Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.02.2000, Az.: 14 K 446/98

Verfassungsmäßigkeit der Kraftfahrzeugsteuer

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
17.02.2000
Aktenzeichen
14 K 446/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 21895
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2000:0217.14K446.98.0A

Fundstelle

  • EFG 2001, 530-531 (Volltext mit red. LS)

Tatbestand

1

Streitig ist, die Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer - KraftSt -.

2

Die Klägerin ist Halterin des von ihr am 14. Februar 1991 zugelassenen PKW mit einem Hubraum von 1984 ccm. Das Fahrzeug wurde am 21. Februar 1986 erstmalig zugelassen. Der PKW hat keinen Katalysator und ist als nicht schadstoffarm eingestuft (verschlüsselte Schadstoffstufe 00). Die jährliche KraftSt betrug zunächst 432,00 DM (21,60 DM je angefangene 100 ccm Hubraum).

3

Mit Bescheid vom 13. Januar 1998 erhöhte der Beklagte gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2f Kraftfahrzeugsteuergesetz - KraftStG - in der Fassung des Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetzes 1997 - KraftStÄndG 1997 - vom 18. April 1997 die KraftSt mit Wirkung vom 1. Juli 1997 auf jährlich 832,00 DM (41,60 DM je angefangene 100 ccm Hubraum). Dagegen wendete sich die Klägerin mit ihrem als Einspruch gewerteten Widerspruch vom 16. Januar 1998. Mit Schreiben vom 14. Juni 1998 erweiterte die Klägerin ihre Einspruchsbegründung und machte geltend, dass auch die Erhebung der Mineralölsteuer nicht mit dem Grundgesetz - GG - vereinbar sei. Der Einspruch blieb jedoch fruchtlos. Mit Einspruchsbescheid vom 10. Juli 1998 wurde der Einspruch, soweit er sich gegen die Mineralölbesteuerung richtete, als unzulässig und im übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Gegen den Einspruchsbescheid erhob die Klägerin am 13. Juli 1998 Klage.

