Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 16.03.2006, Az.: 2 A 213/05
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 16.03.2006
- Aktenzeichen
- 2 A 213/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 44589
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGLUENE:2006:0316.2A213.05.0A
Amtlicher Leitsatz
Liegt nicht vor
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zur Vergnügungssteuer.
Der Kläger betreibt im Gebiet der Beklagten eine Spielhalle mit mehreren, in der Anzahl wechselnden Geldspielgeräten und sonstigem Unterhaltungsgerät. Die Beklagte erhebt aufgrund ihrer Satzung vom 12. Dezember 1985 in der Fassung der 5. und 6. Änderungsfassung für den Betrieb von Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit bei der Aufstellung in Spielhallen eine Vergnügungssteuer je Gerät von 148,27 Euro monatlich (ab Oktober 2003 164,- Euro monatlich).
Mit Änderungsbescheiden vom 2. Januar 2002 (Festsetzung einer monatlichen Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte von 1.482,70 Euro für das Jahr 2002), 2. Mai 2002 (monatlich 1.482,70 Euro von Mai bis Dezember 2002), 3. Juni 2002 (1.037,89 Euro für Juli 2002 und 1.482,709 Euro von August bis Dezember 2002), 16. September 2002 (1.640 Euro monatlich für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2002), 1. Juli 2003 (1.179 Euro monatlich für Juli und August 2003 sowie 1.671 Euro monatlich von September bis Dezember 2003) setzte die Beklagte Vergnügungssteuern gegenüber dem Kläger fest. Mit weiterem Bescheid vom 22. September 2003 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Aussetzung der Vollziehung des Vergnügungssteuerbescheides vom 1. Juli 2003 ab. Die dagegen vom Kläger eingelegten Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2004 zurück.
Zur Begründung seiner am 3. März 2002 erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, die Erhebung pauschaler Vergnügungssteuern nach dem Stückzahlmaßstab sei aufgrund der unterschiedlichen Einspielergebnisse der einzelnen Automaten rechtswidrig. Außerdem sei die kalkulatorische Abwälzbarkeit nicht gegeben, so dass die als Aufwandssteuer erhobene Vergnügungssteuer auch deshalb rechtswidrig sei.
Zur Begründung der unterschiedlichen Einspielergebnisse legte der Kläger die Ergebnisse seiner Spielstätte für das Jahr 2003 vor. Die kumulierten Einnahmen der Plätze 1 bis 10 ergäben einen Betrag von 84.294 Euro, so dass das durchschnittliche Jahreseinspielergebnis bei 8.429,41 Euro liege. Unter Berücksichtigung der 25-Prozent-Grenze liege der untere Wert bei 6.322,06 Euro und der obere Wert bei 10.536,77 Euro. Diese Werte würden an den Plätzen 2 und 7 unterschritten und an den Plätzen 1, 3 und 8 überschritten. Im Übrigen gehe er davon aus, dass die Zahlen und Daten von Parallelverfahren Eingang in die Entscheidungsfindung haben würden. Da das Bundesverwaltungsgericht bei Angriffen gegen eine Vergnügungssteuersatzung für mehrere Jahre nicht für erforderlich halte, die Abweichungen für jedes Jahr nachzuweisen, reichten die vorgelegten Nachweise für ein einziges Jahr aus, die Rechtswidrigkeit der pauschalen Erhebung von Vergnügungssteuern nach dem Stückzahlmaßstab zu belegen.
