Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.02.2000, Az.: 6 K 204/96
Betriebsausgabenabzug von Zinsen auf ein der GmbH von ihrem Gesellschafter gewährtes partiarisches Darlehen; Qualifizierung von Darlehenszinsen als verdeckte Gewinnausschüttung; Rechtsnatur der eigentlichen Kapitalüberlassung bei stiller Einlage und partiarischem Darlehen; Einbringung eines Unternehmens oder einer Unternehmensbeteiligung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten als Austauschgeschäft; Herstellung der Ausschüttungsbelastung bei verdeckter Gewinnausschüttung; An eine Alleingesellschafterin gezahlte Zinsen als Betriebsausgaben
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 29.02.2000
- Aktenzeichen
- 6 K 204/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 21913
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2000:0229.6K204.96.0A
Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs. 3 S. 2 KStG
- § 27 Abs. 3 S. 2 KStG
- § 230 HGB
- § 100 Abs. 2 S. 2 FGO
Fundstellen
- DStRE 2000, 1154-1157 (Volltext mit amtl. LS)
- GmbHR 2000, 949 (amtl. Leitsatz)
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem ZusZusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht.
- 2.
Bringt der Alleingesellschafter Vermögenswerte in die Gesellschaft ein, so ändert sich dadurch an seiner Gesamtvermögenslage nichts. Der Weggabe des übertragenen Vermögensgegenstandes steht eine entsprechende Werterhöhung des Anteils an der Kapitalgesellschaft gegenüber. Es liegt ein entgeltliches Austauschgeschäft vor.
- 3.
Eine verdekte Gewinnausschüttung ist erst dann eine andere Ausschüttung, wenn die der Vermögensminderung entsprechenden Mittel bei der Kapitalgesellschaft abfließen.
Tenor:
Unter Änderung der Körperschaftsteuerbescheide 1984 und 1987 i.d.F. der Änderungsbescheide vom 22. Dezember 1999 wird die Körperschaftsteuer auf die Beträge herabgesetzt, die sich unter Berücksichtigung anderer Ausschüttungen i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes in Höhe von
1984 | 1987 | |
---|---|---|
DM | 0 | 1.182.077 |
ergeben. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu 78 v.H. und der Beklagte zu 22 v.H zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden Aufwendungen abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang. Streitig ist, inwieweit an die Alleingesellschafterin gezahlte Zinsen als Betriebsausgaben bzw. als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu beurteilen sind. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
W... (W.) war an der W... V... GmbH & Co. KG (WV-KG) als Kommanditist in Höhe von nominal 2.150.000,00 DM (= 75 v.H. des Gesellschaftskapitals der KG) beteiligt. Die WV-KG betrieb bundesweit Textileinzelhandelsgeschäfte.
W. ist am 16. Januar 1983 verstorben. In seinem notariellen Testament vom 2. Juni 1978 hatte er die ... W... Stiftung GmbH (W-Stiftung-GmbH) zur Alleinerbin eingesetzt. Darüber hinaus hatte er angeordnet, dass seine Kommanditbeteiligung an der WV-KG "auf eine ... unverzüglich nach meinem Ableben zu errichtende GmbH übertragen werden" solle, und zwar mit der Maßgabe, "dass zuvor ein Betrag bis zu 50 % des Gesellschaftskapitals der WV-KG ... als partiarisches Darlehen abgespalten wird, auf welches ein entsprechender Anteil des mir als Kommanditisten dieser Kommanditgesellschaft zustehenden Gewinns entfällt. Das partiarische Darlehen verbleibt bei meinem Erben. Der auf das partiarische Darlehn entfallende Gewinnanteil ist zugunsten des verbleibenden Gewinnanteils entsprechend zu ermäßigen, wenn anderenfalls die Anerkennung des partiarischen Darlehns als steuerlich unschädliche Vermögensverwaltung i.S.d. Abgabenordnung (AO) gefährdet ist."
