Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 30.11.2006, Az.: 2 A 604/05

Anmeldung; Rechtsnatur der Rundfunkgebühren; Verjährung; Zweitgerät

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
30.11.2006
Aktenzeichen
2 A 604/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 44451
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGGOETT:2006:1130.2A604.05.0A

Fundstelle

  • AUR 2008, 73-75 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Die mit der Anmeldung von Rundfunkempfangsgeräten auf amtlichen Vordruck gegebenen Tatsachenerklärungen sind dem Beweis des Gegenteils zugänglich

Tatbestand:

1

Der Kläger betreibt in der Nähe von G. eine Landwirtschaft. Am 4. März 2005 besuchte ein Gebührenbeauftragter, der Zeuge H., den Hof des Klägers. Dieser war zu der Zeit nicht anwesend. Der Gebührenbeauftragte wurde von der Ehefrau des Klägers in die Wohnung gebeten. Auf Frage des Gebührenbeauftragten erklärte die Ehefrau des Klägers, die Landwirtschaft werde von ihnen seit ca. 10 Jahren betrieben. Während des Gesprächs, bei dem teilweise auch die volljährige Tochter des Klägers anwesend war, füllte der Zeuge H. eine Anmeldung von Rundfunkempfangsgeräten auf dem dafür vorgesehen Vordruck der GEZ vor. Die Anmeldung erfolgte für ein Radiogerät in einem Kraftfahrzeug ab Januar 1995 auf den Namen des Klägers und war von der Ehefrau des Klägers unterschrieben. Gleichzeitig erteilte die Ehefrau des Klägers auf diesem Vordruck eine Einzugsermächtigung. Der Vordruck enthält die Bemerkung "nach Übernahme der Landwirtschaft Kfz nicht angemeldet" und berechnet die rückständigen Gebühren für die Zeit von Januar 1995 bis April 2005 mit 609,77 €.

2

Nachdem der Kläger diese Gebühren nicht zahlte, setzte der Beklagte rückständige Rundfunkgebühren für den Zeitraum von Januar 1995 bis August 2005 mit Gebührenbescheid vom 3. Dezember 2005 in Höhe von 609,56 € fest. Hiergegen hat der Kläger am 27. Dezember 2005 Klage erhoben.

3

Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er habe betrieblich ein altes Geländefahrzeug benutzt, das zum Zeitpunkt des Besuches des Zeugen H. bereits abgemeldet gewesen sei. In diesem Fahrzeug sei ein Radio nicht installiert gewesen. Genutzt habe er dieses Fahrzeug etwa seit dem Jahr 2000. Es habe abgemeldet auf seinem Hof gestanden; in Augenschein sei es vom Zeugen H. jedoch nicht genommen worden. Trotz dieser Tatsache habe seine Ehefrau die Anmeldung eines Radiogerätes für das Kraftfahrzeug ausgefüllt und unterschrieben. Sie sei wegen eines Arzttermines ihrer Tochter in Eile gewesen und habe sich nicht durchgelesen, was sie unterschrieben habe. Sie sei auch nicht berechtigt gewesen, eine derartige Erklärung für ihn abzugeben und auch nicht bevollmächtigt gewesen, eine Einzugsermächtigung zu erteilen. Nach Rückkehr von ihrem Arztbesuch habe seine Ehefrau festgestellt, dass die Eintragungen auf dem Anmeldeformular unrichtig gewesen seien. Sie habe den noch vor dem Hof befindlichen Zeugen H. wieder ins Haus gebeten, um die Sachlage mit ihm zu besprechen. Dies habe er jedoch abgelehnt. Das für den Arztbesuch genutzte Kraftfahrzeug sei dasjenige seines Vaters. Seine Eltern wohnten mit ihm auf dem selben Hofgrundstück.

4

Der Kläger beantragt,

  1. den Bescheid vom Beklagten vom 3. Dezember 2005 aufzuheben.

5

Der Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

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Er ist der Ansicht, die Ehefrau des Klägers habe zu den zum Empfang gehaltenen Rundfunkempfangsgeräten befragt werden und auch entsprechende Erklärungen hierzu abgeben dürfen. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben sei der Kläger an die von seiner Ehefrau unterschriebene Anmeldung gebunden. Jedenfalls komme dieser Anmeldung ein hoher Indizwert zu, den der Kläger nicht entkräftet habe. In seiner dienstlichen Erklärung vom 17. Juni 2006 erklärte der Zeuge H. hierzu, ein aktuelles Kraftfahrzeugkennzeichen habe er seinerzeit nicht aufgenommen, da zwar das eine Fahrzeug verkehrsuntüchtig gewesen sei, ein weiteres Fahrzeug mit Hörfunk jedoch zur Verfügung gestanden habe. Mit diesem sei die Ehefrau des Klägers unmittelbar nach Beendigung ihres Gespräches mit ihrer Tochter zu einem Termin gefahren.

