Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 21.08.2017, Az.: L 2 R 248/17

Heranziehung einer Klinik zur Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen für eine Tätigkeit einer Ärztin; Abgrenzung selbständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung; Gesamtabwägung aller Umstände

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
21.08.2017
Aktenzeichen
L 2 R 248/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 41435
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hildesheim - 18.01.2017 - AZ: S 14 R 28/12

Redaktioneller Leitsatz

1. Zum Tatbestand des § 7 Abs. 1 SGB IV gehört weder eine "Festanstellung" noch der Abschluss eines "typischen" Arbeitsvertrages.

2. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob die zu beurteilende Tätigkeit die Bandbreite der in Betracht kommenden Ausgestaltungen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse verlässt und ob insbesondere im Rahmen der Gesamtabwägung die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Umstände überwiegen.

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der nicht erstattungsfähigen Kosten der Beigeladenen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer gGmbH ein Krankenhaus. Im vorliegenden - abgetrennten - Berufungsverfahren wendet sie sich gegen die Heranziehung zur Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen für eine Tätigkeit der zu 1. beigeladenen Ärztin im streitbetroffenen Zeitraum 1. Oktober 2005 bis 30. April 2007 auf der Grundlage einer von dem beklagten Rentenversicherungsträger durchgeführten Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV. Die Beigeladene zu 2. ist die für die Beigeladene zu 1. zuständige Einzugsstelle; die Beigeladenen zu 3. und 4. sind die weiteren für sie zuständigen Sozialversicherungsträger.

Die Klägerin ist eine Einrichtung, die der Evangelischen Landeskirche J. zugeordnet ist. Neben dem von ihr geführten Krankenhaus in K. mit 117 Betten wirkt sie auch im Rettungsdienst mit. Der örtlich zuständige Landkreis L. hat als Träger des Rettungsdienstes entsprechend § 5 NRettDG die Johanniter-Unfallhilfe e.V. mit der Wahrnehmung des Rettungsdienstes beauftragt. Deren Rettungswache befindet sich auf dem Gelände des von der Klägerin betriebenen Krankenhauses. Die für die Besetzung der Rettungswagen erforderlichen Notärzte stellt die Klägerin im Rahmen einer von ihr geltend gemachten "Kooperation" der Johanniter-Unfallhilfe e.V. zur Verfügung.

Mit Schreiben vom 14. September 2005 teilte die Klägerin der Beigeladenen zu 1. Folgendes mit: "Ich freue mich, dass Sie aushilfsweise als freiberufliche Assistenzärztin in unserem Haus Bereitschaftsdienste ab dem 1.10.2005 übernehmen werden. In dieser Zeit sind Sie durch unser Haus haftpflichtversichert. Die Vergütung beträgt für den Bereitschaftsdienst und für die NAW-Einsätze pro Std. 25,00 EUR. Wir weisen Sie darauf hin, dass Sie verpflichtet sind, Ihre Einkünfte in Ihre Einkommenssteuererklärung für 2005 mit aufzunehmen."

Ab Oktober 2005 hat die Beigeladene zu 1. entsprechende Bereitschaftsdienste übernommen. Sie war teilweise auf Stationen im Krankenhausbetrieb der Klägerin und teilweise im Auftrag der Klägerin bei Notarzteinsätzen im Rahmen der angesprochenen sich auf dem Klinikgelände befindlichen Rettungswache der Johanniter-Unfallhilfe e.V. tätig. Nähere Einzelheiten vermag die Klägerin diesbezüglich nicht mehr zu erläutern. Sie sieht sich nicht einmal mehr in der Lage, konkret darzulegen, auf welchen Stationen die Beigeladene zu 1. seinerzeit eingesetzt worden ist.

Für ihre Tätigkeit hat die Beigeladene zu 1. an die Klägerin Rechnungen gerichtet, die von dieser jeweils beglichen wurden. Diese Rechnungen sind auf Seiten der Klägerin während der Anhängigkeit des vorliegenden Rechtsstreits vernichtet worden.

Für diese Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. erbrachte die Klägerin an diese folgende Entgeltzahlungen: Für die Monate Oktober bis Dezember 2005 insgesamt 5.624,38 EUR, für die Monate Januar bis Oktober 2006 insgesamt 14.413,94 EUR und für die Monate Januar bis April 2007 insgesamt 10.826,82 EUR.

