Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.02.2000, Az.: 9 K 52/96
Berücksichtigung eines gesondert festgestellten Gewinnanteils an einer schweizerischen Kapitalgesellschaft bei der Festsetzung der Einkommensteuer
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 23.02.2000
- Aktenzeichen
- 9 K 52/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 21905
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2000:0223.9K52.96.0A
Rechtsgrundlage
- § 18 AStG
Fundstellen
- DStRE 2000, 1054-1056 (Volltext mit amtl. LS)
- IWB 2000, 931
Tenor:
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor entsprechend Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein gesondert festgestellter Gewinnanteil an der MI AG mit Sitz in der Schweiz bei der Festsetzung der Einkommensteuer des Klägers für 1983 berücksichtigt werden darf.
Der Kläger, der im Streitjahr 1983 mit seiner Ehefrau zusammenveranlagt wurde, war als Unternehmer an verschiedenen Personengesellschaften beteiligt und erzielte überwiegend gewerbliche Einkünfte. In den Wirtschaftsjahren 1982 - 1987 war er an der MI AG , mit Sitz in der Schweiz, als alleiniger Gesellschafter beteiligt. Zweck der Gesellschaft war der Erwerb, die dauernde Verwaltung und die Veräußerung von Beteiligungen an anderen Unternehmen. Mit Schreiben vom ... . Juli 1990 forderte das beklagte Finanzamt (FA) den Kläger zur Abgabe gesonderter Feststellungserklärungen nach § 18 des Außensteuergesetzes (AStG) für die Feststellungsjahre 1983 - 1989 auf. Dieser Aufforderung kam der Kläger trotz Erinnerung vom . September 1990 nicht nach. Daher schätzte das FA die Einkünfte aus passivem Erwerb und erließ unter dem ... . Dezember 1990 gesonderte Feststellungsbescheide für 1983 - 1988 nach § 18 AStG, die laut Postzustellungsurkunde durch Niederlegung am ... . Dezember 1990 zugestellt wurden.
Der Feststellungsbescheid für 1983 war wie folgt adressiert:
Im Anschriftenfeld des Bescheides war allein der Kläger mit seiner damals gültigen Anschrift aufgeführt.
Daneben enthielt der Bescheid folgenden Text:
"... Gesonderte Feststellung nach § 18 des Außensteuergesetzes für das Feststellungsjahr 1983für unbeschränkt steuerpflichtige Beteiligte
(...)
für Firma MI AG... Schweiz.
Der Bescheid ergeht an sie als Empfangsbevollmächtigten mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten."
Unter B. des Bescheides war ausgeführt:
"Die Besteuerungsgrundlagen wurden gem. § 162 AO geschätzt, weil Sie trotz Aufforderung keine Steuererklärung abgegeben haben."
Dem Bescheid war eine sog. "Anlage ASt 2,3 B-1 (80)" ausgefüllt beigefügt. Hier war unter der Rubrik "Name und Anschrift der unbeschränkt steuerpflichtigen Beteiligten" ausschließlich der Kläger mit seiner damals gültigen Anschrift aufgeführt. Seine Einkünfte waren aufgrund seiner 100 v. H. - Beteiligung mit 1.000.000,00 DM und einem dementsprechenden Hinzurechnungsbetrag i. S. des § 10 AStG ausgewiesen.
Die gesonderten Feststellungsbescheide für die Feststellungsjahre 1984 bis 1988 waren ebenso adressiert wie der Bescheid für 1983. Das FA schätzte auch für diese Jahre die Einkünfte gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO). Die Feststellungsbescheide 1984 bis 1988 erließ das FA jedoch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in der Feststellungsakte der MI AG (St.-Nr.: ... und später St.-Nr. ...) befindlichen Feststellungsbescheide für 1983 - 1988 verwiesen.
Nach Niederlegung holte die Postbevollmächtigte des Klägers, Frau ... , am 20. Dezember 1990 die Feststellungsbescheide beim Postamt Uetze ab. Mit Schreiben vom 15. Juli 1991 legte der Kläger durch einen Steuerberater Einspruch gegen die Feststellungsbescheide 1984 bis 1988 ein. Der Einspruch wendete sich gegen die Steuerbescheide für die MI AG. Den Einspruch der Gesellschaft wies das FA mit Bescheid vom 2. April 1992 als unzulässig zurück, weil er verspätet eingelegt worden sei.
Nachdem der Kläger am ... . Dezember 1991 für die Jahre 1984 bis 1987 Feststellungserklärungen abgegeben hatte, änderte das FA am ... . September 1992 die Feststellungsbescheide 1984 - 1988 gem. § 164 Abs. 2 AO und stellte den Hinzurechnungsbetrag gem. § 10 AStG für 1984 mit 1.088.625,00 DM und ansonsten mit 0,00 DM fest.
