Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 21.08.2017, Az.: L 2 R 49/17
Postlaufzeiten; Universaldienst; Wiedereinsetzung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 21.08.2017
- Aktenzeichen
- L 2 R 49/17
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 54270
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG - 07.12.2016 - AZ: S 28 R 69/14
Rechtsgrundlagen
- § 43 SGB 6
- § 1 PUDLV
- § 2 PUDLV
- § 11 PostG
- § 12 PostG
- § 13 PostG
- § 51 PostG
- § 67 Abs 1 SGG
- § 103 SGG
- § 151 Abs 1 SGG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Einem Prozessbevollmächtigten, der wenige Tage vor Ablauf der Rechtsmittelfrist die Rechtsbehelfsschrift mit einem privaten Postunternehmen übermitteln will, obliegt eine gewissenhafte Prüfung, ob eine fristwahrende Zustellung der Rechtsmittelschrift mit jedenfalls gleich hoher Verlässlichkeit zu erwarten ist wie bei einer Inanspruchnahme des Postuniversaldienstes.
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die 1955 geborene Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Beitragszahlungen zur Rentenversicherung weist ihr Versicherungsverlauf zuletzt für November 2006 aus. Nachfolgend hat die Klägerin keine rentenrechtlichen Zeiten mehr zurückgelegt (vgl. wegen der Einzelzeiten Versicherungsverlauf vom 8. Januar 2015, Bl. 113 f. GA).
Bei Rentenantragstellung im Juni 2012 gab sie an, dass sie sich seit einem Unfallereignis aus dem Jahr 2002 für erwerbsgemindert erachte. Weitere Unfälle habe sie 2006 und 2009 erlitten.
Bei dem Unfall am 23. September 2002 stürzte die Klägerin, als ihr Hund an der Leine zog, mit der rechten Thoraxseite auf einen Fahrradständer. Bei der Erstversorgung im Universitätsklinikum F. (Bl. 63 VV) konnte weder eine Prellmarke noch eine offene Verletzung erkannt werden. Die Röntgenaufnahmen gaben keine Hinweise auf eine knöcherne Verletzung.
Bei dem weiteren Unfall am 2. November 2006 stürzte die Klägerin auf das rechte Kniegelenk, nachdem sie ein Hund in die linke Hand gebissen hatte. Im Evangelischen Krankenhaus G. wurde bei Schürfungen im Bereich der Hände und einer Prellmarke am Kniegelenk bei Ausschluss knöchernen Verletzungen nur ein Anlass zu rein symptomatischen Maßnahmen gesehen (vgl. Bl. 104 GA). Am 23. Dezember 2009 stellte sich die Klägerin erneut in diesem Krankenhaus vor, nachdem sie als Fahrgast in einem Taxi eine HWS-Distorsion erlitten hatte.
Im Zeitraum ab Dezember 2006 sei sie im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit beruflich aktiv gewesen. Der Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes F. vom 17. Oktober 2011 weist für das Jahr 2010 Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von 4.391 € aus.
Bei der Begutachtung durch den Orthopäden Dr. H. am 11. Oktober 2012 erläuterte die Klägerin, dass sie von 2007 bis 2011 eine Gaststätte geführt habe; der Betrieb sei aus wirtschaftlichen und gesundheitlichen Gründen geschlossen worden. Ausgehend von einer fortgeschrittenen Arthrose im Bereich des rechten Kniegelenks und dem Verdacht des Rezidivs eines Mammakarzinoms empfahl der Gutachter die Gewährung einer Zeitrente.
Auf Nachfrage der Beklagten erläuterte die Klägerin, dass sie ab Dezember 2006 als Kauffrau Verwaltungstätigkeiten in einem Gastronomiebetrieb ausgeführt habe; seit Oktober 2011 sei sie fortlaufend arbeitsunfähig. Sie habe höchsten vier oder sechs Stunden in der Woche gearbeitet (vgl. Bl. 107 f., 114 VV).
Bei einer weiteren Begutachtung durch den Nervenarzt I. erläuterte die Klägerin erneut, dass sie von 2007 bis 2011 eine Gaststätte geführt habe. Seit Aufgabe der Gaststätte bestreite sie ihren Lebensunterhalt mit Witwenrentenbezügen. Seit 2009 sei sie in regelmäßiger nervenärztlicher Behandlung und erhalte Antidepressiva. Die Anfallsfrequenz ihrer Migräne könne sie mit einem Migräneprophylaktikum gut eindämmen.
Beschwerden im Bereich des rechten Knies bestünden seit 2002, wobei 2012 eine retropatellare Knorpelschädigung vom Grad III im rechten Knie festgestellt worden sei. Im Oktober 2011 sei ein Mammakarzinom diagnostiziert worden. Auch dieser Gutachter ging von einem aufgehobenen beruflichen Leistungsvermögen aus.
Mit Bescheid vom 15. Juli 2013 (Bl. 212 VV) in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab. Zwar erfülle die Klägerin seit der Erstdiagnose der Krebserkrankung im Oktober 2011 die medizinischen Voraussetzungen für die begehrte Rente; seinerzeit habe sie jedoch schon nicht mehr die nach den gesetzlichen Vorgaben darüber hinaus erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. In den dem Leistungsfall vorausgegangenen 60 Monaten habe sie lediglich zwei Monate mit Pflichtbeiträgen und nicht - wie nach den gesetzlichen Vorgaben mindestens erforderlich gewesen wäre - zumindest 36 Pflichtbeitragsmonate zurückgelegt.
