Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 15.11.2006, Az.: 3 A 17/05
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 15.11.2006
- Aktenzeichen
- 3 A 17/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 44430
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:2006:1115.3A17.05.0A
Fundstelle
- AbfallR 2006, 298
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die kalkulatorische Abschreibung eines Nutzungsrechts als immaterielles Wirtschaftsgut setzt grundsätzlich voraus, dass sein Wert zu Beginn der Abschreibungsperiode beziffert wurde.
- 2.
Zur hinreichenden Bestimmtheit von Gebührenmaßstab und Gebührensatz.
- 3.
Zur Ansatzfähigkeit von Fremdleistungsentgelten im Rahmen der Gebührenkalkulation.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Abfallentsorgungsgebühren für das Jahr 2005.
Er ist Miteigentümer des bebauten Grundstücks "D." im Stadtgebiet der Beklagten. Mit Grundbesitzabgabenbescheid vom 20.01.2005 zog die Beklagte den Kläger unter anderem zu einer Abfallentsorgungsgebühr in Höhe von 121,20 € für eine 120-L-Biotonne (Teilkompostierung, 14-tägige Entleerung) und in Höhe von 342,60 € für einen 240-L-Restabfallbehälter (14-tägige Entleerung), insgesamt also 463,80 €, heran.
Am 25.01.2005 hat der Kläger Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt, den die Kammer wegen des im Eilverfahren eingeschränkten Prüfungsumfangs der Sach- und Rechtslage durch Beschluss vom 11.02.2005 - 3 B 18/05 - abgelehnt hat. Infolge einer beantragten Änderung des Volumens der dem klägerischen Grundstück zugewiesenen Abfallbehälter auf jeweils 80 Liter Bio- und Restabfall hat die Beklagte durch Bescheid vom 04.03.2005 die mit Bescheid vom 20.01.2005 festgesetzte Abfallentsorgungsgebühr auf 394,20 € herabgesetzt.
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, die Abfallbeseitigungsgebühr sei im Vergleich zum Vorjahr um rund 42,6 % erhöht worden. Die Kalkulation sei rechtswidrig, insbesondere hinsichtlich der Entgelte für Fremdleistungen, kalkulatorische Abschreibung und Verzinsung, Personal- und Sachkosten der Einrichtung sowie der anteiligen Kosten der Querschnittsämter. Die Gebühren für die Biotonne seien in gleichem Umfang wie diejenigen für die Restabfallbehälter erhöht worden, obwohl die höheren Vorbehandlungskosten ab Juni 2005 nur für Restabfälle anfielen; Teilkompostierer würden durch die Gebührenentwicklung besonders benachteiligt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten über Grundbesitzabgaben vom 20.01.2005 in der Fassung des Bescheides vom 04.03.2005 für das Grundstück "D." aufzuheben, soweit darin eine Abfallentsorgungsgebühr in Höhe von 394,20 € festgesetzt worden ist.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid und erklärt zur Kalkulation, die in den speziellen Leistungen enthaltenen Kosten für Sonderabfälle, wiederverwertbare Stoffe, Papier und Sperrmüll würden auf alle Abfallbehälter verteilt. Da Eigen- und Teilkompostierer die Biotonne nicht bzw. nur in geringem Umfang nutzten, seien die in den Biotonnengebühren rechnerisch enthaltenen speziellen Leistungen in die Restabfallbehälter der Eigen- und Teilkompostierer hineingerechnet worden. Ziel des Gebührensystems sei nicht nur, Anreiz zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen zu bieten, sondern auch, die Stoffströme des Bio- und Restabfalls "sauber" zu halten, indem die Benutzer der Einrichtung nicht zwischen einem "billigeren" und einem "teureren" Behälter (bei gleichem Volumen) wählen könnten. Auf entsprechende Anfragen des Gerichts erklärt die Beklagte unter anderem, dass die höheren Kosten der Vorbehandlung und Deponierung von Restabfällen auch zu einer Erhöhung der Gebühren für Biotonnen führten, weil diese Kosten auf alle Behälter verteilt würden; die Rechtsprechung des BVerwG lasse dies zu. Die kalkulatorischen Zinsen in Höhe von mehr als 0,9 Mio. € seien vom Anlagekapital mit einem Mischzinssatz von 5,50 % berechnet worden. Ein 20-prozentiger Zuschlag für Abfälle, die nicht den Annahmebedingungen entsprächen, habe in der Praxis keine Bedeutung, da derartige Abfälle nicht angenommen würden. Eine scheinbar degressive Staffelung der Gebührensätze ergebe sich daraus, dass das Raumgewicht des Abfalls zum Gebührenmaßstab gehöre; eine 1995 und 1996 durchgeführte Verwiegung der eingesammelten Abfälle habe ergeben, dass der Inhalt der kleinsten Abfallbehälter ein dreifach höheres spezifisches Gewicht pro Liter aufweise als derjenige des größten Behälters. Das Durchschnittsgewicht je Liter Behältervolumen sei in Form von Äquivalenzziffern in die Gebührenberechnung eingeflossen. Die vom Landkreis F. betriebene Zentraldeponie M. werde von der Beklagten mitbenutzt. Die Mitbenutzung und die Kostenaufteilung seien in einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung geregelt. Die von der Beklagten zu tragenden Investitionsausgaben würden als Anschaffungswerte (Nutzungsrecht) bei der Beklagten aktiviert und grundsätzlich bis 2012 abgeschrieben, wobei die AfA 2005 bei dieser Kostenstelle ca. 1,13 Mio. € betragen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und zur Sachlage wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen; diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Soweit sich der Rechtsstreit nach Rechtshängigkeit in der Hauptsache teilweise erledigt hat, indem die Beklagte durch Bescheid vom 04.03.2005 die ursprünglich mit 463,80 € festgesetzte Abfallentsorgungsgebühr auf 394,20 € reduziert hat, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet. Die Festsetzung der Abfallentsorgungsgebühr für das Grundstück "D." im Kalenderjahr 2005 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dem streitbefangenen Bescheid fehlt in der Abfallgebührensatzung - AGS - der Beklagten vom 10.12.1999 in der Fassung der zum 01.01.2005 in Kraft getretenen 6. Nachtragssatzung (Amtsblatt 2004, 205) in mehrfacher Hinsicht eine hinreichende satzungsrechtliche Grundlage.
