Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 03.09.1997, Az.: II 397/94
Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen; Berücksichtigung von Gesetzesänderungen; Vor dem 01.01.1997 rechtshängig gewordene Klage
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 03.09.1997
- Aktenzeichen
- II 397/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 23282
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1997:0903.II397.94.0A
Rechtsgrundlagen
- § 233a AO 1977
- § 233a AO a.F
- § 233 Abs. 1 S. 1 AO a.F.
Verfahrensgegenstand
Zinsen zur Einkommensteuer 1991
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
§ 233a Abgabenordnung (AO) n. F. ist als Rechtsvorschrift mit materiellem Regelungsgehalt bei vor dem 01.01.1997 rechtshängig gewordenen Klagen vom Gericht nicht anzuwenden.
- 2.
Der Zinsanspruch des Finanzamts (FA) nach § 233a Abgabenordnung (AO) in der Fassung vor dem Jahressteuergesetz 1997 setzt voraus, dass sich bei der Steuerfestsetzung tatsächlich eine Steuernachzahlung ergibt.
Der II. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
hat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
in der Sitzung vom 3. September 1997, an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtliche Richterin ...
ehrenamtlicher Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Unter Änderung des Zinsbescheides zur Einkommensteuer 1991 vom 27.07.1993 in der Fassung des Zinsbescheides vom 18.11.1993 werden die Zinsen zur Einkommensteuer 1991 auf 1.275 DM herabgesetzt.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der an die Kläger zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Verzinsung des Steueranspruchs nach § 233 a Abgabenordnung (AO).
Für den Veranlagungszeitraum 1991 waren für die Kläger (Kl.) Einkommensteuervorauszahlungen in Höhe von 170.859 DM festgesetzt und von den Kl. auch entrichtet worden. Mit Bescheid vom 31.03.1993 setzte der Beklagte (das beklagte Finanzamt - FA -) die Vorauszahlungen nachträglich um 392.400 DM auf 563.259 DM herauf, fällig am 03.05.1993. Auf Antrag der Kl. vom 22.04.1993 setzte das FA diese nachträgliche Vorauszahlung mit Bescheid vom 13.05.1993 antragsgemäß auf 444.319 DM herab, so daß sich nach Abzug der ursprünglich festgesetzten Vorauszahlung von 170.859 DM eine endgültige nachträgliche Vorauszahlung in Höhe von 273.460 DM ergab. Diese haben die Kl. zur ursprünglichen Fälligkeit 03.05.1993 auch entrichtet.
Bei der Einkommensteuerveranlagung ergab sich schließlich eine Einkommensteuerfestsetzung über 425.947 DM, so daß sich nach Anrechnung der tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen von 444.319 DM für die Kl. eine Erstattung von 18.372 DM ergab. Das FA setzte im Einkommensteuerbescheid vom 21.07.1993 Zinsen nach § 233 a AO von 3.825 DM fest, wobei es den auf volle hundert Deutsche Mark abgerundeten Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Einkommensteuer 425.947 DM und der am Beginn des Zinslaufes 01.04.1993 festgesetzten Vorauszahlung von 170.859 DM, mithin 255.000 DM, für drei volle Monate mit 0,5 v.H. verzinste (Zinszeitraum 01.04.-26.07.1993). Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Vorauszahlungsbescheide vom 31.03.1993 (Bl. 10, 11 Einkommensteuerakte - EStA - Fach 1991), vom 13.05.1993 (Bl. 15 EStA Fach 1991) und des Einkommensteuerbescheides vom 21.07.1993 (Bl. 32-35 EStA Fach 1991) Bezug genommen.
Der Einspruch der Kl. gegen die Zinsfestsetzung blieb ohne Erfolg.
Mit ihrer Klage begehren die Kl. Herabsetzung der Zinsen auf 1.275 DM. Nach § 233 a Abs. 3 Satz 1 AO sei der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der bei Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen zu verzinsen. Das FA hätte deshalb die mit Bescheid vom 31.03.1993 festgesetzte Vorauszahlung in Höhe von 563.259 DM berücksichtigen müssen. Dieser Vorauszahlungsbescheid sei zwar nach der Bekanntgabefiktion gem. § 122 Abs. 2 AO erst am dritten Tag nach Aufgabe zur Post, mithin am 03.04.1993 bekanntgegeben. Für die Vollverzinsung solle aber das "Soll" Anknüpfungspunkt sein. Auf dem Steuerkonto der Kl. zum Soll gestellt sei der Vorauszahlungsbetrag aber bereits am 18.03.1993. Deshalb hätte er in die Berechnung einbezogen werden müssen. Es könne auch deshalb nicht auf den Bekanntgabezeitpunkt des Vorauszahlungsbescheides vom 31.03.1993 ankommen, weil dieser bereits am 31.03.1993 zur Post gegangen sei. Auf den vorliegenden Fall sei der § 169 Abs. 1 Satz 3 AO zugrundeliegende Rechtsgedanke zu übertragen, wonach es für die Wahrung der Festsetzungsfrist nicht auf den Bekanntgabezeitpunkt eines Steuerbescheides ankomme, sondern es ausreiche, daß dieser vor Ablauf der Festsetzungsfrist den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen habe, also zur Post gegeben sei.