Mit der am 24. Februar 2014 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass sie seit dem im Jahr 2002 erlittenen Unfall „zu 100 % arbeitsunfähig“ sei. In dem im Sommer 2007 aufgenommenen Gaststättenbetrieb habe sie sich allein um die „geschäftlichen Dinge“ gekümmert; im Übrigen hätten dort ihr Sohn und ihr Lebensgefährte gearbeitet.
Das Sozialgericht hat die (im Zeitpunkt der Vernehmung 80jährige) Hausärztin der Klägerin Dr. J. als Zeugin gehört (Bl. 160 f. GA) und Befundberichte und weitere Behandlungsunterlagen beigezogen.
Mit Urteil vom 7. Dezember 2016, der Klägerin zugestellt am 27. Dezember 2016, hat das Sozialgericht Hildesheim die Klage abgewiesen. Der Eintritt einer rentenrechtlich relevanten Erwerbsminderung bereits im Zeitraum bis 2008 lasse sich nicht objektivieren. Die Ausführungen der Klägerin und der Zeugin zu schwer wiegenden Auswirkungen der Unfallereignisse aus den Jahren 2002 und 2006 würden in den Arztbriefen der erstbehandelnden Unfallchirurgen nicht bestätigt. Vielmehr ließen deren Unterlagen nur den Schluss zu, dass es keine nennenswerten Unfallfolgen gegeben habe. Auch anderweitig ließen sich keine rentenrechtlich relevanten Einschränkungen bezüglich des Zeitraums bis 2008 ermitteln. Die Krebserkrankung sei erst im Oktober 2011 und damit erst nach Wegfall der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen diagnostiziert worden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom 20. Januar 2017 datierende Berufungsschrift des Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Die Briefsendung mit dieser Berufungsschrift übergab der Bevollmächtigte am 23. Januar 2017 dem privaten Postzustellunternehmen K. F. GmbH. Die Sendung ist am 30. Januar 2017 beim hiesigen Landessozialgericht in Celle eingegangen.
Die K. F. GmbH arbeitet mit weiteren privaten Postzustellunternehmen im Rahmen eines sog. Postdienstleistungsverbundes zusammen. Sendungen, die - wie die vorliegend zu beurteilende Sendung an das Landessozialgericht - außerhalb des eigenen Zustellbereichs zuzustellen sind, werden an ein (im Rahmen des Postdienstleistungsverbundes örtlich zuständiges) kooperierendes privates Postzustellunternehmen weitergeleitet. Für Zustellungen im Bereich der Stadt und des Landkreises Celle ist im Rahmen dieses Verbundes die K. L. GmbH zuständig.
Die Klägerin begehrt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und macht geltend, dass sie auf eine Zustellung der Berufungsschrift innerhalb der Berufungsfrist durch die zum Postdienstleistungsverbund gehörenden Unternehmen habe vertrauen dürfen, zumal ihre Sendungen in der Vergangenheit ordnungsgemäß befördert worden seien. Die Klägerin beruft sich auf von ihrer Seite eingeholte Auskünfte der K. F..
Die Klägerin beantragt nach dem Zusammenhang ihres Vorbringens,
1. ihr hinsichtlich der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und
2. das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 7. Dezember 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2014 aufzuheben und die Beklagte zur Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Juni 2012 zu verpflichten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die ausweislich des Handelsregisters zur Geschäftsführung der K. L. GmbH berufenen Personen als Zeugen gehört und eine Auskunft der M. GmbH vom 1. Juli 2017 eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die vorliegende Berufung hat der Senat, der angesichts einer fehlenden Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung seine Entscheidung nach vorheriger Anhörung der Beteiligten durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) trifft, einstimmig als unzulässig verworfen, da die Klägerin bereits die gesetzliche Berufungsfrist versäumt und ihr diesbezüglich auch nicht die begehrte Wiedereinsetzung gewährt werden kann.
1. Die Berufung ist unzulässig. Das angefochtene mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Urteil vom 7. Dezember 2016 ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausweislich des von diesem unterzeichneten Empfangsbekenntnisses am 27. Dezember 2016 zugestellt worden; die Berufungsschrift ist erst am 30. Januar 2017 und damit erst nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 SGG bei Gericht eingegangen.
a) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag gemäß § 67 Abs. 1 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Eine Säumnis ist schuldhaft, wenn der Beteiligte hinsichtlich der Wahrung der Frist diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten ist. Das Verschulden eines Bevollmächtigten ist dem vertretenen Beteiligten stets wie eigenes Verschulden zuzurechnen (BSG, Beschluss vom 10. Dezember 2014 – B 1 KR 11/14 B –, Rn. 8, juris mwN). Im vorliegenden Fall liegt jedoch kein Fall einer unverschuldeten Versäumung der Berufungsfrist vor; der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat nicht die von Rechts wegen gebotene Sorgfalt aufgewandt, um einen fristgerechten Zugang der von ihm verfassten Berufungsschrift beim Berufungsgericht sicherzustellen.