1. Zu Unrecht stellt die Beklagte die "Deponie M." mit einem Restbuchwert (per 31.12.2004) von 8.182. 867 € und einer AfA 2005 in Höhe von 1.128. 685 € als Kostenstelle in ihre Gebührenkalkulation für 2005 ein. Die von der Beklagten zu tragenden anteiligen Investitionsausgaben dürfen - entgegen der ursprünglich vertretenen Auffassung der Beklagten (Schriftsatz vom 05.10.2006, S. 4 a.E.) - nicht als Anschaffungswerte in das Anlagevermögen eingestellt und mit ihm abgeschrieben sowie kalkulatorisch verzinst werden, denn bei der Zentraldeponie M. handelt es sich nicht um einen Bestandteil der öffentlichen Abfallentsorgungseinrichtung der Beklagten gemäß § 1 Abs. 3 der Abfallentsorgungssatzung - AES - (in der Fassung des 7. Nachtrags vom 10.12.2004, Amtsblatt 2004, 151). Die Beklagte hat dies offenbar auch erkannt und führt hierzu an späterer Stelle (Schriftsatz vom 23.10.2006, Seite 3 a.E.) aus, Grundlage für die Abschreibung sei eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen ihr und dem Landkreis F. über die gemeinsame Nutzung der Zentraldeponie M. des Landkreises vom 21./31.07.1987 in der Fassung des 2. Nachtrags vom 15./17.12.1999. Danach betreibt der Landkreis die Deponie (§ 2 Abs. 1) und gestattet der Beklagten die Mitbenutzung vom 01.01.1988 bis zum 31.12.2012 (§§ 1 Abs. 2, 12 Satz 2) für die zugelassenen Abfallarten. Die Beklagte beteiligt sich nach festgelegten Anteilsschlüsseln an den Investitions- (§§ 4, 5, 8a Abs. 2), Nachsorge- (§ 6) und Betriebskosten (§§ 7, 8a Abs. 1) der Zentraldeponie. Die nach dieser Vereinbarung dem Landkreis - unter quartalsweisen Abschlagszahlungen - jährlich anteilig zu erstattenden Investitionsausgaben aktiviert die Beklagte in Form von Anschaffungswerten des Nutzungsrechts an der Zentraldeponie als immaterielles Wirtschaftsgut ihres eigenen Anlagevermögens; die Abschreibung und kalkulatorische Verzinsung sind grundsätzlich bis Ende 2012 ausgelegt.
Die Aktivierung der seitens der Beklagten gezahlten, anteiligen Investitionskosten für die Zentraldeponie M. als immaterielles Wirtschaftsgut in Form eines Nutzungsrechts entspricht bereits methodisch nicht den gesetzlich vorgeschriebenen betriebswirtschaftlichen Grundsätzen (vgl. §§ 12 Abs.1 und 6 Satz 1 NAbfG, 5 Abs. 2 Satz 1 NKAG; Driehaus-Schulte/Wiesemann, Kommunalabgabenrecht, Stand: 09/06, § 6 Rn 40). Zwar kann grundsätzlich auch ein immaterielles Wirtschaftsgut in Gestalt eines Mitbenutzungsrechts zum Anlagevermögen einer öffentlichen Einrichtung gehören und damit abgeschrieben sowie kalkulatorisch verzinst werden (vgl. OVG NW, Urteil v. 24.07.1995 - 9 A 2474/94 -, KStZ 1997, 57 rechte Spalte oben); Voraussetzung dafür ist jedoch grundsätzlich, dass der Wert des Nutzungsrechts zu Beginn der Abschreibungsperiode feststeht, weil nur dann die erforderliche lineare, also mit gleich bleibenden Periodenbeträgen erfolgende (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 12.07.1984 - 3 A 150/81 -, KStZ 1985, 195; Driehaus-Lichtenfeld, aaO., § 6 Rn 734c), Abschreibung überhaupt möglich ist. Denn eine hinreichende Objektivierung des zu aktivierenden immateriellen Wirtschaftsguts ist prinzipiell nur auf der Grundlage geleisteter Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 HGB) im Rahmen eines entgeltlichen Leistungsaustausches mit Außenstehenden oder eines gleichwertigen Vorgangs gegeben (vgl. BFH, Urteil vom 14.03.2006 - I R 109/04 -, BFH/NV 2006, 1812). Ausnahmsweise dürfen auch Nutzungsrechte im Rahmen schwebender, also noch nicht beidseitig erfüllter Verträge für die Abschreibung aktiviert werden, dies jedoch nur dann, wenn die noch nicht erfüllten Verpflichtungen - hier: die Zahlung der anteiligen Investitionskosten durch die Beklagte - auf korrespondierenden Vorleistungen des anderen Vertragspartners - hier: die Einräumung des Nutzungsrechts durch den Landkreis - beruhen (sog. Erfüllungsrückstand, vgl. BFH, Urteil vom 27.06.2001 - I R 11/00 -, BFHE 195, 567). Ein derartiger "Erfüllungsrückstand" liegt aber nur vor, wenn im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses die zu aktivierende Gegenleistung einer Leistung des anderen Vertragspartners final und zeitlich zuzuordnen ist (BFH, Urteil vom 27.06.2001, aaO.).