Seit Mai 2007 stand die Beigeladene zu 1. in einem festen abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu der Klägerin; dieser Zeitraum wird ab Mai 2007 vom vorliegenden Rechtsstreit nicht erfasst.

Nach vorheriger Anhörung der Klägerin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Dezember 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2011 aufgrund der aus ihrer Sicht als abhängige Beschäftigungen zu wertenden Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1. und weiterer Ärzte rückständige Beiträge zur Sozialversicherung in einer Gesamthöhe von 29.627,26 EUR (einschließlich 5.330,50 EUR Säumniszuschläge) heran. Bezüglich der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. wurden dabei für die Monate Oktober bis Dezember 2005 (ausgehend von einem beitragspflichtigen Entgelt von 5.624,38 EUR) 1.287,96 EUR Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, für die Monate Januar bis Oktober 2006 (ausgehend von einem beitragspflichtigen Entgelt von 14.413,94 EUR) 3.300,82 EUR Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zuzüglich 38,93 EUR für die Umlage U2 gemäß § 7 des Gesetzes über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG) und für die Monate Januar bis April 2007 (ausgehend von einem beitragspflichtigen Entgelt von 10.826,82 EUR) 2.306,10 EUR Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zuzüglich 19,48 EUR für die Umlage U 2 erhoben.

Mit der am 17. Januar 2012 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass der angefochtene Bescheid schon deshalb rechtswidrig sei, weil die betroffenen Ärzte gar nicht abhängig beschäftigt worden seien. Sie hätten vielmehr ihre ärztliche Tätigkeit als Selbständige ausgeübt. Soweit Bereitschaftsdienste nicht mit den festangestellten Ärzten hätten abgedeckt werden können, habe sie bei den in Betracht kommenden Aushilfskräften wie etwa der Beigeladenen zu 1. jeweils telefonisch nachgefragt, inwieweit diese zur Übernahme der noch vakanten Dienste bereit seien. Es sei freie Entscheidung der angefragten Ärzte gewesen, ob diese zur Übernahme eines oder mehrerer der angebotenen Dienste bereit gewesen seien. Bei ihren Einsätzen hätten Ärzte eigenverantwortlich gehandelt. Sie hätten das wirtschaftliche Risiko getragen, ob ihnen entsprechende Dienste angeboten würden. Eine Lohnfortzahlung etwa im Krankheits- oder Urlaubsfall sei nicht vereinbart worden.

Mit Urteil vom 18. Januar 2017, der Klägerin zugestellt am 16. März 2017, hat das Sozialgericht Hildesheim die Klage abgewiesen. Die Arbeit der (im Ausgangsverfahren zu 13. und im vorliegenden abgetrennten Verfahren zu 1.) beigeladenen Assistenzärztin habe sich nicht von derjenigen festangestellter Mitarbeiter der Klägerin unterschieden. Während der Dienstschichten sei es ihr auch nicht möglich gewesen, die Tätigkeit ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen abzubrechen. Selbst wenn sie im Ergebnis keine chefärztlichen Weisungen erhalten haben sollte, habe jedenfalls die Befugnis des Chefarztes zur Erteilung entsprechender Weisungen bestanden.

Mit ihrer am 11. April 2017 eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Mit Beschluss vom 3. Mai 2017 hat der Senat die Klage und Berufung gegen die Festsetzung von Beiträgen in dem o.g. Bescheid aufgrund der geltend gemachten Beschäftigung der (bis zur Abtrennung zu 13. und im nunmehrigen abgetrennten Verfahren zu 1.) Beigeladenen abgetrennt; insoweit wird das Verfahren unter dem vorliegenden Aktenzeichen fortgeführt.

Die Klägerin macht geltend, dass die Beigeladene zu 1. im streitbetroffenen Zeitraum das Risiko der Auftragslage zu tragen gehabt habe. Im Rettungsdienst seien die Rettungsmittel nicht von Seiten der Klägerin, sondern von der Johanniter-Unfallhilfe e.V. zur Verfügung gestellt worden. Für die Notarzteinsätze seien den betroffenen Ärzten auf Wunsch die erforderlichen "Notarzt-Jacken" zur Verfügung gestellt worden. Darüber hinaus benötigte Notarztstiefel hätten sie hingegen selbst mit Anschaffungskosten von ca. 200 EUR erwerben müssen. Die von den Ärzten eingesetzten persönlichen Stethoskope seien mit Anschaffungskosten von knapp 300 EUR verbunden.

Wegen der Einzelheiten des klägerischen Vortrages verweist der Senat auf den 40seitigen Schriftsatz vom 12. Mai 2017.

