Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 30.11.2006, Az.: 2 A 13/06

Befreiung; Empfangsbereitschaft; geringes Einkommen; Haushaltsangehörige; Haushaltsgemeinschaft; Haushaltsvorstand; hohe Schulden; RF-Vermerk; Rundfunkgebühr; Rundfunkgebühren; Rundfunkgebührenbefreiung; Rundfunkteilnehmer; Verfügungsgewalt

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
30.11.2006
Aktenzeichen
2 A 13/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 53340
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein geringes Einkommen, hohe Schulden und der Umstand, dass die zum Haushalt gehörende Tochter mit einem Grad von 100 schwerbehindert ist und der Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen RF enthält rechtfertigen weder einzeln noch in der Gesamtschau die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht.

Tatbestand:

1

Die Klägerin hält seit August 2001 ein Radio- und ein Fernsehgerät zum Empfang bereit. Sie ist alleinstehend und hat zwei Kinder. Ihre Tochter M. lebt mit in ihrem Haushalt. M. ist schwerbehindert mit einem anerkannten Grad von 100. Ihr sind die Merkzeichen RF, G, H und B zuerkannt. Tagsüber hält sich die Tochter im Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte in Hildesheim auf und kommt abends nach hause. Nach Angaben der Klägerin sieht ihre Tochter viel fern. Die Klägerin hat einen Nettoverdienst aus unselbständiger Tätigkeit in Höhe von ca. 600,00 Euro; zugleich hat sie hohe Schuldverpflichtungen.

2

Am 1. August 2005 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten, sie von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 10. Dezember 2005 ab. Die Klägerin sei als Haushaltsvorstand Rundfunkteilnehmer und erfülle in ihrer Person nicht die Voraussetzungen für eine Rundfunkgebührenbefreiung. Es reiche nicht aus, dass die Tochter der Klägerin wegen des „RF-Vermerks“ von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien wäre.

3

Hiergegen hat die Klägerin am 10. Januar 2006 Klage erhoben.

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Sie meint die Befreiungsvoraussetzungen lägen bei einer Gesamtschau ihrer wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse, insbesondere im Hinblick auf die Behinderung ihrer Tochter vor.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 10. Dezember 2005 zu verpflichten, sie von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

9

Er beruft sich zur Begründung im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid und ergänzt dahin, dass die schwierige wirtschaftliche Situation der Klägerin alleine eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nicht rechtfertige.

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Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.

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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage, über die das Gericht im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 10. Dezember 2005 ist rechtmäßig und die Klägerin hat einen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nicht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

13

Die Klägerin hält Rundfunkgeräte zum Empfang bereit und ist deshalb gemäß §§ 1 Abs. 1 und 2, 2 Abs. 2 Rundfunkgebührenstaatsvertrag - RGebStV - i.d.F. des Gesetzes zum Achten Rundfunkgebührenstaatsvertrag vom 25. Februar 2005 (Nds. GVBl. S. 61) rundfunkgebührenpflichtig. Nach der im Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Sachlage ist die Klägerin Rundfunkteilnehmer im Sinne von § 1 Abs. 2 RGebStV. Ein Rundfunkgerät hält derjenige zum Empfang bereit, der die tatsächliche Verfügungsgewalt darüber inne hat und eine rechtlich verbindliche Benutzungsregelung treffen kann. Bei Haushaltsgemeinschaften kommt das Bestimmungsrecht in der Regel dem Haushaltsvorstand zu. Das ist hier die Klägerin. Anhaltspunkte dafür, dass die Tochter der Klägerin Rundfunkteilnehmer ist, bestehen nach derzeitiger Sachlage nicht. Die Klägerin hat nicht behauptet, ihre Tochter treffe die maßgebliche Programmauswahl. Eine solche Annahme liegt in Anbetracht der Ortsabwesenheit der Tochter tagsüber, ihrer behinderungsbedingten Einschränkungen und den naheliegenden eigenen Bedürfnissen der Klägerin auch eher fern. Die gelegentliche vorübergehende kurzfristige Nutzung eines Rundfunkempfangsgerätes durch eine andere Person als den jeweiligen Inhaber des maßgeblichen Nutzungs- und Bestimmungsrechts ist gebührenrechtlich grundsätzlich unbeachtlich.

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Die Klägerin hat einen Anspruch auf Befreiung von den Rundfunkgebühren gemäß § 6 Abs. 1 RGebStV in der Fassung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 8./15. Oktober 2004 (Gesetz zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 25. Februar 2005, Nds. GVBl. S. 61, 66) ersichtlich nicht, weil sie keine der dort in Ziffern 1 bis 10 genannten Voraussetzungen erfüllt. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RGebStV wird innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft Gebührenbefreiung auch gewährt, wenn ein anderer Haushaltsangehöriger als der Haushaltsvorstand oder sein Ehegatte zum Personenkreis des Absatzes 1 gehört soweit er nachweist, dass er selbst das Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereit hält. Zwar gehört die Tochter M. der Kläger zu dem begünstigten Personenkreis; wie oben dargelegt hält sie jedoch nicht die streitgegenständlichen Geräte zum Empfang bereit.

