Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.05.2003, Az.: 11 LB 35/03

Asyl; Asylantragsteller; Asylbewerber; Aufenthaltsbefugnis; Bleiberechtserlass 1990; Kurde; Libanon; Staatenloser; Staatenlosigkeit; Staatsangehörigkeit; Türke; Türkei; türkische Staatsangehörigkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.05.2003
Aktenzeichen
11 LB 35/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48628
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BVerwG - 16.02.2004 - AZ: BVerwG 1 B 215.03

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Der Erlass des Nds. Innenministeriums vom 18. Oktober 1990 (Bleiberechtserlass) bezieht sich - soweit er "Kurden aus dem Libanon" erwähnt - nur auf staatenlose Kurden aus dem Libanon oder auf solche Kurden aus dem Libanon, deren Staatsangehörigkeit unaufklärbar ist.

Wird im Laufe der Zeit bei der Personengruppe der "Kurden aus dem Libanon" die türkische Staatsangehörigkeit festgestellt, können sie sich für die Verlängerung der ihnen in der Vergangenheit auf Grundlage des Bleiberechtserlasses vom 18. Okt. 1990 gewährten Aufenthaltsbefugnis nicht mehr auf diesen Erlass berufen.

Gründe

1

Die Kläger wenden sich gegen eine Ausweisungsverfügung und begehren die Verlängerung von Aufenthaltsbefugnissen.

2

Die Klägerin zu 1) ist die leibliche Mutter der Kläger zu 2) bis 6). Sie reisten - bis auf die im Bundesgebiet geborenen Kläger zu 4) und 5) - 1986 unter dem Namen C. in das Bundesgebiet ein zusammen mit dem Vater und damaligen Ehemann nach islamischem Brauch Faysal I. alias C.. Der ebenfalls mit eingereiste Sohn J. ist am vorliegenden Verfahren nicht beteiligt. Sie kamen ohne Visum und mit einem unstreitig gefälschten libanesischen Laisser-Passer im Bundesgebiet an und gaben vor, (kurdische) Volkszugehörige moslemischen Glaubens mit ungeklärter Staatsangehörigkeit aus dem Libanon zu sein. Aufgrund dieser Angaben erhielten sie - nachdem ein Asylverfahren erfolglos geblieben war - im Hinblick auf den Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 18. Oktober 1990 (52.31-12231/1-1-1, im Folgenden Bleiberechtserlass 1990) befristete Aufenthaltsbefugnisse. Ab ca. Ende 1997 ging der Beklagte der Frage nach, ob es sich bei den Klägern möglicherweise um türkische Staatsangehörige handeln könnte. Nach umfangreichen Forschungen erklärte sich das türkische Generalkonsulat in Hannover am 08. Februar 2000 bereit, der Klägerin zu 1) ein Passersatzpapier auszustellen, da diese nach einem von dem Beklagten vorgelegten türkischen Personenstandsregister in der Türkei für den Ort Ückavak als türkische ledige Staatsangehörige registriert war. Mit angefochtenen Bescheiden vom 3. April 2000 wies der Antragsgegner daraufhin die Kläger aus dem Bundesgebiet aus, da sie durch unrichtige Angaben ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet und darüber hinaus auch zu Unrecht erhebliche Sozialleistungen erlangt hätten und die Sozialhilfebedürftigkeit auch für sich einen Ausweisungsgrund darstelle. Weiter lehnte er die beantragte Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis ab, da die Kläger als türkische Staatsangehörige nicht unter den vom Bleiberechtserlass 1990 erfassten Personenkreis fielen, und drohte die Abschiebung an. Der ablehnende Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Hannover erging am 24. November 2000. Dem früheren Ehemann der Klägerin zu 1), der seit 1993 eine Freiheitsstrafe von 7 Jahren und 9 Monaten wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verbüßte (Beiakte B, Bl. 308), war im August 2000 vom türkischen Generalkonsulat ein Passersatzpapier ausgestellt worden. Er wurde am 21. November 2000 in die Türkei abgeschoben.

3

Im anschließenden Klageverfahren haben die Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, sie besäßen nicht die türkische Staatsangehörigkeit.

4

Die Kläger haben beantragt;

5

die Bescheide des Beklagten vom 03.04.2000 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Hannover vom 24.11.2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Klägern zu 1) bis 6) eine Aufenthaltsgenehmigung in der Form der Aufenthaltsbefugnis zu erteilen.

6

Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

8

Mit angefochtenem Urteil vom 26. Juni 2002 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Bei den Klägern handele es sich nicht um Volkszugehörige mit ungeklärter Staatsangehörigkeit aus dem Libanon, sondern um türkische Staatsangehörige; denn sowohl die Klägerin zu 1) als auch ihr früherer Ehemann seien im Personenstandsregister von Ückavak/Türkei registriert. Darüber hinaus habe das türkische Generalkonsulat für beide Passersatzpapiere ausgestellt, was ebenfalls als Nachweis für die türkische Staatsangehörigkeit zu werten sei. Mit Schreiben vom 25. Juni 2002 habe das türkische Generalkonsulat Hannover nochmals bestätigt, dass die Klägerin zu 1) die türkische Staatsangehörigkeit besitze. Auch die Kläger zu 2) bis 6) seien als türkische Staatsangehörige anzusehen, da ihre beiden Elternteile die türkische Staatsangehörigkeit besäßen, auch wenn für die Kläger zu 2) bis 6) ein entsprechender Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister nicht vorliege. Die sich aus der fehlenden Registrierung der Kläger zu 2) bis 6) ergebenden möglichen tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Abschiebung in die Türkei ständen der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung nicht entgegen.