Ergänzend weist die Klägerin darauf hin, dass während der Bereitschaftsdienste der Klägerin im Krankenhaus in der Regel ein Ober- oder Chefarzt im Hintergrund erreichbar gewesen sei, falls es zu Problemen bei der Patientenbetreuung gekommen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 18. Januar 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2011 aufzuheben, soweit Beiträge aufgrund der geltend gemachten Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. festgesetzt worden sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden zutreffend dargelegt, dass die Beigeladene zu 1. im streitbetroffenen Zeitraum für die Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig war. Hiervon ausgehend begegnet die Heranziehung der Klägerin als Arbeitgeberin zur Entrichtung von Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung entsprechend den sachlich und rechnerisch nicht zu beanstandenden Festsetzungen in dem angefochtenen Bescheid (der unter Berücksichtigung der o.g. Trennungsbeschlusses im vorliegenden abgetrennten Berufungsverfahren nur hinsichtlich der Erhebung von Beiträgen aufgrund der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. im streitbetroffenen Zeitraum Oktober 2005 bis April 2007 zu überprüfen ist) keinen rechtlichen Bedenken.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI und § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen (BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -, SGb 2011, 633.)

Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, U.v. 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr 15).

Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, U.v. 29. August 2012 - B 12 R 14/10 R -).

Dabei ist vorsorglich klarzustellen, dass zum maßgeblichen Tatbestand des § 7 Abs. 1 SGB IV weder eine "Festanstellung" noch der Abschluss eines - was auch immer darunter im Detail zu verstehen sein mag - "typischen" Arbeitsvertrages zählt. Der gesetzliche Typus eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses umfasst vielmehr eine große Bandbreite in Betracht kommender - seien sie als mehr oder auch als weniger "typisch" einzuschätzen - Ausformungen, bei denen insbesondere sog. "Festanstellungen" nur einen Teil der in Betracht kommenden Ausprägungen darstellen. Maßgeblich ist, ob die zu beurteilende Tätigkeit die Bandbreite der in Betracht kommenden Ausgestaltungen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse verlässt und ob insbesondere im Rahmen der Gesamtabwägung die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Umstände überwiegen.

Im dem hier zu beurteilenden Sachverhalt spricht die gebotene Gesamtschau der maßgeblichen Umstände zur Überzeugung des Senats für das Vorliegen eines abhängigen und, da mehr als nur geringfügig ausgeübten, versicherungspflichtigen (bezogen auf die Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1.

Die Beigeladene zu 1. hatte insbesondere kein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko zu tragen. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - RdNr 25) ist maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; BSG Urteil vom 28.9.2011, aaO).

Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung der einzelnen Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf. nicht verwerten zu können, folgt hingegen kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze (vgl hierzu BSG, Urt. v. 28.09.2011, aaO, Rdnr. 26 mwN). Flexible Arbeitszeiten sind darüber hinaus häufig auch in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen anzutreffen (Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28. April 2015 - L 7 R 60/12 -, Rn. 44, ).

Ein im zuvor beschriebenen Sinne hinreichendes Unternehmerrisiko vermag der Senat bereits nicht festzustellen. Bezogen auf seine tatsächlich ausgeübte Tätigkeit hatte die Beigeladene zu 1. gerade kein unternehmerisches Risiko zu tragen; als Gegenleistung für die von ihm erbrachten Tätigkeiten standen ihr nach Maßgabe der im Schreiben der Klägerin vom 14. September 2005 dokumentierten mündlichen Vereinbarungen eine Stundenvergütung - auch insoweit typisch für Beschäftigte - (in Höhe von 25 EUR je Stunde) zu. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte der Beigeladene zu 1. - wie jeder andere Beschäftigte auch - allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen. Eine Gewinn- und Verlustbeteiligung, die tendenziell für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit sprechen könnte, sahen die vertraglichen Vereinbarungen nicht vor.

Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren geltend macht, dass die Beigeladene zu 1. eine "pauschale Zahlung" pro Einsatz erhalten habe, vermag ihr der Senat nicht zu folgen. Es erschließt sich bereits nicht, weshalb die Klägerin sich an die Einzelheiten der damals getroffenen Vereinbarungen nunmehr präziser erinnern können will als beim Abfassen des zeitnah verfassten Schreibens vom 14. September 2005, zumal die Klägerin sich im Übrigen auf durchgreifende Schwierigkeiten bei der Rekonstruktion der damaligen Geschehensabläufe beruft. Im Übrigen ist angesichts des unsubstantiierten Vortrages auch gar nicht erkennbar, wie ein "Einsatz" im Sinne dieses Vortrages in Bezug auf Bereitschaftsdienste zu verstehen sein soll.