b) Das BSG verlangt anwaltlichen Prozessbevollmächtigten im Hinblick auf die Wahrung von Rechtsmittelfristen die Einhaltung einer „äußersten Sorgfalt“ ab (BSG, Beschluss vom 10. Dezember 2014, aaO). Bei dieser Konkretisierung dieser Vorgaben ist zugleich dem Verfahrensgrundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG Rechnung zu tragen. Dieses garantiert nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes; der Bürger hat einen substantiellen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle. Auch wenn das Grundgesetz nicht die Mehrstufigkeit aller gerichtlichen Verfahren garantiert, so folgt aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes, dass ein vom Gesetzgeber eröffneter Zugang zur nächsthöheren Instanz nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden darf (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1975 – 2 BvR 854/75 –, BVerfGE 41, 23 mwN).
c) Bis 2007 war in der Bundesrepublik Deutschland ein Postmonopol wirksam (wobei seit 1998 konkurrierende Postunternehmen bereits sog. höherwertige Dienstleistungen anbieten durften, vgl. wegen der Einzelheiten § 51 PostG). Ausgehend von der seinerzeitigen Monopolsituation wurde früher die (seit 1995 privatisierte) Deutsche Post als „die vom Gesetz vorgesehene Übermittlerin der prozessualen Erklärungen“ angesehen (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1975 – 2 BvR 854/75 –, BVerfGE 41, 23, Rn. 13). Daraus ist seinerzeit in ständiger Rechtsprechung gefolgert worden, dass die Kunden der Deutschen Post insbesondere auch beim Versand fristwahrender Schriftstücke darauf vertrauen durften, dass die von Seiten der Post nach ihren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten auch eingehalten wurden. Voraussetzung war natürlich, dass das zu befördernde Schriftstück den postalischen Bestimmungen entsprechend (also z. B. richtig frankiert und beschriftet) und so rechtzeitig zur Post gegeben haben, dass nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen der Deutschen Bundespost bei regelmäßigem Betriebsablauf ein fristwahrender Zugang zu erwarten war (vgl. zum Vorstehenden BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1975, aaO; BGH, Beschluss vom 15. April 1999 – IX ZB 57/98 –, NJW 1999, 2118).
Mit dem Wegfall des Postmonopols kann diese Rechtsprechung nicht mehr unmittelbar herangezogen werden. Weder die Deutsche Post AG noch ein anderes Postunternehmen kann in Deutschland noch als eine „vom Gesetz vorgesehene Übermittlerin der prozessualen Erklärungen“ eingestuft werden. Im rechtlichen Ausgangspunkt ist es mit der Aufhebung des Monopols vielmehr die eigene Entscheidung des Bürgers, welches der miteinander konkurrierenden Postunternehmen er zur Übermittlung prozessualer Erklärungen heranziehen will.
Der Gesetzgeber hat im Ausgangspunkt davon abgesehen, bindende Vorgaben zu normieren, welche Postlaufzeiten private Postunternehmen sicherzustellen haben. Soweit § 2 Nr. 3 Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) Anforderungen an die Postlaufzeiten vorsieht, betreffen diese nur den Universaldienst im Sinne der §§ 1 PUDLV, 11 PostG. Dieser Universaldienst wird in Deutschland auch nach dem Wegfall des Postmonopols bislang allein durch die Dienste der Deutschen Post AG gewährleistet. Daneben waren Ende 2013 etwas über 600 konkurrierende private Unternehmen im lizenzpflichtigen Bereich der Postdienstleistungen tätig (vgl. Herausforderungen des Post-Universaldienstes Vorbereitung einer Stellungnahme gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 Postgesetz, https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Post/Verbrau-cher/Universaldienst/Impulspapier.pdf;jsessionid=D05A4098ECA5B638ACBADF76C600B84B?__blob=publicationFile&v=1).
Diese sonstigen Lizenznehmer, zu denen auch die mit der Beförderung der Berufungsschrift im vorliegenden Fall befassten Unternehmen zählen, wären nur dann gemäß § 12 Abs. 1 PostG verpflichtet, nach Maßgabe der §§ 13 bis 17 PostG dazu beizutragen, dass die Universaldienstleistungen erbracht werden können, wenn feststeht oder zu besorgen ist, dass eine Universaldienstleistung nach § 11 nicht ausreichend oder angemessen erbracht wird (und der jeweilige Lizenznehmer im lizenzierten Bereich im vorangegangenen Kalenderjahr einen Umsatz von mehr als 500.000 Euro erzielt hat). Erst die Veröffentlichung einer entsprechenden Feststellung durch die Regulierungsbehörde in ihrem Amtsblatt kann nach § 13 Abs. 1 PostG eine entsprechende Mitwirkungspflicht begründen. Eine solche Feststellung ist bislang nicht erfolgt. Damit unterliegen die Leistungen der hier betroffenen privaten Postdienstleiter nicht den qualitativen Anforderungen an sog. Universaldienstleistungen.
