Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.09.1997, Az.: IV 268/95

Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer als Werbungskosten; Wassergeld als abziehbare Aufwendungen; Bestimmung des beruflichen Anteils der Wasserkosten

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
10.09.1997
Aktenzeichen
IV 268/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 17783
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1997:0910.IV268.95.0A

Verfahrensgegenstand

Einkommensteuer

In dem Rechtsstreit
hat der IV. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 10. September 1997,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender ... Richter am Finanzgericht
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtliche Richterin ...
ehrenamtlicher Richter ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kl. tragen die Kosten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die auf ein häusliches Arbeitszimmer entfallenden anteiligen Aufwendungen, die nach dem Verhältnis der nach§§ 42 - 44 der II. Berechnungsverordnung ermittelten Wohnfläche des Hauses zur Fläche des häuslichen Arbeitszimmers aufzuteilen sind, auch die Wassergeldkosten berücksichtigen müssen.

2

Die Kl. sind zusammenveranlagte Ehegatten; sie haben im Streitjahr ... ihren Beruf als Lehrer ausgeübt, der Kläger in den Fächern Biologie und Chemie, die Klägerin in Textil, Religion und Hauswirtschaft. Beide sind Miteigentümer eines selbstgenutzten Zweifamilienhauses. Das vom ... FA anerkannte Arbeitszimmer wird von beiden Kl. genutzt. Die Gesamtwohnfläche beträgt 177 qm, die des Arbeitszimmers 32,7 qm (= 18,5 %). Den Gesamtbetrag der Werbungskosten für das Arbeitszimmer ... machten die Kl. mit 6.973,68 DM geltend. In diesem Betrag waren für Wasser, Abwasser und Wasseraufbereitung ein Betrag von 18,5 % von 1.182,93 DM (= 218,84 DM) enthalten. Diesen Betrag strich das FA, setzte aber einen Betrag von 25,00 DM für Reinigungskosten für das Arbeitszimmer hinzu. Im übrigen ließ es die laufenden Kosten des Hauses, auch soweit sie auf Strom und Müllabfuhr entfielen, voll zum Abzug zu. Die somit insgesamt für das Arbeitszimmer ermittelten Kosten von 6.780,00 DM berücksichtigte das FA jeweils zur Hälfte bei den Kl. in dem diesen erteilten Einkommensteuerbescheid ...

3

Mit dem Einspruch machte der Kl. geltend, daß nach der Rechtsprechung die Kosten für Wasser und Kanal anteilig bei der Berechnung der Werbungskosten für das Arbeitszimmer mit berücksichtigt würden. Das FA teilte ihm mit, nach dem Urteil des Hessischen Finanzgerichts von 22. März 1990 10 K 2450/89 (EFG 1990 S. 577) gehörten die Wasser- und Kanalkosten zwar grundsätzlich zu den anzuerkennenden Nebenkosten des häuslichen Arbeitszimmers, seien in der Regel aber so gering, daß kein Ansatz erfolgen könne. Demgegenüber berief sich der Kl auf das BFH-Urteil vom 18.10.1983 VI R 68/83 (BStBl II 1984 S. 112).

4

Im Einspruchsbescheid ... ging das FA davon aus, der Einspruch sei auch von der Kl. eingelegt worden. Es wies den Einspruch zurück und berief sich dabei auf das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 22. März 1990 X K 2450/89 (a.a.O.). Die möglicherweise für das Arbeitszimmer angefallenen Wasserkosten seien im Rahmen der Reinigungskosten berücksichtigt worden.

5

Mit der dagegen von beiden Kl. erhobenen Klage wird begehrt, die Wassergeldkosten zusätzlich zu dem Betrag von 25,00 DM für die Reinigung des Arbeitszimmers entsprechend dem Anteil des Arbeitszimmers mit 218,84 DM zu berücksichtigen. Unter Hinweis auf das BFH-Urteil VI R 68/83 (a.a.O.) wenden sich die Kl gegen die Annahme, die auf das Arbeitszimmer entfallenden Wasserkosten seien so gering, daß kein Ansatz erfolgen könne. Das BFH-Urteil habe zum Ausdruck gebracht, es sei aus Vereinfachungsgründen hinzunehmen, daß bei der Wahl des als Ausgangspunkt für die Schätzung genommenen Maßstabs auch die Wassergeldkosten nicht ganz zutreffend aufgeteilt würden. Das Bedürfnis nach Vereinfachung sei in allen Fällen gleich; der Streitfall lasse keine Besonderheiten erkennen, weshalb hiervon abzugehen sei. Im übrigen falle im Streitjahr eine erhöhte Toilettenbenutzung an, da sich die beiden Kl. nach der Schule zum großen Teil im Arbeitszimmer aufhielten; die spezielle Berufstätigkeit beider Kl. bringe es auch mit sich, daß immer wieder Gerätschaften zuhause gesäubert werden müßten, wie z.B. Folien und ähnliches. Ergänzend verweisen sie auf das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 03.07.1984 2 K 16/84 (EFG 1985 S. 68) sowie die Verfügung der Oberfinanzdirektion Düsseldorf vom 08.06.1984 - S 2354 A - St 121 (DB 1984, S. 1805, 1806). Es könne auch nicht angehen, die beruflich verwendete Wassermenge zu messen und darüber ggf. auch noch Beweis zu erheben; bei Arbeitszimmern in angemieteten Wohnungen sei eine konkrete Erfassung der beruflich verwendeten Wassermenge nicht möglich, weil in solchen Fällen die Wasser- und Kanalkosten äußerst selten nach Verbrauch des einzelnen Benutzers abgerechnet würden, sondern vielfach nach Köpfen, teilweise auch nach Quadratmetern.