4

Sie trägt vor, das KraftStÄndG 1997 verstoße gegen einige Verfassungsnormen des GG, insbesondere gegen die Artikel 2, Artikel 3 Abs. 1 sowie Art. 6 GG. Ein Verstoß gegen Art. 6 sei deshalb gegeben, weil sie mit vier Kindern auf einen Kleinbus angewiesen sei. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG sei auch deshalb gegeben, weil bei Oldtimerfahrzeugen eine nicht gerechtfertigte Sonderbehandlung erfolge. Schließlich verstoße die Festsetzung von KraftSt dagegen, dass diese Steuer aus bereits versteuertem Einkommen bei Arbeitnehmern und Rentnern zu zahlen sei, so dass eine unzulässige Doppelbesteuerung gegeben sei. Firmen, die ihre Kfz-Steuer als Kosten vor Steuern abziehen können, hätten nicht das Problem der Doppelbesteuerung. Auch widerspreche dies dem Halbteilungsgrundsatz nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG -, da sich schon eine Belastung der Familie aus den Sozialabgaben, direkten und indirekten Steuern ergebe. Das BVerfG habe in seinem Beschl. v. 17.02.1997 entschieden, dass die Einziehung von mehr als 40 % Sozialabgaben gegen die Dispositionsfreiheit verstoße. Sie hätten schon mehr als 42 % Sozialabgaben zuzüglich weiterer Zahlungen an die Krankenkasse und die zu beachtende Eigenbeteiligung. Die erdrosselnde Wirkung ergebe sich im gesamten Zusammenhang mit direkten Steuern, indirekten Steuern und Sozialabgaben. Da die KraftSt und Mineralölsteuer nicht ausschließlich für den Wegebau bzw. Instandhaltung verwandt werde, sei diese Pauschalsteuer ausschließlich für PKW unzulässig. Auch sei die KraftSt und Mineralölsteuer deshalb unzulässig, weil die Straßen auch von ausländischen LKW benutzt würden, die hierfür keine Steuer zahlen müssten, da sie häufig nicht einmal in Deutschland bei der Durchfahrt tanken würden. Es verstoße auch gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn Familien Kraftfahrzeugsteuer entrichten müssten, während andere Einkünfte unbesteuert blieben, wie z. B. Spekulationsgewinne nach 6 Monaten. Weiterhin sei auch deshalb ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung gegeben, weil andere Beförderungsmittel nicht mit einer Steuer belegt werden (z.B. Eisenbahnbenutzungssteuer), die noch dazu aus Bundesmitteln finanziert werden. Die Klage gegen die Mineralölsteuererhebung sei zulässig, weil erst alle Instanzen durchlaufen werden müssten. Die Erhöhung der KraftSt um fast 100 % sei sittenwidrig. Unbeachtet sei vom Gesetzgeber auch geblieben, dass die KraftSt und die Mineralölsteuer das Existenzminimum vermindere, so dass auch die Höhe des Existenzminimums überprüft werden müsse. Ein Ausgleich habe dafür nicht stattgefunden. Eine Vierfachbesteuerung eines Einkommens wegen des Haltens eines Kleinbusses sei verfassungswidrig. Flugbenzin würde nicht in gleicher Höhe besteuert wie Autobenzin, was ebenfalls gegen Grundrechte verstoße. In die Gesamtbelastung nach dem Halbteilungsgrundsatz müsse auch die Müllgebühr, Parkgebühren, Schornsteinfegergebühren, ASU-Kosten, TÜV-Gebühren und die Abgabe wegen des Dualen Systems mit einbezogen werden. Auch sei es unzulässig, dass aus den Haushaltsmitteln, die aus der Erhebung der KraftSt zur Verfügung stehen, andere Haushaltsposten als der für den Straßenbau aufgefüllt würden. Unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz stünden der Klägerin mit ihrer Familie nur 15 % zur Verfügung. Außerdem stelle sich die Frage, ob es zulässig sei, wenn die Belastung mit Steuern und Abgaben im Rahmen des Haltens eines Pkw - wie bei ihr - höher sei als die Einkommensteuerbelastung. Im übrigen wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 11. Juli 1998, 30. Juli 1998, 4. August 1998, 6. Oktober 1998, 7. Oktober 1998, 4 November 1998, 5. November 1998, 18. November 1998, 19. November 1998, 23. November 1998, 28. November 1998, 29. November 1998, 12. Dezember 1998, 24. Januar 1999, 31. Januar 1999, 19. Februar 1999, 2. März 1999, 8. März 1999, 15. März 1999, 26. März 1999, 29. April 1999, 25. August 1999, 18. Oktober 1999, 22. Oktober 1999, 30. November 1999, 1. Dezember 1999, 5. Dezember 1999, 10. Dezember 1999, 3. Januar 2000, 5. Januar 2000, 7. Januar 2000 und 14. Februar 2000 Bezug genommen.

5

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    den angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerbescheid in der Fassung des Einspruchsbescheids ersatzlos aufzuheben und

  2. 2.

    das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen mit der Bitte, die Verfassungswidrigkeit der Kfz-Besteuerung wegen Verstoßes gegen Art. 2, 3, 6 und 14 GG festzustellen.

6

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Er trägt vor, soweit sich die Klägerin gegen die Einziehung der Mineralölsteuer wende, sei der Einspruch unzulässig. Es fehle schon an einem Verwaltungsakt gem. § 347 Abgabenordnung - AO -. Die Kraftfahrzeugsteuererhöhung im Jahre 1997 verstoße nicht gegen das GG, wie eine Reihe von Entscheidungen der Rechtsprechung nachweise. Auch sei die Doppelbelastung dadurch, dass aus versteuertem Einkommen die KraftSt und Mineralölsteuer bezahlt werde, verfassungsrechtlich unter Hinweis auf Entscheidungen des BVerfG nicht zu beanstanden. Das von der Klägerin genannte Verfahren beim BFH zur Verfassungsmäßigkeit des § 32c Abs. 2 S. 2 2. HS EStG habe für den vorliegenden Streitfall keine Bedeutung. Der Vortrag der Klägerin zum Halbteilungsgrundsatz gehe fehl, weil sich das Urteil nur auf die Vermögensteuer beziehe. Zudem habe der BFH schon in seinem Urteil vom 11. August 1999 - Az. XI R 77/97 entschieden, dass der Halbteilungsgrundsatz des BVerfG nicht für die Einkommensteuer und Gewerbeertragsteuer gelte. Ebenso habe das BVerfG mit Beschluss vom 23. August 1999 - Az. 1 BvR 2164/98 die Verfassungsbeschwerde, mit der die finanzielle Belastung der Mehrkinderfamilie durch die Umsatzsteuer als Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit gerügt worden sei, abgewiesen.

Gründe

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I.