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Die Kammer hat zu den Umständen der Abgabe der Anmeldeerklärung vom 4. März 2005 Beweis erhoben durch Vernehmung des Gebührenbeauftragten H. und der Ehefrau des Klägers, Frau I. -C., als Zeugen. Wegen der Einzelheiten der Aussagen der Zeugen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstände der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet.

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Der Bescheid des Beklagten vom 3. Dezember 2005 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

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Eine Rundfunkgebührenpflicht des Klägers in der Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. April 2005 für ein Radio, das sich in einem betrieblich genutzten Kraftfahrzeug befunden haben soll, bestand nicht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ein solches Gerät in keinem Fahrzeug des Klägers vorhanden war.

12

Gemäß § 11 Abs. 2 des Rundfunkstaatsvertrages vom 31. August 1991 (Nds. GVBl.S. 311, 316), in der hier anzuwendenden Fassung vom 8./15. Oktober 2004 (Nds. GVBl. 2005 S. 61) begründet das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgerätes (auch künftig) die Rundfunkgebührenpflicht. Nach § 2 Abs. 2 S. 1 des RGebStV vom 31. August 1991 (Nds. GVBl.S. 311, 332) in der Fassung vom 8./15. Oktober 2004 (Nds. GVBl. 2005, S. 64) - RGebStV - hat jeder Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich der Regelung in § 5 RGebStV für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr und für das Bereithalten jedes Fernsehgerätes jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten. Rundfunkteilnehmer ist gem. § 1 Abs. 2 RGebStV, wer ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereit hält. Zum Empfang wird ein Gerät bereitgehalten, wenn damit ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand Rundfunkdarbietungen, unabhängig von Art, Umfang und Anzahl der empfangbaren Programme, unverschlüsselt oder verschlüsselt, empfangen werden können.

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Der Kläger ist mit seinen privaten Rundfunkempfangsgeräten rundfunkgebührenpflichtig und leistet diese Gebühren. Er ist ferner ab Mai 2005 gem. § 5 Abs. 2 S. 1 RGebStV für das sowohl für seinen landwirtschaftlichen Betrieb als auch privat genutztes Kraftfahrzeug rundfunkgebührenpflichtig. Denn die Gebührenfreiheit für Zweitgeräte im Sinne von § 2 Abs. 1 RGebStV gilt nicht für Zweitgeräte in Kraftfahrzeugen, die zu anderen als zu privaten Zwecken genutzt werden. Diese Rundfunkgebührenpflicht ist rechtmäßig ( BVerwG, Beschluss vom 06.02.1996 - 6 B 72/95 -, NJW 1996, 1163).

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Für die Zeit davor besteht diese Rundfunkgebührenpflicht für ein Zweitgerät nicht. Der Kläger hat in seinem auch für den landwirtschaftlichen Betrieb genutzten Fahrzeug in Radiogerät nicht zum Empfang bereitgehalten.

15

Nach den genannten Vorschriften entsteht die Rundfunkgebührenpflicht durch das Bereithalten von Rundfunkempfangsgeräten. Nicht maßgeblich ist die gem. § 3 Abs. 1 RGebStV verpflichtend vorgesehene Anzeige über den Beginn und das Ende des Bereithaltens. Die Anzeige ist keine Willens-, sondern eine Wissenserklärung, kann mithin auch nicht nach den Regeln des BGB angefochten werden. Zwischen dem Rundfunkteilnehmer und der Landesrundfunkanstalt besteht auch kein Vertragsverhältnis, sondern ein gesetzlich begründetes öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis, so dass die Argumente des Klägers, die darauf abzielen, seine Ehefrau sei zur Abgabe rechtsverbindlicher Erklärungen gegenüber dem Zeugen H. nicht berechtigt gewesen, fehl gehen.

16

Dennoch hat die Klage Erfolg.