9

Dagegen richtet sich die vom Senat gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassene Berufung.

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Im Berufungsverfahren greifen die Kläger ihre Zuordnung als türkische Staatsangehörige im Wesentlichen nicht mehr an. Im Mittelpunkt ihrer Ausführungen steht jetzt der Bleiberechtserlass 1990. Hierzu tragen sie im Wesentlichen vor:

11

Wenn sie auch (wohl) türkische Staatsangehörige seien, so hätten sie doch lange Jahre vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet im Libanon gelebt. Dort hätten auch schon die Eltern der Klägerin zu 1) gelebt. Dieses könne ggf. durch weitere Unterlagen nachgewiesen werden. Da sie als Kurden aus dem Libanon gekommen seien, unterfielen sie der Regelung des Bleiberechtserlasses 1990. Der Erlass erwähne "Staatsangehörige" aber auch "Kurden" aus dem Libanon. Sie gehörten zur letzten Gruppe. Dass es sich bei dieser Gruppe um "staatenlose" Kurden handeln müsse, sei dem Erlass nicht zu entnehmen, anders dagegen Erlasse in anderen Bundesländern, die ausdrücklich von "staatenlosen" Kurden sprächen. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass der Erlass nur unscharf formuliert und tatsächlich lediglich "staatenlose" Kurden aus dem Libanon von ihm erfasst werden sollten; denn es sei bereits sei den 80er Jahren dem Auswärtigen Amt und damit auch den Ländern bzw. den Ausländerbehörden bekannt gewesen, dass im Libanon seit Langem illegal eingereiste Kurden lebten, die die Staatsangehörigkeit eines anderen Landes hätten (vgl. hierzu Beiakte N, Anlage 3, 4, 5). Den deutschen Behörden sei mithin schon vor Erlass der Bleiberechtsregelung bekannt gewesen, dass bei den sog. Kurden aus dem Libanon latent die Staatsangehörigkeit eines Nachfolgestaates des osmanischen Reiches bestehen könne. Sei dieses aber bekannt gewesen und spreche der Erlass gleichwohl nicht ausdrücklich von "staatenlosen" Kurden, könne das nachträgliche Feststellen einer anderen Staatsangehörigkeit (hier der türkischen) die durch den Erlass erlangte Rechtsposition nicht beeinträchtigen. Die durch den Erlass gegebene Rechtslage könne auch nicht allein deswegen in Frage gestellt werden, weil sich nunmehr abzeichne, dass ein größerer Teil der als "Kurden aus dem Libanon" in das Bundesgebiet gekommenen Personen möglicherweise doch über die türkische Staatsangehörigkeit verfüge. Im Übrigen habe auch die Bezirksregierung Hannover in einem anderen Verfahren mit Verfügung vom 11. Dezember 1997 entschieden, dass Kurden aus dem Libanon unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit unter die Bleiberechtsregelung fielen (vgl. hierzu indirekt GA Bl. 200).

12

Die Kläger hätten daher gemäß Nr. 10 Abs. 2 des Bleiberechtserlasses 1990 einen Anspruch auf kontinuierliche Verlängerung ihrer Aufenthaltsbefugnisse. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass sie nach wie vor durch Sozialhilfe unterstützt werden müssten; denn dass dieser Personenkreis unter Umständen längerfristig der Sozialhilfe anheim falle, sei schon vor Erlass der Bleiberechtsregelung bekannt gewesen (vgl. hierzu die überreichte Kabinettsvorlage für den Erlass, Beiakte N, Anl. 9 Nr. 5).

13

Den Klägern könne auch nicht entgegengehalten werden, bei ihnen handele es sich tatsächlich nicht um "Kurden", sondern sie seien einem arabischen Volksstamm, den sog. Mahalmi, zuzuordnen. Allerdings sei zwischen Ethnologen umstritten, ob die Volksgruppe, der die Kläger angehören, ein kurdischer oder ein arabischer Stamm ist. Da diese Bevölkerungsgruppe jedoch im Libanon stets als "Kurden" bezeichnet würden, falle sie unter den Wortlaut des Erlasses.

14

Abschließend weisen die Kläger darauf hin, dass sie die deutschen Behörden nicht bewusst getäuscht hätten. Sie seien im Libanon geboren und aufgewachsen, soweit sie nicht im Bundesgebiet geboren worden seien. Die Frage nach einer evtl. türkischen Staatsangehörigkeit habe sich für sie im Libanon nicht gestellt. Ein in den türkischen Registern für sie evtl. geführter Name sei ihnen auch nicht geläufig gewesen. Es habe auch kein Grund für sie bestanden, in der Türkei nach Unterlagen zu forschen. Bei Einreise in das Bundesgebiet hätten sie sich daher mit den ihnen aus dem Libanon geläufigen Namen gemeldet.

