Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 02.03.2000, Az.: 11 K 379/97

Erhöhte Absetzung bei Bezug von Aufwendungszuschüssen

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
02.03.2000
Aktenzeichen
11 K 379/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 21850
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2000:0302.11K379.97.0A

Fundstellen

  • DStRE 2001, 5-6 (Volltext mit amtl. LS)
  • EFG 2001, 65 (Volltext mit red. LS)

Tatbestand

1

Verfahrensgegenstand sind die Einkommensteuerbescheide des Beklagten (Finanzamt FA -) für die Veranlagungszeiträume 1991, 1992 und 1993, jeweils vom ..., sowie der dazu ergangene Einspruchsbescheid vom ...

2

Streitig ist, ob das FA zu Recht den Abzug einer erhöhten Abschreibung nach § 7 k EStG bei den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung sowie den teilweisen Abzug von Zahlungen des Klägers an seine Mutter als Sonderausgabe (dauernde Last) versagt hat.

3

Die Kläger sind Ehegatten und wurden für die Streitjahre zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

4

Die Klägerin errichtete 1990 ein Mehrfamilienhaus zur Vermietung im Rahmen der Sozialbindung nach §§ 88 ff. Zweites Wohnungsbaugesetz (II. WoBauG). Auf ihren Antrag hin bewilligte die Landestreuhandstelle für den Wohnungs- und Städtebau mit Bescheid vom 15.04.1991 hierzu einen Aufwendungszuschuss i. H. von insgesamt ... DM, der über zwölf Jahre verteilt zur Auszahlung kommt und vom FA entsprechend den von den Klägern abgegebenen Steuererklärungen jeweils im Jahr der Zahlung als Einnahme im Rahmen der Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung erfasst wird. Wegen der Einzelheiten der Bewilligung wird auf die Kopie des Bescheids vom ... verwiesen.

5

Mit ihren Steuererklärungen machten die Kläger für das Mehrfamilienhaus eine erhöhte Abschreibung nach § 7 k Einkommensteuergesetz (EStG) geltend.

6

Der Kläger leistete seit 1973 zumindest bis zum Ende des Streitzeitraums unverändert monatliche Zahlungen an seine Mutter i. H. von jeweils 800,00 DM und gewährte ihr freie Wohnung und bei Bedarf Verpflegung in seinem Wohnhaus. Grundlage für diese Leistungen war die Verpflichtung des Klägers aus dem zwischen ihm und seinen Eltern 1973 geschlossenen Übergabevertrag (Bl. 1 ff. der vorgelegten Vertragsheftung). Darin hatte sich der Kläger zur Gewährung eines Altenteils an seine Eltern verpflichtet. In Abschnitt 3. des Vertrags heißt es unter anderem:

Die Leistungen für dieses Altenteilsrecht richten sich jeweils nach den heutigen Verhältnissen und können dementsprechend bei einer wesentlichen Änderung gemäß § 323 ZPO angepaßt werden

7

Stirbt einer der Übergeber, so bleiben für den Längstlebenden alle Rechte im bisherigen Umfang bestehen, die monatliche Zahlung ermäßigt sich um ein Drittel.

8

1979 war der Vater des Kläger verstorben.

9

Die Zahlungen von monatlich 800,00 DM hatte der Kläger mit seinen Steuererklärungen jeweils als Sonderausgabe geltend gemacht.

10

Das FA führte, nachdem die Kläger zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt worden waren, eine steuerliche Außenprüfung für die Streitjahre bei dem Kläger durch. Der Prüfer kam zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die erhöhte Abschreibung nach § 7 k EStG nicht vorlagen und dass die Zahlungen an die Mutter nur zu 2/3 als dauernde Last abzugsfähig seien. Wegen der einzelnen Feststellungen wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom ... verwiesen.

11

Im Rahmen einer früheren Außenprüfung für die Jahre 1980 bis 1982 hatte der Prüfer die Durchführung der Altenteilsvereinbarung nicht beanstandet. Wegen der dort getroffenen Feststellungen wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom ... verwiesen. Auch in den weiteren vor dem Streitzeitraum liegenden Veranlagungszeiträumen gewährte das FA den Abzug der Zahlungen als Sonderausgabe.

