Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 22.02.2008, Az.: 1 B 7/08

Abschiebung; Aussetzung der Vollziehung; Effektivität des Rechtschutzes; ernstliche Zweifel; Schiebebeschluss; sofortige Vollziehung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
22.02.2008
Aktenzeichen
1 B 7/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 54959
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

1

Der Antrag hat einstweilen gemäß § 80 Abs. 8 VwGO Erfolg. Denn zur Erhaltung der Entscheidungsfähigkeit des eingeleiteten Antragsverfahrens wie auch der anhängig gemachten Klage ist es geboten, der Antragsgegnerin eine vorzeitige Abschiebung der Antragstellerin zunächst einmal zu untersagen.

2

1. Das ist im Interesse der verfassungsrechtlich gebotenen Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) erforderlich, um eine Veränderung des derzeit bestehenden Zustandes zu Lasten der Antragstellerin zu verhindern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin einen Verhaltens-, Organisations-, Verfügungs- und Durchsetzungsvorsprung hat, der durch einen entsprechend ausgestalteten effektiven Rechtsschutz der 3. Gewalt auszugleichen ist (vgl. dazu die Rechtsprechung des BVerfG, so BVerfGE 88, 185 = NVwZ 1993, 767 und BVerfG - 1. Kammer des 2. Senats - NVwZ-Beilage 2/1996 A 1; OVG Sachsen-Anhalt, InfAuslR 2005, S. 421).

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2. Im Verfahren des § 80 Abs. 5 VwGO ist dann, wenn dem Rechtsschutzantrag keine Vollzugsanordnung gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vorausgeht, weil nach der Einschätzung des Gesetzgebers auf dem Sachgebiet generell schon ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht (§ 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG), aufgrund einer Interessenabwägung analog § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO zu entscheiden (Finkelnburg/Jank, NJW-Schriften Bd. 12, 4. Auflage 1998, Rdn. 849 ff./851; Schoch/ Schmidt-Aßmann-Pietzner, VwVG-Kommentar, Bd I / Std: Jan. 2000, § 80 Rdn. 262 m.w.N.). Somit hat eine Aussetzung der behördlich verfügten Maßnahmen bei ernstlichen Zweifeln schon im Regelfall zu erfolgen (Kopp, VwGO-Komm. 12. Aufl. § 80 Rdnr. 115) - ein Rechtsgedanke, der u.a. auch in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gilt (Schoch, aaO. Rdn. 204 u. 262; Sodan/ Ziekow, Nomos-Komm. zur VwGO, Losebl., Rz 109; Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Álbedyll, VwGO-Kommentar, Heidelberg 1999, § 80 Rdn. 83; VGH München, BayVBl. 1993, 690; a.A. Kopp, aaO, Rdn. 116). - Somit kommt es auf ernstliche Zweifel an. Diese sind dann anzunehmen, wenn „Unklarheiten, Unsicherheiten und vor allem Unentschiedenheit bei der Einschätzung der Sach- und Rechtslage“ bestehen (Schoch u.a., aaO., Rdn. 194) bzw. ein Erfolg im Hauptsacheverfahren gleichermaßen unwahrscheinlich wie wahrscheinlich ist (Bader u.a., aaO, Rdn. 56; Kopp, aaO, Rdn. 116; OVG Lüneburg, NVwZ 1987, 997 [OVG Niedersachsen 19.06.1987 - 7 OVG B 20/87]).

4

3. Hierfür wird zunächst auf den Beschluss der Kammer vom 15. Januar 2008 - 1 B 36/07 - verwiesen sowie weiterhin auf den Beschluss des VG Hamburg vom 3. Dezember 2007 - 10 E 3674/07 - . Außerdem ist auf den Beschluss des BayVGH vom 28. November 2007 - 19 CS 07.2270 - hinzuweisen, in dem dargelegt wird, dass schon dann die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist, wenn die Erfolgsaussichten im Verfahren der Hauptsache offen sind. Das ist hier der Fall.

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Eine Kostenentscheidung bleibt dem Beschluss der 1. Kammer des VG Lüneburg im Antragsverfahren des § 80 Abs. 5 VwGO vorbehalten.

6

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 146 Abs. 2 VwGO (vergl. VGH Kassel, NVwZ-RR 1995, 302 [VGH Baden-Württemberg 08.12.1994 - 10 S 1603/94] m.w.N., § 80 Abs. 8 VwGO).