Dementsprechend beschränken sich die sogenannten Postmarktprüfungen, die die Bundesnetzagentur vor Ort bei den Postdiensteanbietern vornimmt, letztlich auf das Vorliegen der Anzeigevoraussetzungen sowie die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zum Datenschutz und zum Postgeheimnis; die Einhaltung konkreter Postlaufzeiten wird insoweit hingegen nicht geprüft (vgl. https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Post/Unterneh-men_Institutionen/postmarktpruefungen/orientierungshilfePMP.pdf?__blob=publicationFile&v=3).
d) Angesichts des Fehlens gesetzlicher Vorgaben stellt es sich als freie unternehmerische Entscheidung der mit der Deutschen Post AG konkurrierenden privaten Postdienstleister dar, mit welchen konkreten welchen Leistungsanforderungen genügenden Angeboten sie am Wettbewerb teilnehmen wollen und mit welchen Leistungsmerkmalen sie sich auf dem entsprechenden Markt positionieren wollen. Soweit ersichtlich, sind schnelle Postlaufzeiten nur für einen Teil der Briefkunden von ausschlaggebender Relevanz; andere Kunden sind im Interesse günstigerer Beförderungspreise durchaus auch bereit, längere Laufzeiten zu akzeptieren. Auch die Deutsche Post AG hält neben dem Angebot einer Beförderung von Briefen zu den dafür geforderten Portosätzen und mit den dafür vorgesehenen Regellaufzeiten auch Angebote (etwa in Form der Bücher- bzw. Warensendungen) bereit, bei denen geringere Kosten mit längeren Laufzeiten einhergehen. Letztere Angebote können nach den Benutzungsbedingungen der Deutschen Post AG jedenfalls von Endkunden allerdings nicht für eine Übermittlung herkömmlicher individuell verfasster Briefe und damit auch nicht zur Übermittlung von Rechtsmittelschriftsätzen genutzt werden.
Mit der Einführung des Instituts eines Postuniversaldienstes in Verbindung mit der Normierung bindender Qualitätsvorgaben für diesen Universaldienst insbesondere auch hinsichtlich der einzuhaltenden Postlaufzeiten in § 2 Nr. 3 PUDLV hat der Gesetzgeber allerdings eine verlässliche Grundlage dafür geschaffen, dass der Bürger auf die Einhaltung der üblichen Postlaufzeiten (im Ergebnis im gleichen Sinne wie nach Maßgabe der Rechtsprechung zur früheren Monopolstellung der Deutschen Post) in Rahmen dieses Universaldienstes vertrauen darf (vgl. dazu auch Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 30. Mai 2012 – 6 A 523/11 –, juris). Mit dieser Zielrichtung hat der Gesetzgeber auch die Regulierungsbehörde mit Prüf- und Kontrollbefugnissen ausgestattet (vgl. etwa § 11 Abs. 2 Satz 4 PostG).
Mit diesen Vorgaben ist zugleich auch sichergestellt worden, dass die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes Bürger nicht aus unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird. Den (bislang ausschließlich durch die Deutsche Post AG wahrgenommenen) Postuniversaldienst können gerade auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 2 PUDLV alle Bürger im Bundesgebiet zu in jeder Hinsicht zumutbaren Bedingungen in Anspruch nehmen. Der Gesetzgeber hat auch ausdrücklich vorgegeben, dass diese Leistungen zu erschwinglichen Preisen zu erbringen sind (§ 11 Abs. 1 Satz 2 PostG). Eine Unzumutbarkeit einer Beauftragung der Deutschen Post AG mit der Übermittlung der Berufungsschrift wird auch im vorliegenden Fall von Seiten der Klägerin gar nicht geltend gemacht.
Die Deutsche Post AG kann natürlich auch keine Fehlerfreiheit für sich in Anspruch nehmen (vgl. ebenfalls Hessischer Verwaltungsgerichtshof, aaO, mwN), sie bemüht sich aber mit hohem personellen und technischen Aufwand darum, im Ergebnis - auch durch aufwändige Studien nachweisbar - eine Zustellung von Briefen bereits am nächsten Werktag oder jedenfalls am übernächsten Werktag nach der (rechtzeitigen) Einlieferung mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit sicherzustellen (vgl. beispielsweise https://www.deutschepost.de/de/q/qualitaet_gelb.html) und die Vorgaben des § 2 PUDLV im Ergebnis (jedenfalls partiell mehr als) zu erfüllen.
e) Es besteht natürlich gerade angesichts des Wegfalls des Postmonopols keine Pflicht zur Beauftragung der Deutschen Post AG. Nur ist dabei dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es keine gesetzliche Grundlage gibt, um außerhalb des angesprochenen Postuniversaldienstes auf bestimmte Beförderungszeiten zu vertrauen. Auch anderweitig ist keine rechtfertigende Grundlage für ein Vertrauen des Inhalts erkennbar, dass etwa jedes der angesprochenen über 600 konkurrierenden privaten Unternehmen im Postbereich eine dem Postuniversaldienst vergleichbare Verlässlichkeit bei der Einhaltung bezüglich konkreter Postlaufzeiten (womöglich noch bezogen auf deutschlandweit zuzustellende Briefsendungen) zu gewährleisten vermöchte. Bezeichnenderweise vermag die Klägerin schon nicht aufzuzeigen, dass das von ihrem Bevollmächtigten beauftragte Unternehmen überhaupt eine Wahrung konkreter Brieflaufzeiten (jedenfalls mit konkret nachvollziehbaren Wahrscheinlichkeiten) zusichert.
Mit der aus dem Wegfall des Postmonopols resultierenden Wahl- und Entscheidungsfreiheit korrespondiert, dass der jeweilige Kunde im Ausgangspunkt selbst die Verantwortung für die Auswahl eines zu beauftragenden Postunternehmens trägt. Insbesondere wenn Rechtsmittelschriften erst wenige Tage vor Ablauf der Rechtsmittelfrist auf dem Postweg versandt werden sollen, darf er nur dann auf einen fristwahrenden rechtzeitigen Eingang der Sendung vertrauen, wenn für dieses Vertrauen eine tragfähige Grundlage besteht.