An der Erfüllung dieser Voraussetzungen fehlt es vorliegend. Für die Annahme eines "Erfüllungsrückstandes" bei schwebendem Vertrag mangelt es bereits daran, dass das Nutzungsrecht nicht jahresweise, sondern für den gesamten 25-jährigen Zeitraum einheitlich eingeräumt wurde; weder zielgerichtet noch zeitlich lassen sich deshalb die quartalsweisen Abschläge und jährlichen Zahlungen der Investitionskostenanteile bestimmten "Jahresnutzungs"-Rechten zuordnen. Auch geleistete Anschaffungskosten i.S.d. § 255 Abs. 1 HGB lassen sich nicht feststellen. Weder enthält die öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Landkreis irgendwelche Angaben, die eine Berechnung des Wertes des eingeräumten Mitbenutzungsrechts ermöglichen könnten, noch ist der Wert des immateriellen Wirtschaftsgutes an anderer Stelle berechnet oder festgestellt worden. Dies wäre nach der Methode der Beklagten auch gar nicht möglich. Denn sie bestimmt nach dem Ergebnis der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung den "Wert des Mitbenutzungsrechts" permanent neu, indem sie immaterielle Vermögenswerte in Höhe genau des Betrages, den sie für das jeweilige Kalenderjahr als anteiligen Ausgleich für die deponiebezogenen Investitionskosten des Landkreises gezahlt hat, dem bereits teilweise abgeschriebenen Mitbenutzungsrecht hinzurechnet. Die AfA des laufenden Jahres einschließlich der als neu hinzukommend prognostizierten "Werterhöhung" des Anlagevermögens wird anhand der Abschreibungszeiträume berechnet, die für die jeweiligen materiellen Wirtschaftsgüter gelten würden, welche der Landkreis tatsächlich für die Zentraldeponie beschafft hat und für welche die anteilige finanzielle Ausgleichszahlung an den Landkreis erfolgt ist bzw. erfolgen wird. Im Ergebnis wird dabei also die Summe der jährlich anfallenden anteiligen Erstattungsbeträge an Investitionskosten mit dem Wert gleichgesetzt, den das Mitbenutzungsrecht für die Beklagte (bzw. einen fiktiven Kaufinteressenten) haben soll, ohne dass hinterfragt würde, ob sich jede der Investitionen des Landkreises in seine öffentliche Einrichtung in gleicher Höhe wie bei seinem gegenständlichen Anlagevermögen auch bei den immateriellen Wirtschaftsgütern der Beklagten wertsteigernd auswirken kann. Auf diese Weise steigt das Anlagevermögen der öffentlichen Abfallentsorgungseinrichtung der Beklagten im Jahr 2005 um immaterielle Wirtschaftsgüter in Höhe von 74.500,00 €, die vom Landkreis zusammen mit dem auf ihn entfallenden Kostenanteil während desselben Jahres in dessen Zentraldeponie als Teil seiner öffentlichen Abfallentsorgungseinrichtung investiert werden sollen, obwohl die Zentraldeponie im Sinne des eingeräumten Mitbenutzungsrechts zur Endlagerung zugelassener Abfälle ab dem 01.05.2005 gar nicht mehr benutzt werden darf und daher eine "Werterhöhung" des Mitbenutzungsrechts denknotwendig ausgeschlossen ist.
Hinzu kommt, dass die Beklagte die Abschreibung ihres Anlagevermögens - wie sie ausführlich dargelegt hat - anhand der tatsächlichen Anschaffungskosten, nicht aber nach den Wiederbeschaffungszeitwerten (vgl. dazu Driehaus-Schulte/Wiesemann, aaO., Rn 78 ff, und Driehaus-Lichtenfeld, aaO., Rn 734a) vornimmt. Die Anschaffungskosten des Mitbenutzungsrechts an der Zentraldeponie können sich jedoch nicht von Jahr zu Jahr ändern, sondern hätten 1987 beim Abschluss der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung in Form eines Kaufpreises festgelegt werden müssen, um sich für die Beklagte als Anschaffungswert darzustellen und als immaterielles Wirtschaftsgut abgeschrieben werden zu können. Dem kann nicht etwa entgegen gehalten werden, dass die Beklagte das Mitbenutzungsrecht nicht als einheitliches, wertvariables immaterielles Wirtschaftsgut behandeln würde, sondern quasi jeder Anteil, den die Beklagte zu jeder Einzelinvestition des Landkreises erstatte, zu einem selbständigen immateriellen Wirtschaftgut führen würde bzw. dürfte. Denn zum einen lässt die vorgelegte Kalkulation eine derartige Handhabung nicht erkennen, und zum anderen besteht ein Mitbenutzungsrecht der Beklagten, die ein immaterielles Wirtschaftsgut sein könnte, nur an der Zentraldeponie insgesamt, nicht aber an jedem einzelnen Gegenstand der Einrichtung wie Poldern, Klärwerken, Großgeräten oder Büroeinrichtungen, so dass es auch nur insgesamt bewertet werden dürfte.