Die Klage ist unbegründet.

9

Der angefochtene KraftSt-Bescheid vom 13. Januar 1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10. Juli 1998 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

10

1.

Die Steuerfestsetzung entspricht der seit 1. Juli 1997 geltenden gesetzlichen Regelung. Gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2f, aa KraftStG in der Fassung des KraftStÄndG vom 18. April 1997 beträgt die Jahressteuer für Pkw, soweit sie nicht die Voraussetzungen für die Anwendung der Steuersätze nach den Buchstaben a bis e erfüllen, 41,60 DM je angefangene 100 ccm Hubraum. Diese Steuer hat das FA ab 1. Juli 1997 mit jährlich 832,00 DM zutreffend festgesetzt.

11

2.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 2f KraftStG nach Auffassung des Gerichts verfassungsrechtlich unbedenklich (ebenso BFH Beschl. v. 15. Juni 1999 VII R 86/98, BFH/NV 1999, 1645).

12

Es verstößt nicht gegen die Grundsätze der Verfassung, wenn der Steuergesetzgeber mit Hilfe des KraftStG Gesichtspunkte des Umweltschutzes verfolgt (BFH Urt. v. 10. Juli 1990 VII R 12/88, BStBl. II 1990, 929). Der Gesetzgeber hat bei der Gestaltung von Tatbeständen eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Die gesetzgeberische Freiheit hat nur dort ihre Grenzen, wo sie gegen das Willkürverbot des Artikel 3 GG verstößt oder ein Steuergesetz erdrosselnde Wirkung (Artikel 14 GG) hat (BVerfG-Beschluss vom 22. März 1983 2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

13

a.

Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG liegt nicht vor.

14

Voraussetzung für die Übereinstimmung eines Steuergesetzes mit dem Gleichheitssatz ist lediglich, dass die vom Gesetzgeber gewählte Differenzierung auf sachgerechten Erwägungen beruht, d. h. dass sie nicht willkürlich ist. Die Berücksichtigung der Fahrzeugemissionen durch unterschiedliche Kraftfahrzeugsteuersätze ist nicht willkürlich. Der Gesetzgeber hat sich durch Gesichtspunkte des Umweltschutzes leiten lassen. Hierbei war er weder gehalten, auf z. B. die jährliche Laufleistung eines Fahrzeugs bzw. auf die Haltbarkeit des Katalysators abzustellen, noch auf andere außerhalb der Besteuerung von Kraftfahrzeugen liegende Anhaltspunkte Rücksicht zu nehmen, wie z.B. die teilweise fehlende Besteuerung von öffentlichen Verkehrsmitteln.

15

Das KraftStÄndG 1997 wollte durch einen Anreiz schädliche Umwelteinflüsse mindern. Die Höherbesteuerung des Haltens nicht schadstoffarmer Pkw steht im Zusammenhang mit der Förderung solcher Pkw, die nicht nur (einfach) schadstoffarm sind, sondern die Grenzwerte, die die neuen EG-Richtlinien über die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen festlegen, nicht überschreiten. Es soll ein Anreiz zum Erwerb von noch umweltfreundlicheren Fahrzeugen geschaffen werden und die Belastung durch Schadstoffe in den Abgasen der Kraftfahrzeuge gemindert werden. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen die Differenzierung der kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Behandlung schadstoffarmer Pkw (vgl. FG Düsseldorf Beschl. v. 10. September 1997, EFG 1998, 410; FG Hamburg Beschl. v. 3. Februar 1998, EFG 1998, 785).