Der Kläger beantragt,
die Änderungsbescheide vom 2. Januar, 2. Mai, 3. Juni, 16. September 2002 sowie 1. Juli 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2004 aufzuheben, soweit die Beklagte Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit festgesetzt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegende Satzung, die eine Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab vorsehe, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Dies habe die bislang zuständige 5. Kammer des erkennenden Gerichts und das Oberverwaltungsgericht in den vorangegangenen Verfahren des Klägers auch festgestellt. Aufgrund ihrer bei den Aufstellern für die Jahre 2003 und 2004 durchgeführten Umfrage über die Einspielergebnisse hätten sich wegen des unzureichenden Zahlenmaterials keine aussagekräftigen Auswertungen für das Satzungsgebiet erstellen lassen. Sie könne daher keine stark schwankenden Einspielergebnisse innerhalb des Satzungsgebiets feststellen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vergnügungssteuersatzung seien nach derzeitigen Erkenntnissen nicht zu erkennen, eine Satzungsänderung sei - nicht zuletzt mangels hinreichendem statistischem Material für die Kalkulation eines neuen Steuermaßstabs - nicht beabsichtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Die angefochtenen Steuerfestsetzungsbescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
1. Die Kammer hält die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer als Aufwandssteuer nicht bereits im Hinblick auf die fehlenden Möglichkeiten der kalkulatorischen Abwälzbarkeit für rechtswidrig.
Bei der Vergnügungssteuer handelt es sich um eine örtliche Aufwandssteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a GG. Aufwandssteuern belasten die Aufwendungen für das Halten von Verbrauchsgegenständen (so Pieroth in Jarass/Pieroth, Komm. zum GG, 6. Aufl. 2002, Art. 105 Rn. 25) bzw. für den privaten Konsum, der nicht im Verbrauch von Gütern besteht (so Heintzen in v. Münch, Komm. zum GG, Band 3, 5. Aufl. 2003, Art. 105 Rn. 57). Anknüpfungspunkt ist die im Aufwand zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Nach herkömmlicher Auffassung gehört es zu den Merkmalen der Vergnügungssteuer, dass sie auf den Benutzer der Veranstaltung abwälzbar sein muss. Das Erfordernis der Abwälzbarkeit beruht auf der Erwägung, dass die Steuer nur zur Vereinfachung bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben wird, dass sie aber letztlich von demjenigen aufgebracht werden soll, der sich vergnügt und damit den von der Steuer erfassten Aufwand betreibt. Daraus kann sinnvollerweise nur gefolgert werden, dass die Steuer nicht an demjenigen "hängenbleiben" soll, der das steuerpflichtige Vergnügen zum Zwecke der Gewinnerzielung anbietet, sondern gewissermaßen als durchlaufender Posten aus denjenigen Aufwendungen gedeckt werden soll, die die Spieler als Einsatz für ihr Spielvergnügen aufbringen. Dabei muss dem Steuerschuldner nicht etwa die rechtliche Gewähr geboten werden, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von der Person erhält, die nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll. Es ist also nicht erforderlich, dass eine Steuererhöhung durch eine entsprechende Erhöhung des Spielereinsatzes ausgeglichen werden kann, die hier durch das Gewerberecht ausgeschlossen ist. Vielmehr genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Diese Voraussetzung ist zumindest so lange gegeben, wie der Spielereinsatz nicht nur den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb des Spielgerätes deckt, sondern in der Regel sogar noch Gewinn abwirft (so BVerfG, Beschl. v. 1.4.1971 - 1 BvL 22/67 - in BVerfGE 31, 8). An dieser Bewertung hält die Kammer auch in Kenntnis der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts fest, die der Kläger nunmehr zur Begründung der Verfassungswidrigkeit der Vergnügungssteuer heranziehen will. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner "Ökosteuer"-Entscheidung vom 20. April 2004 ( - 1 BvR 905/00 - BverfGE 110, 274, 295) zur Qualität von Strom- und Mineralölsteuer als Verbrauchssteuern im Sinne von Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG ausgeführt:
"Sowohl der Entstehungstatbestand der Stromsteuer - nach § 5 Abs. 1 StromStG entsteht die Stromsteuer, wenn Strom aus dem Versorgungsnetz entnommen wird - als auch der mineralölsteuerliche Entstehungstatbestand - § 9 Abs. 1 MinöStG belastet die Überführung oder Entnahme von Mineralöl in den freien Verkehr - machen deutlich, dass nicht die unternehmerische Tätigkeit der Erzeugung von Strom und Mineralöl, sondern der Verbrauch dieser Wirtschaftsgüter besteuert wird. Die Steuer wird bei den Stromversorgern und Inhabern des Mineralölsteuerlagers als denjenigen Unternehmen erhoben, die das Verbrauchsgut für die allgemeine Nachfrage anbieten; sie sind Schuldner der Steuern. Diese sind aber auf Überwälzung auf den Verbraucher angelegt (vgl. BVerfGE 98, 106124). Insoweit genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann (vgl. BVerfGE 31, 820). Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden (vgl. BVerfGE 14, 7696; 27, 375384; 31, 820). Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt."