Methodisch richtig wäre es deshalb entweder gewesen, den Wert des Mitbenutzungsrechts als immaterielles Wirtschaftsgut zum 01.01.1988 - beispielsweise anhand eines hierauf gezahlten Baukostenzuschusses (so OVG NW, aaO) oder der voraussichtlich in den ersten Jahren zu erstattenden Investitionskosten - zu bestimmen, ab diesem Zeitpunkt linear abzuschreiben sowie kalkulatorisch zu verzinsen, und die weiteren an den Landkreis zu entrichtenden Erstattungsbeträge als Betriebsausgaben in die Gebührenbedarfsberechnung einzubeziehen. Alternativ hätte die Beklagte sämtliche Zahlungen an den Landkreis, soweit sie sich als ansatzfähige Fremdleistungsentgelte i.S.d. §§ 12 Abs. 1 NAbfG, 5 Abs. 2 Satz 4 NKAG (anteilige Betriebs- und Unterhaltungskosten sowie kalkulatorische Kosten des Landkreises, die auf das Mitbenutzungsrecht der Beklagten entfallen) darstellen, als Betriebsausgaben ihrer eigenen Einrichtung kalkulieren können, so dass das Nutzungsrecht gar nicht oder allenfalls mit einem symbolischen Wert in das Anlagevermögen aufzunehmen gewesen wäre.
Die fehlerhafte Behandlung der dem Landkreis erstatteten anteiligen Investitionskosten als Werterhöhung eines immateriellen Wirtschaftsgutes wirkt sich unmittelbar auf die zulässige Höhe der Kalkulationsposten "Abschreibung" und "kalkulatorische Verzinsung" aus, die für das Jahr 2005 mit 1.832. 151 € bzw. 906. 443 € insgesamt nahezu 17 % des gesamten Kostenbedarfs in Höhe von 16.282. 089 € ausmachen. Ohne Berücksichtigung des dem Landkreis seit 1988 erstatteten anteiligen Investitionsaufwandes sinkt nämlich das Anlagevermögen per 31.12.2004 von 15.940. 328 € um 8.182. 867 € auf weniger als die Hälfte, womit sich auch die AfA 2005 entsprechend reduziert. In gleichem Maße wie das Anlagevermögen selbst sinkt auch seine kalkulatorische Verzinsung um circa die Hälfte der eingestellten ca. 0,9 Mio. €, weil nicht zu erkennen ist, dass der von der Beklagten angenommene Mischzinssatz von 5,5 % aus Rechtsgründen verändert werden müsste. Dies bedeutet nun allerdings nicht zwangsläufig, dass die Gebührenkalkulation der Beklagten für das Jahr 2005 eine Überdeckung von rund 1,5 Mio. € aufweisen würde. Wenn die Beklagte bei einer Nachkalkulation ihrer Gebührensätze die an den Landkreis erstatteten Investitionskosten auch nicht mehr als immaterielle Wirtschaftsgüter aktivieren darf, muss sie die für den Betrieb ihrer Einrichtung notwendigen Erstattungen an den Landkreis dennoch bei den entsprechenden Kostenstellen ihrer Kalkulation einstellen. Die Kammer sieht sich auf Grundlage des vorliegenden Zahlenmaterials nicht in der Lage, auch nur annähernd abzuschätzen, wie hoch das zu erwartende Defizit ausfallen wird, wenn die Beklagte anhand der Betriebsabrechnungen die seit 1988 bis zum 31.12.2005 an den Landkreis gezahlten, ansatzfähigen Investitionskostenerstattungen jeweils als Fremdleistungsentgelte (vgl. Driehaus-Lichtenfeld, aaO., Rn 737, 739a) berechnet; im Höchstfall dürfte das Defizit den noch nicht abgeschriebenen "Wert des immateriellen Wirtschaftsguts Deponie M." mit rund 7,13 Mio. € erreichen können. In ihre Berechnung einbeziehen muss die Beklagte aber auch, dass sie im gleichen Zeitraum kalkulatorische Zinsen für das immaterielle Wirtschaftsgut eingenommen hat, deren Gesamtaufkommen bei überschlägiger Schätzung deutlich mehr als 7,13 Mio. € beträgt und zu einer deutlich mehr als nur geringfügigen (vgl. VG Göttingen, Urteil vom 17.04.2004 - 3 A 3241/02 -, NST-N 2004, 281, 283; Driehaus-Lichtenfeld, aaO., Rn 731 m.w.N.) Überdeckung der kalkulierten Gesamtkosten der Einrichtung für 2005 führen dürfte. Zu beachten wird auch sein, dass die Beklagte nicht ohne weiteres das gesamte Anlagevermögen kalkulatorisch verzinsen darf. Kalkulatorische Zinsen bilden den Gegenwert dafür, dass von der Allgemeinheit aufgebrachtes betriebsnotwendiges Kapital der öffentlichen Einrichtung zur Nutzung überlassen ist und andere öffentliche Vorhaben deshalb nicht, erst zu einem späteren Zeitpunkt oder nur auf Grund einer mit Zinsen zu vergütenden Fremdfinanzierung verwirklicht werden können (Nds.OVG, Urteil vom 04.11.2002 - 9 LB 215/02 -, juris). Der Gebührenzahler entrichtet durch die kalkulatorischen Zinsen also nicht ein Entgelt für das gesamte Anlagevermögen, sondern nur für diejenigen Teile, welche nicht aus Mitteln des Gebührenaufkommens, sondern aus allgemeinen Deckungsmitteln der Beklagten beschafft wurden bzw. werden sollen.