Soweit er auf eine zeitnahe Beförderung einer Briefsendung Wert legt, trägt mithin der Kunde selbst die Verantwortung für die Auswahl eines entsprechend leistungsfähigen Unternehmens (soweit die Einhaltung rechtlicher Fristen betroffen ist: außerhalb des mit den erläuterten spezifischen gesetzlichen Vorgaben strukturierten Universaldienstes). Diese Verantwortung ist die Kehrseite des mit Wegfall des früheren Postmonopols bewirkten Zuwachses an Entscheidungsfreiheit. Die bezüglich der Einhaltung von Rechtsmittelfristen zu wahrende Sorgfalt beinhaltet eine gewissenhafte Prüfung, ob eine fristwahrende Zustellung der Rechtsmittelschrift durch ein in Betracht kommendes konkurrierendes Postunternehmen mit jedenfalls gleich hoher Verlässlichkeit zu erwarten ist wie bei einer Versendung im Rahmen des Postuniversaldienstes (vgl. auch BFH, Beschluss vom 04. September 2008 – I R 41/08 –, BFH/NV 2008, 2042).
Lässt sich eine entsprechende Gewissheit bezüglich eines in Betracht kommenden konkurrierenden privaten Postunternehmens nicht gewinnen, dann wird der erforderlichen Sorgfalt nur dann Genüge getan, wenn entweder rechtzeitig eine Aufgabe der Sendung im Rahmen des Postuniversaldienstes erfolgt oder jedenfalls der tatsächliche rechtzeitige Zugang der einem anderen Unternehmen anvertrauten Sendung (etwa durch eine telefonische Nachfrage noch rechtzeitig vor Fristablauf beim angerufenen Gericht) überprüft und ein bis dahin eventuell fehlender Zugang durch eine anderweitige fristwahrende Übermittlung (etwa per Telefax oder im elektronischen Rechtsverkehr) kompensiert wird.
Es gibt weder einen verfassungsrechtlichen noch einen einfachgesetzlichen Anspruch darauf, etwa aus Bequemlichkeit oder im Interesse von (letztlich regelmäßig relativ geringfügigen) Einsparungen auch unabhängig von einer Abklärung der Verlässlichkeit im Sinne der Einhaltung von Laufzeiten im vorstehend angesprochenen Sinne an Stelle des Postuniversaldienstes auch anderweitig private Postdienste für die Beförderung fristwahrender Sendungen heranzuziehen zu dürfen, ohne das Risiko einer verspäteten Zustellung tragen zu müssen.
Der Gesetzgeber hat mit den erläuterten normativen Vorgaben für den Postuniversaldienst den Bürgern eine in jeder Hinsicht zumutbare Möglichkeit zur Übermittlung auch von fristwahrenden Schriftstücken auf dem Postweg eröffnet. Daher kommt es auch nicht darauf an, dass ein anderweitig zu beauftragendes privates Postunternehmen sich für den Kunden natürlich als ein fremdes Unternehmen außerhalb seiner eigenen Sphäre darstellt, deren interne Betriebsabläufe ihm vielfach geradezu verschlossen sind. Soweit daraus ggfs. nicht bewältigbare Defizite hinsichtlich einer Beurteilbarkeit der Verlässlichkeit eines Unternehmens in Bezug auf die Einhaltung von Postlaufzeiten resultieren, gebietet die vom Gesetzgeber bezüglich der Übermittlung fristwahrender Schriftstücke verlangte Sorgfalt die Wahl eines verlässlicheren Übermittlungsweges.
Dies gilt umso mehr, als es sich wiederum als eigene unternehmerische Entscheidung der mit der Deutschen Post AG konkurrierenden weiteren privaten Postunternehmen darstellt, inwieweit diese ihren Kunden einen transparenten Einblick in ggfs. effektiv und hinreichend verlässlich gewährleistete Postlaufzeiten eröffnen wollen. Selbstverständlich haben diese Unternehmen beispielsweise das Recht, klare Vorgaben bezüglich der in ihrem Bereich zu erwartenden Postlaufzeiten zu veröffentlichen und - entsprechend etwa den bereits angesprochenen entsprechenden Bemühungen der Deutschen Post AG für den Universaldienst - deren tatsächliche jedenfalls ganz überwiegende Einhaltung im Betriebsalltag durch (veröffentlichte) Auswertungen neutraler Prüfinstitute zu belegen. Eine entsprechende schutzwürdige Vertrauensbasis ist bezogen auf den vorliegenden Fall aber nicht einmal ansatzweise aufgezeigt worden; es ist damit kein Raum, diesbezüglich auch nur von einer Glaubhaftmachung auszugehen.