Entgegen der Ansicht des Klägers ist dieser Entscheidung der Bundesverfassungsgerichts für eine andere Steuerart, nämlich eine Verbrauchssteuer, nicht zu entnehmen, dass eine kalkulatorische Abwälzbarkeit der Steuer die Möglichkeit verlangt, im Wege der Preiserhöhung die Steuer an den Verbraucher weiterzugeben. Vielmehr erklärt das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung ausdrücklich, es sei "insbesondere nicht erforderlich, dass die Verbrauchssteuerbelastung durch erhöhte Warenpreise oder Dienstleistungsentgelte weitergegeben werden kann" (BverfGE 110, 274, 296). Für eine Abkehr des Bundesverfassungsgerichts von seiner bisherigen Rechtsprechung zur Vergnügungssteuer im Hinblick auf deren kalkulatorische Abwälzbarkeit gibt es daher keine Anhaltspunkte, zumal sich das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit auch auf die historischen Besonderheiten der Vergnügungssteuer bezogen hat, die eine Gleichsetzung mit einer Verbrauchssteuer fern liegend erscheinen lassen, und sich an den Möglichkeiten der Abwälzbarkeit seit Bestehen der Vergnügungssteuer nichts geändert hat.
2. Bis zu den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. April 1995 (- 10 C 5/04 - und - 10 C 8/04 -, NVwZ 2005, 1316 ff und 1322 ff) war auch in der ständigen Rechtsprechung des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts der Stückzahlmaßstab bei der Bemessung der Vergnügungssteuer bei Spielautomaten uneingeschränkt rechtlich anerkannt. Von diesem Maßstab geht auch die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Vergnügungssteuersatzung der Beklagten aus. In seinen Urteilen vom 13. April 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht im Einzelnen ausgeführt, dass der Stückzahlmaßstab aber nicht mehr uneingeschränkt Geltung beanspruchen kann. Zwar hat die Rechtsprechung bei der Wahl des konkreten Steuermaßstabes dem Satzungsgeber stets einen weiten Gestaltungsspielraum zugebilligt, der aus Gründen der Praktikabilität eine Pauschalierung zulässt, doch muss bei der Vergnügungssteuer als einer örtlichen Aufwandsteuer i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG sichergestellt sein, dass der gewählte Steuermaßstab jedenfalls grundsätzlich geeignet ist, den zu besteuernden Vergnügungssteueraufwand zumindest entfernt abzubilden. Es muss jedenfalls ein zumindest lockerer Bezug zwischen diesem Maßstab und dem zu besteuernden Aufwand der Spieler bestehen. Dieser Bezug ist nur dann gewahrt, wenn die über einen längeren Zeitraum gemittelten Einspielergebnisse einzelner Spielautomaten nicht mehr als 50 % von den durchschnittlichen Einspielergebnissen der Automaten in einer Gemeinde abweichen, d. h. der Gesamtdurchschnitt darf nicht mehr als 25 % über- oder unterschritten werden. Angesichts des seit dem 1. Januar 1997 vorgeschriebenen Einbaus von manipulationssicheren Zählwerken in Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeiten ist das exakte Einspielergebnis je Automat auch eindeutig feststellbar. Ergeben sich Schwankungen jenseits dieser Grenzen erweist sich der Stückzahlmaßstab - und zwar nur dann - als rechtlich nicht mehr haltbar.