16

Soweit die Klägerin eine Verletzung des Grundsatzes der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und der Steuergerechtigkeit geltend macht, weil andere Gegenstände nicht oder geringer besteuert werden, liegt auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Aus diesen Geboten folgt für den Gesetzgeber indes keine Beschränkung in seinem Entscheidungspielraum bei der Auswahl des Steuergegenstandes (hier die Besteuerung von Kraftfahrzeugen), so dass der Gesetzgeber die KraftSt einführen und andere Gegenstände, wie z. B. die Spekulationsgewinne nach Ablauf der Spekulationsfrist, Oldtimerfahrzeuge oder andere Beförderungsmittel steuerfrei lassen durfte (vgl. BVerfG Beschl. v. 17. November 1998 1 BvL 10/98, BStBl. II 1999, 509, 511). Überdies kann sich die Klägerin im Streitfall ohnehin nicht auf das Prinzip der Leistungsfähigkeit stützen. Denn dieses Prinzip gilt nur für die Ertragsteuern, nicht hingegen für die Verkehrsteuern, die - wie das KraftStG - an das Halten eines Kfz anknüpfen (BVerfG Beschl. v. 8. Januar 1999 1 BvL 14/98, BStBl. II 1999, 152, 156). Im übrigen stellt die fehlende Besteuerung des Transitverkehrs aus dem europäischen Ausland schon deshalb keine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG dar, weil diese Fahrzeuge im Ausland besteuert werden. Auch ergibt sich keine unzulässige Ungleichbehandlung gegenüber der Besteuerung von Lkw. Mit der Bemessung der Kraftfahrzeugsteuer für Lkw nach dem Gewicht der Fahrzeuge gem. § 9 Abs. 1 Nr. 4 KraftStG hat der Gesetzgeber einen pauschalierten Besteuerungsmaßstab gewählt, der die Belastung durch diese Fahrzeuge hinreichend berücksichtigt. Ein pauschalierter typisierender Maßstab ist insbesondere bei der Regelung von Massenbesteuerungsverfahren, wie es die Kfz-Besteuerung darstellt, zulässig (vgl. zum Recht des Gesetzgebers typisierend Sachverhalte zu behandeln BVerfG Beschl. v. 10. April 1997 2 BvL 77/92, BStBl. II 1997, 518, 519).

17

b.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erhöhung der KraftSt im Hinblick auf Art. 14 GG bestehen ebenfalls nicht.

18

Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG schützt Art. 14 GG das Vermögen nicht gegen Eingriffe durch Auferlegung von Geldleistungspflichten. Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn die Vermögensverhältnisse des Betroffenen grundlegend beeinträchtigt werden, hierdurch also eine Erdrosselungswirkung eintritt (BVerfG Beschluss v. 22. März 1983 a.a.O.). Eine solche erdrosselnde Wirkung der Kraftfahrzeugsteuererhöhung für ältere Fahrzeuge liegt jedoch nicht vor.

19

Die hier zu beurteilende Steuer belastet die Fahrzeughalter nicht übermäßig. Sie ist nicht von einem solchen Umfang, dass die Fahrzeughalter gezwungen wären, die entsprechenden Fahrzeuge stillzulegen. Im Streitfall macht die Steuer 832,00 DM pro Jahr aus. Dies ist nach Auffassung des Gerichts ein verhältnismäßig geringer Betrag, der angesichts der herausragenden Bedeutung des Ziels einer Verminderung des Schadstoffausstoßes und der dazu in Beziehung zu setzenden Höhe der Steuer nicht außer Verhältnis zu der Wichtigkeit des vom Gesetzgeber verfolgten Anliegens steht (vgl. BFH Beschl. v. 15. Juni 1999 a.a.O.).

20

Eine Verletzung des Art. 14 GG aufgrund des Halbteilungsgrundsatzes des BVerfG zur Vermögenssteuer (BVerfG Beschl. v. 22. Juni 1995 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121) kommt nicht in Betracht, da ein solcher Grundsatz nicht allgemein gilt, sondern allein das oben genannte Kriterium der Erdrosselungswirkung im Rahmen des Art. 14 GG zu beachten ist (vgl. BFH Urt. v. 11. August 1999 XI R 77/97, NJW 1999, 3798). Überdies betrifft der Halbteilungsgrundsatz des BVerfG den Sollertrag von Vermögenswerten und knüpft damit ausschließlich an die Ertragsfähigkeit von Wirtschaftsgütern an. Eine konkrete Bezugsgröße für die Kraftfahrzeugbesteuerung lässt sich schon deshalb nicht ableiten, weil solche Sollerträge bei der Kraftfahrzeugsteuer keine Rolle spielen. Deshalb kommt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts auch keine umfassende Freistellung des persönlichen Gebrauchsvermögens von direkten Steuern aufgrund des Prinzips der eigentumsschonenden und freiheitsschondenden Besteuerung in Betracht (BVerfG Beschl. v. 8. Januar 1999 a.a.O. 154).

21

c.

Auch ist das Sozialstaatsprinzip nicht verletzt. Dieses aus Art. 20 Abs. 1 GG abgeleitete Prinzip beinhaltet einen Auftrag an den Gesetzgeber, Fürsorge für Hilfsbedürftige zu leisten sowie soziale Sicherungssysteme gegen Wechselfälle des Lebens einzurichten. Hieraus lassen sich jedoch keine subjektiven Rechte des einzelnen auf bestimmte soziale Regelungen ableiten.