Soweit für Notarzteinsätze persönliche Schutzschuhe mitzuführen gewesen sein sollten (substantiierte Angaben zu den auf welcher Grundlage von welcher Seite formulierten Anforderungen an solche Schuhe lassen sich dem Vortrag der Klägerin schon nicht entnehmen), erreichten die damit verbundenen Kosten (nach Angaben der Klägerin von ca. 200 EUR) nicht ansatzweise ein Volumen, aufgrund dessen die ärztlichen Tätigkeit als durch ein relevantes Unternehmerrisiko geprägt zu werten sein könnte. Auch viele abhängig Beschäftigte haben Bekleidungsaufwendungen in deutlich größerer Höhe, insbesondere wenn der Arbeitgeber einen gehobenen Bekleidungsstil von seinen Mitarbeitern erwartet. Entsprechendes gilt, soweit das Mitbringen eines persönlichen Stethoskopes üblich sein mag (unabhängig davon, ob dies - entsprechend den Angaben der Klägerin - mit Anschaffungskosten von knapp 300 EUR oder - nach Internetrecherche bezogen auf anerkannte Markenprodukte - von etwa 100 EUR verbunden sein mag). Bezeichnenderweise wurden entsprechende Aufwendungen für ein persönliches Stethoskop auch von den festangestellten Ärzten der Klägerin erwartet.

In tatsächlicher Hinsicht war die Beigeladene zu 1. in die Betriebsabläufe der Klägerin eingebunden. Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers auch eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein, wenn der Versicherte nur in den Betrieb eingegliedert ist (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 20). Die Behandlung von Patienten in einem Krankenhaus ist durch ein arbeitsteiliges Zusammenwirken der vielen mitwirkenden Personen geradezu geprägt. Die Klägerin, die augenscheinlich zu den kleineren Krankenhäusern zählt, weist selbst darauf hin, dass sie rund 300 Mitarbeiter beschäftigt.

Bezeichnenderweise bestand in dem Krankenhaus auch bezogen auf die Zeiten der Bereitschaftsdienste der Beigeladenen zu 1. ein Hintergrunddienst, bei dem bei Bedarf die besondere Kompetenz eines erfahrenen Chef- bzw. Oberarztes hinzugezogen werden konnte. Damit hat die Klägerin zugleich die Erwartung gegenüber der Beigeladenen zu 1. zum Ausdruck gebracht, dass diese auf die besondere Fachkunde der Hintergrunddienstleistenden zurückgreifen sollte, soweit entsprechend komplexe Behandlungsfälle dies angezeigt erscheinen ließen.

Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, BSGE 120, 99-113, SozR 4-2400 § 7 Nr 25 mwN). Entsprechende Möglichkeiten zur Steigerung ihrer Verdienstchancen sind der Beigeladenen zu 1. gerade nicht eröffnet worden. Für ihre Tätigkeiten im Auftrag der Klägerin war ihr der vereinbarte - für eine Ärztin durchaus bescheidene, zumal von ihrer Seite nach der tatsächlichen Handhabung auch noch die Aufwendungen zu tragen waren, die bei Arbeitnehmern der Arbeitgeber in Form von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung sowie der Lohnfortzahlung an Feiertagen sowie insbesondere im Urlaubs- und Krankheitsfall zu tragen hat - Stundenlohn gewiss. Sie hatte aber auch keine Möglichkeiten mehr als diesen Stundenlohn zu erwirtschaften.

Etwaige Handlungsspielräume auf Seiten der Beigeladenen zu 1., die gegen eine auch nur funktionsgerecht dienende Eingliederung in den Betrieb der Klägerin sprechen könnten, sind für den Senat weder erkennbar noch werden solche von den Beteiligten substantiiert vorgetragen.