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Die von der Ehefrau des Klägers am 4. März 2005 unterschriebene Anmeldung eines Rundfunkempfangsgerätes in einem Kfz erbringt nicht den vollen Beweis des beurkundeten Vorgangs, d.h. sie allein beweist nicht, dass ein Rundfunkgerät in einem betrieblich genutzten KFZ vorhanden war. Denn es handelt sich bei dieser Anmeldung nicht um eine öffentliche Urkunde im Sinne von § 98 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 1 ZPO (a.A. VG Mainz, Urteil vom 06.05.1999 - 7 K 2014/98 -, NVwZ 2000, 228 [VG Mainz 06.05.1999 - 7 K 2014/98.MZ]). Eine Urkunde ist nur dann eine öffentliche, wenn sie von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen wird. Sie begründet, wenn sie über eine von der Behörde oder der Urkundsperson abgegebene Erklärung errichtet ist, vollen Beweis des durch die Behörde oder die Urkundsperson bekundeten Vorgangs. Diese Vorschrift ist hier schon deshalb nicht einschlägig, weil der Rundfunkgebührenbeauftragte gem. § 9 der Satzung des Beklagten über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren vom 17. Dezember 1993 (Nds. MBl.S. 1923) in der Fassung vom 6. Dezember 1996 (Nds. MBl.S. 1866) nur insoweit mit einem öffentlichen Amt beliehen ist, als er die Anzeige im Sinne von § 3 Abs. 1 RGebStV entgegennimmt. Er selbst kann über diesen Vorgang hinaus keine Erklärung im Sinne von § 415 Abs. 1 ZPO abgeben (ebenso OVG Münster, Beschluss vom 09.09.2004 - 19 A 2556/03 -, NJW 2004, 3505; VG Sigmaringen, Urteil vom 24.01.2005 - 4 K 934/04 -, NVwZ-RR 2005, 634; ständige Rechtsprechung der Kammer, vgl. zuletzt Urteil vom 29.06.2006 - 2 A 328/05 -). Die Anzeige hat lediglich eine gewisse Indizwirkung, weil im Regelfall davon ausgegangen werden kann, dass derjenige, der sie schriftlich abgibt, weiß, was er tut. Trägt er schlüssig vor, dass und worüber er sich bei der Abgabe der Erklärung geirrt hat und dass sie nicht dem wirklichen Sachverhalt entspricht, so hat das Gericht - notfalls durch Beweiserhebung - festzustellen, ob durch die Person, die die Anzeige abgegeben hat, in dem streitbefangenen Zeitraum tatsächlich Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang bereit gehalten wurden, wobei auch der Frage nachzugehen ist, wie es zu der Anzeige gekommen ist (zum Ganzen, im Ergebnis ebenso: OVG Lüneburg, Beschluss vom 30.11.2005 - 10 PA 118/05 -, veröffentlicht in der Internetentscheidungssammlung des Gerichts). Dies gilt entsprechend für den Fall, dass, wie hier, nicht der Rundfunkteilnehmer selbst, sondern eine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende Person gem. § 4 Abs. 5 RGebStV Auskunft gibt und ein Anzeigeformular unterschreibt.

18

Nach dem Ergebnis der von der Kammer durchgeführten Beweisaufnahme, entfällt hier die oben beschriebene Indizwirkung der Anmeldung vom 4. März 2005.

19

Das Gericht ist nach Würdigung der Aussagen des Zeugen H. und der Zeugin I. -C. davon überzeugt, dass der Kläger bis zur Anschaffung eines neuen Geländefahrzeuges im Mai 2005 kein Zweitgerät in einem auch betrieblich genutzten Kraftfahrzeug zum Empfang bereitgehalten hat.

20

Wie die Zeugen übereinstimmend bekundet haben, erfolgte der Besuch des Zeugen H. im Hause des Klägers unangemeldet. Die Zeugin I. -C. befand sich während des Gesprächs mit dem Zeugen H. unter Zeitdruck. Immer wieder sei ihre Tochter ins Wohnzimmer gekommen, in dem die Zeugin I. -C. und der Zeuge H. gesessen hatten und habe sie genervt. Dieser Zeitdruck und der Umstand, dass die Tochter des Klägers ihre Mutter immer wieder zum Aufbruch gedrängt hat, steht für das Gericht fest, weil dies auch vom Zeugen H. so bestätigt worden ist. Diese Situation erklärt glaubhaft, dass die Ehefrau des Klägers, die Zeugin I. -C., das vom Zeugen H. vorbereitete Anmeldeformular in Eile unterschrieben hat, ohne es sich noch ein weiteres Mal durchzulesen.