Die Feststellung 1983 änderte das FA gemäß § 10 d des Einkommensteuergesetzes (EStG) und setzte den Hinzurechnungsbetrag im Sinne des § 10 AStG durch Bescheid vom September 1992 auf 983.976,00 DM herab. Es wies im Bescheid darauf hin, dass dieser (Änderungs-) Bescheid nur insoweit anfechtbar sei als die Änderung reiche. Die Adressierung nahm das FA entsprechend dem vorangegangenen Feststellungsbescheid 1983 vom . Dezember 1990 vor. Hiergegen legte der Kläger für die MI AG am Oktober 1992 Einspruch ein. Diesen wies das FA als Einspruch der Gesellschaft mit Bescheid vom . März 1993 als unbegründet zurück. Der Bescheid könne gemäß § 351 Abs. 1 AO nur insoweit angefochten werden, als er den ursprünglichen Bescheid geändert habe. Hiergegen erhob der Kläger keine Klage.
Nachdem das FA aufgrund der Feststellung vom ... . Dezember 1990 durch Einkommensteueränderungsbescheid vom . Juli 1991 gemäß § 175 Abs. 1 Satz1 AO einen Hinzurechnungsbetrag gemäß § 10 AStG von 1.000.000,00 DM als Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasst hatte, änderte es die Einkommensteuerfestsetzung 1983 durch Bescheid vom ... . Juli 1993 und erfasste jetzt entsprechend dem Feststellungsänderungsbescheid 1983 vom ... . September 1992 einen Hinzurechnungsbetrag von 983.976,00 DM als Kapitaleinkünfte. Diesen Bescheid änderte das FA dann nochmals wegen eines weiteren Verlustrücktrags gem. § 10 d EStG durch Bescheid vom . Oktober 1994. Nachdem der Kläger bereits am ... . Juli 1991 gegen den Einkommensteueränderungsbescheid 1983 vom ... . Juli 1991 Einspruch eingelegt hatte, legte er in der Folge am ... . Juli 1993 und ... . Oktober 1994 auch Einspruch gegen die Einkommensteueränderungsbescheide 1983 vom ... . Juli 1993 und vom ... . Oktober 1994 ein. Als Begründung führte er an, dass die MI... AG nie Kapitalerträge abgeworfen habe, so dass Einkünfte aus der Gesellschaft bei der Einkommensteuer nicht zu berücksichtigen seien.
Das FA wies die Einsprüche durch Bescheid vom . Januar 1996 als unbegründet zurück. Die jeweils vom Kläger angegriffenen Kapitaleinkünfte beruhten auf Feststellungsbescheiden, die gemäß § 182 Abs. 1 AO für die Einkommensteuerveranlagung des Klägers bindend seien. Deshalb könnten Feststellungen in Bescheiden über gesondert festgestellte Einkünfte nur durch Anfechtung dieser (Feststellungs-) Bescheide und nicht (mehr) durch Anfechtung der Einkommensteuerbescheide angegriffen werden.
Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, Einkünfte aus der MI AG seien bei der Festsetzung der Einkommensteuer nicht zu berücksichtigen. Er behauptet, die Gesellschaft habe im Streitjahr keine Kapitalerträge erzielt. Dies sei auch dem FA bekannt. Es könne nicht angehen, dass das FA an der Erfassung dieser Einkünfte wider besseren Wissens festhalte. Das FA halte damit einen sachlich unbegründeten Anspruch aufrecht. Dies sei als unzulässige Bereicherung zu bezeichnen. Es könne nicht etwas besteuert werden, was es gar nicht gebe. Schließlich habe das FA durch die Änderungen der Folgejahre auf 0,00 DM zugegeben, dass die Feststellungsbescheide objektiv falsch gewesen seien. Es sei dem FA aus den vorliegenden Bilanz für 1984 auch ersichtlich, dass im Vorjahr 1983 keine zu besteuernden Einnahmen angefallen seien. Auch der Hinweis des FA auf einen Grundlagenbescheid, der bindend sei, könne nicht zur Besteuerung nicht vorhandener Erträge führen. Es könne nicht ernsthaft angenommen werden, dass man an etwas gebunden sei, was erkennbar und offensichtlich falsch sei. Es könne nicht gerecht sein, eine objektiv falsche Einkommensteuer zu erheben. Dies sei für einen einfachen Steuerbürger nicht nachzuvollziehen.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Einspruchsbescheids vom . Januar 1996 und Änderung des Einkommensteuerbescheids 1983 vom . Oktober 1994 die Einkommensteuer 1983 auf den sich nach Minderung der Kapitaleinkünfte um 983.976,00 DM ergebenden Betrag herabzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Einkünfte aus der Beteiligung an der MI AG in Zug seien bei der Einkommensteuerveranlagung für 1983 anzusetzen, weil diese Einkünfte durch Feststellungsbescheide nach § 18 AStG gesondert festgestellt worden seien. Bei diesen Feststellungsbescheiden vom . Dezember 1990 und vom . September 1992 handele es sich um Grundlagenbescheide. Nach § 182 Abs. 1 AO seien diese Bescheide für andere Steuerbescheide bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Bescheide von Bedeutung seien.