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Die Kläger beantragen,

16

das erstinstanzliche Urteil zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 3. April 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Hannover vom 24. November 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Klägern eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

19

Er führt im Wesentlichen aus: Nach Sinn und Zweck des Bleiberechtserlasses 1990 seien unter dem Begriff "Kurden aus dem Libanon" nur staatenlose Kurden zu verstehen. Dieses lasse sich aus dem Vorspann des Erlasses ableiten, wonach nur denjenigen ein Bleiberecht zuerkannt werden sollte, deren Aufenthalt aus rechtlichen, tatsächlichen oder humanitären Gründen nicht beendet worden sei. Hätten die Kläger jedoch von Anfang an ihre türkische Staatsangehörigkeit offengelegt, wäre eine Abschiebung in die Türkei ohne Weiteres möglich gewesen. Dass der niedersächsische Erlass nur in diesem Sinne zu verstehen sei, ergebe sich auch aus einem Erlass des Bundesministers des Innern vom 6. Dezember 1991, wonach "türkische Kurden aus dem Libanon" von dem nach § 32 AuslG erteilten Einvernehmen nicht erfasst worden seien. Ebenso habe die Bezirksregierung Hannover im April 2003 klargestellt, dass auch nach ihrer Auffassung - ebenso wie sie bereits mit Verfügung vom 11.12.1990 (301-1-12235/1-7 N) dargelegt habe - nur staatenlose Kurden aus dem Libanon von dem Erlass erfasst seien. Die 1997 von der Bezirksregierung in einem Einzelfall abgegebene andere rechtliche Einschätzung werde nicht beibehalten.

20

Ergänzend weist der Beklagte darauf hin, dass es sich bei den Klägern tatsächlich nicht um einen kurdischen Volksstamm handele, sondern dass sie zu den sog. Mahalmi - einem arabischen Stamm - gehörten.

21

Außerdem gewähre der Bleiberechtserlass 1990 kein automatisches Daueraufenthaltsrecht. Etwas Derartiges ergebe sich entgegen der Auffassung der Kläger nicht aus Nr. 10 Abs. 2 des Erlasses. Ein dauernder Sozialhilfebezug bzw. Verstöße gegen das StGB, die einen Ausweisungsgrund nach § 45 AuslG darstellten, ständen vielmehr der Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis entgegen. Weiter hilfsweise weist der Beklagte darauf hin, dass nach dem Bleiberechtserlass 1990 Aufenthaltszeiten, die sich durch bewusste Täuschung der Behörden ergeben hätten, nicht als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne des Erlasses anzusehen seien. Es sei aber davon auszugehen, dass die Kläger von Anfang an über ihre wahre Identität getäuscht hätten.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen insb. die die Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge (Kläger zu 1) bis 5): Beiakten E1 bis E5; Klägerin zu 6): Beiakte O) Bezug genommen. Die Ausländerakten des Ehemannes nach islamischem Recht,  Beiakten A, B, C, D) und die Ausländerakten der in Essen lebenden Eltern der Klägerin zu 1) (Beiakten F, G, K, L) lagen dem Senat vor.

II.

23

Die Berufung hat keinen Erfolg. Die Kläger haben keinen Anspruch auf einen weiteren Verbleib im Bundesgebiet. Die angefochtenen Bescheide (Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis (A) und Ausweisung (B)) sind zu Recht ergangen.

24

A) Die Kläger haben keinen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis.

25

1) Als Rechtsgrundlage für dieses Verlängerungsbegehren kommt die Übergangsvorschrift des § 99 Abs. 1 AuslG in Betracht; denn den Klägern ist Ende 1990 noch unter Geltung des alten Ausländergesetzes 1965 nach dem Bleiberechtserlass 1990 eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden, die nach Inkrafttreten des Ausländergesetzes 1990 (zum 1.1.1991) gemäß § 94 Abs. 3 Nr. 3 AuslG als Aufenthaltsbefugnis fortgalt. Die Voraussetzungen für eine Verlängerung nach dieser Vorschrift liegen jedoch nicht vor.

26

§ 99 AuslG bestimmt:

27

"In den Fällen des § 94 Abs. 3 Nr.  3 kann die Aufenthaltsbefugnis abweichend von § 34 Abs. 2 verlängert werden...

28

Eine Anordnung der obersten Landesbehörde nach § 32 zur Ausführung des Absatzes 1 bedarf nicht des Einvernehmens mit dem Bundesminister des Innern."

29

Eine weitere Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage des Bleiberechtserlasses 1990 setzt voraus, dass die Kläger zu dem vom Erlass begünstigten Personenkreis gehören. Das ist nicht der Fall.

30

Der Bleiberechtserlass 1990 bestimmt u.a.:

31

"Flüchtlinge, die sich am 1.8.1990 legal in Niedersachsen aufgehalten haben, erhalten auf Antrag eine Aufenthaltserlaubnis, ...

