Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 21.08.2017, Az.: L 4 KR 187/17 B ER

Übernahme der Kosten für eine geschlechtsangleichende Operation einschließlich der Implantation einer Erektionspumpe bei Transsexualismus in einer Privatklinik

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
21.08.2017
Aktenzeichen
L 4 KR 187/17 B ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 19705
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Oldenburg - 30.03.2017 - AZ: S 62 KR 99/17 ER

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 30. März 2017 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung die Übernahme der Kosten für eine geschlechtsangleichende Operation einschließlich der Implantation einer Erektionsprothese in der nicht zugelassenen Klinik H. in I ...

Der 1959 geborene Antragsteller ist bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Er beantragte am 7. Januar 2016 die Übernahme der Kosten für eine geschlechtsangleichende Operation einschließlich der Implantation einer Erektionspumpe bei Transsexualismus. Ausweislich vorgelegter Kostenvoranschläge der Klinik H. I. vom 15. Juni 2016 sollten die Kosten für die operative Geschlechtsanpassung Frau zum Mann 56.287,00 Euro und die anschließend durchzuführendes Implantation einer Erektionsprothese 19.873,00 Euro betragen.

Nach wiederholter Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK, Gutachten vom 7. Dezember 2015, 29. Oktober 2015, 18. Februar 2016, 26. Mai 2016 und 30. Juni 2016) bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 6. Juli 2016 die Durchführung der geschlechtsangleichenden Operation ohne Penoidaufbau. Der MDK sei in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass unter Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen grundsätzlich die medizinische Notwendigkeit zur Durchführung der Operation gegeben sei. An den Kosten des geplanten Penoidaufbaus könnte sie sich nicht beteiligen. Der Grund hierfür sei, dass hierfür eine gesonderte eingehend fachlich spezialisierte Beurteilung und Begutachtung erfolgen müsste. Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller zudem mit, dass der Antrag auf Kostenübernahme in der Privatklinik H. in I. abzulehnen sei. Als gesetzliche Krankenkasse dürfe sie nur Kosten für Behandlungen in zugelassenen Krankenhäusern (§ 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)) übernehmen. Die Klinik H. in I. sei jedoch kein zugelassenes Krankenhaus, sondern eine Privatklinik. Die Antragsgegnerin benannte zugelassene Krankenhäuser, in denen nach ihrer Auffassung eine Spezialisierung auf geschlechtsangleichende Operationen erfolgt sei (J. in K., Agaplesion L., M. N. in O. und P.).

Dagegen richtete sich der Antragsteller mit seinem Widerspruch vom 14. Juli 2016.

Nach erneuter sozialmedizinischer Stellungnahme durch den MDK (Gutachten vom 28. Juli 2016) übernahm die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 2. August 2016 zusätzlich die Kosten für den beabsichtigten Penoidaufbau. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die Zusage unter den Voraussetzungen gelte, dass die Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt werde und die Versicherung bei der Antragsgegnerin weiterbestehe.

Dagegen richtete sich der Antragsteller mit erneutem Widerspruch. Er legte eine fachpsychologische Stellungnahme zur dringenden Umsetzung geschlechtsangleichender operativer Maßnahmen bei Transsexualismus vom 20. Juli 2016 vor, die vom Psychologischen Psychotherapeuten Q. erstellt wurde. In der Stellungnahme heißt es u.a., dass die Umsetzung der indizierten geschlechtsangleichenden Maßnahmen zwingend notwendig und zeitnah zu erfolgen hätte, da eine Verzögerung die psychische Verfassung des Patienten unnötig belaste und gefährde. Der bisher lange Prozess der Genehmigung der Kostenübernahme für die geschlechtsangleichende operative Maßnahme habe zu einer deutlichen Destabilisierung des Patienten geführt. Dieser dekompensiere hinsichtlich dieser angespannten psychischen Situation zunehmend weiter. Zudem ließe auch die eingeleitete gegengeschlechtliche Hormonbehandlung keine weitere Verzögerung zu, da vor dem Hintergrund des Lebensalters des Patienten das Risiko für Herz- und Gefäßerkrankungen sowie das Krebsrisiko steige.

In seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 24. Oktober 2016 wies der Sachverständige des MDK R. darauf hin, dass die Operation auch in jeder anderen Klinik, die diese Leistung anbiete, erfolgen könnte. Eine Wartezeit von eventuell vier Jahren oder eine weitere Wegstrecke könnte nicht als Grund angeführt werden, dass diese Operation nur in einer Privatklinik auszuführen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2016 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers im Übrigen zurück. Die Krankenkassen dürften nach § 108 SGB V Krankenhausbehandlungen nur durch zugelassene Krankenhäuser erbringen lassen. Beantragt werde die Kostenübernahme einer stationären Krankenhausbehandlung in der Privatklinik H. in I ... Bei dieser Klinik handele es sich nicht um ein zugelassenes Krankenhaus gemäß § 108 SGB V. Insofern sei eine Kostenübernahme zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht möglich. Der eingeschaltete Gutachter des MDK habe in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 28. Juli 2016 u.a. mitgeteilt, dass die geplante Operation nicht zwingend in einer Privatklinik durchgeführt werden müsse.

Der Antragsteller hat am 12. Januar 2017 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben.

Am 21. Februar 2017 hat er einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel gestellt, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Kostenübernahme für die geschlechtsangleichende Operation einschließlich Implantation einer Erektionsprothese in der Privatklinik H. zu erhalten. Aus medizinischen Gründen sei eine umgehende Behandlung notwendig; in einem zugelassenen Krankenhaus sei die angestrebte Operation nicht in absehbarer Zeit durchführbar, so dass dem Antragsteller deswegen schwerwiegende gesundheitliche Schäden drohen würden.

Das SG hat bei den von der Antragsgegnerin benannten Kliniken eine Auskunft darüber eingeholt, ob die Durchführung einer geschlechtsangleichenden Operation einschließlich Implantation einer Erektionsprothese möglich sei und ggf. mit welchen Wartezeiten. Das J. in K. hat unter dem 8. März 2017 mitgeteilt, dass die angestrebte Operation bei ihr nicht durchgeführt werde. Das S. T. hat mit Stellungnahme vom 15. März 2017 mitgeteilt, dass in der Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie seit mehreren Jahren geschlechtsangleichende Operationen bei Transidentität Frau zum Mann durchgeführt würden. Es werde das gesamte Spektrum angeboten, angefangen bei der Angleichung der Geschlechtsanpassung der zunächst weiblichen zur männlichen Brust. Auch der Aufbau eines Penoides mit freiem mikrovasuklärem Radialislappen und die Implantation von Penisprothetik würden durchgeführt. Die Wartezeit betrage in der Regel mehrere Monate bis wenige Jahre. Trotzdem sei es bei immer wieder auftretenden Absagen möglich, auch kurzfristig einen Operationstermin zu erhalten. Dies könnte jedoch im Vorfeld nicht immer garantiert werden. Das Klinikum N. hat unter dem 16. März 2017 mitgeteilt, dass in der Klinik keine geschlechtsangleichenden Operationen durchgeführt werden. Das U. V. hat unter dem 16. März 2017 mitgeteilt, dass geschlechtsangleichende Operationen in der Klinik durchgeführt werden. Die Wartezeit sei abhängig von verschiedenen Faktoren, könne aber in dringenden Fällen verkürzt werden. Das W. hat ebenfalls unter dem 16. März 2017 mitgeteilt, dass die Durchführung einer geschlechtsangleichenden Operation bei Transidentität einschließlich Implantation einer Erektionsprothese bzw. Penoidaufbau möglich sei. Die Wartezeit betrage ca. drei Monate und es müsse mit einer Gesamtbehandlungsdauer von ca. zwei Jahren gerechnet werden.

Das SG Oldenburg hat mit Beschluss vom 30. März 2017 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat es ausführt, dass der Antrag abzulehnen sei, weil kein Anordnungsanspruch gegeben sei. Dem Anspruch auf Krankenhausbehandlung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V stehe im vorliegenden Fall entgegen, dass die Klinik H. I. kein gemäß § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus sei. Da bestehe grundsätzlich kein Anspruch auf Kostenübernahme. Ein Ausnahmetatbestand, etwa das Fehlen anderweitiger Behandlungsmöglichkeiten oder eine Notfallsituation, sei nicht gegeben. Insbesondere könne der Antragsteller nicht damit gehört werden, es gebe keine zumutbaren Behandlungsalternativen. Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens hätten das S. T. X., das U. V. in Y. und das W. Y. mitgeteilt, dass geschlechtsangleichende Operationen bei Transidentität einschließlich Penoidaufbau durchgeführt würden. Die Wartezeit betrage einige Monate, könne aber in dringenden Fällen verkürzt werden, so das U. V. in Y ... Eine Wartezeit von mehreren Jahren sei daher entgegen dem Vorbringen des Antragstellers nicht zu erwarten. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei daher abzulehnen.