12

Das FA erließ die im Streit stehendenÄnderungsbescheide, mit denen den Klägern nur die Abschreibung nach§ 7 Abs. 5 EStG für das Mehrfamilienhaus und Sonderausgabenabzug nur i. H. von 2/3 der an die Mutter des Klägers geleisteten Zahlungen gewährt wurden. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Kläger blieb ohne Erfolg.

13

Die Kläger vertreten mit ihrer Klage die Auffassung, dass ihnen die erklärten Abzüge zuständen. Die Abschreibung nach§ 7 k EStG sei zu gewähren, weil es sich bei den Aufwendungszuschüssen der Landestreuhandstelle für den Wohnungs- und Städtebau nicht um einen Zuschuss für die Wohnung i. S. von§ 7 k Abs. 2 Nr. 3 EStG handele, sondern um Zuschüsse für die Mieter.

14

Die Zahlungen an die Mutter entsprächen zwar nicht der vertraglichen Vereinbarung von 1973, das FA sei aber nach Treu und Glauben gehindert, deswegen den Abzug teilweise zu versagen, da es diesen Sachverhalt in der früheren Außenprüfung unbeanstandet gelassen habe.

15

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Abänderung der Einkommensteuerbescheide für 1991, 1992 und 1993 vom ... sowie des dazu ergangenen Einspruchsbescheids vom ... die Einkommensteuer für 1991 um ... DM, für 1992 um ... DM und für 1993 um .. DM herabzusetzen.

16

Das FA beantragt,

Klageabweisung.

17

Es hält an seinem bereits im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsstandpunkt fest.

18

Die Parteien haben auf mündliche Verhandlung verzichtet. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Steuerakten Bezug genommen.

Gründe

19

Die Klage ist unbegründet.

20

1.

Wegen der von den Klägern begehrten erhöhten Absetzung nach § 7 k Abs. 1 Satz 1 EStG folgt das aus dem Umstand, dass die Klägerin Aufwendungszuschüsse nach§§ 88, 88 d II. WoBauG bezogen hat. Denn bei diesen Aufwendungszuschüssen handelt es sich um für die von der Klägerin errichteten Wohnungen gewährte öffentliche Mittel. Die Wohnungen gehören daher gemäß § 7 k Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht zu den nach Abs. 1 der Vorschrift begünstigten Wohnungen (vgl. zu der insoweit inhaltsgleichen Vorschrift des § 7 c Abs. 2 Nr. 3 EStG Joecks, in: Kirchhof/Söhn, EStG, § 7 c Anm. C 18).

21

a)

Die der Klägerin gewährten Zuschüsse stammen aus Mitteln, die in einem öffentlichen Haushalt als Haushaltsansatz ausgewiesen worden sind. Dem steht nicht entgegen, dass sie nicht zu den öffentlichen Mitteln i. S. des II. WoBauG gehören (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 II. WoBauG), denn diese Unterscheidung ist lediglich für bestimmte Zweckbindungen nach diesem Gesetz von Bedeutung.

22

b)

Die Mittel sind auch entgegen der Auffassung der Kläger für die Wohnungen gewährt, nicht für deren Mieter. Dies ergibt sich bereits aus dem Gesetzestext des § 88 Abs. 1 Satz 1 II. WoBauG und dem der Klägerin erteilten Bewilligungsbescheid, wonach die Aufwendungszuschüsse der Deckung bzw. Ermäßigung der laufenden Aufwendungen aus dem geförderten Bauvorhaben dienen. Es entspricht aber auch dem in der Überschrift zu Teil V, erster Abschnitt II. WoBauG genannten Zweck der §§ 88 ff. II. WoBauG, den Wohnungsbau zu fördern. Dieser Zweck wird erreicht, indem durch die Gewährung der Aufwendungszuschüsse die Errichtung frei finanzierter Wohnungen für Berechtigte gemäß § 88 a II. WoBauG angeregt wird.

23

Auch der Umstand, dass durch die Bewilligung der Aufwendungszuschüsse die Vermietung an den o.g. Kreis der Berechtigten für den Eigentümer möglicherweise erst wirtschaftlich interessant wird, führt nicht zur Anwendbarkeit des § 7 k Abs. 1 EStG. Denn gleichwohl werden die Zuschüsse dem Vermieter, sogar unabhängig von einer konkreten Vermietung, gewährt.

24

2.

Auch den Abzug des über 2/3 der nach demÜbergabevertrag vereinbarten Zahlung hinausgehenden Betrages hat das FA zu Recht versagt.