32

wenn sie Staatsangehörige der Staaten Afghanistan, Albanien, Irak, Iran, Libanon oder Sri Lanka, Palästinenser oder Kurden aus dem Libanon, Christen oder Yeziden aus der Türkei sind...".

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Der Senat lässt offen, ob die Kläger einem kurdischen oder arabischen Stamm angehören (a); denn sie fallen schon deswegen nicht unter den Erlass, weil sie die türkische Staatsangehörigkeit besitzen (b).

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a) Der Beklagte macht - gleichsam vorsorglich - geltend, die Kläger fielen schon deswegen nicht unter den Bleiberechtserlass 1990, weil sich herausgestellt habe, dass sie gar nicht zur kurdischen Volksgruppe gehörten, sondern zu der der arabischen Volksgruppe zuzuordnenden Gemeinschaft der Mahalmi. Es trifft wohl zu, dass die Kläger dem Stamm der Mahalmi angehören (vgl. Reisebericht von Rechtsanwalt Freckmann, GA Bl. 29, und Stellungnahme vom LKA Berlin in Beiakte M). Danach haben sich insbesondere in dem Gebiet Mardin, Midyat und Savur schon in den früheren Jahrhunderten Mitglieder der sog. Mahalmi angesiedelt. Bei diesen soll es sich nach Auffassung einiger Ethnologen um einen arabischen Stamm handeln. Innerhalb dieser Gruppe werde arabisch gesprochen und es würden auch arabische Namen geführt. Die auferlegten türkischen Namen würden nur in Behördengängen verwandt. Etliche aus dieser Gruppe sollen in den Libanon ausgewandert sein und dort zum Teil die arabischen Namen fortführen oder neue Familiennamen geschaffen haben. Ein typischer Sippenname sei der (hier von den Klägern zunächst benutzte) Name EL Kahdj (entspricht C.). Teilweise wird diese Bevölkerungsgruppe allerdings auch als eigenständiger kurdischer Stamm angesehen, der aufgrund einer früheren Arabisierung die arabische Sprache angenommen habe. Da nach den o.a. Erkenntnissen die aus den kurdischen Gebieten in der Türkei in den Libanon eingewanderten Mitglieder dieser Bevölkerungsgruppe aber sowohl im Libanon als auch in der Türkei als Kurden bezeichnet werden, dürften die ethnologischen Erkenntnisse, wonach diese Bevölkerungsgruppe möglicherweise einen eigenständigen Volksstamm darstellt, nicht ausreichen, um sie nun nicht mehr als "Kurden" im Sinne des Bleiberechtserlasses 1990 anzusehen.

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b) Diese Frage muss aber nicht endgültig geklärt werden; denn die weiter zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob der Bleiberechtserlass 1990 nur staatenlose Kurden aus dem Libanon erfasst oder alle Kurden, sofern sie nur längere Zeit im Libanon vor der Einreise in das Bundesgebiet gelebt haben (die bloße Einreise über den Libanon fällt ersichtlich nicht unter den Erlass - vgl. ebenso 10. Senat, Beschl. v. 20.6.2002 - 10 ME 38/02 -), ist nach Auffassung des Senats bei Auslegung des Erlasses (zur Zulässigkeit der Auslegung von Verwaltungsvorschriften  vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.1999 - 7 C 15.98 - BayVBl 2000, 729) im Sinne der ersten Alternative zu beantworten (aa), so dass die Kläger dem Erlass schon deswegen nicht unterfallen, weil sie türkische Staatsangehörige sind (bb).

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aa) Der Bleiberechtserlass 1990 erfasst nur staatenlose Kurden bzw. Kurden mit unaufklärbarer Staatsangehörigkeit aus dem Libanon.

37

Der Wortlaut des Erlasses 1990 ist allerdings nicht eindeutig. In ihm wird einerseits von "Staatsangehörigen des Staates Libanon" gesprochen, andererseits von "Palästinensern oder Kurden aus dem Libanon, Christen oder Yeziden aus der Türkei". Da der Erlass zunächst ausdrücklich die "Staatsangehörigen" erwähnt, könnte das dafür sprechen, dass hinsichtlich der Kurden, Palästinenser etc. nur Staatenlose gemeint sein sollen. Ebenso kann man aber auch argumentieren, da bei Kurden, Palästinensern etc. keinerlei Aussagen zur Staatsangehörigkeit/Staatenlosigkeit gemacht werde, sei dieses Merkmal für diese Gruppe unerheblich.

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Die Handhabung des Erlasses durch untergeordnete Stellen ist ebenfalls nicht eindeutig. Als Beispiel sei auf die Wertung der Bezirksregierung Hannover verwiesen. So sah sie sich am 11. Dezember 1990 veranlasst darauf hinzuweisen, dass von dem Bleiberechtserlass 1990 Kurden ungeklärter Staatsangehörigkeit erfasst seien und diese den libanesischen Staatsangehörigen gleichgestellt würden; stehe für eine Familie dagegen die türkische Staatsangehörigkeit fest, unterfalle sie nicht der Bleiberechtsregelung. Andererseits hat die Bezirksregierung Hannover bezogen auf eine andere Familie im Dezember 1997 die Auffassung vertreten, maßgeblich sei allein, ob die betreffende Familie für längere Zeit im Libanon gelebt und von dort in das Bundesgebiet gereist sei; Staatenlosigkeit der Familie werde nach dem Erlass nicht verlangt. Im vorliegenden Verfahren hat die Bezirksregierung Hannover dann wiederum die Auffassung vertreten, von dem Erlass seien nur staatenlose Kurden bzw. Kurden mit ungeklärter Staatsangehörigkeit  betroffen, die 1997 ergangene Einzelregelung könne nicht verallgemeinert werden (GA Bl. 199).

