Landgericht Verden
Beschl. v. 07.02.2005, Az.: 2 T 375/04

Stundenhonorar eines vorläufig bestellten Insolvenzverwalters

Bibliographie

Gericht
LG Verden
Datum
07.02.2005
Aktenzeichen
2 T 375/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 24428
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGVERDN:2005:0207.2T375.04.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Syke - 02.11.2004 - AZ: 15 IN 263/04

Verfahrensgegenstand

Sachverständigenvergütung

In der Insolvenzsache
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden
am 07.02.2005
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Prüshoff,
den Richter am Landgericht Peters und
die Richterin Kasper
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Syke vom 2. November 2004 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

1

I.

Der Beteiligte zu 1. wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Syke vom 01.07.2004 mit der Erstellung eines Massegutachtens hinsichtlich des Unternehmens des Insolvenzschuldners beauftragt.

2

Der Beteiligte zu 1. erstattete darauf am 20.08.2004 sein Gutachten und rechnete seine Bemühungen mit Rechnung vom 30.08.2004 (Bl. 46 d.A.), auf welche Bezug genommen wird, ab. Darin begehrt er einen Stundensatz von 80,- EUR.

3

Mit Beschluss vom 07.10.2004 wurde der Beteiligte zu 1. zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit weiterem Beschluss vom 02.11.2004 setzte das Amtsgericht die Vergütung des Beteiligten zu 1. auf einen Stundensatz von 65,- EUR fest und begründete dies mit einer analogen Anwendung von § 9 Abs. 2 JVEG; gleichzeitig ließ es die Beschwerde zu.

4

Mit seinem Rechtsmittel vertritt der Beteiligte zu 1) die Ansicht, eine analoge Anwendung von § 9 Abs. 2 JVEG sei mangels bestehender Lücke im Gesetz nicht möglich. Er meint, seine Vergütung müsse sich in Anlehnung an die Vergütung für die Honorargruppen 7 oder 10 bewegen, weshalb er weiter einen Stundensatz von 80,- EUR für angemessen hält.

5

II

Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg.

6

1.

Dem Beschwerdeführer ist zunächst darin zuzustimmen, dass die Bestimmung des § 9 Abs. 2 JVEG nicht unmittelbar anwendbar ist.

7

Gem. dieser Vorschrift beträgt das für einen nach § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 InsO vorläufig bestellten Insolvenzverwalter anzusetzende Stundenhonorar 65,- EUR. Der Beschwerdeführer ist jedoch nicht zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestimmt worden, weshalb die Vorschrift nicht zum Tragen kommt.

8

2.

Nach richtiger Ansicht des Beschwerdeführers scheidet auch eine analoge

9

Anwendung von § 9 Abs. 2 JVEG aus.

10

Die Voraussetzungen einer Analogie zu § 9 Abs. 2 JVEG sind nicht gegeben, denn eine planwidrige Lücke im Gesetz ist nicht vorhanden. Das nunmehr ein leistungsgerechtes Vergütungsmodell postulierende JVEG hat in seiner Anlage zu § 9 Abs. 1 katalogartig in die Honorargruppen des § 9 Abs. 1 JVEG einzuordnende Tätigkeiten aufgelistet. Die Auslassung der Erstattung eines - hier mit Beschluss des Amtsgerichts vom 01.07.2004 in Auftrag gegebenen - Massegutachtens im Katalog der Tätigkeiten als Anlage zu § 9 Abs. 1 JVEG erfolgte dabei der Entstehungsgeschichte des Gesetzes zufolge bewusst, da es wegen der Beauftragung ausschließlich durch Gerichte an einem für die Bemessung des Honorars maßgeblichen Marktwert fehlt (BT-Drs. 15/2487,139).

11

3.

Die Vergütung des insoweit tätigen Sachverständigen ist deshalb gem. § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze einer der in § 9 Abs. 1 JVEG genannten Honorargruppen zuzuordnen.

12

Dabei ist hier der vom Amtsgericht angesetzte Stundensatz angemessen.

13

Problematisch ist vorliegend die vergleichende Heranziehung außergerichtlich vereinbarter Stundensätze, denn der Beschwerdeführer war mit der Erstellung eines -stets und ausschließlich auf gerichtlicher Beauftragung beruhenden - Massegutachtens betraut, so dass außergerichtlich vereinbarte Stundensätze als Vergleichsgrundlage nicht existieren (vgl. BT-Drs. 15/2487, 139; a.A. Schmerbach, insbüro 2004, 82).

14

Die Kammer hat sich deshalb daran orientiert, ob der Beschwerdeführer als Sachverständiger einen laufenden, gerade oder bereits länger eingestellten Geschäftsbetrieb zu bewerten hatte (vgl. Schmerbach a.a.O.).

15

Die Angemessenheit der vom Amtsgericht festgesetzten Stundensatzes von 65,- EUR resultiert vorliegend daraus, dass der Beschwerdeführer lediglich ein durchschnittliches Massegutachten zu erstellen hatte. Allein die Tatsache, dass der Beschwerdeführer zu klären hatte, inwieweit der Geschäftsbetrieb des Insolvenzschuldners im Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen noch intakt war, macht die Erstellung des Gutachtens nicht derart schwierig, dass ein höherer Stundensatz anzusetzen wäre.

16

Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Erforderlichkeit einer vom Beschwerdeführer geltend gemachten halbstündigen Kommentarrecherche; diese ist zeitmäßig unbedeutend und macht den Fall nicht zu einem gegenüber dem Regelfall schwierigeren. Der Beschwerdeführer war nach eigenem Vortrag sehr schnell in der Lage zu erkennen, dass der Geschäftsbetrieb des zu begutachtenden Unternehmens insoweit nicht eingestellt war, als Insolvenzschuldner lediglich nach Stellung des Insolvenzantrages nicht mehr werbend auftrat.

17

Die Bemessung eines Stundensatzes von 65,- EUR liegt damit zwar im unteren Drittel der Vergütungssätze aus den Honorargruppen des § 9 Abs. 1 JVEG. Sie wird aber dem - hier vorliegenden - Durchschnittsfall gerecht (so auch Schmerbach, a.a.O.)

18

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.

19

Die weitere Beschwerde wird zugelassen, weil die zur Entscheidung stehende Frage einer analogen Anwendung von § 9 Abs. 2 JVEG grundsätzliche Bedeutung hat (§ 4 Abs. 5 S. 1 JVEG).

Prüshoff
Peters
Kasper