Das FA habe daher bei der Einkommensteuerveranlagung 1983 die so (zuletzt) festgestellten Einkünfte aus Kapitalvermögen von 983.976,00 DM anzusetzen, da es an die Entscheidungen in den Feststellungsbescheiden gebunden sei. Eine Änderung der Einkommensteuerveranlagung für 1983 hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen sei auf Grund der Klage nicht möglich, da Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung des Grundlagenbescheides nicht jedoch durch Anfechtung des Folgebescheides angegriffen werden könnten.
Zu den vom Gericht an der ordnungsgemäßen Adressierung der Feststellungsbescheide 1983 vom . Dezember 1990 und vom . September 1992 geäußerten Zweifel vertritt das FA die Auffassung, das sich aus den Anlagen zu den beiden Bescheiden eindeutig ergebe, dass die Bescheide für den Kläger bestimmt gewesen seien. Dies folge auch aus der jeweiligen Formulierung " ... für unbeschränkt steuerpflichtige Beteiligte...". Beide Bescheide seien daher inhaltlich an den Kläger gerichtet und diesem auch ordnungsgemäß bekanntgegeben worden.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Der Einkommensteuerbescheid 1983 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Bei der Einkommensteuerfestsetzung 1983 (zuletzt) durch Bescheid vom ... . Oktober 1994 sind zu Unrecht Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Höhe von 983.976,00 DM berücksichtigt worden. Die diese Einkünfte feststellenden Bescheide vom . Dezember 1990 und vom . September 1992 betreffen (inhaltlich) die MI... AG und sind auch an diese und nicht an den Kläger adressiert. Sie sind dem Kläger gegenüber nicht wirksam (§124 AO), so dass sie auch keine Bindungswirkung gem. § 182 Abs. 1 AO gegenüber dem Einkommensteuerbescheid 1983 entfalten.
Ein Hinzurechnungsbetrag nach § 10 AStG ist gem. § 182 Abs. 1 AO bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG eines unbeschränkt steuerpflichtigen Beteiligten zu berücksichtigen, wenn der Betrag ihm gegenüber wirksam gem. § 18 AStG gesondert festgestellt wurde. Nach § 124 Abs. 1 AO wird ein Steuerbescheid wirksam, wenn er ordnungsgemäß bekannt gegeben wurde. Er ist demjenigen Beteiligten bekanntzugeben, für den er bestimmt ist (§ 122 Abs. 1 Satz 1 AO). Ein gesonderter Feststellungsbescheid, der einen Hinzurechnungsbetrag nach § 10 AStG feststellt, ist nach § 18 Abs. 1 AStG an den unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft zu richten (BFH-Urteil vom 29. August 1984 I R 21/80, BStBl. II 1985, 119).
Im Streitfall sind die Feststellungsbescheide 1983 vom ... . Dezember 1990 und ... . September 1992 nicht dem Kläger als Inhaltsadressaten bekannt gegeben worden. Die Feststellungsbescheide sind vielmehr gegen die MI AG gerichtet gewesen und dem Kläger lediglich als Empfangsbevollmächtigten der Gesellschaft bekannt gegeben worden.
Der Inhaltsadressat eines Steuerbescheides muss sich klar und eindeutig aus dem Verwaltungsakt ergeben (BFH-Urteil vom 25. September 1990 IX R 84/88, BStBl. II 1991, 120). Der Inhalt eines Verwaltungsaktes kann als öffentlich-rechtliche Willenserklärung durch Auslegung unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 133 Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ermittelt werden (BFH-Urteil vom 18. Juli 1994 X R 33/91, BStBl. II 1995, 4). Dies erstreckt sich auch auf die Bestimmung des Inhaltsadressaten. Auch dieser ist durch Auslegung zu ermitteln (BFH-Urteil vom 25. September 1990 IX R 84/88, BStBl II 1991, 120). Bei der Auslegung kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter die Erklärung der Behörde auffassen musste; entscheidend ist vielmehr, wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (BFH-Urteil vom 30. September 1988 III R 218/94, BFH/NV 1989, 749 [BFH 30.09.1988 - III R 218/84]). Bei der Auslegung ist der Gesamtinhalt des Bescheides zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 6. Dezember 1983 VIII R 203/81, BStBl II 1984, 318).