21

Nicht nur die Umstände der Anmeldung eines Rundfunkempfangsgerätes in einem Kraftfahrzeug, sondern auch der weitere Geschehensablauf, wie er von den Zeugen übereinstimmend bekundet wurde, spricht für den klägerischen Vortrag, ein Radio in einem Kraftfahrzeug, das ihm gehört, nicht zum Empfang bereitgehalten zu haben. Bei Gesamtwürdigung der Zeugenaussagen, vermag das Gericht nicht davon auszugehen, dass die von der Zeugin I. -C. unterschriebene Anmeldung eines Rundfunkempfangsgerätes für ein Radio in einem betrieblich genutzten Kraftfahrzeug den Tatsachen entsprach.

22

Die Zeugin I. -C. hat nachvollziehbar ausgesagt, nach Rückkehr vom Arztbesuch habe sie mit Entsetzen festgestellt, was sie gegenüber dem Zeugen H. ausgefüllt habe. Sie habe sich sofort auf die Suche nach ihm begeben, von dem sie wusste, dass er noch weitere Besuche bei anderen Haushalten in ihrem Heimatdorf machen wollte. Schließlich habe sie ihn in der Nähe ihres Hofes angetroffen. Ihre Bitte, erneut ins Haus zu kommen, wo mittlerweile auch ihr Mann zugegen gewesen sei, habe der Zeuge H. abgelehnt mit der Begründung, da sei nichts mehr zu machen, er habe die Daten schon eingegeben. Diesen Vorgang hat der Zeuge H. so bestätigt. Er hat ausgesagt, er habe keine Veranlassung gesehen, das Gespräch mit dem Ehemann der Zeugin I. -C. zu führen. Er habe die von ihr angemeldeten Daten bereits telefonisch durchgegeben gehabt und im übrigen auch keine Lust auf Stress mit einem aufgebrachten Ehemann gehabt.

23

Auch wenn sich der Zeuge H. nicht an einen konkreten Änderungswunsch hinsichtlich des Anmeldeformulars zu erinnern vermochte, spricht der gesamte Geschehensablauf für einen solchen Wunsch. Diesem Wunsch nachzukommen, wäre die Pflicht des Zeugen H. als Gebührenbeauftragter des Beklagten gewesen. Denn als derjenige, der gem. § 9 der Satzung des Beklagten über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren (a.a.O.) mit der Überwachung der Einhaltung gebührenrechtlicher Vorschriften beauftragt ist, unterliegt er ebenso wie der Beklagte dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 24 VwVfG. Hätte er den Sachverhalt vollständig und umfassend aufgeklärt, wie ihm dies von der Zeugin I. -C. angeboten worden ist, hätte er durch Inaugenscheinnahme des auf dem Hof befindlichen Kraftfahrzeuges ohne weiteres feststellen können, ob sich darin ein Radiogerät befand oder nicht. Eine solche Sachverhaltsaufklärung kann nicht, wie aber der Zeuge H. gemeint hat, auf ein späteres Verfahrensstadium verlagert werden, wenn sie, wie hier, sofort und unmittelbar erfolgen kann. Dies hat auch der Zeuge H. eingeräumt, der ausgesagt hat, er würde sich heute in der Praxis anders verhalten und sein damaliges Verhalten dem Umstand zugeschrieben hat, neu in dem Beruf des Gebührenbeauftragten gewesen zu sein. Abgesehen davon, gibt es ein solches Verwaltungsverfahrensstadium, das der Zeuge H. mit dem Widerspruchsverfahren bezeichnet hat, nach Abschaffung dieses Verfahrens in Niedersachsen zum 1. Januar 2005 nicht mehr. Umso wichtiger wäre die unmittelbare Sachverhaltsaufklärung gewesen. Sie war auch nicht deshalb entbehrlich, weil, wie der Zeuge H. sowohl in seiner Aussage wie in seiner dienstlichen Erklärung vom 17.06.2006 bekundet hat, noch ein weiteres Fahrzeug, nämlich dasjenige, mit dem die Zeugin I. -C. und ihre Tochter zum Arzt gefahren sind, auf dem Hof vorhanden gewesen ist. Dieses Fahrzeug gehörte nach dem unbestrittenen und glaubhaften Vortrag der Zeugin I. -C. sowie dem klägerischen Vortrag den Eltern des Klägers. Für dieses Fahrzeug besteht daher eine Rundfunkgebührenpflicht des Klägers nicht.