Gegen den am 5. April 2017 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 24. April 2017 Beschwerde bei dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt. Ihm würden im vorliegenden Fall schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile drohen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Entgegen der Auffassung des Gerichts sei im vorliegenden Fall sowohl ein Ausnahmetatbestand mit dem Fehlen anderweitiger geeigneter Behandlungsmöglichkeiten als auch eine Notfallsituation gegeben. Es sei hervorzuheben, dass aufgrund des aktuell schwer angeschlagenen psychischen Gesundheitszustandes des Antragstellers von diesem selbst eine Wartezeit von drei bis einigen Monaten nicht mehr bewältigt werden könne. Die begehrte geschlechtsangleichende Operation sei für den Antragsteller wegen des außerordentlich hohen Leidensdruckes ausgesprochen dringlich. Ausweislich der vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen der Dr. Z. vom 17. Januar 2017 sowie der Fachpsychologischen Stellungnahmen des Dipl.-Psych. Q. vom 20. Juli 2016 und vom 9. Januar 2017 sei eine zeitnahe Umsetzung unerlässlich, da der Antragsteller schon wegen des derzeit langen Genehmigungsverfahrens psychisch mehr und mehr im Sinne einer depressiven Dekompensation destabilisiere. Auch eine weitere Wartezeit von drei Monaten sei nicht hinnehmbar. Es bestehe die Möglichkeit, in der von ihm ausgewählten Fachklinik H. in I. spätestens in sechs Wochen, möglicherweise sogar noch früher, einen Termin zu geschlechtsangleichenden Operation zu erhalten.

Der Antragsteller beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Oldenburg vom 30. März 2017 die Antragsgegnerin im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für den Antragsteller auf seinen Antrag die Kosten für die geschlechtsangleichende Operation bei Transidentität auf Grundlage der Kostenvoranschläge der Privatklinik H. vom 15. Juni 2016 einschließlich der Kosten der Implantation einer Erektionsprothese zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie erachtet die bisher getroffene Entscheidung weiterhin für zutreffend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den gesamten Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der Beratung des Senates gewesen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung hat der Antragsteller weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der Beschluss des SG ist zu bestätigen. Der Antragsteller hat im Wege des einstweiligen Rechtschutzes keinen Anspruch auf Durchführung der begehrten und von der Antragsgegnerin bewilligten Operationen zulasten der GKV in dem von ihm ausgesuchten, nicht zur Versorgung zugelassenen Krankenhaus.

Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Abs. 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung nach Maßgabe der in Abs. 1 bzw. Abs. 2 genannten Voraussetzungen treffen. Danach ist zwischen Sicherungs- (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) und Regelungsanordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG) zu unterscheiden. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Die in tatsächlicher (Glaubhaftmachung) wie in rechtlicher Hinsicht (summarische Prüfung) herabgesetzten Anforderungen für die Annahme eines Anordnungsanspruchs korrespondieren mit dem Gewicht der glaubhaft zu machenden wesentlichen Nachteile. Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist - erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung und des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs - einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05), es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besondere gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1995, 1 BvR 1089/91). Ist eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen, da sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte zu stellen haben. Dabei darf die einstweilige Anordnung grundsätzlich die endgültige Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweg nehmen. Andererseits müssen die Gerichte unter Umständen wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit Rechtsfragen nicht vertiefend behandeln und ihre Entscheidung maßgeblich auf der Grundlage einer Interessenabwägung treffen können. Ferner darf oder muss das Gericht ggf. auch im Sinne einer Folgenbetrachtung bedenken, zu welchen Konsequenzen für die Beteiligten die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei späterem Misserfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren einerseits gegenüber der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bei nachfolgendem Obsiegen in der Hauptsache andererseits führen würde.

Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Beschwerde unbegründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind nicht erfüllt. Es ist bereits kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht worden.