Dementsprechend wurde durch Vertrag vom 15. Juli 1983 eine GmbH - die Klägerin - gegründet, deren Unternehmensgegenstand die Verwaltung aller Unternehmen der W-Gruppe ist. Das Stammkapital der Klägerin betrug ursprünglich 50.000,00 DM, die ihre Alleingesellschafterin, die W-Stiftung-GmbH, in Gestalt einer Bareinlage übernahm und einzahlte. Durch Beschluss vom 29. Dezember 1983 wurde das Stammkapital der Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 1984 durch Ausgabe eines neuen Geschäftsanteils auf 50.500,00 DM erhöht. Im Gegenzug übertrug die W-Stiftung-GmbH mit Einbringungsvertrag vom 29./30. Dezember 1983 ihre Kommanditeinlage in Höhe von nominal 2.150.000,00 DM an der WV-KG als Sacheinlage auf die Klägerin. Diese räumte der W-Stiftung-GmbH eine "partiarische Darlehnsforderung" in Höhe der Hälfte der eingebrachten Kommanditbeteiligung , also in Höhe von 1.075.000,00 DM, ein und vereinbarte "als partiarische Verzinsung ... die Hälfte des sich ohne Berücksichtigung der partiarischen Verzinsung ergebenden Bilanzgewinns" der Klägerin. Entsprechend dem Gesellschafterbeschluss vom 29. Dezember 1983 führte die Klägerin gemäß § 20 Abs. 2 des Umwandlungs-Steuergesetzes (UmwStG 1977) die bisherigen Buchwerte der WV-KG fort. Soweit der Nennwert des eingebrachten Kommanditanteils den Nennwert der übernommenen neuen Stammeinlage und die partiarische Darlehnsverbindlichkeit gegenüber der W-Stiftung-GmbH überstieg, sollte er in eine Rücklage eingestellt werden. Entsprechend diesen Vereinbarungen wurde in den Streitjahren 1984 bis 1987 verfahren. In den Bilanzen für die Streitjahre passivierte die Klägerin folgende Zinsverpflichtungen:
Jahr | 1984 | 1985 | 1986 | 1987 |
---|---|---|---|---|
DM | 19.913 | 477.570 | 1.092.732 | 754.708 |
Auf diese Beträge leistete die Klägerin in den Streitjahren folgende Zahlungen:
Zahlungstag | Zinsen für Wirtschaftsjahr | Betrag DM |
---|---|---|
10. Oktober 1986 | 1984 | 19.913 |
20. Januar 1987 | 1985 | 477.570 |
29. Dezember 1987 | 1986 | 1.092.732 |
Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) setzte die Körperschaftsteuer 1984 bis 1986 zunächst unter Berücksichtigung der nach der Vereinbarung geschuldeten Darlehnszinsen als Betriebsausgaben fest. Später stellte er sich jedoch auf den Standpunkt, dass das partiarische Darlehen steuerlich als typisch stille Gesellschaft zu werten sei, deren Kapital unangemessen hoch verzinst werde. Einem gesellschaftsfremden Darlehnsgeber hätte die Klägerin allenfalls einen Anteil von 8,5 v.H. des Gewinns zugestanden. Denn dies entspreche dem Verhältnis der partiarischen Darlehnsforderung zum Gesamtwert des Unternehmens. Wegen der Einzelheiten der von dem FA insoweit angestellten Berechnung wird auf die Anlage zu dem Schreiben vom 23. Februar 1988 (Blatt 42 und 43 der Sonderakte "Partiarisches Darlehen" zur Steuernummer 219/01118) Bezug genommen. Soweit die von der Klägerin an die W-Stiftung-GmbH ausgezahlten Darlehenszinsen die Grenze von 8,5 v.H. des Gewinns überstiegen, seien sie deshalb als vGA anzusehen. Ausgehend von dieser Rechtsauffassung änderte das FA die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Steuerfestsetzungen für 1984 bis 1986 und erließ für 1987 einen erstmaligen Steuerbescheid.