Für Feststellungsbescheide gegenüber Gesellschaftern einer Personengesellschaft hat es der BFH als ausreichend angesehen, dass im Anschriftenfeld des Feststellungsbescheides die Gesellschaft aufgeführt ist. Diese Angabe behandelte der BFH als Sammel- oder Kurzbezeichnung der Gesellschafter und verlangte nur, dass den Anlagen zum Bescheid die weiteren Angaben über die Gesellschafter entnommen werden konnten (z.B. BFH-Urteil vom 26. September 1974 IV R 24/71, BStBl II 1975, 311).
Bei Berücksichtigung des jeweiligen Gesamtinhaltes der beiden Feststellungsbescheide für 1983 musste der Kläger die darin enthaltenen Angaben so verstehen, dass die Bescheide an die MI AG gerichtet waren, denn das FA erklärte, die Bescheide ergingen gegen den Kläger lediglich als Empfangsbevollmächtigten. Darüber hinaus musste der Kläger aus der Formulierung "gesonderte Feststellung nach § 18 des AStG für das Feststellungsjahr 1983 für Firma MI... AG, Schweiz" in Verbindung mit der Angabe, Empfangsbevollmächtigter zu sein, davon ausgehen, dass sich die Bescheide nicht gegen ihn persönlich sondern gegen die Gesellschaft richten.
Die jeweilige Angabe in den beiden Feststellungsbescheiden, sie ergingen "für unbeschränkt steuerpflichtige Beteiligte", lässt nicht die Auslegung zu, die Bekanntgabe sei an den Kläger erfolgt. Diese Angaben ändern nach Auffassung des Gerichts nichts an der Auslegung, dass der Kläger die Erklärungen des FA so verstehen musste, dass sich die Feststellungsbescheide gegen die Gesellschaft richten. Aber selbst wenn man annimmt, dass diese Angaben Zweifel an der oben dargestellten Auslegung zulassen, kann dies nur zur Nichtigkeit der Feststellungsbescheide mangels Bestimmtheit gemäß § 119 AO führen. Der Inhaltsadressat muss sich nämlich als Bestandteil des Steuerbescheides hinreichend eindeutig ergeben. Lassen die Angaben im Steuerbescheid keine eindeutige Bestimmung des Inhaltsadressaten zu, weil verschiedene Personen nach der Erklärung des FA als Adressat des Bescheides in Betracht kommen, so ist der Bescheid objektiv unklar. Ihm fehlt es an der erforderlichen Bestimmtheit im Sinne von § 119 Abs. 1 AO ( so auch Tipke/Kruse, Kommentar zur AO, § 119 Rz. 2). Zweifel, wer Inhaltsadressat des Steuerbescheides sein soll, haben die nicht hinreichende Bestimmtheit des Steuerbescheides zur Folge (BFH-Beschluss vom 19. Februar 1992 II B 100/91, BFH/NV 1992, 784).
Die unter B. im Feststellungsbescheid vom ... . Dezember 1990 aufgenommene Begründung, die Besteuerungsgrundlagen seien geschätzt, weil der Kläger trotz Aufforderung keine Steuererklärung abgegeben habe, musste vom Kläger ebenfalls so verstanden werden, dass er als Empfangsbevollmächtigter der MI... AG angesprochen wurde. Denn in der Zusammenschau mit der Adressierung des Bescheids war nur erkennbar, dass er für die Gesellschaft und nicht für sich persönlich tätig werden sollte.