Die Beigeladene zu 1. ist selbstverständlich als Ärztin eingesetzt worden. Von ihr wurde - wie auch von allen vergleichbar qualifizierten angestellten ÄrztInnen - naturgemäß eine fachgerechte Ausübung der ärztlichen Kompetenz einschließlich der damit einhergehenden therapeutischen Entscheidungen erwartet. Das arbeitsteilige Zusammenwirken der Ärzte in einem Krankenhaus hat - wie auch andere vergleichbare Entscheidungs- und Handlungsprozesse im Wirtschaftsleben - natürlich gerade zur Voraussetzung, dass der jeweilige Chefarzt nicht alle im Zuge der Behandlung der vielen zu betreuenden Patienten anfallenden medizinischen Detailentscheidungen persönlich treffen kann. Dies berührt aber nicht die maßgebliche Eingliederung in die betrieblichen Abläufe. Nur ergänzend sei angemerkt, dass in Kliniken auch leitende Chefärzte regelmäßig abhängig beschäftigt werden und im Sinne der Rechtsprechung eine dienende Teilhabe am Arbeitsprozess ihres Arbeitgebers aufweisen.

Nach der erläuterten höchstrichterlichen Rechtsprechung gehört es keineswegs zu den Voraussetzungen einer abhängigen Beschäftigung, dass der Arbeitgeber nach freiem Belieben den Arbeitnehmer zu Arbeitsleistungen heranziehen darf. Vielmehr ist es auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungen vielfach üblich, dass Beschränkungen der in Betracht kommenden Arbeitszeiten ausdrücklich oder konkludent vereinbart werden und dass von Seiten des Arbeitgebers auch eine Rücksichtnahme auf zeitliche Präferenzen des Arbeitnehmers zugesagt wird.

In Betracht kommen insbesondere auch abhängige Beschäftigungsverhältnisse, bei denen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Durchführung eines jeden einzelnen Arbeitsauftrages gesondert verständigen; in solchen Fällen muss auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des jeweiligen "Einsatzauftrags" im Hinblick (allein) hierauf bestanden haben (BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -, ).

Ebenso wenig hat eine abhängige Beschäftigung zur Voraussetzungen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu jedweden Tätigkeiten heranziehen darf. Es ist letztlich eine Frage der vertraglichen Vereinbarungen, wie weit oder ggfs. auch wie eng das Direktionsrecht des Arbeitgebers jeweils ausgestaltet wird. Solange keine Freiheiten im Sinne einer unternehmerischen Betätigung begründet werden, stehen auch relativ genaue Vorgaben hinsichtlich des Inhalts der geschuldeten Arbeitsleistungen (etwa bei einem Arzt eine Beschränkung auf kurative Leistungen am Patienten) der Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht entgegen.

Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses gehört namentlich auch nicht, dass daneben keine weitere berufliche Betätigung wahrgenommen wird. Viele Arbeitnehmer gehen neben der hauptberuflich wahrgenommenen abhängigen Beschäftigung noch einer weiteren abhängigen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit nach.

Es ist auch nichts dafür substantiiert vorgetragen worden oder anderweitig ersichtlich, dass die Beigeladene zu 1. nach Annahme eines Bereitschaftsdienstes in einer für Arbeitnehmer eher untypischen Weise den einzelnen Dienst abbrechen konnte. Vielmehr ist es gerade im Klinikalltag letztlich unerlässlich, dass die Diensthabenden ihren Dienst bis zur letzten Minute gewissenhaft verrichten. Wenn die Klägerin die Dienstplanung vornahm, war es zwar zunächst die freie Entscheidung der Beigeladenen zu 1., ob sie einen ihm angebotenen Dienst wahrnehmen oder absagen wollte. Nach Zusage der Übernahme eines ihr angebotenen Dienstes haben die Beteiligten es aber für selbstverständlich erachtet, dass die Beigeladene zu 1. den übernommenen Dienst auch gewissenhaft wahrgenommen hat.

Die Überbürdung des Risikos, bei krankheitsbedingten Ausfällen kein Honorar zu erhalten, spricht nach der Rechtsprechung des BSG nur dann für Selbständigkeit, wenn dem - anders als im vorliegenden Fall, in dem der Beigeladene zu 1. zu einem festen Stundensatz engagiert worden ist - auch eine größere Unabhängigkeit oder höhere Verdienstchancen gegenüberstehen. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt hingegen nicht die Annahme von Selbständigkeit (vgl. - bezogen auf eine verwaltungsberatende Tätigkeit - BSG, Urteil vom 25. Januar 2001 - B 12 KR 17/00 R -, Soz-Vers 2001, 329).