22

d.

Eine Verletzung von Art. 6 GG kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Soweit die Klägerin offenbar aus Art. 6 GG ableitet, Familien mit Kindern seien unter Berücksichtigung der Gesamtbelastung aus öffentlichen Abgaben und Gebühren von der Kraftfahrzeugsteuer freizustellen, wenn ihr existenzsicherndes Minimum durch die Kraftfahrzeugsteuer beeinträchtigt werde, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Zwar lässt sich aus der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist (BVerG-Urteil des 1. Senats v. 07.07.1992 1 BvL 51/86, 50/87 u. 1 BvR 873/90, 761/91, BVerfG E 87, 1, 36).

23

Insoweit besteht vielmehr grundsätzlich Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Da die Kraftfahrzeugsteuer als reine Verkehrsteuer lediglich an Gestaltungsakte des (Rechts-) Verkehrs anknüpft (das Halten von Kfz) und damit gesetzsystematisch folgerichtig Einkommens- und Vermögensverhältnisse außer Betracht lässt, war der Gesetzgeber nicht gehalten, bei der Kraftfahrzeugbesteuerung einen existenzsichernden Einkommensbetrag von der Belastung mir Kraftfahrzeugsteuer freizustellen. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es daher auf die von ihr problematisierten Fragen der Bemessung des steuerfrei zu haltenden Existenzminimums der Familien und der Berechnung der in die "staatliche Gesamtbelastung" einzubeziehenden Abgaben und Gebühren in diesem Verfahren nicht an (vgl. im Ergebnis ähnlich BVerfG, 1. Senat - 3. Kammer, Beschluss vom 23.08.1999 1 BvR 2104/98 für den Fall der kindbedingten Mehrbelastung aus der USt-Erhöhung). Ob der von der Klägerin gesehene Belastungsfaktor Kraftfahrzeugsteuer bei der direkten Besteuerung d.h. bei der Einkommensteuer, über den bereits gesetzgeberisch berücksichtigten Familienlastenausgleich hinaus steuermindernd zu berücksichtigen ist, bedarf hier keiner Entscheidung.

24

3.

Der von der Klägerin vorgetragene Vorwurf der Doppelbesteuerung geht fehl. Soweit sie der Auffassung ist, Steuern dürften nur auf das Einkommen erhoben werden, ansonsten bestehe die Pflicht zur steuerlichen Freistellung des der persönlichen Lebensgestaltung dienenden Vermögens, stehen die einschlägigen Vorschriften des Grundgesetzes (Art. 105 ff GG, insbesondere Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG) sowie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem entgegen (BVerfG Beschl. v. 8. Januar 1999 a.a.O.). Abgesehen davon liegt auch kein Fall der sogenannten Doppelbesteuerung vor, da die KraftSt nur einmal in bezug auf das Steuerobjekt erhoben wird. Dass Kraftfahrzeugsteuer auch aus versteuertem Einkommen zu zahlen ist, ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Es gibt keinen Grundsatz, wonach mehrfache Belastungen vermieden werden müssen. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang gesehene Ungleichbehandlung von Unternehmen und Privatpersonen besteht ohnehin nicht. Soweit Kraftfahrzeuge für private Zwecke - wie bei Privatpersonen - genutzt werden, kommt wegen der insoweit vorliegenden Nutzungsentnahme ein erfolgswirksamer Abzug sämtlicher Betriebsausgaben nicht in Betracht (§§ 4 Abs. 1, 12 Nr. 1 EStG).

25

4.

Auch kann die Klägerin nicht geltend machen, daß sie KraftSt für andere als mit dem Straßenverkehr zusammenhängende Aufgaben der Gebietskörperschaften verwandt wird. Als Steuer wird die KraftSt zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs erhoben. Sie unterliegt dabei keiner Zweckbindung, da der Haushaltsgesetzgeber gem. Art. 110 Abs. 2 GG über die Verwendung der eingenommenen Mittel entscheidet (BVerfG Beschl. v. 26. August 1992 2 BvR 478/92, DVBl. 1992, 1589; Jarass/Pieroth, GG, 3. Aufl. 1995, Art. 105 Tz. 5).

26

Bestehen damit keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Kfz-Steuer, kommt eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht in Betracht (Art. 100 GG).

27

II.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung abzuweisen.