Die hiergegen eingelegte Sprungklage, der das FA fristgerecht zugestimmt hat, hatte für die Streitjahre 1984 bis 1986 Erfolg. In dem auf § 79 a Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützten Urteil vom 18. August 1994 ging der Berichterstatter von der Vereinbarung eines partiarischen Darlehens, nicht eines stillen Gesellschaftsverhältnisses aus. Da diese Vereinbarung tatsächlich durchgeführt worden sei, stellten die geleisteten Zinsen grundsätzlich Betriebsausgaben dar. Aus diesem Grund hob der Berichterstatter die Änderungsbescheide für 1984 bis 1986 auf. Die Klage wegen Körperschaftsteuer 1987 wies er ab, weil die Klägerin einen höheren als den nach dem Einbringungsvertrag geschuldeten Betrag an die Darlehnsgeberin ausgekehrt habe. Wegen dieser Abweichung der tatsächlichen Handhabung von der zugrundeliegenden Vereinbarung seien die für 1987 gezahlten Zinsen insgesamt als vGA zu beurteilen. Wegen des Verböserungsverbotes verbleibe es jedoch bei den vom FA als Betriebsausgaben anerkannten Zinsen.
Gegen das Urteil des Berichterstatters legten sowohl das FA - betreffend die Streitjahre 1984 bis 1986 - als auch die Klägerin - betreffend das Streitjahr 1987 - Revision ein und rügten die Verletzung materiellen Rechts.
Durch Bescheide vom 1. März 1995 änderte das FA die noch immer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Körperschaftsteuerbescheide unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung. Hierbei wurden die partiarischen Darlehenszinsen, soweit sie den Gewinnanteil von 8,5 v.H. überstiegen, weiterhin als vGA berücksichtigt. Wegen der infolge der Außenprüfung geänderten Bemessungsgrundlagen änderten sich jedoch die von dem FA angesetzten Beträge.
Die Klägerin leitete die geänderten Bescheide fristgerecht gemäß § 68 in Verbindung mit § 123 Satz 2 FGO in das Revisionsverfahren über. Durch - als Urteil wirkenden - Gerichtsbescheid vom 20. Dezember 1995 hob der Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil des Berichterstatters auf, weil die Ergebnisse der zwischenzeitlich durchgeführten Außenprüfung die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs berührten und die Beteiligten erklärt hätten, dass hinsichtlich der Änderungen kein Einvernehmen bestehe.
Im zweiten Rechtsgang verfolgt die Klägerin ihr Begehren, die streitigen Zinszahlungen in voller Höhe als Betriebsausgaben zu berücksichtigen, weiter. Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass die Einräumung einer Gewinnbeteiligung von 50 % nach dem Maßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht zu beanstanden sei. Die der Klägerin von der W-Stiftung-GmbH im Zuge der Kapitalerhöhung übertragene Kommanditbeteiligung habe sehr hohe stille Reserven aufgewiesen und sei ein Vielfaches des Nennbetrages wert gewesen. Da das partiarische Darlehen eine Mindestlaufzeit von lediglich 15 Jahren aufweise und nach Beendigung des Darlehnsvertrages nur der vergleichsweise geringe Nominalbetrag zurückzuzahlen sei, stelle sich der wirtschaftliche Gehalt des Einbringungsvorganges so dar, dass die W-Stiftung-GmbH der Klägerin die hohen stillen Reserven in der Kommanditbeteiligung "geschenkt" und sich lediglich für mindestens 15 Jahre die Hälfte der Erträge vorbehalten habe. Das von dem FA beanstandete Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung bestehe daher nicht zu Lasten der Klägerin, sondern zu Lasten der W-Stiftung-GmbH. In dem Einbringungsvorgang könne somit allenfalls das Gegenteil einer vGA, nämlich eine verdeckte Einlage seitens der Gesellschafterin gesehen werden.
