Landgericht Verden
Urt. v. 04.04.2005, Az.: 10 O 161/04

Bibliographie

Gericht
LG Verden
Datum
04.04.2005
Aktenzeichen
10 O 161/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 50903
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Verden - 23.12.2004 - AZ: 10 O 161/04
nachfolgend
OLG Celle - 15.09.2005 - AZ: 13 U 113/05

Tenor:

Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 23. Dezember 2004 wird aufgehoben.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Verfügungskläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 1.700,00 € vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: Bis 15.000,00 €.

Tatbestand:

Der Verfügungskläger ist ein Wettbewerbsverein. Der Verfügungsbeklagte betreibt in X. ein Unternehmen, das bei Kraftfahrzeugen Autoscheiben repariert oder erneuert.

Der Beklagte wirbt im Internet für seine Leistungen unter der Domäne www.....de mit folgendem Angebot:

„Unser Bonus für Sie ...

Bis zu 150,- € für jeden ... der bei uns seine geklebte Windschutzscheibe erneuern läßt

und dann 1 Jahr unseren kleinen Aufkleber (ca. 4 cm) auf seinem Auto beläßt.

Auf Wunsch auch Direktabrechnung mit den Versicherungen“.

Gleichermaßen wirbt er in Zeitungen mit einer Anzeige ähnlichen Inhaltes:

„Bis zu 150,- €uro für jeden...

... der bei uns seine geklebte Windschutzscheibe erneuern lässt und dann

1 Jahr unseren kleinen Aufkleber (ca. 4 cm Ý) auf seinem Auto belässt.

...

Reparatur – Austausch – Verkauf von Autoglas seit 8 Jahren

„Die Nr. 1 für Autoglas in X.“

Anschrift + Telefon

www.....de

Auf Wunsch auch Direktabrechnung mit den Versicherungen.“

Bereits im Jahre 1998 stritten die Parteien über die Werbung des Beklagten miteinander. Seinerzeit warb der Beklagte mit ähnlichem Aufkleber auf Fahrzeugen, versprach dafür 200,00 DM für jeden, der bei ihm eine Windschutzscheibe erneuern ließ und dann für 1 Jahr einen Werbeaufkleber auf seinem Auto beließ. Der Beklagte bezeichnete sich damals jedoch als Nr. 1 für Autoglas ohne Beschränkung, wie jetzt, auf den Bereich X.

Letztlich unterschrieb der Beklagte am 7. Dezember 1998 eine Unterlassungserklärung wie aus Bl. 211 d. A. ersichtlich. Auf diese Erklärung wird zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen. Vorausgegangen war ein Schriftwechsel mit dem Kläger, bzw. seinen Prozessbevollmächtigten, indem es um einen Werbevertrag des Beklagten mit Kunden ging, bei dem dieser einen Werbeaufkleber mit der Aufschrift „...“ auf ihren Pkw gegen eine Vergütung von 100,00 DM aufzubringen sich verpflichteten. Auf den Werbevertrag Bl. 209 d. A. wird zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen. Mit Schreiben vom 1. Dezember 1998 erklärten sich die Anwälte des Klägers damit einverstanden, wenn der Beklagte entsprechend diesem Werbevertrag Reklame betreibt. Auf das Schreiben der Anwälte Bl. 210 d. A. wird ebenfalls zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen.

Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte verstoße mit seiner Werbung gegen geltendes Recht. Er verleite Kunden dazu, sich den Versicherungen gegenüber vertragswidrig zu verhalten. Bei Scheibenschäden zögen diese von den Rechnungen eine Selbstbeteiligung von bis zu 150,00 € ab. Durch die beanstandete Vergütung eines Betrages von bis zu 150,00 € für das Aufbringen eines kleinen, völlig unbedeutenden Werbeaufklebers würde den Kunden die Selbstbeteiligung ersetzt werden, wodurch letztlich die Versicherungen zu viel zahlen müssten. Das sei vertragswidrig und stelle eine unerlaubte Handlung gegenüber den Versicherungen bzw. eine Verleitung dazu dar. Die Werbung des Beklagten und das Handeln danach verstoße daher gegen §§ 3 und 4 Nr. 11 UWG und sei von ihm zu unterlassen.