In Umsetzung der o.a. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geht die Kammer bei der Feststellung der Schwankungsbreite, die für die - weitere - Beibehaltung des Stückzahlmaßstabs maßgeblich ist, im Einzelnen wie folgt vor:
Zunächst sind wegen der unterschiedlichen Steuersätze die Einspielergebnisse getrennt für Gewinnspielgeräte innerhalb und außerhalb von Spielhallen zu bestimmen. Für die jeweilige Gruppe müssen hinreichend aussagekräftige Erkenntnisse über die Einspielergebnisse der einzelnen Automaten im Satzungsgebiet vorliegen, die über einen längeren Zeitraum von in der Regel 8 bis 12 Monaten gewonnen worden sind. Welche Mindestanforderungen hier zu stellen sind, ist eine Frage des Einzelfalls. Sie hängen ab etwa von der Anzahl und Größe der Automatenaufsteller und der Zahl der von ihnen aufgestellten Gewinnsspielautomaten sowie ihrer Verteilung im Satzungsgebiet. Dabei liegt es auf der Hand, dass die Schwankungsbreite umso verlässlicher bestimmt werden kann, je mehr Apparate und Aufsteller erfasst sind. Ein aussagekräftiger Durchschnittwert wird sich in aller Regel nicht bilden lassen, wenn nur Einspielergebnisse eines von mehreren Aufstellern oder von insgesamt einem nur sehr geringen Prozentsatz aller Automaten vorliegen. Schließlich werden auch "Ausreißer" zu beachten sein, d. h. Zahlenwerte die völlig aus dem Rahmen der anderen im unteren oder oberen Bereich liegenden Einspielergebnisse fallen. Solche atypischen Werte bleiben bei der Ermittlung des Gesamtdurchschnitts unberücksichtigt. Erforderlich ist weiterhin, dass eine nicht unerhebliche Anzahl der erfassten Durchschnittswerte in beachtlichem Umfang vom gemeinsamen Durchschnittswert abweicht und auch in nennenswertem Umfang jenseits der zulässigen Schwankungsbreite liegt.
Dabei steht der Feststellung der Ungültigkeit einer Spielgerätesteuer nicht entgegen, wenn die Untauglichkeit des Stückzahlmaßstabs für eine Aufwandssteuer auf Gewinnspielautomaten nicht für das Jahr der angefochtenen Bescheide, sondern nur für ein anderes Jahr belegt ist. Ist im Hinblick auf ein Jahr hinreichend mit Zahlen belegt, dass der für eine Aufwandssteuer erforderliche zumindest lockere Bezug zwischen dem Vergnügungsaufwand der Spiele und dem gewählten Stückzahlmaßstab in einem Satzungsgebiet nicht gewahrt ist, kann das Gericht davon ausgehen, dass Entsprechendes auch für die vorangehenden und nachfolgenden Jahre gilt, sofern sich keine Anhaltspunkte dafür aufdrängen oder von einem Beteiligten substantiiert geltend gemacht werden, dass in dem Jahr, für das die Erhebungen durchgeführt wurden, Besonderheiten vorgelegen hätten, die in anderen Jahren erheblich geänderte Daten erwarten ließen (BVerwG, Urt. v. 14.12.2005 - 10 CN 1.05 -, zitiert nach juris).