2.Die angefochtene Abfallentsorgungsgebühr beruht außerdem nicht auf einer hinreichenden satzungsrechtlichen Grundlage, weil der verwendete Gebührenmaßstab und der Gebührensatz (vgl. §§ 12 Abs. 1 und 6 NAbfG, 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG) fehlerhaft sind. Mit dem Gebührenmaßstab ist die Bemessungsgrundlage gemeint, mit der nach Art und Umfang der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung unter Anwendung des Gebührensatzes die Höhe der Jahresabfallgebühr errechnet wird (vgl. Driehaus-Driehaus, aaO., § 2 Rn 76; Driehaus-Lichtenfeld, aaO., § 6 Rn 748). Gemäß § 2 Abs. 1 AGS wird die Benutzungsgebühr "nach dem Rauminhalt, dem durchschnittlichen Raumgewicht sowie nach der Häufigkeit der Entleerungen der bereitgestellten ... Abfallbehälter ... kalkuliert" (wohl gemeint: ... bemessen) "und beinhaltet außerdem spezielle Leistungen". In dem so umschriebenen Maßstab tritt das Bestreben der Beklagten hervor, durch die Berücksichtigung des durchschnittlichen Abfallgewichts gegenüber dem üblichen, aber verhältnismäßig groben Wahrscheinlichkeitsmaßstab des Behältervolumens einen wirklichkeitsnäheren Gebührenmaßstab zu entwickeln (vgl. Driehaus-Lichtenfeld, aaO., Rn 748, 755, 755b, 765). In der Verwaltungspraxis der Beklagten soll dieser Maßstab umgesetzt werden, indem allen Abfallbehältergrößen "Äquivalenzziffern" als Ergebnisse einer 1995 und 1996 durchgeführten Ermittlung der durchschnittlichen Abfallgewichte zugeordnet werden, die in der Kalkulation für 2005 (Seite 13f) als Multiplikatoren bei der Verteilung der auf die Behältergrößen entfallenden Kostenmengen Verwendung finden. Die - jedenfalls für 2005 als maßgeblich benannten - Daten sind in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt:
Behältergröße
Gewicht/Behälter
Gewicht/Liter
Äquivalenzziffer
40 Liter
10,55 kg
0,2638 kg
0,65
60 Liter
12,20 kg
0,2033 kg
0,75
80 Liter
13,76 kg
0,1720 kg
0,85
120 Liter
16,28 kg
0,1357 kg
1,00
240 Liter
32,89 kg
0,1370 kg
2,00
770 Liter
79,02 kg
0,1026 kg
4,80
1.100 Liter
98,58 kg
0,0896 kg
6,00
Auf diese Weise soll das Ziel der Beklagten erreicht werden, dass Bio- und Restabfall je Kilogramm Durchschnittsgewicht nahezu denselben Betrag (= Gebührensatz) kosten, nämlich im Jahr 2005 für die Behälter mit 40 bis 120 Litern Volumen 35 Cent/kg und für die Behälter mit 240 bis 1.100 Litern Volumen 34 Cent/kg (vgl. Anlage 3 zum Schriftsatz vom 05.10.2006, GA Bl. 68). Gebührenmaßstab der Beklagten für Bio- und Restabfallbehälter ist damit nicht, was in § 2 Abs. 1 AGS umschrieben wurde, sondern vielmehr das jährliche Durchschnittsabfallgewicht je nach Behältertyp. Der ebenfalls gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG satzungsrechtlich zu normierende Gebührensatz, also der je Maßstabseinheit zu zahlende Geldbetrag, ist für die Bio- und Restabfallbehälter gar nicht geregelt. Das ist unschädlich, sofern dieser mittels einer Division des zum Behältertyp gehörenden durchschnittlichen Jahresabfallgewichts durch die jeweilige Jahresabfallgebühr (§ 2 Abs. 2, 3, 6 und 7 AGS) anhand der Angaben errechnet werden kann, die der Gebührensatzung zu entnehmen sind (vgl. Nds.OVG, Urteil vom 20.01.2000 - 9 K 2148/99 -, NdsVBl. 2000, 113). Dies ist bei der AGS der Beklagten jedoch nicht der Fall. Gleichgültig, mit welcher Grundrechenart die in § 2 Abs. 1 AGS genannten Faktoren zueinander ins Verhältnis gesetzt werden, ist es nicht möglich, einen Satz von 34 bzw. 35 Cent/kg auch nur annähernd zu ermitteln. Auch mit dem - wohl - von der Beklagten gemeinten Gebührenmaßstab des jährlichen Durchschnittsabfallgewichts je nach Behältertyp lässt sich kein Gebührensatz berechnen, weil Durchschnittsgewichtsangaben in der AGS nicht zu finden (und auch nicht dem Rat der Beklagten mit der Kalkulation zugänglich gemacht worden) sind.