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Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Rundfunkgebührenbefreiung gemäß § 6 Abs. 3 RGebStV nicht.

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Gemäß § 6 Abs. 3 RGebStV kann die Rundfunkanstalt unbeschadet der Gebührenbefreiung nach Absatz 1 in besonderen Härtefällen auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreien. Zwar hat die Klägerin einen entsprechenden Antrag gestellt; es liegt jedoch ein besonderer Härtefall im Sinne der Vorschrift nicht vor.

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Der von der Klägerin verwandte Formblattantrag vom 01. August 2005 stellt, auch wenn er ausdrücklich hierzu nichts enthält, einen Antrag auf Befreiung nach § 6 Abs. 3 RGebStV dar. Denn aus ihm ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin eine derartige Rundfunkgebührenbefreiung begehrt.

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Es bedarf eines ausdrücklichen, konkret auf § 6 Abs. 3 RGebStV abstellenden Antrages nicht. Dies folgt schon aus § 6 Abs. 4 RGebStV. Danach ist der Antrag (Anm. des Gerichts: Auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) bei der für die Erhebung von Rundfunkgebühren zuständigen Landesrundfunkanstalt zu stellen, die über den Antrag entscheidet. Nach dem Gesetzeswortlaut reicht daher ein einziger einheitlicher Antrag auf Rundfunkgebührenbefreiung aus. Hiervon ist augenscheinlich auch der Gesetzgeber ausgegangen (vgl. die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, Nds. Landtag, Ds 15/1485, S. 37). Hinzu kommt, dass weder der von der GEZ vorgehaltene Formblattantrag noch die von der GEZ im Internet veröffentlichten Hinweise zur Rundfunkgebührenbefreiung (www.gez.de) die Befreiungsmöglichkeit nach § 6 Abs. 3 RGebStV erwähnen und folglich auch nicht auf einen gesonderten, hierauf gerichteten Antrag hinweisen. Zur Überzeugung der Kammer reicht es daher für einen Antrag auf Rundfunkgebührenbefreiung im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV aus, wenn sich dem auf dem vorgehaltenen Formblatt gestellten Antrag und/oder den ihm beigefügten Unterlagen sinngemäß entnehmen lässt, dass (auch) ein Härtefallantrag gestellt ist.

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Dies ist hier der Fall. Denn die Klägerin hat auf dem Formblatt zwar die vorgegebene Ankreuzvariante 8 ausgefüllt, aber deutlich gemacht, dass diese Voraussetzungen in der Person ihrer Tochter vorliegen. Damit hat sie hinreichend deutlich, gleichsam konkludent zum Ausdruck gebracht, dass sie Rundfunkgebührenbefreiung beantragt, obwohl sie die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 RGebStV nicht erfüllt.

20

Indes liegt ein besonderer Härtefall im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV nicht vor.

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Das erklärte Ziel der grundlegenden Neuregelung der Befreiungstatbestände mit dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist eine deutliche Erleichterung des Verfahrens. Während bisher außer Sonderfürsorgeberechtigten nach dem BVG, bestimmten Behinderten und Empfängern von Hilfe zur Pflege sowie Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz auch Personen befreit wurden, deren Einkommen eine bestimmte Einkommensgrenze (die höher lag als der Sozialhilferegelsatz) nicht überstieg (§ 1 Abs. 7 und 8 der bis zum 31. März 2004 gültig gewesenen Verordnung über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht vom 3. September 1992 - Nds. GVBl. S. 239 -), knüpfen nunmehr sämtliche Befreiungstatbestände des § 6 Abs. 1 RGebStV an bestehende soziale Leistungen an. Dadurch können insbesondere die bei der Befreiung wegen geringen Einkommens erforderlichen Berechnungen entfallen (vgl. die Begründung des Entwurfes eines Gesetzes zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, Nds. Landtag, Ds 15/1485, S. 36 f.). Da die Antragsteller die Befreiungsvoraussetzungen durch Vorlage des entsprechenden Bescheides im Original oder in beglaubigter Kopie nachzuweisen haben (§ 6 Abs. 2 RGebStV), sind komplizierte Einkommensberechnungen nicht mehr erforderlich, sondern kann die Entscheidung relativ schematisch erfolgen. Diese Gesetzesänderung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Landesrundfunkanstalten anders als früher nicht mehr auf die Amtshilfe der für die Antragsteller zuständigen Sozialhilfeträger zurückgreifen können. Der Gesetzgeber ist nicht von Verfassungs wegen gehindert, die Rundfunkgebührenbefreiungstatbestände zu schematisieren. Zum einen bleibt die Befreiungsmöglichkeit für Empfänger von SGB II oder SGB XII Leistungen erhalten, so dass dieser als sozial bedürftig anerkannte Personenkreis weiterhin begünstigt wird; zum anderen ist die Belastung mit Rundfunkgebühren in Höhe von maximal 17,03 Euro monatlich (vgl. § 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag) vergleichsweise gering, so dass eine verfassungswidrige Ausgestaltung der Befreiungstatbestände gerade auch in Ansehung der besonderen Härteregel in § 6 Abs. 3 RGebStV nicht vorliegt.