Doch selbst dann, wenn man den Einbringungsvorgang nicht einheitlich beurteile, sondern isoliert auf das partiarische Darlehnsverhältnis abstelle, sei die der W-Stiftung-GmbH zugestandene Kapitalverzinsung nicht unangemessen hoch. Der Beurteilung der Angemessenheit sei nicht der Nominalbetrag des Darlehens, sondern der wirkliche Wert der Kapitaleinlage zugrundezulegen. Dieser habe im Streitfall 50 v.H. des Gesamtunternehmenswertes entsprochen und damit weit über dem Nennbetrag gelegen.
Mit Zustimmung der Klägerin hat das FA unter dem 22. Dezember 1999 nochmals geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer 1984 bis 1987 sowie über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG für die Feststellungszeitpunkte vom 31. Dezember 1984 bis zum 31. Dezember 1987 erteilt. Auf den Inhalt dieser Bescheide (Band II, Blatt 37 bis 52 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen. Darin werden aufgrund der Änderungen durch die Außenprüfung nunmehr folgende Beträge als vGA angesetzt:
Jahr | 1984 | 1985 | 1986 | 1987 |
---|---|---|---|---|
DM | 25.642 | 439.655 | 823.980 | 818.465 |
Als Betriebsausgaben wurden berücksichtigt:
Jahr | 1984 | 1985 | 1986 | 1987 |
---|---|---|---|---|
DM | 7.878 | 135.075 | 253.150 | 251.455 |
Über die rechnerische Ermittlung dieser Beträge besteht zwischen den Beteiligten Einvernehmen.
Die als vGA angesetzten Beträge wurden für die jeweiligen Veranlagungszeiträume zugleich als andere Ausschüttungen i.S.d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG berücksichtigt.
Mit einem am 31. Dezember 1999 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin beantragt, die Bescheide vom 22. Dezember 1999 zum Gegenstand des Klageverfahrens zu machen.
Die Klägerin beantragt nunmehr sinngemäß,
unter Änderung der Körperschaftsteuerbescheide 1984 - 1987 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 22. Dezember 1999 die Körperschaftsteuer auf
Jahr | 1984 | 1985 | 1986 | 1987 |
---|---|---|---|---|
DM | 37.536 | 643.692 | 958.037 | 934.574 |
festzusetzen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung Ende 1983 zwischen der Einbringung des Kommanditanteils als gesellschaftsrechtlichem Vorgang und der Begründung des partiarischen Darlehnsverhältnisses als schuldrechtlichem Vorgang zu unterscheiden sei und die steuerrechtliche Würdigung beider Vorgänge getrennt zu erfolgen habe. Die Angemessenheit der der W-Stiftung-GmbH eingeräumten Gewinnbeteiligung sei ausgehend von dem Nominalbetrag des partiarischen Darlehens zu beurteilen. Daran gemessen sei die der Gesellschafterin zugestandene Gewinnbeteiligung unangemessen hoch.
Gründe
Die Klage ist hinsichtlich der Körperschaftsteuerbescheide 1984 und 1987 in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im übrigen ist die Klage nicht begründet.
1.
Das FA hat den streitigen Teil der Zinsen zu Recht als vGA beurteilt, die das Einkommen der Klägerin nicht mindern (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG).
a)
Eine vGA ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung; vgl. nur: Urteile vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1998, 545; vom 30. Juli 1997 I R 65/96, BStBl II 1998, 402, jeweils mit weiteren Nachweisen). Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Rechtsprechung des BFH auch Gewinnanteile, die einem zugleich mit einer stillen Einlage am Unternehmen der GmbH beteiligten Gesellschafter gewährt werden, als vGA beurteilt, soweit sie den Gewinnanteil übersteigen, den die GmbH einem Nichtgesellschafter unter sonst gleichen Umständen zugestanden hätte (BFH-Urteil vom 6. Februar 1980 I R 50/76, BStBl II 1980, 477). Die Angemessenheit der Gewinnverteilung ist dabei durch eine Gegenüberstellung des Werts der Einlage des stillen Gesellschafters und des wirklichen Werts des Gesamtunternehmens der GmbH im Zeitpunkt der Vereinbarung der stillen Gesellschaft zu ermitteln (BFH-Urteile in BStBl II 1980, 477; vom 12. Dezember 1990 I R 85/88, BFH/NV 1992, 59). Zu diesem Zweck ist das Gesamtunternehmen der GmbH nach der sogenannten indirekten Methode zu bewerten; dies entspricht dem arithmetischen Mittel aus Ertrags- und Substanzwert. Der Wert der Einlage des stillen Gesellschafters ist mit dem Nennwert anzusetzen (BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 59).