Darüber hinaus müsse bei der Verzinsung zumindest berücksichtigt werden, daß die Kl. am 03.05.1993 eine nachträgliche Vorauszahlung von 261.690 DM auf die Einkommensteuer geleistet hätten. Es gehe jedenfalls nicht an, ein Steuersoll zu verzinsen, soweit dieses bereits zu einem großen Teil getilgt sei.
Die Kl. beantragen,
die festgesetzten Zinsen auf 1.275 DM herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Jedenfalls nach der durch Art. 18 Nr. 5 des Jahressteuergesetzes 1997 geänderten Fassung des § 233 a Abs. 1 Satz 1 und 3 AO, die auf alle noch anhängigen Verfahren anzuwenden sei (Art. 20 des Jahressteuergesetzes 1997) und auf die es für die Entscheidung nunmehr ankomme, entspreche die Zinsfestsetzung der jetzt mit Rückwirkung maßgebenden Rechtslage. Hierdurch habe der Gesetzgeber klargestellt, daß ein sog. Unterschiedsbetrag zu verzinsen sei und habe er diesen Unterschiedsbetrag in § 233 a Abs. 3 Satz 1 AO n.F. dahin bestimmt, daß für die Zinsberechnung die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbetrag) maßgebend sei. Bis zum Beginn des Zinslaufs am 01.04.1993 seien aber nur die berücksichtigten Vorauszahlungen von 170.859 DM festgesetzt gewesen. Die nach Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen seien zu Recht nicht berücksichtigt worden.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
1.
Es trifft zwar zu, daß die streitige Zinsfestsetzung jedenfalls der Rechtslage nach der durch das Jahressteuergesetz 1997 vom 20.12.1996 (BGBl 1996 I, 1049 ff, BStBl I 1996, 1523 ff) geänderten Fassung des § 233 a AO (im folgenden AO n.F.) entspricht.
Denn in § 233 a Abs. 1 AO n. F. ist nunmehr bestimmt, daß bei einer Steuerfestsetzung, die zu einem Unterschiedsbetrag i.S.d. Abs. 3 führt, dieser zu verzinsen ist und errechnet sich der Unterschiedsbetrag aus der festgesetzten Steuer abzüglich der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und der bei Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen.
Da bei Beginn des Zinslaufs am 01.04.1993 lediglich Vorauszahlungen in Höhe von 170.859 DM festgesetzt waren - die mit Bescheid vom 31.03.1993 festgesetzte erhöhte Vorauszahlung war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekanntgegeben -, wäre nach der neuen Gesetzesfassung ein Unterschiedsbetrag i.H.v. 266.088 DM (Steuerfestsetzung 425.947 DM abzüglich festgesetzte Vorauszahlung 170.859 DM) zu verzinsen.
2.
Entgegen der Auffassung des FA ist im Streitfall indes § 233 a AO in der Fassung des Art. 26 Nr. 27 Buchst. a des Gesetzes zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (StMBG) vom 21.12.1993 - BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50 - (im folgenden AO a.F.) maßgebend, wonach keine Zinsen festzusetzen waren (dazu unter 3.).