Demgemäß hat der Kläger zunächst die einstweilige Verfügung der Kammer vom 23. Dezember 2004 mit folgendem Inhalt verwirkt:

Gemäß §§ 935, 940, 937 ZPO, §§ 3, 4, 8, 12 UWG wird unter Bezugnahme auf die angeheftete Antragsschrift nebst Anlagen, deren Tatsachenbehauptungen glaubhaft gemacht worden sind und deren rechtliche Würdigung zutrifft, im Wege einer einstweiligen Verfügung wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO angeordnet:

Der Antragsgegner wird verurteilt, es zu unterlassen, zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Letztverbrauchern wie folgt zu werben:

“Unser Bonus für Sie....; Bis zu 150 € für jeden, der bei uns seine geklebte Windschutzscheibe erneuern läßt und dann 1 Jahr unseren kleinen Aufkleber (ca. 4 cm) auf seinem Auto belässt. Auf Wunsch auch Direktabrechnung mit den Versicherungen”

und/oder entsprechend dieser Ankündigung zu verfahren.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Schuldner Ordnungsgeld bis zu 250.000,- EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 15.000,- EUR festgesetzt.

Gegen diese Verfügung hat der Beklagte Widerspruch erhoben. Er meint, dass die Werbung und das Handeln danach zulässig sei. Der Werbevertrag mit den Kunden werde erst nach vollständiger Abrechnung abgeschlossen. In den Rechnungen an Kunden und Versicherungen würde der Selbstbehalt von vornherein abgezogen und zwar so, dass dies auch erkennbar sei, so dass die Versicherungen auch nur das zu zahlen hätten, wozu sie verpflichtet seien. Mit dem Werbevertrag würde den Kunden eine angemessene Gegenleistung versprochen werden. Auch habe die Klägerin diese Werbung im Jahre 1998 als vertragsmäßig anerkannt.

Demgemäß beantragt der Beklagte,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten. Er hält sein bisheriges Vorbringen aufrecht und meint, dass mit der Unterlassungserklärung vom 7. Dezember 1998 sich der Beklagte verpflichtet habe, genau die streitgegenständliche Werbung zu unterlassen.

Zum Sachverhalt wird weiter auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen und den beigefügten eidesstattlichen Versicherungen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet, der Beschluss der Kammer vom 23. Dezember 2004 ist danach aufzuheben.

Es kann dahin stehen, ob die beanstandete Werbung des Beklagten ein Verleiten seiner Kunden zum Vertragsbruch gegenüber den Versicherungen ist und damit eine Wettbewerbsverletzung gemäß §§ 3 und 4 UWG. Zwar wird diese Rechtsansicht von einem Großteil der Land- und Oberlandesgerichte vertreten.

Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch dem Kläger an einem Rechtschutzbedürfnis, da er selbst es dem Beklagten im Jahre 1998 gestattet hat, gerade mit solchen Werbeverträgen und Werbeaufklebern, wie sie streitgegenständlich sind, Reklame zu machen und danach zu handeln.

Die Unterlassungserklärung des Beklagten vom 7. Dezember 1998 ist deshalb von ihm auch unterschrieben worden, weil der Kläger im vorgeschalteten Schriftwechsel gerade Werbeverträge dieses Inhaltes gebilligt hatte. Anders ist es nicht zu deuten, dass die Anwälte des Klägers mit Schreiben vom 1. Dezember 1998 sich mit Werbeverträgen der ihnen übersandten Art einverstanden erklärt haben. Seinerzeit wandte sich nämlich der Kläger ersichtlich und vornehmlich dagegen, dass der Beklagte sich als die Nr. 1 in Autoglas ohne örtliche Beschränkung bezeichnete. Dieses Verhalten hat der Beklagte eingestellt und verhält sich nur noch entsprechend dem ursprünglich mit dem Kläger ausgehandelten Werbevertrag.

Das Versprechen einer Prämie von bis zu 150,00 € weicht zwar von der im Werbevertrag von 1998 aufgeführten Prämie von 100,00 DM ab, jedoch stellt dies eine grundsätzliche Änderung des Werbeverhaltens des Beklagten nicht dar. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich seit 1998 die Preise erheblich nach oben entwickelt haben, vor allem auch durch die Euro-Einführung.

Nach allem ist der Verfügungsantrag unbegründet und die einstweilige Verfügung aufzuheben.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit §§ 708, 709 ZPO. Bei der Festsetzung des Streitwertes ist von dem vom Kläger angegebenen Betrag von 15.000,00 € auszugehen. Hierbei war zu berücksichtigen, dass es sich auch nach Einschätzung des Gerichtes hier um einen Betrag handelt, den der Beklagte im Verlauf des kommenden halben Jahres voraussichtlich durch die beanstandete Werbung und den Abschluss von entsprechenden Verträgen über die Erneuerung von Scheiben erzielen dürfte.