39

Auch die weiteren im Zusammenhang mit der Bleiberechtsregelung 1990 ergangenen Regelungen lassen keine klaren Rückschlüsse zu. In dem Erlass des Nds. MI vom 14.2.1991 (56.31-12231/1-1-1, im Folgenden: Ergänzungserlass 1991) ist zu dieser Frage nichts geregelt. Der unter Geltung des neuen Ausländergesetzes 1990 zu § 32 ergangene Erlass des Nds. MI vom 27. September 1992 (56.31-12230/1-1 - Nds. MBl. 1992, 336, im Folgenden: Erlass 1992) präzisiert zwar bezüglich "Christen und Yeziden aus der Türkei", dass es sich insoweit um türkische Staatsangehörige handeln müsse, er erwähnt(e) jedoch zunächst ebenfalls weiter nur pauschal "Kurden aus dem Libanon". Mit Runderlass (erst) vom 16. August 2001 (45.31-12230/1-1) hat das Niedersächsische MI allerdings klargestellt, dass eine Verlängerung nach dem Erlass 1992 nur möglich ist, wenn es sich um staatenlose Kurden aus dem Libanon handele, da der Bundesminister des Innern (BMI) nur für diesen Personenkreis sein Einvernehmen erteilt habe. Der BMI hatte schon mit einem Erlass vom 6. Dezember 1991 deutlich gemacht, dass nur Staatenlose aus dem Libanon von einer Bleiberechtsregelung erfasst sein sollten. Dieser Erlass des BMI vom 6. Dezember 1991 ist allerdings kein Indiz, dass sich auch der Bleiberechtserlass 1990 nur auf staatenlose Kurden aus dem Libanon beziehen sollte; denn im Zeitpunkt des Bleiberechtserlasses 1990 bedurfte es noch nicht des Einvernehmens mit dem BMI, da (noch) das alte Ausländergesetz 1965 galt. Es war gerade Sinn und Zweck des Bleiberechtserlasses 1990, bestimmte Ausländergruppen vor Inkrafttreten des neuen (verschärften) Ausländerrechts noch zu einem Bleiberecht zu verhelfen. Entsprechend wird der Bleiberechtserlass 1990 als eine "großzügige Schlussstrichregelung" bewertet (Nds. MI, Anlage zu dem Erlass vom 18.10.1990). Dem Niedersächsischen MI lag daran, diese Regelung noch vor Inkrafttreten des neuen Ausländerrechts auf den Weg zu bringen, da das nach neuem Recht erforderliche Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern nicht hergestellt worden war. Die Zielsetzung einer "großzügigen Regelung" könnte zwar für die Auffassung der Kläger sprechen. Allerdings hätte es dann nahe gelegen, die (etwaige) gewollte Großzügigkeit deutlich zum Ausdruck zu bringen, was nicht geschehen ist.

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Zum Verständnis des Erlasses ist daher maßgeblich auf die dem Erlass selbst zugrunde liegenden Umstände sowie auf seinen Sinn und Zweck abzustellen. Hier verweist der Beklagte zutreffend darauf, dass maßgeblich für die Bleiberechtsregelung der Umstand war, dass die betreffenden Personengruppen aus rechtlichen, tatsächlichen oder humanitären Gründen nicht abzuschieben waren (vgl. Ziff. 1 des Erlasses). Im Vordergrund stand somit die Überlegung, dass für die betreffenden Personen eine Rückkehr in ihren Heimatstaat nicht möglich war. Es spricht Überwiegendes dafür, dass bei Bekanntgabe des Erlasses allgemein für Kurden aus dem Libanon von einer Rückkehrmöglichkeit in (irgend) einen Heimatstaat nicht ausgegangen wurde. Schon 1990 war nämlich - wie sich aus den vorliegenden Unterlagen (vgl. Beiakte N, Anl. 3-5, sowie die Stellungnahme von Henninger in Beiakte M) ergibt, bekannt, dass sich seit den zwanziger Jahren Kurden insbesondere aus der Gegend von Mardin im Libanon angesiedelt haben. Sie waren illegal in den Libanon eingereist. Anfang der siebziger Jahre sind dann nochmals zahlreiche Arbeitsimmigranten hauptsächlich aus der Türkei und dem Irak nach Libanon gekommen. Es ist daher naheliegend, dass bei Erlass der Bleiberechtsregelung 1990 die Überlegung im Vordergrund stand, da die Kurden schon seit Jahrzehnten, zum Teil seit mehreren Generationen im Libanon wohnten, würden sie entweder nicht mehr über die Staatsangehörigkeit ihres ursprünglichen Herkunftsstaates verfügen oder diese Staatsangehörigkeit wäre zumindest von deutschen Behörden nicht mehr aufzuklären. Dafür, dass nach allgemeiner 1990 vorherrschender Auffassung von dem Bleiberechtserlass nur staatenlose Kurden oder zumindest nur Kurden mit unaufklärbarer Staatsangehörigkeit erfasst sein sollten, spricht ein vor Bekanntgabe des Erlasses 1990 ergangenes Rundschreiben der mit der Materie damals befassten Rechtsanwälte (u.a. auch des Prozessbevollmächtigten des vorliegenden Verfahrens) vom Oktober 1990, in dem gerade auf die Voraussetzungen der Staatenlosigkeit hingewiesen wird; denn es heißt dort u.a.:

41

"Nach den vorliegenden Informationen wird das Land Niedersachsen all jenen Flüchtlingen auf deren Antrag hin eine Aufenthaltserlaubnis erteilen, die entweder sich seit mindestens dem 1.1.1996 rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben und zum 1.8.1990 legal in Niedersachsen waren,

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oder aber allen Staatsangehörigen aus Afghanistan, ... Libanon (einschließlich der Staatenlosen (Anm.: Unterstreichung durch den Senat) Sri Lanka, Iran sowie Christen und Yeziden aus der Türkei, die bis zum 1.8.1990 legal in Niedersachsen waren..."

43

Die jetzt aufgetretene Fallkonstellation, dass Ausländerbehörden durch intensive Nachforschungen die Staatsangehörigkeit von Kurden aus dem Libanon nachträglich ermitteln können, hatte man mithin nach Einschätzung des Senats damals gar nicht konkret vor Augen. Da die dem Erlass zugrunde liegende Vorgabe - keine Abschiebungsmöglichkeit, sondern Verbleib im Bundesgebiet aus rechtlichen, tatsächlichen oder humanitären Gründen - für diese Fälle nicht zutrifft - die Kläger konnten/können in die Türkei abgeschoben werden -, unterfallen Konstellationen der vorliegenden Art nicht dem Erlass.

44

Der Vortrag der Kläger, ursprünglich sei die Bleiberechtsregelung vom Oktober 1990 in der Praxis weit ausgelegt und auf alle aus dem Libanon kommenden Kurden (die dort eine gewisse Zeit gelebt haben) angewandt worden, der Anwendungsbereich der Regelung sei erst zu dem Zeitpunkt überdacht worden, als sich abgezeichnet habe, dass ein Großteil dieser aus dem Libanon kommen Kurden doch eine Staatsangehörigkeit (nämlich die türkische) besitze, mag zutreffen, kann aber nicht entscheidend für die Auslegung des Erlasses sein. Allerdings war es so, dass etwa erst seit Mitte der 90er Jahre sehr arbeitsintensive Nachforschungen einzelner Ausländerbehörden zu der Feststellung führten, dass ein Großteil der "Kurden aus dem Libanon" (in der Regel Großfamilien) noch in türkischen Registern geführt werden und daher als türkische Staatsangehörige anzusehen sind, so dass überhaupt erst seit dieser Zeit verstärkt die Frage auftrat, wie die Bleiberechtsregelung zu verstehen ist. Allein dass die Fallkonstellation - Nachweismöglichkeit  der türkischen Staatsangehörigkeit von aus dem Libanon kommen Kurden - bei Erlass der Bleiberechtsregelung und in den nachfolgenden Jahren zunächst nicht aktuell vor Augen stand, reicht jedoch nicht aus, um der Frage nach der Staatsangehörigkeit bei Anwendung der Bleiberechtsregelung keinerlei Bedeutung beizumessen. Zu fragen ist vielmehr, wie die Bleiberechtsregelung erfolgt wäre, wenn man schon Ende 1990 positiv davon ausgegangen wäre, dass ggf. die türkische Staatsangehörigkeit von Kurden aus dem Libanon nachzuweisen ist. Da diese Personen über einen Herkunftsstaat verfügen, in den sie hätten zurückkehren können, hätten der Beendigung des Aufenthalts keine rechtlichen, tatsächlichen oder humanitären Gründe entgegengestanden und es ist nicht ersichtlich, weshalb der Nds. MI dieser Gruppe gleichwohl ein auf Dauer angelegtes Bleiberecht hätte geben sollen.