a)
Zwar sind in einem finanzgerichtlichen Verfahren nach Ergehen der Verwaltungsentscheidung erfolgte Gesetzesänderungen auf dem Gebiet des Verwaltungsverfahrensrechts zu berücksichtigen, wenn sie die Verwaltung bei Aufhebung der Verwaltungsentscheidung und Fortführung des Verfahrens zu beachten hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 08.02.1977 VIII R 50/74, BFHE 121, 379, BStBl II 1977, 516; vom 26.07.1983 VIII R 28/79, BFHE 139, 335, BStBl II 1984, 290; vom 01.12.1987 IX R 90/86, BFHE 152, 17, BStBl II 1988, 319, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Auch hätte das FA bei einer Aufhebung der Entscheidung und Fortführung des Verfahrens die Änderungen des § 233 a Abs. 1, 2, 3 und 4 AO schon deshalb zu beachten, weil mit Art. 20 des Jahressteuergesetzes 1997 der Art. 97 § 1 des Einführungsgesetzes zur AO (EGAO) durch Anfügung eines Abs. 6 dahin ergänzt worden ist, daß die durch das Jahressteuergesetz geänderten Vorschriften der AO auf alle bei Inkrafttreten dieser Änderungen anhängigen Verfahren anzuwenden sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, und lediglich für den hier nicht maßgebenden in § 233 a AO neu eingefügten Abs. 2 etwas anderes bestimmt ist, nicht indes für die übrigen im Streitfall einschlägigen Änderungen.
b)
Gleichwohl ist § 233 a AO n. F. nicht anwendbar; denn es handelt sich insoweit nicht um die Änderung reinen Verwaltungsverfahrensrechts, sondern es wird die Entstehung des Zinsanspruchs, mithin eine materielle Voraussetzung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 3 AO), anders geregelt.
Der allgemeine Grundsatz der sofortigen Anwendbarkeit neuer Verwaltungsverfahrensvorschriften durch die Finanzgerichte gilt nämlich nicht, wenn mit der Änderung von Verwaltungsverfahrensrecht die Voraussetzungen für den materiellen Steueranspruch oder für die sachliche Ermessensentscheidung der Finanzbehörde geändert werden (BFH-Urteile vom 08.02.1977 VIII R 50/74, a.a.O.; vom 21.02.1991 V R 25/87, BFHE 164, 1, BStBl II 1991, 496).
c)
Dies wäre nur dann anders, wenn - bei Beachtung der verfassungsrechtlichen Grenzen - kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung die rückwirkende Anwendung der geänderten Rechtsnorm vorgesehen wäre.
Der Neuregelung kommt indes eine solche Rückwirkung nicht zu. So ist § 233 a AO n.F. nach Art. 97 § 1 Abs. 6 EGAO i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1997 (dort Art. 20 Nr. 1) rückwirkend nur anzuwenden auf "bei Inkrafttreten dieser Vorschriften anhängige Verfahren", soweit nichts anderes bestimmt ist. Art. 97 EGAO bezieht sich aber nur auf die Abwicklung von Verwaltungsverfahren (BFH-Urteile vom 08.02.1977 VIII R 50/74, a.a.O.; BFH-Urteil vom 21.02.1991 V R 25/87, a.a.O.). Die materielle Rückwirkung der neuen Gesetzesfassung findet damit ihre Grenze im - noch - anhängigen Verwaltungsverfahren, nicht aber erst im schon und noch anhängigen gerichtlichen Verfahren.
Hätte der Gesetzgeber die Rückwirkung auch bis in das anhängige gerichtliche Verfahren hinein ausdehnen wollen, hätte er dieses ausdrücklich so regeln müssen, z.B. durch eine Erstreckung nicht nur auf alle anhängigen (Verwaltungs-)verfahren, sondern auf alle noch nicht rechtskräftigen Verfahren. Da nach alledem die Rückwirkung der hier maßgebenden materiellen Änderungen des § 233 a AO durch das Jahressteuergesetz 1997 nicht bis ins gerichtliche Verfahren reicht, ist für die Entscheidung § 233 a AO a.F. maßgebend.
3.
Danach durften Zinsen zu Lasten der Kl. nicht festgesetzt werden, weil die Steuerfestsetzung nicht zu einer Steuernachzahlung, vielmehr sogar zu einer Steuererstattung geführt hat.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 233 Abs. 1 Satz 1 AO a.F. sind Zinsen nämlich (nur) festzusetzen, wenn die Steuerfestsetzung zu einer Steuernachforderung oder Steuererstattung führt. Zwar hat sich im Streitfall für den Zeitpunkt des Beginns des Zinslaufs (01.04.1993) ein Unterschiedsbetrag i.S.d. § 233 a Abs. 2 AO a.F. zugunsten des FA ergeben, da die festgesetzte Steuer die am 01.04.1993 festgesetzten Vorauszahlungen übersteigt, weshalb das FA dann auch die streitigen Zinsen festgesetzt hat. Indes regeln § 233 a Abs. 2 AO lediglich den Beginn der Verzinsung und § 233 a Abs. 3 AO a. F. nur die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Zinsen, mithin die Berechnungsgrundlagen der Höhe nach. Ob ein Zinsanspruch besteht, bestimmt dagegen nach der Gesetzessystematik ausschließlich § 233 Abs. 1 Satz 1 AO.