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Mit der Härtefallregelung in § 6 Abs. 3 RGebStV hat der Gesetzgeber allerdings trotz der grundsätzliche beabsichtigten Verfahrensvereinfachung bewusst die Möglichkeit einer Ermessensentscheidung bei der Befreiung in besonderen Härtefällen ergänzend offen gelassen. Ein solcher soll nach der Gesetzesbegründung (a.a.O. S. 37) insbesondere dann vorliegen, wenn, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 erfüllt sind, eine vergleichbare Bedürftigkeit nachgewiesen werden kann. Zwar führt dies nicht dazu, dass jeder, der eine der in § 6 Abs. 1 RGebStV enumerativ aufgeführten Sozialleistungen nicht erhält, aber ein Einkommen nachweist, das nicht höher ist als die Sozialleistung, die er - wenn denn deren Voraussetzungen vorlägen - in seiner Lebenssituation maximal erhalten könnte, ohne Weiteres von der Gebührenpflicht zu befreien ist. Vielmehr ist dem Begriff der Härte immanent, dass im Einzelfall zu prüfen ist, ob tatsächlich eine vergleichbare „Notlage“ besteht und ob der Ausschluss von der Vergünstigung - bezogen auf die konkrete Situation des Antragstellers - unzumutbar ist (vgl. zu der rechtsähnlichen Vorschrift des § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG - jetzt: § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII -, etwa Brühl in: LPK-BSHG, 6. Aufl., § 26 Rn. 22 m.w.N.). Deshalb ist dann, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 RGebStV nicht vorliegen, im Einzelfall auf Antrag durchaus zu prüfen, ob dennoch nach § 6 Abs. 3 RGebStV wegen eines besonderen Härtefalles Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht zu gewähren ist (ebenso, OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. März 2006 -4 PA 38/06-, zitiert nach der Rechtsprechungsdatenbank des Gerichts).

23

Die wirtschaftliche Situation der Klägerin und der geltend gemachte Umstand, dass sie nur ca. 600,00 Euro monatlich für sich und ihre Tochter zur freien Verfügung hat, rechtfertigen allein die Annahme einer besonderen Härte nicht. Von der Überprüfung des konkret zur Verfügung stehenden Einkommens des Rundfunkteilnehmers sollten die mit dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vorgenommenen Neuregelungen den Beklagten gerade entlasten. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn diese Prüfung in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 RGebStV verlagert würde. Allein ein geringes Einkommen kann daher nie eine besondere Härte im Sinne dieser Vorschrift begründen (anders offenbar VG Oldenburg, Urteil vom 25.1.2006 -3 A 3050/05-, zitiert nach der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG).

24

Hinzutreten muss vielmehr zunächst die Betrachtung der Frage, warum ein Antragsteller von der Sozialleistung ausgeschlossen ist, die Personen seiner Vergleichsgruppe erhalten. Denn eine besondere Härte im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV lässt sich nicht unabhängig von der individuellen Lebenssituation des Antragstellers annehmen. Diese Frage stellt sich insbesondere dort, wo Sozialleistungsgesetze, wie z.B. in § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII oder § 15 Abs. 3 Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG -, Härtevorschriften enthalten. So müsste ein Student etwa nachvollziehbar darlegen, aus welchen besonderen Gründen er nach Ablauf der Förderungshöchstdauer seine Ausbildung nicht abbricht und seine Arbeitskraft einsetzt, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen (vgl. Beschluss der Kammer vom 22.3.2006 -2 A 510/05-). Gelingt ihm dies nicht, kann er sich auf eine besondere Härte im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV nicht berufen.