b)
Diese Grundsätze sind auch der Beurteilung des Streitfalls zugrunde zu legen. Dabei kann offen bleiben, ob es sich bei der Kapitalüberlassung durch die Gesellschafterin - wie das FA angenommen hat - um eine stille Einlage im Sinne des § 230 des Handelsgesetzbuches (HGB) oder - wie es dem Wortlaut des Einbringungsvertrages vom 29./30. Dezember 1983 entspricht - um ein partiarisches Darlehen handelt. Denn hinsichtlich der Rechtsnatur der eigentlichen Kapitalüberlassung weisen die typische stille Einlage und das partiarische Darlehen keine ins Gewicht fallenden Unterschiede auf, die eine unterschiedliche steuerliche Behandlung rechtfertigen könnten. In beiden Fällen wird dem Unternehmer von einem Dritten gegen Einräumung einer Gewinnbeteiligung Fremdkapital - typischerweise langfristig - zur Nutzung überlassen.
Im Streitfall hat das FA den Wert des Gesamtunternehmens der Klägerin, der sich im wesentlichen aus ihrem Kommanditanteil an der WV-KG ergab, nach den oben dargestellten Grundsätzen mit 12,625 Mio. DM ermittelt. Einwendungen gegen die dieser Berechnung zugrunde gelegten Annahmen hat die Klägerin nicht erhoben. Sie sind nach Aktenlage auch nicht ersichtlich. Da der Nominalbetrag der partiarischen Darlehensforderung von 1,075 Mio. DM nur 8,5 v.H. dieses Betrages ausmacht, hat das FA zu Recht die Darlehnszinsen nur bis zur Höhe des entsprechenden Teils des Gewinns zum Betriebsausgabenabzug zugelassen und die darüber hinausgehenden Beträge als vGA beurteilt. Die rechnerische Ermittlung der hiernach als vGA anzusetzenden Beträge ist zwischen den Beteiligten nach dem Erlass der Änderungsbescheide vom 22. Dezember 1999 nicht mehr streitig.
c)
Die von der Klägerin gegen diese rechtliche Beurteilung erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.
aa)
Dies gilt zunächst für die Erwägung, dass die Einräumung einer Gewinnbeteiligung von 50 % nach dem Maßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht zu beanstanden gewesen sei, weil sie Bestandteil des Einbringungsvertrages vom 29./30. Dezember 1983 gewesen und dieser bei einer Gesamtbetrachtung für die Klägerin vorteilhaft gewesen sei. Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie gegen Übernahme einer Darlehnsverpflichtung von 1.075.000,00 DM und Einräumung einer 50 %igen Gewinnbeteiligung auf die Dauer von 15 Jahren die Kommanditbeteiligung der Gesellschafterin "geschenkt" bekommen habe, die wegen der darin enthaltenen sehr hohen stillen Reserven ein Vielfaches des Darlehnsbetrages wert gewesen sei. Diese Betrachtungsweise übersieht, dass die Einbringung eines Unternehmens oder einer Unternehmensbeteiligung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten, um die es sich im Streitfall handelte, kein entgeltliches Austauschgeschäft, sondern einen Vorgang auf gesellschaftsrechtlicher Ebene darstellt, der sich einer Beurteilung nach dem für entgeltliche Geschäfte geltenden Maßstab der Vorteilhaftigkeit oder Nachteiligkeit entzieht. Bringt der Alleingesellschafter - wie im Streitfall die W-Stiftung-GmbH - Vermögenswerte in die Gesellschaft ein, so ändert sich dadurch an seiner Gesamtvermögenslage nichts. Der Weggabe des übertragenen Vermögensgegenstandes steht eine entsprechende Werterhöhung des Anteils an der Kapitalgesellschaft gegenüber. Für die Annahme einer Schenkung ist - unabhängig vom Nominalbetrag der für die Übertragung des Vermögensgegenstandes gewährten Gesellschaftsrechte - kein Raum. Aus der Sicht der Kapitalgesellschaft gilt spiegelbildlich das Gleiche.