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Der Umstand, dass es der Zeuge H. amtspflichtwidrig unterlassen hat, den Sachverhalt vollständig und umfassend aufzuklären, muss bei der Würdigung der Aussagen der Zeugin I. -C. Berücksichtigung finden. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Zeugin als Ehefrau des Klägers möglicherweise ein eigenes Interesse am erfolgreichen Ausgang des Verfahrens hat. In Würdigung der Zeugenaussagen geht das Gericht davon aus, dass in dem auf dem Hof befindlichen, abgemeldeten Geländefahrzeug ein Radio nicht befindlich war. Die Zeugin hat den Geschehensablauf widerspruchsfrei, und im Wesentlichen durch die Aussage des Zeugen H. bestätigt, vorgetragen. Anhaltspunkte dafür, dass sie die Unwahrheit gesagt hat, hat das Gericht nicht finden können. Die entgegenstehende Aussage des Zeugen H., er habe die Zeugin I. -C. konkret gefragt, ob ein Fahrzeug, das landwirtschaftlich genutzt werde, mit Radio vorhanden sei und dies sei bestätigt worden, überzeugt die Kammer nicht. In Anbetracht der Hektik, in der diese Erklärung abgegeben worden ist und in Anbetracht des geschilderten weiteren Geschehensablaufs, ist vielmehr davon auszugehen, dass die Zeugin I. -C. eine solche Erklärung entweder nicht oder mit anderem Inhalt abgegeben hat. Denn unstreitig zwischen den Beteiligten kreiste das Gespräch zwischen den Zeugen auch um die Frage, ob für ein neu anzuschaffendes Geländefahrzeug eine Rundfunkgebührenpflicht entsteht oder nicht. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass sich die vom Zeugen H. bekundete Aussage der Zeugin I. -C. auf dieses Fahrzeug bezogen hat.

25

Dies gilt auch für das Vorgängerfahrzeug des auf dem Hof abgestellten und abgemeldeten Fahrzeuges. Auch dieses Auto hatte nach der Bekundung der Zeugin I. -C. ein Radio nicht. Auch insoweit ist dem Zeugen H. vorzuhalten, dass er den Sachverhalt - obwohl möglich - nicht weiter aufgeklärt hat.

26

Unabhängig von diesem Beweisergebnis und selbständig die Entscheidung tragend, ist die Klage insoweit begründet, weil entsprechende Rundfunkgebührenforderungen verjährt sind. Dieses Fahrzeug wurde nämlich nach der Aussage der Zeugin I. -C. nur bis etwa Ende 1999/Anfang 2000 genutzt. Soweit jedoch mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. Dezember 2005 Rundfunkgebühren für die Zeit vor dem 1. Januar 2001 festgesetzt werden, sind diese verjährt.

27

Gemäß § 4 Abs. 4 RGebStV verjährt der Anspruch auf Rundfunkgebühren innerhalb von vier Jahren. Für den Beginn und das Ende der Verjährung sind die Vorschriften des BGB analog heranzuziehen; mithin beginnt die Verjährung am Schluss des Jahres, in dem die Gebührenforderung entstanden ist (Gall in Hahn/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 4 RGebStV, Rn. 55 m.w.N.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 30.11.2005 - 10 PA 118/05 - juris). Das Gericht folgt dieser gefestigten Rechtsprechung und nicht der von dem Beklagten gelegentlich vertretenen Ansicht, die Verjährung beginne erst zu laufen, nachdem die Landesrundfunkanstalt von den die Gebührenschuld begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe. Damit waren bei Erlass des angefochtenen Bescheides vor dem 1. Januar 2001 entstandene evtl. Rundfunkgebührenansprüche des Beklagten, die im Zusammenhang mit der geschäftlichen Tätigkeit des Klägers standen, verjährt.

28

Dem Kläger ist es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch nicht verwehrt, sich auf die Verjährung zu berufen.