Der in Abs. 3 geregelte Unterschiedsbetrag kann auch nicht etwa als Steuernachforderung oder Steuererstattung i.S.d. Abs. 1 ausgelegt werden mit der Folge, daß sich dann doch ein Zinsanspruch ergäbe. Verwendet der Gesetzgeber nämlich innerhalb einer Vorschrift verschiedene Begriffe - wie hier - ohne Bezug zueinander, begründet dies die Vermutung, daß damit auch unterschiedliche Inhalte gemeint sind. Der Gesetzgeber hätte ohne weiteres eine Verbindung dadurch herstellen können, indem er - wie in § 233 a Abs. 1 Satz 1 AO n. F. geschehen - durch konkrete Bezugnahme den Unterschiedsbetrag i.S.d. Abs. 3 zum Tatbestandsmerkmal des Abs. 1 erhebt (vgl. BFH-Urteil vom 15.03.1995 I R 56/93, BFHE 177, 204, BStBl II 1995, 490 mit eingehender Begründung; siehe aber Nichtanwendungserlaß: BMF-Schreiben vom 24.07.1995, BStBl I 1995, 370).
4.
Die Zinsfestsetzung ist aber auch deshalb unzutreffend, weil es dem möglichen Wortsinn des § 233 a Abs. 3 Satz 1 AO a.F. ("festgesetzte Vorauszahlungen") entspricht, hierunter nicht nur die zu Beginn des Verzinsungszeitraums, sondern auch die danach wirksam festgesetzten Vorauszahlungen zu verstehen, wie es der Grundgedanke einer Verzinsung auch schließlich verlangt.
Die Berücksichtigung der nach Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen hat zwar zur Folge, daß der Erhöhungsbetrag gegenüber den bisher festgesetzten Vorauszahlungen unverzinst bleibt; dies entspricht aber dem Willen des Gesetzgebers, wie § 233 a Abs. 1 Satz 2 AO a.F. verdeutlicht; denn danach darf der auf eine verspätete Festsetzung (Anpassung) der Vorauszahlungen beruhende Liquiditätsvorteil gerade nicht abgeschöpft werden. Dem kann nicht entgegengehalten werden, der Gesetzgeber habe "um verwaltungsmäßige Schwierigkeiten zu begrenzen", "entsprechend den Grundsätzen der Sollverzinsung für die Zinsberechnung auf die Abweichung zwischen der festgesetzten Steuer, vermindert um anzurechnende Beträge (Steuerabzugsbeträge, Körperschaftsteuer), und den zu Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen" abstellen wollen (BTDrucks. 11/2157, 195 "zu Abs. 3"), das Gesetz enthalte insoweit eine Lücke, die entsprechend dem Willen des Gesetzgebers zu schließen sei. Zum einen fehlt es bei der hier gefundenen Auslegung an einer Gesetzeslücke. Außerdem entspricht die Berücksichtigung von im Verzinsungszeitraum geänderter Festsetzungen von Vorauszahlungen durchaus dem Prinzip der Sollverzinsung; dieses besagt nämlich lediglich, daß es nicht auf die Zahlungsvorgänge ankommen soll. Es ist deshalb für die Zinsberechnung auch das im Zinszeitraum festgesetzte Vorsoll zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluß vom 27.03.1996 I B 30/95, BFHE 180, 15, DB 1996, 1454.)
Unter Einbezug der am 31.03.1993 festgesetzten Vorauszahlung als Vorsoll ergibt sich aber kein zu verzinsender Unterschiedsbetrag für die Dauer von mindestens einem Monat mehr, sondern nur noch für die drei Tage bis zur Bekanntgabe des Vorauszahlungsbescheids (§ 122 Abs. 2 AO) am 03.04.1993. Zinsen werden jedoch nach § 228 Abs. 1 Satz 2 AO nur für volle Monate berechnet.
5.
Der angefochtene Zinsbescheid war gleichwohl nicht in vollem Umfang aufzuheben, da die Kl. nur Herabsetzung auf 1.275 DM beantragt und diesen Antrag trotz des Hinweises des Berichterstatters auf diese mögliche Rechtslage nicht erweitert haben. Das Gericht ist an die Anträge der Beteiligten gebunden und kann nicht darüber hinausgehen (§ 96 Abs. 1 Satz 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung (ZPO).