Die gelegentliche Heranziehung der Beigeladenen zu 1. zu Notarzteinsätzen im Rahmen ihrer für die Klägerin wahrgenommenen honorarärztlichen Tätigkeit prägte ohnehin nicht ihre Tätigkeit für die Klägerin. Überdies sind Ärzte auch im Rahmen entsprechender notärztlicher Tätigkeiten regelmäßig fremdbestimmt tätig, zumal wenn diese - wie auch im vorliegenden Fall - zu festen Stundensätzen honoriert werden. Der Senat verweist insoweit auf seine Darlegungen im Urteil vom 18. Dezember 2013 (- L 2 R 64/10 -, ).

Auch soweit die Beigeladene zu 1. zu Notarzteinsätzen herangezogen worden ist, ist sie in einen arbeitsteiligen Prozess eingebunden worden. Nur ein präzise aufeinander abgestimmtes professionelles Zusammenwirken von Notärzten und Rettungssanitätern kann bei solchen Einsätzen eine fachgerechte Versorgung der Patienten sicherstellen. Nach Annahme eines Notarztdienstes hatte die Beigeladene zu 1. ebenso wenig wie bei Bereitschaftsdiensten die Möglichkeit, in einer für Arbeitnehmer eher untypischen Weise den einzelnen Dienst vorzeitig abbrechen zu dürfen.

Zudem vermag es nicht gegen das Vorliegen eines - ggfs. verfeinerten - Weisungsrechts zu sprechen, wenn sich beispielsweise Arbeitsort und/oder Arbeitszeit bereits aus "der Natur der Tätigkeit" ergeben (BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, BSGE 120, 99-113, SozR 4-2400 § 7 Nr 25).

Die von Seiten der Klägerin herangezogene Vorschrift des § 23c Abs. 2 SGB IV ist mit dem Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz - HHVG) vom 4. April 2017 (BGBl. I, 778) eingeführt worden und erst zum 11. April 2017 in Kraft getreten (vgl. auch ergänzend die Übergangsvorschrift des § 118 SGB IV). Im vorliegenden - vergangene Zeiträume betreffenden - Rechtsstreit ist diese (auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit - vgl. BT-Drs. 18/11205, S. 79 - zurückgehende) Vorschrift schon im Ausgangspunkt nicht unmittelbar anzuwenden. Sie bringt allerdings die gesetzgeberische Einschätzung zum Ausdruck, dass im Ausgangspunkt Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst durchaus versicherungspflichtig sind, da sonst kein Anlass zur Normierung dieser Ausnahmevorschrift bestanden hätte (vgl. auch wiederum ergänzend § 118 SGB IV).

Es lässt sich im Nachhinein nicht mehr verlässlich rekonstruieren, an welchen Einsatztagen die Beigeladene zu 1. jeweils für die Klägerin tätig geworden ist. Die entsprechenden Abrechnungen der Beigeladenen zu 1. hat die Klägerin vernichtet, obwohl ihr der vorliegende Rechtsstreit bekannt war und sie dementsprechend für eine verlässliche Aufbewahrung dieser Unterlagen hätte Sorge tragen müssen (vgl. auch den Rechtsgedanken des § 147 Abs. 3 Satz 3 AO). Die Klägerin hat sich auf Nachfrage des Senates auch nicht in der Lage gesehen, näher darzulegen, wann genau welche Vereinbarungen bezüglich welcher konkreten Einsatztagen mit dem Beigeladenen zu 1. getroffen worden sind.

Gesichert ist aber, dass die Klägerin an die Beigeladene im streitbetroffenen Zeitraum Entgeltzahlungen jedenfalls in der in dem angefochtenen Bescheid jeweils zugrunde gelegten Höhe erbracht hat. Bedenken werden diesbezüglich auch von Seiten der Klägerin nicht geltend gemacht.

Ob im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Johanniter-Unfallhilfe e.V. eine Arbeitnehmerüberlassung in Form der Zurverfügungstellung der Arbeitskraft der Notärzte erfolgt ist, bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner näheren Prüfung, da auch unter einer solchen Annahme von einer uneingeschränkten Arbeitgeberstellung der Klägerin im Verhältnis zur Beigeladenen zu 1. mit der sich daraus für sie ergebenden Verpflichtung zur Abführung der in dem angefochtenen Bescheid nacherhobenen Sozialversicherungsbeiträge auszugehen wäre.

Ergänzend nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Bescheide und des sozialgerichtlichen Urteils Bezug.

Die Kostenentscheidung bezüglich des vorliegenden abgetrennten Berufungsverfahrens folgt aus § 197a SGG i.V.m. mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.