Die Eintragungen in den Anlagen ASt 2, 3 sprechen nicht gegen die hier gefundene Auslegung. Zwar wird in den Anlagen nur der Kläger als unbeschränkt steuerpflichtiger Beteiligter aufgeführt. Somit könnte man davon ausgehen, dass hiermit der Inhaltsadressat ausreichend bestimmt ist. Jedoch kann eine solche Auslegung der Erklärung des FA nur vorgenommen werden, wenn die Angaben in der Adressierung der Steuerbescheide insoweit eine entsprechende Deutung zulassen würden. Dies ist jedoch im Streitfall nicht gegeben. Man mag bei einem Feststellungsbescheid, der sich an die Beteiligten einer Personengesellschaft richten soll, noch annehmen, dass die in der Adressierung aufgeführte Gesellschaft lediglich eine Sammelbezeichnung der Gesellschafter darstellen soll und sich die Inhaltsadressaten dann eindeutig aus der Anlage zum Feststellungsbescheid ergeben. Eine solche Auslegung ist im vorliegenden Fall jedoch nicht möglich, da in der Adressierung die MI... AG - also eine Kapitalgesellschaft - aufgeführt ist. Diese Adressierung kann nicht als eine Sammelbezeichnung für den ggf. tatsächlich gemeinten Kläger ausgelegt werden. Die Bezeichnung "für Firma MI... AG" lässt keinen Platz für eine Umdeutung dahingehend, dass hiermit lediglich eine andere Bezeichnung für den Kläger als Feststellungsbeteiligten gemeint sein könnte. Somit kann die Bezeichnung des Klägers in den Anlagen zu den Feststellungsbescheiden nicht zu der Auslegung führen, er müsse nach Treu und Glauben die Erklärung des FA so verstehen, dass er persönlich und nicht die Gesellschaft Inhaltsadressat der Feststellungsbescheide sein sollte.
Diese Auslegung der beiden Feststellungsbescheide für 1983 wird auch durch das spätere Verhalten sowohl des Klägers als auch des FA bestätigt. Die gegen die Feststellungsbescheide eingelegten Einsprüche wurden für die Firma MI... AG und nicht für den Kläger persönlich eingelegt. Der vom Kläger am ... . Oktober 1992 eingelegte Einspruch gegen den geänderten Feststellungsbescheid vom ... . September 1992 spricht eindeutig von den Feststellungsbescheiden für die "Firma MI... AG". Gleiches gilt für den Einspruch, den der Kläger durch seinen Steuerberater mit Schreiben vom . Juli 1991 (gegen die genauso adressierten Feststellungsbescheide 1984 bis 1988 vom ... . Dezember 1990) einlegen ließ. Auch hier wird von den Steuerbescheiden für die Firma MI... AG gesprochen. Daraus wird deutlich, dass der Kläger davon ausgegangen ist, dass sich die Feststellungsbescheide gegen die Gesellschaft und nicht gegen ihn persönlich richten. Hiervon konnte er wie oben ausgeführt auch ausgehen.
Auch das spätere Verhalten des FA bestätigt die Auslegung des Senats. Denn in dem Einspruchsbescheid vom ... . März 1993 entschied das FA über den Einspruch der MI AG vertreten durch den Kläger. Es wies dabei den Einspruch als unbegründet mit Hinweis auf § 351 Abs. 1 AO zurück, da ein unanfechtbarer Verwaltungsakt nur insoweit angegriffen werden könne als eine Änderung reiche. Damit machte das FA deutlich, dass es den Einspruch der MI AG für zulässig erachtet hat. Wäre das FA davon ausgegangen, den Feststellungsbescheid an den Kläger gerichtet zu haben, hätte es den Einspruch als unzulässig verwerfen müssen, da die Gesellschaft, wenn sie nicht Inhaltsadressat des Feststellungsbescheides gewesen wäre, nicht rechtsbehelfsbefugt gewesen wäre. Das FA ist also offensichtlich (wie schon bei dem die Feststellungsbescheide 1984 bis 1988 vom . Dezember 1990 betreffenden Einspruchsbescheid vom ... . April 1992) selbst davon ausgegangen, den Feststellungsbescheid an die Gesellschaft gerichtet zu haben.
Nach alledem dürfen die beiden Feststellungsbescheide für 1983 mangels Wirksamkeit nicht der Festsetzung der persönlichen Einkommensteuer des Klägers zu Grunde gelegt werden. Ein Steuerbescheid, der dem Betroffenen nicht bekannt gegeben wurde, wird gemäß § 124 Abs. 1 AO nicht wirksam. Mangels Wirksamkeit kann ein Grundlagenbescheid auch keine Bindungswirkung für einen Folgebescheid gemäß § 182 AO entfalten. Da sich die beiden Feststellungsbescheide 1983 gar nicht an den Kläger richten, sind sie ihm gegenüber auch nicht wirksam, so dass sie bei seiner Einkommensteuerfestsetzung 1983 nicht berücksichtigt werden dürfen.
Ohne Berücksichtigung des Gewinnanteils von 983.976,00 DM ergibt sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte von 141.522,00 DM, der um die abziehbaren Sonderausgaben und den zu berücksichtigenden Verlustabzug in Höhe 141.522,00 DM zu kürzen ist, so dass das zu versteuerndes Einkommen 0,00 DM beträgt. Die Einkommensteuer ist danach mit 0,00 DM festzusetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.