bb)
Auch die Erwägung der Klägerin, die Angemessenheit der ihrer Alleingesellschafterin als Darlehnsgeberin gewährten Gewinnbeteiligung sei nicht am Nominalbetrag des Darlehns, sondern am wirklichen Wert der Kapitaleinlage zu messen, der im Streitfall 50 % des Gesamtunternehmenswertes entsprochen habe, weil sie durch den Einbringungsvertrag bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise den halben Kommanditanteil darlehnsweise erhalten habe, geht fehl. Gegenstand eines Darlehns - auch in der hier zu beurteilenden Form eines partiarischen Darlehns - können nach § 607 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nur Geld oder andere vertretbare Sachen (§ 91 BGB) sein. Dazu gehört der Anteil an einer Kommanditbeteiligung nicht. Im übrigen gehört zu den Essentialia des Darlehnsverhältnisses die Verpflichtung zur Rückgewähr des empfangenen Vermögenswertes bei Beendigung des Vertrages. Diese Rückgewährverpflichtung bezieht sich im Streitfall aber nicht auf die - anteilige - Kommanditbeteiligung, sondern auf den Nominalbetrag von 1.075.000,00 DM.
cc)
Schließlich steht der Annahme einer vGA auch nicht der Umstand entgegen, dass die Bedingungen des Darlehnsverhältnisses in § 2 des Einbringungsvertrages festgelegt und damit auf eine gesellschaftsrechtliche Grundlage zurückzuführen waren. Unter Berufung auf das Urteil des BFH vom 23. Mai 1984 I R 294/81 (BStBl II 1984, 673) wird im Schrifttum (Fortscher, Körperschaftsteuergesetz, Anhang zu § 8 Rdnr. 302 Stichwort"Erstausstattung") zwar die Auffassung vertreten, dass sich die auf gesellschaftsrechtlichen Entscheidungen beruhenden Bedingungen von Miet-, Pacht- und Darlehnsverträgen, die im Zuge der Erstausstattung der Gesellschaft geschlossen würden, einer Kontrolle am Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters entzögen und nur dann zu einer vGA führen könnten, wenn ihre Gestaltung auf eine Gewinnabsaugung hinauslaufe. Ausgehend von dieser Ansicht wären die von der Klägerin gezahlten Zinsen zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen, weil das Darlehnsverhältnis einen integrierenden Bestandteil des Einbringungsvertrages vom 29./30. Dezember 1983 darstellte und nach seinen Bedingungen nicht auf eine Gewinnabsaugung hinauslief. Denn in Höhe der ihr verbleibenden Gewinnbeteiligung konnte die Klägerin unbegrenzt an möglichen Gewinnsteigerungen des von der VW-KG betriebenen Unternehmens partizipieren.
Der Ansicht, dass sich die im Rahmen der Erstausstattung festgelegte Bedingungen von Vertragsverhältnissen einer Angemessenheitsprüfung entziehen, ist in dieser Allgemeinheit aber nicht zu folgen. Zwar unterliegt es der Entscheidung der Gesellschafter, in welchem Umfang sie die Gesellschaft mit Eigen- bzw. mit Fremdkapital ausstatten. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Gewinnaussichten der Gesellschaft sind auch steuerlich zu respektieren. Sie binden aber zugleich auch die Gesellschafter selbst. Die Angemessenheit der für Gesellschafterdarlehn gezahlten Zinsen ist daher ausgehend von der Höhe der der Gesellschaft als Fremdkapital überlassenen Mittel zu bestimmen. Es geht nicht an, die Gesellschaft einerseits weit überwiegend mit Eigenmitteln auszustatten, diese Entscheidung dann jedoch durch eine übermäßig hohe Verzinsung der Fremdmittel zu konterkarieren.