25

Ein Abzug kommt nur als dauernde Last nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 1 EStG in Betracht, da die Voraussetzungen für einen Abzug nach § 33 a Abs. 1 EStG weder dargetan noch sonst ersichtlich sind. Dabei kann hier offen bleiben, ob was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist die Übergabevereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Mutter die Voraussetzungen für einen solchen Sonderausgabenabzug erfüllt. Denn jedenfalls der über 2/3 der nach dem Übergabevertrag vereinbarten Zahlung hinausgehende Betrag ist nicht abzugsfähig, weil seine Zahlung nicht auf der Vereinbarung beruht.

26

a)

Nach dem oben dargestellten Inhalt des Übergabevertrages verringerte sich die Zahlungsverpflichtung des Klägers durch den Tod seines Vaters auf 2/3 der vereinbarten monatlichen Zahlung. Zwar war die Möglichkeit der Anpassung der Höhe der Zahlung an eine Veränderung der Lebensverhältnisse ausdrücklich vertraglich vereinbart. Damit eine solche Änderung steuerrechtlich anerkannt werden kann, muss sie jedoch in der Regel durch nachweisbare Umstände veranlasst sein, die nach Maßgabe des Vertragstextes rechtserheblich sind. Diese Umstände müssen in der Regel langfristig eine veränderte Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und/oder eine andere Bedarfslage des Berechtigten anzeigen (BFH, BStBl II 1992, 1020).

27

Die Kläger haben aber selbst nicht vorgetragen, dass sie zunächst die Zahlungsverpflichtung auf 1.200,00 DM im Monat heraufgesetzt und anschließend wegen des Ablebens des Vaters des Klägers -- entsprechend dem Übergabevertrag um 1/3 auf 800,00 DM monatlich reduziert hätten. Jedenfalls sind entsprechende Umstände nicht nachgewiesen. Es ist auch nach Aktenlage vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger nach dem Tod seines Vaters ohne irgendeine Vereinbarung mit seiner Mutter über deren Bedarf oder seine Leistungsfähigkeit weiter den bisherigen Monatsbetrag gezahlt hat.

28

b)

Die Auffassung der Kläger, dass das FA nach Treu und Glauben gehindert sei, den Abzug der Zahlungen teilweise zu versagen, trifft nicht zu.

29

Zwar kann sich grundsätzlich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben auch im konkreten Steuerrechtsverhältnis eine Bindung des FA ergeben, wegen der es sich nicht zu seinem früheren Verhalten in Widerspruch setzen darf. Es ist aber nicht ersichtlich, dass das FA in der Außenprüfung für die Jahre 1980 bis 1982 die Sonderausgaben des Klägers überhaupt geprüft hat. Der Bericht über diese Prüfung enthält im einkommensteuerlichen Teil lediglich Feststellungen zu den Einkünften der Kläger. Es fehlt deshalb in Bezug auf die Vorprüfung bereits an einem früheren Verhalten des FA, das im Widerspruch zur Behandlung der Zahlungen des Klägers im Streitzeitraum steht.

30

Die ungeprüfte Übernahme der Angaben in den Steuererklärungen der Kläger im Rahmen der Veranlagungen begründete ebenfalls kein schutzwürdiges Vertrauen der Kläger, da diese wussten, dass sich mit dem Tod des Vaters des Klägers die Zahlungsverpflichtung aus dem Übergabevertrag geändert hatte (vgl. BFH BStBl II 1991, 325).

31

Darüber hinaus ist bei Veranlagungsteuern wie der Einkommensteuer der Sachverhalt für jeden Veranlagungszeitraum erneut festzustellen und rechtlich zu beurteilen. Die Finanzbehörde ist an die Behandlung in früheren Veranlagungszeiträumen grundsätzlich nicht gebunden (BFH/NV 1990, 499 m. w. N.). Sowohl der Steuerpflichtige als auch die Finanzverwaltung können grundsätzlich den gleichen Sachverhalt anders als im Vorjahr beurteilen.

32

Eine verbindliche Zusage der Finanzbehörden, den Sachverhalt im von den Klägern begehrten Sinn zu behandeln, ist schließlich auch nach dem Vortrag der Kläger nicht erfolgt.

33

Nach alledem können sich die Kläger nicht auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen, so dass die Klage auch in diesem Streitpunkt abzuweisen war.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).