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bb) Die Kläger sind nicht staatenlos, sondern besitzen die türkische Staatsangehörigkeit. Hinsichtlich der Klägerin zu 1) ergibt sich dieses aus dem von dem Beklagten vorgelegten Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister, wonach die Klägerin zu 1) als Tochter der Eheleute Mehmet und Selma B. 1961 in Ückavak/Türkei geboren wurde. Das türkische Generalkonsulat in Hannover hat sich unter dem 8. Februar 2000 schriftlich bereit erklärt, der Klägerin zu 1) ein Passersatzpapier auszustellen. Der frühere Name der Kläger - C. - ist aufgrund der vorgelegten Nachweise bereits 2001 vom Amtsgericht Verden, bestätigt vom Landgericht Verden, in den Namen B. umgeändert worden. Schließlich hat das türkische Generalkonsulat Hannover unter dem 25.6.2002 (GA Bl. 74) nochmals ausdrücklich bestätigt, dass die Klägerin zu 1) im Besitz der türkischen Staatsangehörigkeit ist. Der frühere Ehemann der Klägerin, Faysal I., ist lt. einer bei der Beklagten befindlichen Kopie eines Personenstandsregister-Auszuges der leibliche Sohn der 1933 in Ückavak/ Türkei geborenen türkischen Staatsangehörigen Meryem I.. Für Faysal I., der 1993 wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist, hat das türkische Generalkonsulat im August 2000 ein Passersatzpapier ausgestellt. Er wurde am 21. November 2000 in die Türkei abgeschoben, so dass auch an der türkischen Staatsangehörigkeit des früheren Ehemannes bzw. Vaters der Kläger keine Zweifel bestehen. Unerheblich ist, ob der frühere Ehemann inzwischen wieder im Libanon lebt - wie die Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat. Damit sind aber auch die Kinder, die Klägerin zu 2) bis 6) - Faysal I. hat bestätigt, dass es sich bei den Klägern zu 2) bis 6) um gemeinsame Kinder mit der Klägerin zu 1) handelt (vgl. Beiakte D, Erklärung v. 7.11.2000) - als türkische Staatsangehörige anzusehen, da das türkische Staatsangehörigkeitsrecht dem Abstammungsprinzip folgt, wonach die in oder außerhalb der Türkei von einem türkischen Vater erzeugten oder von einer türkischen Mutter geborenen Kinder von Geburt an türkische Staatsangehörige sind (Türk. Staatsangehörigkeitsgesetz v. 11.2.1964, unter I 1 A Art. 1; abgedruckt bei Bergmann/Ferid, Türkei; Stand: 30.11.1995). Dass ein früherer Abschiebungsversuch bezüglich des Sohnes J. fehlgeschlagen ist, vermag an der türkischen Staatsangehörigkeit der Kläger (und auch von J.) nichts zu ändern.

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(1) Es ist auch davon auszugehen, dass zumindest der Klägerin zu 1) die türkische Staatsangehörigkeit, wenigstens aber die Möglichkeit des Bestehens einer türkischen Staatsangehörigkeit, von Anfang an bewusst war. So reiste Meryem I., die Mutter des Ehemannes der Klägerin zu 1) nach islamischem Recht mit einem türkischen Pass in Frankfurt ein und begehrte Asyl. Später gab sie sich in Essen als Maryam K. aus dem Libanon mit ungeklärter Staatsangehörigkeit aus. Nicht nur für Meryem I., sondern auch für einige ihrer Kinder liegen türkische Pässe vor (Beiakte B Bl. 414). Das Bundeskriminalamt hat zudem durch einen Vergleich der Fingerabdrücke festgestellt, dass die Meryem I. sowohl einen türkischen Pass als auch ein libanesisches Ausweispapier vorgelegt hat (Beiakte C, Bl. 67). Entsprechend ist auch ihr Sohn, der frühere Ehemann der Klägerin zu 1) - wie bereits dargelegt - türkischer Staatsangehöriger (vgl. Beiakte C Bl. 59) und mittlerweile in die Türkei abgeschoben (Beiakte F Bl. 163 und Beiakte D am Ende ). Die Mutter von Faissal I. und die Mutter der Klägerin zu 1) aber sind wiederum Schwestern (Beiakte B Bl. 367). Die Klägerin zu 1) und ihr früherer Ehemann sind also Cousin und Cousine. Zwar leben die Eltern der Klägerin zu 1) zurzeit noch in Essen (Beiakte F Bl. 61 und 151, 153) und haben dort ebenfalls angegeben, aus dem Libanon zu kommen. Die Stadt Essen hat dieses hinsichtlich der Eltern der Klägerin zu 1) wegen Personalmangels bisher nicht weiter hinterfragt (vgl. Beiakte G Bl. 165; Beiakte F Bl. 163; Beiakte E5 am Ende). Ein Bruder ihres Vaters, also ein Onkel der Klägerin zu 1), ist jedoch zwischenzeitlich mit seiner Frau ebenfalls in die Türkei abgeschoben worden (Beiakte F Bl. 163 und Beiakte E5 am Ende). Vor diesem Hintergrund erscheint es dem Senat unwahrscheinlich, dass die Klägerin zu 1) jahrelang von ihrer türkischen Staatsangehörigkeit und sei es auch in Form der Parallelwertung in der Laiensphäre nichts gewusst haben will. Die Kinder, die Kläger zu 2) bis 6), müssen sich die Kenntnis ihrer Mutter zurechnen lassen.