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Ähnlich verhält es sich bei dem Personenkreis, der sich, wie die Klägerin, auf ein mit Sozialhilfeniveau vergleichbares geringes Einkommen beruft. Von diesen Personen muss verlangt werden, dass sie sich im Wege der Selbsthilfe zunächst darum bemühen, staatliche Sozialleistungen, etwa ergänzende Leistungen nach § 23 SGB II oder § 37 SGB XII, zu erhalten (ebenso: OVG Lüneburg, Beschluss vom 1.2.2006 -12 PA 408/05-, zitiert nach der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG). Dieses Verlangen ist für den Betroffenen nicht unzumutbar, denn er begehrt von dem Beklagten eine Befreiung aus sozialen Gründen. Auf derartige Sozialleistungen hat indes nur der Anspruch, der sich selbst - ggf. unter Inanspruchnahme staatlicher Sozialleistungen oder durch Realisierung bestehender anderer, etwa Unterhaltsansprüche - nicht helfen kann. Der dem Antragsteller sodann zu erteilende Bescheid enthält eine Einkommens- und Bedarfsberechnung, die es dem Beklagten ohne weiteres ermöglicht, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 RGebStV oder - wenn das Einkommen den Bedarf nur geringfügig überschreitet - eines Härtefalles im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV zu prüfen. Wollte man dies anders sehen, würde dem Beklagten die Prüfung einer fiktiven Sozialhilfebedürftigkeit auferlegt, die er nach der gesetzlichen Intention nicht leisten soll und unmöglich leisten kann. Denn dies würde z.B. die Überprüfung der den Antragstellern entstehenden Mietkosten auf sozialhilferechtliche Angemessenheit für jeden Einzelfall erfordern. Eine Aufgabe, die bereits den einzelnen Kommunen als Sozialhilfeträgern schwer fällt, für den Beklagten jedoch, der rundfunkgebührenrechtlich für die Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Niedersachsen zuständig ist, unmöglich ist.

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In einem weiteren Schritt ist ggf. sodann zu prüfen, ob der Antragsteller über ein Einkommen verfügt, das höher ist als der Sozialleistungsbetrag, den Personen seiner Vergleichsgruppe erhalten. In Anwendung dieser Grundsätze und im Vorgriff auf eine beabsichtigte Änderung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages erkennt der Beklagte so bei Beziehern von Berufsausbildungsbeihilfe nach §§ 59 ff. SGB III eine besondere Härte im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV an.

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Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 RGebStV besteht keine zwingend einzuhaltende Reihenfolge. Lässt sich auf den ersten Blick feststellen, dass der Antragsteller über ein höheres Einkommen verfügt als die Personen der Vergleichsgruppe der er angehört, kann auf den ersten Prüfungsschritt verzichtet werden. Dies ist bei der Klägerin offensichtlich der Fall, denn sie hat sich um entsprechende Sozialleistungen bemüht, wobei ihr allerdings bedeutet worden ist, dass ein Anspruch wegen ihres vergleichsweise hohen Einkommens nicht bestehe.

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Eine besondere Härte im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV wird ferner - auch nicht zusätzlich zum geringen Einkommen - nicht durch die hohen Verbindlichkeiten der Klägerin begründet. Dieser Umstand ist nicht mit den in § 6 Abs. 1 RGebStV genannten Tatbeständen, die im Wesentlichen auf den Bezug von Sozialleistungen abstellen, vergleichbar. Ferner ist hier § 34 Abs. 1 SGB XII in den Blick zu nehmen. Danach können auch für erwerbsfähige Hilfesuchende (vgl. § 21 SGB XII, § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB II) Schulden aus Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Auch hier kann sich die Klägerin durch Stellung eines entsprechenden Antrags an den Sozialleistungsträger selbst helfen. Tut sie dies, wie hier, nicht, oder besteht eine Anspruchsberechtigung nicht, bleiben die Schulden rundfunkgebührenrechtlich unbeachtlich. Sie können allenfalls im Wege einer Ratenzahlungsvereinbarung auf der Ebene der Vollstreckung Berücksichtigung finden.

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Schließlich rechtfertigt der Umstand, dass der schwerbehinderten Tochter der Klägerin der „RF-Vermerk“ zuerkannt worden ist weder für sich alleine noch im Zusammenhang mit den übrigen von der Klägerin vorgebrachten Argumenten die Annahme einer besonderen Härte im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV. Der Gesetzgeber hat die Problematik, dass Angehörige einer Haushaltsgemeinschaft die Befreiungsvoraussetzungen erfüllen, gesehen und - wie dargelegt - in § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RGebStV einer - abschließenden - Regelung zugeführt. Es ist nicht angängig, diese eindeutige gesetzliche Regelung durch weite Anwendung des § 6 Abs. 3 RGebStV auszuhöhlen und Rundfunkgebührenbefreiung in jedem Fall zu gewähren, in dem ein Haushaltsangehöriger die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt, sei er Rundfunkteilnehmer oder nicht.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.