6

Daß das FA den Einspruchsbescheid auch gegen die Klägerin erlassen habe, stelle eine sachgerechte Auslegung des Einspruchsbegehrens dar.

7

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Einspruchsbescheids ... den Einkommensteuerbescheid ... in der Weise zu ändern, daß bei beiden Kl. insgesamt weitere Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 218,84 DM berücksichtigt werden und die Einkommensteuer dementsprechend herabgesetzt wird.

8

Das FA beantragt Klageabweisung.

9

Das von den Kl. herangezogene BFH-Urteil sei im Schrifttum (vgl. Schmidt-Drenseck, EStG, 16. Aufl., § 19 Rz. 60 "Arbeitszimmer", S. 1589 unten; Blümich, EStG, 15. Aufl., § 12 Tz. 72) und in der Rechtsprechung auf Kritik gestoßen. Der vom BFH herausgestellte Vereinfachungsgedanke könne jedoch nur dann in Betracht kommen, wenn die Vereinfachung in der überwiegenden Anzahl der Fälle nicht zu einer unzutreffenden Besteuerung führe, d.h. wenn feststehe, daß dem Grunde nach betriebliche oder berufliche Aufwendungen entstanden seien und deren Höhe im Einzelfall nur schwierig ermittelt werden könne. Es sehe nicht, inwieweit eine erhöhte Toilettenbenutzung und ein darauf beruhender erhöhter Wasserverbrauch beruflich veranlaßt sein könne.

10

Ergänzend wird auf den Inhalt der vorgelegten Steuerakte sowie den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

11

Die Klage ist nicht begründet. Der Senat geht mit dem BFH-Urteil VI R 68/83 (a.a.O.) davon aus, daß Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden können, wenn - wie im Streitfall - das häusliche Arbeitszimmer so gut wie ausschließlich beruflich benutzt wird und daß bei einer erforderlichen Schätzung zu den abziehbaren Aufwendungen dem Grunde nach auch die Wassergeldkosten in Betracht kommen. Andererseits muß die Schätzung einen sachgerechten Maßstab zum Ausgangspunkt wählen, der eine möglichst hohe Gewähr dafür bietet, daß der berufliche Aufwand den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend erfaßt wird. Dies trifft nach Ansicht des Senats für das Wassergeld unter Zugrundelegung der Fläche des Arbeitszimmers und der Gesamtwohnfläche nicht zu. Im Regelfall ist nicht ersichtlich - von gesondert erfaßbaren Reinigungskosten und einem darin enthaltenen Wassergeldanteil abgesehen -, daß die Benutzung des Arbeitszimmers überhaupt zu Wassergeldkosten führt. Insoweit ist zu berücksichtigen, daß die von den Kl. geltend gemachte häusliche Toilettenbenutzung während der beruflichen Nutzung des Arbeitszimmers zu den nichtabzugsfähigen Lebenshaltungskosten i.S.d. § 12 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) gehört. Der berufliche Anteil der Wassergeldkosten wird daher regelmäßig in Richtung Null DM tendieren.

12

Im Hinblick auf die besonderen Umstände des Streitfalles hält es der Senat für geboten, den dem Grunde nach unstreitigen Aufwand für das Abwaschen von Arbeitsmitteln in der Weise zu schätzen, daß für 180 Arbeitstage ein Wasserverbrauch pro Tag von 10 Litern angesetzt wird; dann ergibt sich bei Ansatz eines beruflichen Verbrauchs von 1,8 Kubikmetern und einem geschätzten Kubikmeterpreis von 10,00 DM für Zu- und Ableitung insgesamt ein Betrag von 18,00 DM an weiteren Werbungskosten. Diese wirken sich hier im Hinblick auf den Tabellensprung in der Splittingtabelle nicht aus. Die Klage ist daher abzuweisen.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

14

Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -; der Senat weicht (zumindest) vom BFH-Urteil vom 18.03.1988 VI R 78/83 (BFH/NV 1988, 777) ab, in welchem - anders als im BFH-Urteil VI R 68/83 (a.a.O.) - auch Wassergeldkosten streitig waren.