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(2) Aber selbst wenn man zugunsten der Kläger unterstellt, dass ihnen ihre türkische Staatsangehörigkeit oder die Möglichkeit einer türkischen Staatsangehörigkeit erst im Laufe des Verfahrens bekannt geworden ist, können sie die begehrte Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis nicht auf den Bleiberechtserlass 1990 (oder den Ergänzungserlass 1991) stützen; denn Kurden aus dem Libanon mit aufklärbarer Staatsangehörigkeit fallen - wie oben dargelegt - nicht unter den Erlass. Die Kläger können sich bei dieser Fallkonstellation auch nicht etwa auf Nr. 10 des Bleiberechtserlasses 1990 (bestätigt durch Ergänzungserlass1991) berufen. In Nr. 10 ist u.a. bestimmt:

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"Mit Inkrafttreten des neuen Ausländergesetzes vom 1.1.1991 gelten nach dieser Regelung erteilte befristete Aufenthaltserlaubnisse gemäß § 94 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 99 AuslG n.F. als Aufenthaltsbefugnisse fort, die gemäß § 99 Abs. 1 AuslG abweichend von § 34 Abs. 2 AuslG n.F. zu verlängern sind."

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Der dortige Hinweis auf § 99 Abs. 1 AuslG einerseits und § 34 Abs. 2 AuslG andererseits macht deutlich, dass das in § 99 Abs. 1 AuslG generell für die Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis eröffnete Ermessen ausnahmsweise gebunden ist, soweit es die Vorschrift des § 34 Abs. 2 AuslG betrifft. Es ist mithin bei Verlängerung einer Aufenthaltsbefugnis unerheblich, ob die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 AuslG vorliegen. Unerheblich ist bezogen auf das vorliegende Verfahren also, ob eine Rückkehr in den Libanon unter humanitären, völkerrechtlichen oder politischen Aspekten nunmehr möglich ist. Eine weitergehende Bindung ist dem Erlass von 1990 bzw. dem Ergänzungserlass vom 14. Februar 1991 entgegen der Auffassung der Kläger dagegen nicht zu entnehmen. Eine Verpflichtung zur ständigen Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis nur weil einmal die Erlassvoraussetzungen bejaht wurden, enthält der Erlass nicht. Insbesondere kann jederzeit neu überprüft werden, ob überhaupt die Grundvorgaben des Erlasses - hier also Staatenlosigkeit oder unaufklärbare Staatsangehörigkeit bei Kurden aus dem Libanon - vorliegen.

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2) Eine Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG kommt nicht in Betracht. Da die Kläger in der Vergangenheit über eine Aufenthaltsbefugnis verfügten, sich also rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, käme als Anspruchsgrundlage § 30 Abs. 2 AuslG in Betracht. Dringende humanitäre Gründe für einen Verbleib im Bundesgebiet sowie eine außergewöhnliche Härte bei einer Ausreise in die Türkei vermag der Senat aber nicht zu erkennen. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Kläger weder wirtschaftlich noch gesellschaftspolitisch integriert sind. Sie sind vielmehr nach wie vor von Sozialhilfe abhängig bzw. dem türkischen bzw. arabischen Kulturkreis verhaftet, wie etwa die von der Klägerin zu 6) in der mündlichen Verhandlung erwähnte Heirat ihrer Schwester, der Klägerin zu 2) nach islamischen Recht belegt. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass - wie oben ausgeführt - Mitglieder der Familie der Kläger bereits in die Türkei abgeschoben wurden, so dass die Kläger bei Rückkehr in die Türkei nicht auf sich allein gestellt sind.

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B) Die Ausweisungsentscheidung des Beklagten begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Maßgeblich für die rechtliche Überprüfung ist insoweit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Gemäß §§ 45, 46 Nr. 6 AuslG kann insbesondere ausgewiesen werden, wer für sich und seine Familie Sozialhilfe in Anspruch nimmt. Das war und ist bei den Klägern der Fall. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere aufgrund des langjährigen Bezugs von Sozialhilfe und der Tatsache, dass eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht erkennbar ist, konnte der Beklagte ohne Ermessensfehler trotz des schon sehr langen Aufenthalts der Kläger im Bundesgebiet die Ausweisung verfügen. Soweit die Ausweisungsverfügung die Klägerin zu 2) betrifft, steht ihr nicht entgegen, dass sie- wie die Klägerin zu 6) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärte - inzwischen nach islamischem Recht verheiratet und Mutter eines Kindes ist, das mit der Geburt gemäß § 4 Abs. 3 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat; denn zum einen ist der Zeitpunkt des Erlasses der Widerspruchsbescheides maßgeblich (24.11.2000), zum anderen besitzt das Kind ebenso auch noch die türkische Staatsangehörigkeit, kann also ohne Weiteres mit seinen Eltern in die Türkei gehen.

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Darüber hinaus und selbständig tragend hat der Beklagte die Ausweisungsverfügung ermessensfehlerfrei zudem auf §§ 45, 46 Nr. 2 i.V.m. 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG gestützt; denn die Kläger haben unrichtige oder unvollständige Angaben über ihre Beziehungen zur Türkei gemacht und diese Angaben auch lange aufrecht erhalten. So war das gesamte erstinstanzliche Verfahren wesentlich von dem Vortrag der Kläger geprägt, sie seien keine türkischen Staatsangehörigen, hätten also keine Berührungspunkte mit der Türkei, was ausweislich der oben dargelegten Beziehung zu Verwandten, die z.T. über einen türkischen Reisepass verfügten, nicht zutraf.