29

Die kurze Verjährungsfrist von Rundfunkgebührenansprüchen beruht (wie auch sonst bei Ansprüchen auf Rückstände regelmäßig wiederkehrender Leistungen) auf den Erwägungen, dass Geschäfte des täglichen Verkehrs in der Regel nicht längere Zeit im Gedächtnis der Beteiligten gegenwärtig bleiben, dass der Schuldner sich möglicherweise wegen des Zeitablaufs, insbesondere wegen des Verlustes von Beweismitteln, nicht mehr sachgemäß verteidigen kann und dass Leistungen, die ihrer Natur nach nicht aus dem Kapitalvermögen des Schuldners, sondern aus seinen regelmäßigen Einkünften zu tilgen sind, nicht zu einer solchen Höhe anwachsen, dass sie schließlich einen Betrag erreichen, dessen Aufbringung in einer Summe dem Schuldner immer schwerer fällt, bzw. ihn sogar wirtschaftlich gefährden kann. Für den Bereich öffentlich-rechtlicher Körperschaften gilt ferner, dass diese als Gläubiger vermögensrechtlicher Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen im Interesse klarer Verhältnisse durch die kurze Verjährungsfrist dazu angehalten werden sollen, ihre Forderungen in angemessener Zeit geltend zu machen. Denn gerade bei laufenden öffentlich-rechtlichen Zahlungsverpflichtungen steht hinter dieser Zweckbestimmung noch ausgeprägter als im Privatrecht das allgemeine Interesse, insbesondere das öffentliche Interesse an einer ordnungsgemäßen Haushaltsplanung (vgl. zu alledem OVG Lüneburg, Beschluss vom 30.11.2005, a.a.O. mit zahlreichen Nachweisen aus der weiteren Rechtsprechung). Mit anderen Worten: Hat der Gesetzgeber eine kurze Verjährungsfrist von vier Jahren für öffentlich-rechtliche Forderungen eingeführt, so obliegt es zunächst dem Gläubiger, die Forderung fristgerecht geltend zu machen und sich die dafür notwendigen Erkenntnisse zu verschaffen. Mit noch anderen Worten: Der Beklagte hätte auch schon vor 2005 in regelmäßigen Abständen - beispielsweise durch den Einsatz von Gebührenbeauftragten - Personen ermitteln können, die Rundfunkgeräte zum Empfang bereithielten, diese aber nicht angemeldet haben.

30

Die Auffassung des Beklagten, wer ein gebührenpflichtiges Rundfunkgerät entgegen seiner Verpflichtung aus § 3 Abs. 1 RGebStV aus welchen Gründen auch immer nicht anmeldet, handele unredlich und könne sich deshalb auf Verjährung nicht berufen, verkehrt die klare gesetzliche Regelung in ihr Gegenteil. Auch der Hinweis darauf, bereits die fahrlässig versäumte Anmeldung sei bußgeldbewehrt (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 RGebStV), verfängt nicht, weil die Ordnungswidrigkeit bereits nach sechs Monaten verjährt (§§ 31 Abs. 2 Nr. 4, 17 Abs. 1 OWiG) mithin nach Eintritt der Verjährung des Gebührenanspruchs nicht mehr verfolgt werden könnte. Die Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung, welche zur Durchbrechung der gesetzlich vorgegebenen Verjährung führt, ist vielmehr nur in solchen Ausnahmefällen gerechtfertigt, in denen den Betroffenen ein ganz erhebliches Unwerturteil trifft. Ob das nur - wie das OVG Lüneburg in der bereits mehrfach zitierten Entscheidung vom 30.11.2005 meint - dann der Fall ist, wenn der Schuldner durch aktives Handeln, etwa bewusstes häufiges Umziehen oder die Falschbeantwortung von Auskunft-ersuchen versucht, die Durchsetzung des Gebührenanspruchs zu vereiteln, lässt das Gericht offen (so auch schon seine Urteile vom 22.03.2005 - 2 A 38/05 -, 12.01.2006 - 2 A 197/95 -, 28.02.2006 - 2 A 61/05 - und  23.03.2006 - 2 A 244/05 -). Jedenfalls muss dem Betroffenen ein erheblicher Schuldvorwurf im Hinblick auf die nicht erfolgte Anmeldung von Rundfunkempfangsgeräten gemacht werden können, so dass es nahe liegt, lediglich Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit genügen zu lassen. Ein derart hohes Maß an Verschulden muss etwa gegeben sein, wenn dem Empfänger einer rechtswidrig gewährten öffentlich-rechtlichen Leistung der Vertrauensschutz versagt wird und mithin die Leistung - auch wenn sie verbraucht ist - zurückgefordert werden kann (§§ 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 VwVfG, 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 und 3 SGB X). Anhaltspunkte für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit sind nicht erkennbar. Sie wären indes zu verlangen, da in der Bevölkerung die Kenntnis von einem derartigen Rundfunkgebührentatbestand nicht sehr verbreitet ist.

31

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

32

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.