Bei der Ermittlung der Schwankungsbreite der Einspielergebnisse ist zu bedenken, dass dem klagenden Automatenaufsteller grundsätzlich nur Zahlen über die Einspielergebnisse seiner eigenen Geräte vorliegen werden und ihm auch kein Auskunftsanspruch gegenüber den anderen Automatenaufstellern zusteht. Auch die Gemeinde wird bei einer am Stückzahlmaßstab orientierten Vergnügungssteuer nicht über solche Daten verfügen. Beide sind insoweit auf freiwillige Angaben der übrigen Aufsteller angewiesen. Werden allerdings an die Gemeinde konkrete Anhaltspunkte dafür herangetragen, dass im Satzungsgebiet stark schwankende Einspielergebnisse einzelner Automatenaufsteller vorliegen, so ist sie wegen der Rechtmäßigkeit ihrer Steuererhebung verpflichtet, dem durch geeignete Aufklärungsmaßnahmen nachzugehen. Soweit hinreichender Anlass besteht, kann es auch Aufgabe des Gerichts sein, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Erst wenn danach die entscheidenden Tatsachenfragen unaufklärbar bleiben, greift die allgemeine Beweislastregel, dass die nicht Erweislichkeit von Tatsachen, aus denen eine Partei ihr günstige Rechtsfolgen herleiten will, zu ihren Lasten geht (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2005, aaO; Nds. OVG: Beschl. vom 8. Dezember 2005 - 13 ME 333/05; Beschl. vom 13. Dezember 2005 - 13 ME 291/05, zitiert nach der Rechtsprechungsdatenbank des OVG).
Bei Anwendung dieser Maßstäbe sind Bedenken gegen die Beibehaltung des Stückzahlmaßstabes in der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten nicht zu erheben.
Auf Aufforderung der Kammer hat die Beklagte im Herbst 2005 die Aufsteller von Geldspielgeräten in ihrem Satzungsgebiet angeschrieben und um Vorlage der Auslesestreifen der einzelnen Automaten für die Jahre 2003 und 2004 gebeten. Hinsichtlich der hier maßgebenden Geldspielautomaten innerhalb von Spielhallen hat der Kläger selbst nicht geantwortet und nur ein Automatenaufsteller für zehn Plätze innerhalb von Spielhallen die Auslesestreifen vorgelegt. Auch unter Berücksichtigung der vom Kläger mit Schriftsatz vom 28. Februar 2006 vorgelegten Einspielergebnisse für das Jahr 2003 liegen keine hinreichend aussagekräftigen Erkenntnisse über die Einspielergebnisse von Geldspielgeräten innerhalb von Spielhallen im Satzungsgebiet vor. Soweit ein Aufsteller seine kompletten Auslesestreifen für die Jahre 2003 und 2004 vorgelegt hat, reicht dies allein zur Ermittlung aussagekräftiger Ergebnisse schon deshalb nicht aus, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Einspielergebnisse von mehr als einem Aufsteller zu berücksichtigen sind. Die vom Kläger selbst vorgelegten Einspielergebnisse entsprechen den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts in keiner Weise. Denn aus der Aufstellung (Bl. 65 der Gerichtsakte) ist nicht ersichtlich, welche Automaten die Einspielergebnisse erzielt haben und ob sie über einen Zeitraum von über acht Monaten aufgestellt gewesen sind. Hinzu kommt, dass die Aufstellung in sich nicht nachvollziehbar ist. In Zeile 1 der Aufstellung werden Einspielergebnisse genannt und in der Gesamtsumme berücksichtigt, deren Zeitraum nicht erkennbar ist. Auch der nachfolgende Zeitraum (Zeile 2) stimmt nicht überein, da nur die Einspielergebnisse von sieben Geräten ab 2. Januar 2003 und andere Geräte erst ab 7. Januar 2003 (Platz 9) bzw. 5. Februar 2003 (Plätze 4 und 5) berücksichtigt werden. Die weiteren Aufstellungen enthalten Ungenauigkeiten, die eine Auswertung der einzelnen Plätze nicht möglich macht. Bei Platz 1 ist die Zeit vom 16. Mai bis 30. September 2003 doppelt berücksichtigt, bei Platz 3 die Zeit vom 31. Juli bis 1. September 2003, bei Platz 4 die Zeit vom 30. April bis 30. September 2003, bei Platz 6 fehlt der Monat September 2003, bei Platz 7 der Monat April 2003, bei Platz 8 die Monate August und September 2003 sowie bei Platz 10 der Monat September 2003. Der damit nur noch verbleibende Platz 2 ist nicht auswertbar, weil das Gerät Anfang März 2003 14 Tage defekt war.