Selbstverständlich können die konkurrierenden Unternehmen sich auch gegen eine solche Transparenz und gegen den damit verbundenen Aufwand entscheiden. Es ist ohnehin ihre eigene unternehmerische Entscheidung, inwieweit sie sich überhaupt auf dem Markt der auf eine schnelle Beförderung angewiesenen namentlich auch fristwahrenden Postsendungen positionieren oder ob sie sich nicht eher auf eine Beförderung weniger eilbedürftiger (und damit ggfs. auch kostensparender zu befördernder) Sendungen konzentrieren wollen.
f) Die Klägerin beruft sich letztlich darauf, dass ihre Bevollmächtigten schon seit mehreren Jahren beanstandungsfrei die K. F. als Postunternehmen heranziehen würden. Eine solche subjektive Einschätzung eines einzelnen Kunden bietet jedoch als solche schon mangels einer nachvollziehbaren statistisch aussagekräftigen ausreichend großen Erkenntnisgrundlage keine hinreichend verlässliche Grundlage, um den erläuterten Sorgfaltsanforderungen Rechnung zu tragen. Der Kunde eines Postunternehmens hat regelmäßig schon keinen Überblick, wann genau die aufgegebenen einfachen Briefsendungen beim Empfänger eingehen. Auch die Kanzlei der Bevollmächtigten der Klägerin erfährt im Regelfall nur dann das genaue Zugangsdatum einer Sendung, wenn es Probleme namentlich in Form einer Fristversäumnis gegeben hat.
Darüber hinaus ist die im vorliegenden Fall beauftragte K. F., wie erläutert, im Rahmen eines Verbundes von Postunternehmen tätig. Es mag sein, ohne dass dies im vorliegenden Verfahren näher zu prüfen ist, dass die K. F. in ihrem eigenen Zustellbereich und damit auch im näheren räumlichen Einzugsbereich der Kanzlei der Bevollmächtigten der Klägerin, eine sehr hohe Verlässlichkeit im Sinne zeitnaher Zustellungen aufzuweisen vermag. Dies ließe aber schon im Ausgangspunkt als solches keine Rückschlüsse darauf zu, dass eine gleich hohe Verlässlichkeit auch bei Zustellungen in anderen Teilen des Bundesgebietes zu erwarten ist, bei denen die Weiterleitung und Zustellung der Sendungen anderen Unternehmen obliegt.
g) Die eine Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen sind von dem Prozessbeteiligten glaubhaft zu machen (§ 67 Abs. 2 Satz 2 SGG); neben diese Mitwirkungsobliegenheit tritt jedoch die Verpflichtung des Gerichts nach § 103 SGG zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen (vgl. Keller in Meyer/Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 67 Rn. 10c). Im Rahmen dieses gesetzlichen Ermittlungsauftrages hat der Senat unter dem Gesichtspunkt der Sachnähe die nach dem Handelsregister zur Geschäftsführung der K. L. GmbH berufenen Personen als Zeugen gehört. Auch deren Vernehmung hat jedoch keine Erkenntnisse zu vermitteln vermocht, aufgrund derer das von der Klägerin geltend gemachte Vertrauen ihrer Bevollmächtigten hinsichtlich einer zeitnahen und jedenfalls fristwahrenden Übermittlung der Rechtsmittelschrift an das Landessozialgericht als schutzwürdig im Sinne der erläuterten gesetzlichen Vorgaben zu werten sein könnte.
<wird näher ausgeführt>
h) Vergeblich macht die Klägerin geltend, dass es im vorliegenden Fall auf die Frage einer allgemeinen Verlässlichkeit im Sinne der Gewährleistung zeitnaher Postlaufzeiten auf Seiten des von ihr beauftragten Postunternehmens gar nicht ankomme, weil die fragliche Sendung aus dem Bereich des beauftragten konkurrierenden Postverbundes an die Deutsche Post AG weitergeleitet worden sei, wobei erst letztere ungeachtet der bezüglich ihrer anzunehmenden Verlässlichkeit die verspätete Zustellung zu vertreten habe.
Dieser Vortrag vermag schon deshalb keine unverschuldete Fristversäumnis zu belegen, weil sich der Senat schon in tatsächlicher nicht im Sinne auch nur einer Glaubhaftmachung davon überzeugen kann, dass die Briefsendung mit der Berufungsschrift überhaupt an Deutsche Post AG weitergegeben worden ist. Der entsprechende Vortrag der Klägerin beruht auf Angaben der K. F.. Diese hat ihrerseits jedoch eine solche Weiterleitung nach eigener Darstellung gar nicht vorgenommen. Die K. F. vermag, soweit sich dies anhand ihrer Auskünfte erschließt, lediglich zu versuchen, aus von ihrer Seite im Rahmen des erläuterten Unternehmensverbundes abrufbaren Daten Rückschlüsse auf Maßnahmen im Rahmen anderer zum Verbund gehörender Unternehmen vorzunehmen.
Auf dieser Basis ist von Seiten der K. F. zunächst vorgetragen worden, dass ein Kurierfahrer täglich Briefsendungen für den Raum Celle in Kartonagen von Hannover nach Celle bringe (vgl. die mit Schriftsatz vom 8. März 2017 vorgelegten Email vom gleichen Tage). Die begrenzten Erkenntnismöglichkeiten der K. F. werden bereits daran deutlich, dass unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ermittlungen und der späteren korrigierenden Erklärungen der K. F. davon ausgegangen werden muss, dass es entsprechende Kurierfahrten von Hannover nach Celle im maßgeblichen Zeitraum gar nicht gegeben hat. Alle Briefsendungen für den Bereich Celle sind vielmehr erst nach Lüneburg zum dortigen Sortierzentrum der M. GmbH gebracht und von dort nach Celle weitergeleitet worden.
