Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 21.07.2003, Az.: 14 W 25/03

Pflichten des Grundstückseigentümers; Sicherung des Hauses gegen einen Rückstau im Entwässerungssystem; Gewährung von Prozesskostenhilfe

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
21.07.2003
Aktenzeichen
14 W 25/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 18247
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2003:0721.14W25.03.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 11.03.2003 - AZ: 9 O 23/03

Amtlicher Leitsatz

Jeder Grundstückseigentümer ist selbst verpflichtet, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um sein Haus gegen einen Rückstau im Entwässerungssystem zu sichern.

In dem Prozesskostenhilfeverfahren
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 7. April 2003
gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 11. März 2003
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht .....................
und der Richter am Oberlandesgericht .....................
und .....................
am 21. Juli 2003 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

Das Landgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen, weil die von ihr beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass der Antragstellerin nach dem bisherigen Sach- und Streitstand kein Schadensersatzanspruch gegenüber der Antragsgegnerin zusteht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen, mit denen das Landgericht diese Einschätzung in dem angefochtenen Beschluss begründet hat, Bezug genommen. Auch das Beschwerdevorbringen gibt dem Senat keine Veranlassung zu einer abweichenden Entscheidung.

3

1.

Im Gegensatz zur Auffassung der Antragstellerin kann sich die Antragsgegnerin sehr wohl auf den Haftungsausschluss berufen, der in § 14 Abs. 1 der Abwasserbeseitigungssatzung der Gemeinde ..................... vom 28. November 1988 enthalten ist. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich nämlich - bezogen auf die Abwasserbeseitigung - um die Rechtsnachfolgerin der Gemeinde ...................... Dies hat zur Folge, dass die in der Abwasserbeseitigungssatzung geregelten Rechte und Pflichten auch im Verhältnis zur Antragsgegnerin weiterhin gelten. Der in § 14 Abs. 1 dieser Satzung enthaltene Haftungsausschluss steht daher einer Inanspruchnahme der Antragsgegnerin durch die Antragstellerin wegen der in ihrem Haus im Sommer 2002 entstandenen Überschwemmungsschäden von vornherein entgegen.

4

2.

Im Übrigen haftete die Antragsgegnerin der Antragstellerin wegen dieser Schäden aber auch ohne einen derartigen Haftungsausschluss nicht.

5

a)

So bestehen zunächst keine Ansprüche auf Grund des Gefährdungshaftungstatbestandes des § 2 Abs. 1 Satz 1 HpflG (sog. Wirkungshaftung). Der Schaden der Antragstellerin ist zwar durch die Wirkungen des in der Kanalisation transportierten Wassers entstanden. Die Vorschrift normiert im Bereich der Wasserrohrleitungen eine verschuldensunabhängige Haftung aber nur für Schäden, die auf die Wirkungen des von der Anlage ausgehenden Wassers zurückzuführen sind, nicht aber auch für Schäden, die ihren Grund darin haben, dass in der Anlage ein Rückstau entsteht, der sich innerhalb des Rohrsystems fortsetzt und durch die Anlage in ein Haus hineinwirkt (vgl. BGHZ 88, 85, 88 f.[BGH 07.07.1983 - III ZR 119/82]; VersR 1999, 230). Wegen der Begründung im Einzelnen, die den Bundesgerichtshof zu dieser Unterscheidung veranlasst hat, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zitierte Rechtsprechung Bezug genommen. Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser inzwischen als gefestigt zu bezeichnenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abzuweichen. Auch die Antragstellerin vermag hierfür keine durchgreifenden Gründe aufzuzeigen.

6

Da die Überschwemmungsschäden im vorliegenden Fall unstreitig dadurch entstanden sind, dass in der Anlage ein Rückstau entstanden ist, der in das Haus der Antragstellerin hineingewirkt hat, kommt eine Haftung der Antragsgegnerin aus § 2 Abs. 1 Satz 1 HpflG somit nicht in Betracht.

7

b)

Dies gilt auch für vertragliche Schadensersatzansprüche, und zwar selbst dann, wenn man unterstellt, dass das Kanalsystem im Bereich des Hauses der Klägerin unterdimensioniert und eine oberirdische Entwässerung des Abwasserkanals inzwischen dadurch verhindert worden ist, dass die Antragsgegnerin einen in der Nähe des Grundstücks der Antragstellerin befindlichen Kanaldeckel zubetoniert hat. Auch wenn der diesbezügliche Vortrag der Antragstellerin zutrifft, besteht kein Schadensersatzanspruch, weil die Schäden, für die sie Ersatz begehrt, nicht ursächlich auf diese mögliche Unterdimensionierung des Kanalisationsnetzes zurückzuführen sind. Die Rückstauschäden liegen nämlich außerhalb des Schutzzwecks der durch die Unterdimensionierung verletzten Pflichten, sodass es am Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden fehlt. Jeder Grundstückseigentümer ist selbst verpflichtet, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um sein Haus gegen einen Rückstau zu sichern. Ein Rückstauventil fehlte im Haus der Antragstellerin zum Schadenszeitpunkt jedoch. Dies hat in rechtlicher Hinsicht zur Folge, dass die Wasserschäden in ihrem Haus der Antragsgegnerin rechtlich nicht zugerechnet werden können, weil die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihr Kanalnetz ausreichend zu dimensionieren, nach ihrem Schutzzweck den Anschlussteilnehmer nicht vor solchen Rückstauschäden schützen soll, vor deren Eintritt er sich auf Grund seiner Verpflichtung zur eigenen Vorsorge selbst schützen kann und muss (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BGH VersR 1999, 230, 231[BGH 30.07.1998 - III ZR 263/96]; OLG Hamm BADK-Information [= Bundesarbeitsgemeinschaft Deutscher Kommunalversicherer] 1999, 19, 20; OLG Düsseldorf BADK-Information 1999, 151; OLG Köln BADK-Information 2000, 144). Daraus folgt, dass hier auch keine vertraglichen Schadensersatzansprüche der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin bestehen.

8

3.

Aber selbst wenn dies der Fall wäre, könnte die Antragstellerin keine Prozesskostenhilfe für eine beim Landgericht zu erhebende Klage erhalten. Jedenfalls die Folgen der Überschwemmung vom 1. August 2002 muss sie sich nämlich in vollem Umfang selbst zuschreiben, weil sie es auch nach der Überschwemmung vom 17./18. Juli 2002 weiterhin unterlassen hat, umgehend für den Einbau eines Rückstauventils zu sorgen.

9

Der Gesamtschaden, den die Klägerin als Folge der Überschwemmung vom 17./18. Juli 2002 unter Berücksichtigung eines hälftigen Mitverschuldens geltend zu machen beabsichtigt, beläuft sich auf (nur) 3.826,39 EUR. Streitigkeiten über Ansprüche in dieser Höhe fallen nach § 23 Nr. 1 GVG jedoch in die Zuständigkeit des Amtsgerichts.

10

4.

Da das Landgericht der Antragstellerin nach alledem mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht versagt hat, war ihre hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

11

Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, weil sich die Verpflichtung der Antragstellerin zur Zahlung der für das Beschwerdeverfahren angefallenen Festgebühr unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (Nr. 1956 des Kostenverzeichnisses zu § 11 Abs. 1 GKG) und außergerichtliche Kosten nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten sind.

12

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO liegen nicht vor.