Selbst wenn der in § 2 Abs. 1 AGS festgelegte Gebührenmaßstab die Bemessungsgrundlage der Abfalljahresgebühren sein könnte, aber von der Verwaltung der Beklagten falsch angewandt worden wäre, wäre er nicht hinreichend bestimmt, weil es der Satzungsgeber der Verwaltung überlässt, in welchem Verhältnis die Parameter "Behältervolumen" und "durchschnittliches Raumgewicht" zueinander stehen sollen. Jede Änderung der Äquivalenzziffern durch die Verwaltung - was nach den Erklärungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung in der Vergangenheit bereits geschehen war - führt zu einer Änderung des Gebührenmaßstabs, ohne dass der Kreis der Einrichtungsbenutzer dies aus der Gebührensatzung erkennen könnte. Die von der Verwaltung derzeit festgelegten und vom Rat lediglich als Teil der Kalkulation akzeptierten Äquivalenzziffern sind auch keineswegs zwingend ausschließlich in dieser Höhe bestimmbar - oder auch nur ohne weiteres nachvollziehbar -, steht doch eine Abnahme des Gewichts/Liter mit steigender Behältergröße auf knapp ein Drittel einer Anhebung der Äquivalenzziffer um mehr als das Neunfache gegenüber. Dass Äquivalenzziffer und durchschnittliches Abfallgewicht/Liter nicht dasselbe ausdrücken, zeigt sich in aller Deutlichkeit in der nachfolgenden Grafik, in der die Behältergrößen (VOL, horizontale Achse) in Bezug zum Gewicht/Liter (o--o--o) und zur Äquivalenzziffer (x--x--x) auf der vertikalen Achse gesetzt wurden.
Würde die Äquivalenzziffer tatsächlich die von der Beklagten angenommenen durchschnittlichen Raumgewichte widerspiegeln, so müssten beide Kurven weitgehend parallel verlaufen. Da dies offensichtlich nicht der Fall ist, spielen bei der Bildung der Äquivalenzziffern zwangsläufig weitere Faktoren eine Rolle, die nicht in den durchschnittlichen Raumgewichten je Liter - und damit auch nicht im Gebührenmaßstab - enthalten sind; welche Faktoren das sein könnten, vermochten allerdings weder die schriftlichen Unterlagen der Beklagten noch die intensive Erörterung dieser Frage in der mündlichen Verhandlung zu erhellen.
Davon abgesehen, bieten zur Ermittlung der je Behältertyp durchschnittlichen Raumgewichte die Ergebnisse einer 1995/96 durchgeführten Verwiegung der Abfallbehälter keine hinreichende Datenbasis mehr für das Jahr 2005. Denn die Untersuchung wurde durchgeführt, als die ab 1993 ins Leben gerufene Getrenntsammlung von Verpackungsabfällen (Grüner Punkt, DSD) sich noch in der Anlaufphase befand und deshalb gerade für größere Wohneinheiten mit entsprechend hohen Abfallbehältervolumen angenommen werden muss, dass 1995/96 von dort noch erhebliche Mengen relativ leichter Verpackungsabfälle in den allgemeinen Restmüll gelangten, was erst im Laufe der Jahre durch Kontrollen und gestiegenes Umweltbewusstsein deutlich reduziert werden konnte. Dagegen spricht nicht, dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, die zunächst relativ konstanten Verpackungsabfallmengen seien gegen Ende der 90-er Jahre um rund ein Viertel des jährlichen Gesamtgewichts angestiegen, weil der "Gelbe Sack" seinerzeit zunehmend als Mittel zur "Restabfallentsorgung" entdeckt worden sei. Denn auch die Entledigung großer Mengen relativ leichter - die Beklagte benannte insbesondere Einwegwindeln - Restabfälle außerhalb der Restabfallbehälter verhindert, dass die vor diesem Phänomen ermittelten durchschnittlichen Abfallgewichte weiterhin als zutreffend angenommen werden können. Außerdem berücksichtigt die Beklagte nicht, dass sie ausweislich ihres Abfallwirtschaftskonzepts 2005 erst im Jahr 1999 die Biotonne flächendeckend einführte. Insbesondere nasse, relativ schwergewichtige Bioabfälle, die im Verhältnis zur Bewohnerzahl auf Grundstücken mit Einfamilienhäusern in erheblich höherem Umfang anfallen als in größeren Wohneinheiten, wurden 1995/96 - mit Ausnahme eines kleinen Erprobungsgebietes, das allenfalls 10 % der heutigen Biotonnenanzahl umfasste - noch gemischt mit dem Restmüll entsorgt und führten unweigerlich bei den kleineren Behältergrößen zu höheren Gewichten pro Liter des Behältervolumens. Wenn die Beklagte also den Behältervolumenmaßstab durch die Berücksichtigung der durchschnittlichen Abfallgewichte wirklichkeitsnäher gestalten will, so muss sie dies zum einen in Gebührenmaßstab und -satz hinreichend bestimmt festlegen und zum anderen eine aktuelle Datenbasis für die durchschnittlichen Abfallgewichte je Behältergröße ermitteln.