Die von den Krankenkassen ihren Versicherten geschuldete Krankenbehandlung umfasst auch die vollstationäre Krankenhausbehandlung, allerdings nur in den nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäusern (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Hierzu zählt die Klinik H. in I. nicht. Behandlungen in nicht zugelassenen Krankenhäusern sind nur bei Notfällen von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) umfasst (BSG, Urteil vom 9. Oktober 2001, Az. B 1 KR 6/01R, zitiert nach ). Ein Notfall in dem Sinne, dass ohne die geltend gemachte Behandlung eine Gefahr für Leib oder Leben des Versicherten besteht oder dass die Behandlung aus medizinischen Gründen so dringlich ist, dass es bereits an der Zeit für die Auswahl eines zugelassenen Therapeuten und dessen Behandlung fehlt (BSG, Urteil vom 8. Juli 2006, Az. B 1 KR 9/05 R, zitiert nach ), ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Zwar ist unter Berücksichtigung insbesondere der fachpsychologischen Stellungnahme des Dipl.-Psychologen Q. davon auszugehen, dass angesichts der von ihm diagnostizierten mittelgradigen depressiven Störung (ICD-10 F 32.2), deren Ursprung in der langjährigen "transsexuellen Dynamik" gesehen wird, eine zeitnahe Umsetzung der geschlechtsangleichenden Maßnahmen indiziert ist. Auch wenn nach Ausführung des Sachverständigen nur so der deutlichen Destabilisierung des Antragstellers entgegen gewirkt werden kann, rechtfertigt dies nicht die Durchführung der Maßnahmen in einem nicht zugelassenen Krankenhaus. Ein Notfall im oben definierten Sinne liegt nicht vor, zumal der Antragsteller ausweislich der Krankheitsanamnese bereits seit seiner Kindheit unter der "transsexuellen Dynamik" und seit Jahren unter einer psychosexuellen Identitätsstörung leidet. Der Senat verkennt nicht, dass auch der bereits begonnene Therapieverlauf mit der Einleitung einer gegengeschlechtlichen Hormonbehandlung zu einer zusätzlichen psychischen und physischen Belastung des Antragstellers führt. Trotzdem ist es dem Antragsteller zuzumuten, sich durch Kontaktaufnahme mit den von der Antragsgegnerin benannten Kliniken um eine beschleunigte Umsetzung der angestrebten Operationen zu bemühen. Nach den Ermittlungen des erstinstanzlichen Gerichts werden geschlechtsangleichende Operationen im AA. -Krankenhaus, im AB. -Klinikum V. und im AC. - unter Umständen auch mit geringer Wartezeit - durchgeführt.

Ein Sachleistungsanspruch des Antragstellers, gerichtet auf die vollstationäre Behandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus, besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens. Die Annahme eines Systemversagens im vorliegenden Fall würde voraussetzen, dass der Antragsteller eine geschlechtsangleichende Operation in der Klinik H. in I. nur aus von der Antragsgegnerin oder den Krankenkassen zu verantwortenden Gründen nicht im Rahmen der GKV in Anspruch nehmen kann. Derartige Gründe sind vorliegend nicht ersichtlich. Der Klinik H. in I. war es insoweit wie anderen Krankenhäusern grundsätzlich freigestellt, eine Zulassung im Sinne von § 108 SGB V zu erlangen, entweder indem sie sich um eine Aufnahme in den Landeskrankenhausplan bemüht (§ 108 Nr. 2 SGB V) oder indem sie einen Versorgungsvertrag mit den Kassen verbindlich anstrebt (§ 108 Nr. 3 SGB V). Von beiden Wegen hat die Klinik H. bislang nicht Gebrauch gemacht (vgl. dazu auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. August 2012, Az. L 9 KR 244/11, zitiert nach ).

Der Antragsteller kann auch nicht mit seinem Einwand durchdringen, dass die begehrte und genehmigte Operation kompetent nur in der Klinik H. in I. durchgeführt werden kann. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die in den anderen von der Antragsgegnerin benannten, konkret in Betracht kommenden Kliniken angebotenen Leistungen nicht nach Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen (§ 2 Abs.1 Satz 3 SGB V). Hierzu ist bereits nicht substantiiert seitens des Antragstellers vorgetragen worden.

Aus dem Fehlen eines Anordnungsanspruchs folgt auch das Nichtvorliegen eines Anordnungsgrundes, da weder von einem Notfall noch sonst von Eilbedürftigkeit auszugehen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).