Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.05.2003, Az.: 4 LB 569/02

Kostenentscheidung; Sicherheitsleistung; vorläufige Vollstreckbarkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.05.2003
Aktenzeichen
4 LB 569/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48510
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 09.08.2002 - AZ: 13 A 2426/00

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ermöglicht die Kostenentscheidung im Urteil des Verwaltungsgerichts eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 Euro, ist sie nach § 709 ZPO nur gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Unerheblich ist, ob der Vollstreckungsgläubiger Festsetzung der Kosten in Höhe des Gesamtbetrages oder (nacheinander) in Höhe von Teilbeträgen unter 1.500 Euro beantragt. § 711 ZPO gilt nur, wenn die vollstreckungsfähigen Kosten 1.500 Euro nicht übersteigen. Hat das Verwaltungsgericht § 709 ZPO nicht beachtet, entscheidet nach § 718 Abs. 1 ZPO das Berufungsgericht auf Antrag vorab durch Teil-Urteil über die vorläufige Vollstreckbarkeit.

Gründe

1

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Übernahme des Heimentgelts, das sie im Heimvertrag mit der A. GmbH für ihre Unterbringung in deren Langzeitbereich für die Zeit ab dem 1. Januar 1995 vereinbart hat. Auf die vertraglich vereinbarten Unterbringungskosten hat der Beklagte (in der Höhe wechselnde) Abschläge gezahlt, da es noch keine endgültig festgesetzten Pflegesätze gibt.

2

Den Antrag der Klägerin vom 29. November 1999, ihr für die Zeit ab dem 1. Januar 1995 Eingliederungshilfe in Höhe des vom Einrichtungsträger ihr in Rechnung gestellten Entgelts zu gewähren, lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 25. Februar 2000 ab.

3

Der (nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhobenen) Klage der Klägerin auf Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme des vollen von ihr mit der A. GmbH vereinbarten Heimentgeltes (abzüglich gezahlter Abschläge) hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 9. August 2002 entsprochen. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens hat es dem Beklagten auferlegt und diese Entscheidung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Gegen diese Entscheidung hat der Senat auf den Antrag des Beklagten die Berufung zugelassen und das Berufungsverfahren entsprechend § 94 VwGO bis zum rechtskräftigen Abschluss der Pflegesatzverfahren 4 L 926/99 und 4 L 811/99 ausgesetzt.

4

Anschließend hat die Klägerin die Festsetzung der außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens (in Höhe von 1.429,70 EURO) und des Vorverfahrens (in Höhe von 550,42 EURO) erwirkt (Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26. Februar 2003). Im Hinblick hierauf hat der Beklagte beantragt,

5

die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zur vorläufigen Vollstreckbarkeit im Wege der Vorabentscheidung zu ergänzen.

6

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

7

Über den Antrag entscheidet im Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senats dessen Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung.

8

Der Antrag des Beklagten auf Ergänzung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Wege der Vorabentscheidung ist nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 718 Abs. 1 ZPO zulässig und auch begründet.

9

Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Entscheidung gemäß § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO zur vorläufigen Vollstreckbarkeit seiner Kostenentscheidung § 709 Satz 1 ZPO nicht beachtet. Nach dieser Vorschrift sind "andere Urteile" als die in § 708 Nr. 1 bis 11 ZPO genannten, die ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind, (nur) gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Hier handelt es sich um ein solches "anderes" Urteil als das in § 708 Nr. 11 ZPO genannte, da die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die nur wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar ist (§ 167 Abs. 2 VwGO), eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500,-- Euro (hier: 1.980,12 Euro) ermöglicht. Daran ändert entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin nichts, dass sich dieser Gesamtbetrag aus zwei Teilbeträgen zusammensetzt, die jeweils unter 1.500,-- Euro liegen und von denen einer (der die Kosten des Vorverfahrens betrifft) erst unter die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung gefallen ist, nachdem das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 20. Januar 2003 gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt hat. Denn jedenfalls "ermöglicht" das angefochtene Urteil die vorläufige Vollstreckung hinsichtlich des Gesamtbetrages. Es ist deshalb unerheblich, ob der Vollstreckungsgläubiger die Festsetzung der Kosten in einem Gesamtbetrag oder (nacheinander) in mehreren Teilbeträgen (jeweils unter 1.500,--  Euro) beantragt. Entscheidend ist allein, in welcher Höhe das Urteil die vorläufige Vollstreckung wegen der Kosten "ermöglicht". Da die Gesamthöhe 1.500,-- Euro übersteigt, ist § 709 Satz 1 ZPO und nicht § 711 ZPO anzuwenden. Die letztgenannte Vorschrift gilt nur in den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 ZPO, hier also nur in dem Fall des § 708 Nr. 11 ZPO, dass die vollstreckungsfähigen Kosten 1.500,-- Euro nicht übersteigen. Insofern modifiziert der erkennende Richter seine Auffassung, die er in dem (inzwischen rechtskräftigen) Teil-Urteil vom 26. März 2003 in dem Parallelverfahren 4 LB 571/02 vertreten hat.

10

Für die gemäß § 709 Satz 1 ZPO als Voraussetzung für die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung zu bestimmende Sicherheit genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des insgesamt zu vollstreckenden Betrages angegeben wird (vgl. § 709 Satz 2 ZPO). Dem entspricht die von dem erkennenden Richter im Wege der Vorabentscheidung ergänzte Bestimmung der Höhe der von der Klägerin zu leistenden Sicherheit, wenn sie die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Urteil vorläufig vollstrecken lassen will.

11

Die Entscheidung über die Kosten dieser Teil-Entscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

12

Gründe für die Zulassung der Revision gegen diese Teil-Entscheidung sind nicht gegeben.