Auch der Vortrag der Klägerin in den Schriftsätzen vom 22. März 2017 und 20. Juni 2017, wonach ein einen sog. QR-Code aufweisender Stempelaufdruck auf der unteren Hälfte des Briefumschlages der fraglichen Sendung (deren eindeutige Identifizierbarkeit ungeachtet des nach Aktenlage anzunehmenden Fehlens einer über den gesamten Beförderungsprozess beibehaltenen Sendungsnummer zu unterstellen sein mag) den „Nachweis“ über den „Eingang bei der Deutschen Post AG“ erbringe, beruhte offenbar auf Hinweisen von Seiten der K. F.. Er ist jedoch ebenfalls inhaltlich unzutreffend. Die K. F. hat selbst im Schreiben vom 30. Mai 2017 erläutert, dass dieser Aufdruck im Briefzentrum der M. GmbH erfolgt sei und damit jedenfalls vor einer etwaigen Weiterleitung an die Deutsche Post AG vorgenommen worden sei. Die M. GmbH hat ihrerseits dem Senat erläutert, dass sie ohnehin die für Celle bestimmten Briefsendungen an die für die Zustellung vor Ort zuständige K. L. GmbH (und nicht etwa an die Deutsche Post AG) weiterleite.
Bei dieser Ausgangslage können Ausführungen der K. F., wonach die fragliche Sendung (im Rahmen der Sortierung bei der M. GmbH) „auf die Deutsche Post AG gebucht“ worden sei, letztlich allenfalls zum Ausdruck zu bringen, dass im Zeitpunkt der Sortierung in Q. auf Seiten der M. GmbH die Erwartungen bestanden haben mag, dass die für die Zustellung zuständige K. L. GmbH die Sendung zum Zwecke der Zustellung an die Deutsche Post weitergeben würde. Damit wird jedoch eine entsprechende Erwartungen umsetzende tatsächliche Weiterleitung nicht nachvollziehbar belegt.
Von einer Glaubhaftmachung ist diesbezüglich umso weniger auszugehen, als es sich ohnehin gar nicht in der Sache nachvollziehbar darstellt, weshalb zu irgendeinem Zeitpunkt im Rahmen des Beförderungsvorganges eine Zustellung durch die Deutsche Post AG vorgesehen gewesen sein sollte. Der Geschäftsführer N. der K. L. GmbH hat bei seiner Befragung erläutert, dass es in Randbereichen der Stadt L. Adressen namentlich von Aussiedlerhöfen gebe, zu denen das von ihm geführte Unternehmen nicht selbst zustelle, da der damit verbundene Aufwand zu groß wäre, in solchen Fällen würde dafür die Deutsche Post AG mit der Zustellung der Sendung an den Kunden beauftragt. Die Lage des im recht dicht bebauten Stadtgebiet gelegenen Landessozialgerichts weist allerdings in keiner Weise Ähnlichkeiten mit einer einem solchen Aussiedlerhof vergleichbaren Lage auf.
Ansonsten hat der Geschäftsführer dargelegt, dass (naheliegenderweise) Weiterleitungen an die Deutsche Post AG schon aus Kostengründen zumal angesichts der geringen Margen im Briefbeförderungsgeschäft möglichst vermieden würden. Er hat überdies dargelegt, dass die K. L. GmbH ihrerseits mit den erforderlichen Zustellungen im Raum L. Subunternehmen beauftrage. Soweit ein Mitarbeiter eines dieser Subunternehmen ausfalle, obliege es zunächst dem jeweiligen Subunternehmer, seinerseits für einen Ersatz zu sorgen, um eine zeitnahe Zustellung sicher zu stellen. Auch dieser Vortrag lässt es schon im Ausgangspunkt mangels dafür erkennbarer Gründe als unwahrscheinlich erscheinen, dass die Briefsendung mit der Berufungsschrift an die Deutsche Post AG weitergeleitet worden sein könnte; ansonsten bietet der vorliegende Sachverhalt keinen Anlass zu einer näheren rechtlichen Würdigung der geltend gemachten Heranziehung von „Subunternehmern“.
Bezeichnenderweise ist die Nachfrage des Senates nach den für eine eventuelle Weiterleitung einzelner Sendungen an die Deutsche Post AG maßgeblichen Kriterien von der Geschäftsführung der K. L. GmbH nicht beantwortet worden.
Da sich schon die Weiterleitung als solche auch nicht im Sinne einer Glaubhaftmachung objektivieren lässt, lässt sich erst recht kein konkreter Zeitpunkt einer etwaigen Weiterleitung erkennen.