2.
Die angefochtenen Bescheide sind jedoch insoweit rechtswidrig, als das FA die als vGA zu beurteilenden Teilbeträge der Zinsaufwendungen für die jeweiligen Streitjahre zugleich als andere Ausschüttungen im Sinne des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG beurteilt und darauf die Ausschüttungsbelastung hergestellt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH stellt eine vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erst dann eine andere Ausschüttung im Sinne des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG dar, wenn die der Vermögensminderung entsprechenden Mittel bei der Kapitalgesellschaft abfließen (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 1987 I R 260/83, BStBl II 1988, 460, und vom 28. Juni 1989 I R 89/85, BStBl II 1989, 854). Im Streitzeitraum sind nur die von der Klägerin für die Streitjahre 1984 bis 1986 passivierten Beträge zur Auszahlung gekommen. Nur auf diese Beträge ist daher die Ausschüttungsbelastung herzustellen, und zwar erst im Jahr des Abflusses und nur insoweit, als die tatsächlich ausgezahlten Beträge die jeweils als Betriebsausgaben abziehbaren Teilbeträge überstiegen.
1986 wurden Zinsen für 1984 in Höhe von 19.913,00 DM ausgezahlt. Diese überstiegen den für dasselbe Jahr als Betriebsausgaben zu berücksichtigenden Teilbetrag von 7.878,00 DM um 12.035,00 DM. 1987 wurden für 1985 Zinsen in Höhe von 477.570,00 DM und für 1986 Zinsen in Höhe von 1.092.732,00 DM ausgezahlt. Der Gesamtbetrag von 1.570.302,00 DM übersteigt die für diese Jahre als Betriebsausgaben zu berücksichtigenden Teilbeträge von 135.075,00 DM (1985) bzw. 253.150,00 DM (1986) um insgesamt 1.182.077,00 DM.
Hinsichtlich der Herstellung der Ausschüttungsbelastung ergibt sich daher folgendes Bild:
Jahr | nach § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG zu berücksichtigende andere Ausschüttungen | vom FA tatsächlich angesetzte andere Ausschüttungen |
---|---|---|
1984 | 0,00 DM | 25.642,00 DM |
1985 | 0,00 DM | 439.655,00 DM |
1986 | 12.035,00 DM | 823.980,00 DM |
1987 | 1.182.077,00 DM | 818.465,00 DM |
Für die Streitjahre 1985 und 1986 haben sich aus dem unzutreffenden Ansatz der anderen Ausschüttungen zu geringe Körperschaftsteuerfestsetzungen ergeben, weil die von dem FA angesetzten Beträge in voller Höhe mit voll belastetem Eigenkapital verrechnet werden konnten und daher zu Körperschaftsteuerminderungen geführt haben. Da dem Senat eine Änderung der angefochtenen Bescheide zu Ungunsten der Klägerin verwehrt ist, muß es für diese Jahre bei den bisherigen Festsetzungen verbleiben.
Für die Streitjahre 1984 und 1987 hat sich der unzutreffende Ansatz der anderen Ausschüttungen hingegen zum Nachteil der Klägerin ausgewirkt. Der Ansatz der anderen Ausschüttung für 1984 hat zu einer Körperschaftsteuererhöhung geführt, der zu geringe Ansatz für 1987 bezogen auf dieses Jahr eine zu geringe Körperschaftsteuerminderung zur Folge gehabt. Die Bescheide für diese beiden Jahre sind daher in der Weise zu ändern, dass die Körperschaftsteuer auf die Beträge herabgesetzt wird, die sich unter Ansatz von anderen Ausschüttungen von 0,00 DM (für 1984) bzw. 1.182.077,00 DM (für 1987) ergeben. Die Berechnung der sich danach ergebenden Steuerbeträge konnte gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen werden.
Im übrigen war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 und 711 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 151 Abs. 1 und 3 FGO.