruchs auf Erstattung der Vollstreckungskosten nicht entscheidend auf die Kontinuität des Vollstreckungstitels, aus dem vollstreckt wurde, sondern auf die Vollstreckbarkeit des Anspruchs ab. Aus diesem Grund ist es für die Betreibbarkeit der Vollstreckungskosten ausreichend, wenn an die Stelle des ursprünglichen vorläufig vollstreckbaren Urteils ein an die Stelle dieses Urteils tretender nachfolgender Titel tritt, sofern dieser den vollstreckbaren Anspruch zumindest teilweise bestätigt (OLG Bremen NJW-RR 1987, 1208, 1208 f. [OLG Bremen 22.04.1987 - 2 W 5/86] m.w.N.).

9

Soweit der ursprüngliche Vollstreckungstitel durch einen nachfolgenden Vergleich teilweise aufgehoben wird, da sich die Parteien nur über einen Teil der ausgeurteilten Summe verglichen haben, können die durch die Vollstreckung aus dem Urteil entstandenen Kosten hingegen nur in der Höhe erstattet verlangt werden, in der sie bei der Vollstreckung wegen der jetzt noch bestehenden Forderung entstanden wären. (Zöller/Stöber, ZPO, 22. Auflage, § 788, Rn. 14 m.w.N.).

10

Indem die Parteien vorliegend am 04.02.1999 den Vergleich vor dem Oberlandesgericht Hamm geschlossen haben, ist dieser an die Stelle des Urteils des Landgerichts Bielefeld getreten. Dies hat zur Folge, dass die Gläubigerin die ihr durch die Vollstreckung aus dem landgerichtlichen Urteil entstandenen Kosten festsetzen lassen kann. Denn der Verglich vor dem Oberlandesgericht hat das Urteil das Landgerichts im Ergebnis überwiegend bestätigt. Da sich die Parteien indes nur über einen Betrag in Höhe von 40.000,00 DM verglichen haben, ist bei der Festsetzung der Vollstreckungskosten auch nur von diesem Wert auszugehen.

11

Nach alledem war der sofortigen Beschwerde stattzugeben.

12

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, 57 Abs. 2 BRAGO.