Dementsprechend ist nur ergänzend hervorzuheben, dass für das Bemühen, auch für die im vorliegenden Verfahren zu beurteilende Sendung mit der Berufungsschrift das für Übermittlungen im Postuniversaldienst gerechtfertigte Vertrauen bezüglich der Einhaltung der üblichen Postlaufzeiten in Anspruch zu nehmen, ohnehin nicht allein eine entsprechende faktische Weiterleitung an die Deutsche Post AG als Universaldienstleister ausreichen würde. Hinzu kommen müsste vielmehr zumindest, dass die Deutsche Post AG nach den mit dem weiterleitenden konkurrierenden Unternehmen getroffenen Vereinbarungen eine Weiterbeförderung nach den für den Postuniversaldienst maßgeblichen Qualitätsvorgaben insbesondere hinsichtlich der im Regelfall einzuhaltenden Laufzeiten schuldete. Wäre hingegen (etwa mit Blick auf eine Reduzierung der von der K. L. GmbH aufzubringenden Entgelte für die Weiterleitung) eine geringere Beförderungsqualität vereinbart worden (etwa im Sinne der bei Büchersendungen üblichen längeren Laufzeiten), dann würde es schon im Ausgangspunkt an einer Grundlage für ein schutzwürdiges Vertrauen in eine Weiterbeförderung nach den Vorgaben des Postuniversaldienstes fehlen. Dementsprechend hat der Senat die Geschäftsführung der K. L. GmbH nach den entsprechenden Vereinbarungen mit der Deutschen Post AG befragt. Diese Nachfrage ist ebenfalls unbeantwortet geblieben, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt kein Vertrauenstatbestand ersichtlich ist.
2. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich das Berufungsbegehren auch in der Sache als unbegründet darstellt. Das Sozialgericht hat in seinem ausführlichen Urteil, auf dessen überzeugende Begründung ergänzend Bezug genommen wird, einleuchtend dargelegt, dass die nach den gesetzlichen Vorgaben des § 43 SGB VI für den geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur bei einem vor Juli 2008 eingetretenen Leistungsfall gegeben waren. Dementsprechend vermochte insbesondere die erstmals 2011 und damit nach Wegfall der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen in Erscheinung getretene Krebserkrankung als solche keinen Anspruch auf die begehrte Rente zu begründen.
Es lässt sich auch nichts dafür mit der erforderlichen Verlässlichkeit objektivieren, dass die Klägerin bereits vor August 2008 dauerhaft erwerbsgemindert war, dass ihr also bereits seinerzeit dauerhaft eine auch nur sechsstündige (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI) Ausübung insbesondere körperlich leichter Tätigkeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich gewesen sein sollte.
Soweit das Sozialgericht die (im Zeitpunkt ihrer Vernehmung 80jährige) Ärztin Dr. J. als Zeugin gehört hat, ist ohnehin deutlich geworden, dass diese sich nicht mehr verlässlich an Jahre zurückliegende Details des Gesundheitszustandes der Klägerin zu erinnern vermochte. Die Zeugin hat von einem Unfall im Jahr 1998 berichtet, wobei der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Rahmen der Vernehmung darauf hinweisen musste, dass der maßgebliche Unfall sich wohl bereits 1980 ereignet habe.
Die Zeugin hat ferner von einem Unfall im Jahr 2002 mit einer Erstversorgung im Universitätsklinikum F. berichtet, bei dem die Klägerin „zahlreiche Rippenbrüche rechts“ erlitten habe. Bezüglich dieses Unfallereignisses liegt aber der Bericht des Universitätsklinikums vom 23. September 2002 vor, wonach aufgrund der damals wenige Stunden nach dem Unfallereignis vorgenommenen Röntgenaufnahmen insbesondere auch des Thorax knöcherne Verletzungen gerade ausgeschlossen werden konnten, die Ärzte konnten bei der Erstversorgung nicht einmal eine Prellmarke oder anderweitig äußerlich erkennbare Verletzungszeichen feststellen.
Auch anderweitig lässt sich nicht objektivieren, an welchen konkreten Beeinträchtigungen und in welchem Ausmaß die Klägerin bereits vor August 2008 dauerhaft gelitten haben könnte. Die Klägerin hat in den insoweit maßgeblichen Zeiträumen selbst keinen Anlass gesehen, um eine Erwerbsminderungsrente nachzusuchen, obwohl sie im Zuge der Beantragung der Witwenrente durchaus Kontakt zur Rentenversicherung hatte. Abgesehen von einer (nach Behandlung ausgeheilten) Lungenentzündung im Jahr 2007 sind keine stationären Behandlungen ersichtlich. Insbesondere hat der Gesundheitszustand der Klägerin in dem zu beurteilenden Zeitraum bis Juli 2008 offenbar weder ihr persönlich noch den behandelnden Ärzten Anlass dazu gegeben, um eine medizinische Rehabilitation auch nur nachzusuchen.
Gerade bei einem Krankheitsgeschehen in dem von der Zeugin Dr. J. erläuterten „furchtbaren Schlappheit“ und „Antriebslosigkeit“ wäre bei längerer Dauer die Einleitung eines stationären Rehabilitationsverfahrens allerdings zu erwarten gewesen. Auch dies spricht gegen die Annahme eines verlässlichen Erinnerungsvermögens der Zeugin.
Die Klägerin persönlich hat ohnehin bei der Begutachtung durch den Nervenarzt Dr. I. im Jahr 2013 erläutert, dass eine antidepressive Behandlung erst vier Jahre zuvor, d.h. im Jahr 2009 (und damit erst nach Wegfall der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen) erforderlich gewesen sei.
Angesichts der fehlenden näheren Objektivierbarkeit des Ausmaßes bereits vor August 2008 dauerhaft vorhandener gesundheitlicher Beeinträchtigungen fehlt auch die erforderliche Erkenntnisgrundlage, um in der Retrospektive das damalige berufliche Leistungsvermögen der Klägerin noch gutachterlich beurteilen zu lassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.