Entgegen der Auffassung des Klägers lassen sich aus den Parallelverfahren (2 A 214/05 und 2 A 273/05) keine Einspielergebnisse heranziehen, die die von ihm behaupteten Abweichungen belegen. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass im Verfahren 2 A 214/05 lediglich Zahlen für das Jahr 2004 vorgelegt worden sind, während sich die vom Kläger vorgelegten Zahlen auf das Jahr 2003 beziehen und es damit an der erforderlichen Vergleichbarkeit fehlt. Im Übrigen sind die dort vorgelegten Zahlen nicht auswertbar, da sie nur platz- und nicht gerätebezogen sind und nur einen Zeitraum von unter acht Monaten betreffen. Im Verfahren 2 A 273/05 sind zwar gerätebezogene Zahlen vorgelegt worden, die hinsichtlich einzelner Automaten auch für den erforderlichen Aufstellzeitraum von acht Monaten auswertbar sind. Diese Zahlen beziehen sich aber auf das Jahr 2005 und können schon deshalb nicht mit herangezogen werden.
Nach Überzeugung der Kammer ist eine Beweiserhebung durch Vernehmung der übrigen Spielhallenbetreiber im Satzungsgebiet oder durch Einholung eines Sachverständigengutachtens regelmäßig nicht erfolgversprechend. Es ist zu erwarten, dass die übrigen Spielhallenbetreiber auch weiterhin verwertbare Auskünfte nicht erteilen werden, da sie offenbar an einer Änderung des Steuermaßstabes nicht interessiert sind. Anhaltspunkte für ein anderes Aussageverhalten gibt es nicht. Sowohl gegenüber dem Gericht als auch gegenüber einem Sachverständigen wären die weiteren Spielhallenbetreiber hinsichtlich der Frage der Einspielergebnisse nach § 98 VwGO i.V.m. § 384 Nr. 3 ZPO zur Zeugnisverweigerung berechtigt. Ein Zeuge braucht Fragen nicht zu beantworten, wenn er durch die Antwort ein Gewerbegeheimnis offenbaren würde. Ein Gewerbegeheimnis sind alle Vorgänge, an deren Geheimhaltung ein Gewerbetreibender ihrer Natur nach ein erhebliches, unmittelbares Interesse hat sowie alle Tatsachen, aus denen sich Vorgänge ergeben können, wegen derer ein Verweigerungsrecht besteht (vgl. Amtsgericht München, Beschl. v. 9.6.1981 - 131a AR 354/80 - ; LG München I, Beschl. V. 10.6.1981 - 13 T 9173/81- , zitiert nach juris). Dies ist insbesondere bei den steuerlichen Verhältnissen von Gewerbetreibenden der Fall (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.9.1977 - 6 U 196/76 - ,MDR 1978, 147). Hier ergibt sich das erhebliche Geheimhaltungsinteresse der Automatenaufsteller aus dem Konkurrenzverhältnis zum Kläger, die Wettbewerberin im Gebiet der Beklagten ist. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst noch nicht einmal verwertbare Zahlen vorgelegt hat (s.o.). Erst bei einer entsprechenden Mitwirkung des Klägers könnte Anlass für weitere Ermittlungen von Amts wegen bestehen.
Da die erforderlichen Schwankungen bei Geldspielautomaten innerhalb von Spielhallen im Satzungsgebiet der Beklagten mithin nicht festgestellt werden können, ist die Beibehaltung des Stückzahlmaßstabs und damit auch die angefochtenen Steuerfestsetzungen rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO).