Landgericht Hannover
Urt. v. 18.04.2001, Az.: 22 O 1849/01-55
Vorliegen einer unzulässigen anwaltlichen Werbung im Falle des Betreibens einer Kanzleihomepage im geschäftlichen Verkehr im Internet unter der Domain "www.recht-freundlich.de"
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 18.04.2001
- Aktenzeichen
- 22 O 1849/01-55
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 29731
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2001:0418.22O1849.01.55.0A
Rechtsgrundlagen
- § 1 UWG
- § 6 Abs. 1 Berufsordnung für Anwälte
Fundstellen
- AfP 2001, 443-444
- CR 2001, 467-468
- ITRB 2001, 234-235
- MMR 2001, 630 (Volltext mit red. LS)
- Mitt. 2003, 187-188 "recht-freundlich.de"
- MittRKKöln 2001, 259
- NJW-RR 2001, 917-918 (Volltext mit red. LS) "Rechtsanwalt"
- NJW-RR 2002, 144 (red. Leitsatz)
In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
hat die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2001
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...,
den Handelsrichter ... und
den Handelsrichter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Verfügungskläger darf die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung von 3.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagten zuvor Sicherheit in dieser Höhe leisten.
Tatbestand
Die Parteien sind als Rechtsanwälte im Bezirk des Landgerichts Hannover tätig. Seit ca. 2 1/2 Jahren präsentieren sich die Verfügungsbeklagten im Internet unter der Domain .... Im Rechtsverkehr treten sie als ... auf.
Der Verfügungskläger hält die Verwendung dieser Internet-Adresse für rechtswidrig, weil sie gegen anwaltliches Standesrecht verstoße und einen unlauteren Wettbewerb darstelle. Er verlangt die Unterlassung der Verwendung dieser Adresse mit dem Antrag:
Im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung -wird den Antragsgegnern bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verboten, mit ihrer Kanzleihomepage im geschäftlichen Verkehr im Internet unter der Domain "ww.recht-freundlich.de" aufzutreten.
Die Verfügungsbeklagten beantragen,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Sie sind der Auffassung, die Verwendung der Domain ... stelle keine unzulässige anwaltliche Werbung dar und sei demzufolge in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht ebenfalls erlaubt.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagten ist unbegründet.
Der Verfügungskläger kann von den Beklagten nicht die Unterlassung der Verwendung der Domain ... verlangen. Denn die Verwendung dieser Adresse ist weder aus der Sicht des anwaltlichen Standesrechts noch nach den allgemeinen Grundsätzen des Rechts über den unerlaubten Wettbewerb zu beanstanden.
Zwar kann ein Verstoß gegen berufsrechtliche Vorschriften zugleich eine wettbewerbswidrige Handlung im Sinne der Generalklausel des § 1 UWG darstellen. Der Verfügungskläger weist auch zutreffend darauf hin, dass Rechtsanwälte nur in stark eingeschränktem Maße Werbung für sich treiben dürfen. Nach § 6 Abs. 1 der Berufsordnung darf ein Anwalt über seine Dienstleistung und seine Person informieren, soweit die Angaben sachlich unterrichtend und berufsbezogen sind. Gemäß § 43 b der Bundesrechtsanwaltsordnung ist Werbung nur erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist.
Gegen diese Regelungen verstößt die Verwendung der Internet-Domain ... selbst dann nicht, wenn man die Verwendung dieser Adresse als Werbung auffasst.
Denn es handelt sich hierbei, wie die Verfügungsbeklagten zutreffend darlegen, in erster Linie um eine Kommunikationsadresse. Sie ist als ein Wortspiel ohne konkrete Aussagekraft gestaltet. Ohne überhaupt von vornherein darauf aufmerksam gemacht zu werden, dass es sich um die Domain von Anwälten handelt, assoziiert man unwillkürlich die Aufforderung "Bitte recht freundlich", fragt sich, ob Recht freundlich sein soll und denkt daran, dass die Home-Page freundliches Verhalten ankündigt. Weitere Informationen sind aus der Internetadresse nicht herzuleiten. Es werden keine berufsbezogenen Qualitäten oder Eigenschaften versprochen, auch keine hervorgehobenen persönlichen Qualifikationen, sondern nur eine unverbindliche Verhaltensweise, die Menschen im Umgang miteinander wünschen und erwarten. Ein freundlicher Anwalt ist eine pure Selbstverständlichkeit, er/sie präsentiert sich in dieser Weise den Mandanten und sie erwarten ein freundliches Auftreten ihres Anwaltes/ihrer Anwältin.
Angesichts dessen kann weder von einem "reklamehaften Sich - Herausstellen" noch einer unzulässigen Qualitätswerbung oder einem Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot gesprochen werden. Auch ein Verstoß gegen das Verbot der Verwendung von Wertungen liegt nicht vor, weil der Begriff "freundlich" letztlich nichts sagend ist.
Nähere Einzelheiten über die Verfügungsbeklagten erfährt der Internet-Nutzer erst dann, wenn er die Adresse anklickt. Die ihm sodann erteilten Informationen verstoßen auch nach dem Dafürhalten des Verfügungsklägers nicht gegen das anwaltliche Standesrecht und das Wettbewerbsrecht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist gemäß §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO getroffen worden.