3.Weiterhin sind die für das Jahr 2005 kalkulierten Gebührensätze rechtswidrig. Die verwendeten Äquivalenzziffern führen durch die antiproportional rund dreifache Überhöhung im Verhältnis zwischen dem Gewicht/Liter und der Äquivalenzziffer (vgl. vorstehende Tabelle, Spalte 3 und 4) im Ergebnis zu einer verdeckt degressiven Staffelung der Abfallentsorgungsgebühren, was gegen § 12 Abs. 2 Satz 2, Abs. 6 Satz 1 und 2 NAbfG verstößt. Werden die Gebührensätze des § 2 Abs. 2 AGS (Restabfallbehälter) unter Außerachtlassung der Äquivalenzziffern auf den Maßstab je Woche und Liter umgerechnet, so ist eine degressive Gebührenstaffelung von 9,13 Cent für die 40-L-Behälter über 6,98 Cent (60 l), 5,97 Cent (80 l), 5,11 Cent (120 l), 4,68 Cent (240 l), 3,50 Cent (770 l) bis hinunter auf 3,06 Cent (1.100 l) zu erkennen. Die Staffelung des § 2 Abs. 3 AGS (Biotonne) ist im Wesentlichen identisch. Die Staffelung in Abs. 6 dieser Norm (Eigen- und Teilkompostierung) fällt von 10,70 Cent auf 3,24 Cent, in Abs. 7 von 7,56 Cent auf 3,88 Cent. Sogar die Gebühren für Sonderentleerungen (§ 3 Abs. 2 AGS), Austausch und Leerung von Biotonnen (§§ 2 Abs. 5, 3 Abs. 3 AGS) sowie Veranstaltungen (§ 3 Abs. 4 AGS) werden mit steigender Behältergröße preisgünstiger. Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten (Schriftsatz vom 14.09.2006, S. 5), dass die Gebühren mit steigenden Behältergrößen ebenfalls stiegen. Dieser Anstieg ist durch die Äquivalenzziffern über Gebühr verringert, denn er berücksichtigt nicht, dass der Anteil der vom Raumgewicht unabhängigen Fixkosten je Leerung mehr als 50 % der Gesamtkosten ausmacht. Hierzu gehören auch die Kosten der "speziellen Leistungen". Selbst wenn die Annahme der Beklagten noch zuträfe, dass kleinere Restabfallbehälter durch Abfallverdichtung deutlich höhere durchschnittliche Abfallraumgewichte hätten als größere, wäre in keiner Weise plausibel, hieraus zu folgern, dass die Inhaber kleiner Restabfallbehälter auch signifikant mehr (sei es nach Gewicht oder Volumen) Sperrmüll, Altpapier, Altglas oder Sonderabfälle erzeugen, als dies auf Grundstücken mit Restabfallgroßbehältern der Fall ist.
Aus S. 15 der Kalkulation für 2005 ist außerdem zu entnehmen, dass bei gleichen Behältervolumen die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu unterschiedlichen Gebührenbelastungen führt. Der 40-L-Behälter bei wöchentlicher Leerung kostet 190,00 €, der 80-L-Behälter bei zweiwöchentlicher Leerung dagegen nur 124,30 €. Der 60-L-Behälter bei wöchentlicher Leerung kostet 219,30 €, der 120-L-Behälter bei zweiwöchentlicher Leerung dagegen nur 146,25 €. Diese Unterschiede sind nicht in dem geringfügig höheren Personalaufwand bei kürzerem Leerungsintervall begründet, sondern liegen wiederum an der überproportionalen Kostenverschiebung mithilfe der Äquivalenzziffern; denn bei zweiwöchentlicher Leerung kosten 240 Liter Behältervolumen in einem Behälter 292,50 €, dasselbe bei zwei 120-L-Behältern, jedoch bei drei 80-L-Behältern schon 372,90 €, bei vier 60-L-Behältern 438,60 € und bei sechs 40-L-Behältern sogar 570,00 €, also nahezu das Doppelte, was mit den Personalkosten keinesfalls zu begründen wäre. Die Gebührengestaltung der Beklagten bevorzugt daher durch die Staffelung der Äquivalenzziffern die Nutzer großer Behältervolumen und wirkt so dem Gebot des § 12 Abs. 2 Satz 2 NAbfG entgegen, hinreichende (vgl. Nds.OVG, Urteile vom 07.06.2004 - 9 KN 502/02 -, Nds.VBl 2004, 267 und vom 26.03.2003 - 9 KN 439/02 -, KStZ 2004, 36) Anreize zur Abfallvermeidung und Abfallverwertung zu schaffen.
Zwar würde es genügen, wenn dieser Anreiz durch das Abfallgebührenrecht der Beklagten insgesamt geschaffen würde; die Kammer vermag jedoch nicht zu erkennen, dass dies der Fall wäre. Zu den unverzichtbaren Eckpunkten einer rechtmäßigen Erhebung von Abfallgebühren zählt die Kammer nach der Rechtsprechung des Nds.OVG (Beschluss vom 19.12.2005 - 9 LA 87/05 -, juris), dass die Gebührenregelung einen Anreiz zur Trennung der Abfallfraktionen geben muss, der auch in einer Quersubventionierung zu Gunsten der Biotonne, beispielsweise in Form einer Gebührenfreiheit für die ersten 60 Liter Bioabfall pro Leerungsintervall, liegen darf. Die Beklagte kehrt dieses Prinzip durch eine Subventionierung der Restabfallbehälter dagegen um, indem sie zum einen die Kosten für die speziellen Leistungen i.H.v. ca. 2,09 Mio. €, also für Sperrmüll, Sonderabfälle, Papier, wiederverwertbare Stoffe, - unter Berücksichtigung ihrer Äquivalenzziffern (vgl. Kalkulation 2005, S. 13) nach den verschiedenen Behältergrößen - nicht nur auf die Restabfallbehälter, sondern gleichermaßen auf die Biotonnen, auch bei Teilkompostierung, verteilt. Zum anderen zieht sie die Eigen- und Teilkompostierer mit den kleinen Restabfallbehältern für die speziellen Leistungen stärker heran als diejenigen mit den größeren; denn die als Multiplikatoren eingesetzten Äquivalenzziffern wurden (Kalkulation 2005, S. 13 Mitte) bei den 40-, 60- und 80-L-Restabfallbehältern von Eigen- und Teilkompostierern verdoppelt, diejenigen für die 770- und 1.100-L-Behälter aber um ein Drittel gesenkt. Auch die höheren Kosten für die Vorbehandlung und Deponierung des Restabfalls legt die Beklagte nach ihrem Vorbringen (Schriftsatz vom 14.09.2006, S. 3 a.E.) teilweise auf die Biotonnen um, ohne dass es bezüglich dieser Kosten Probleme bei der Zuordnung der Kosten i.S.d. Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 20.12.2000 - 11 C 7.00 -, BVerwGE 112, 297, 304 Mitte) geben könnte. Die vorstehenden Berechnungsgrundsätze führen zu einer weiteren Verzerrung der Gebührenberechnung zu Gunsten der Benutzer großer Behältervolumen gegenüber den kleinen Restabfallbehältern wie auch den kleinen Biotonnen. Diese Verschiebung der Gebührenlasten macht die Auswahl der kleineren Behältergrößen für die Einrichtungsbenutzer unattraktiv und ist sachlich nicht gerechtfertigt. Die Äquivalenzziffern beruhen ausschließlich auf den Durchschnittsgewichten von Restabfallbehältern. Wie schon keine Erkenntnis besteht, dass entsprechend der Höhe des Abfallgewichts pro Liter auch die gewichts- oder volumenmäßige Menge von Sperrmüll, Sonderabfällen, Papier und/oder wiederverwertbaren Stoffen ansteigt, gibt es auch keinen sachlichen Anhaltspunkt dafür, dass eine vergleichbare Beziehung zwischen den speziellen Leistungen und dem Bioabfall, oder gar zwischen letzterem und dem Restabfall, bestehen könnte. Die von der Beklagten angeführte Begründung, mit der Verteilung der Kosten für die speziellen Leistungen auf alle Behälterarten solle verhindert werden, dass aus Kostengründen Abfälle in die falschen Behälter gelangten und dadurch die Abfallströme nicht rein gehalten werden könnten (Schriftsatz vom 14.09.2006, S. 4 oben), vermag die kritisierten Kostenverschiebungen nicht zu rechtfertigen. Die Beklagte hat schon nicht dargelegt, dass ihre Befürchtung auf einer nachprüfbaren Tatsachengrundlage beruhen würde, geschweige denn, dass sie der befürchteten Vermischung der Abfallströme nicht auf andere Weise, insbesondere durch Nutzung ihrer Befugnisse nach § 6 Abs. 3 AES, entgegenwirken könnte. Selbst wenn jedoch nach der Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten die vorschriftsmäßige Abfalltrennung im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auch durch die gebührenrechtliche Ausgestaltung erzwungen werden müsste, könnte dies ohne die Einführung einer verdeckt degressiven Staffelung auf rechtlich zulässige Art beispielsweise durch eine Grundgebühr (vgl. Driehaus-Lichtenfeld, aaO., Rn 755a ff) bei vergleichbar hohen Behältervolumengebühren für Rest- und Bioabfälle erfolgen.
4.Neben den vorstehend dargelegten Punkten leidet das Satzungsrecht der Beklagten an einigen weiteren Fehlern, die sich allerdings auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht auswirken und jeweils nur zu einer Teilunwirksamkeit einzelner Regelungen führen. Trotz entsprechender Nachfrage nahm die Beklagte keine Stellung dazu, für welche Zusatzleistungen/-aufwendungen ab dem 01.01.2005 gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AGS ein Aufschlag von 20 % erhoben wird, so dass die Kalkulation auch insoweit mangels Nachvollziehbarkeit rechtswidrig ist. Die Angabe, dass die Norm in der Praxis bedeutungslos sei, weil die nicht den Annahmekriterien entsprechenden Abfälle zurückgewiesen würden, vermag nicht zu erklären, warum die Norm überhaupt erlassen wurde und wie die Beklagte in ihrer Kalkulation eine Kosten- und Mengenprognose zur Ermittlung des erhöhten Gebührensatzes treffen konnte, wenn dieser offenbar niemals festgesetzt werden soll.
Dasselbe gilt im Ergebnis für die der Beklagten vorgelegte Frage, durch welche zusätzlichen Kostenfaktoren bei den Entsorgungsgebühren für die Anlieferung von Großbehältern gemäß § 5 Abs. 2 AGS ein Aufschlag von mehr als 60 €/to auf das - ohnehin erst ab dem 01.06.2005 ansetzbare - Entgelt des Abfallzweckverbandes Südniedersachsen - AZVS -gerechtfertigt sei. Der schlichte Verweis auf S. 19 der Kalkulation 2005 (Schriftsatz vom 14.09.2005, S. 8 oben) gibt keine Anhaltspunkte für eine ordnungsgemäße Kalkulation dieses Gebührensatzes, weil weder an dieser noch an anderer Stelle der Kalkulationsunterlagen etwaige, über die Fremdleistungsentgelte des AZVS für Vorbehandlungs- und Deponierungskosten ab dem 01.05.2006 hinausgehende, Kosten oder -faktoren der Beklagten für die Anlieferung von Großbehältern zu erkennen sind.
Rechtswidrig ist ferner der Gebührenmaßstab des § 6 Abs. 3 AGS wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Die Beklagte konnte keinen plausiblen Grund dafür nennen, warum die Art des anliefernden Fahrzeugs von derart grundlegender Bedeutung ist, dass die Anlieferung von Abfällen bis zu 100 Litern Volumen mit Handwagen und in Pkw mit höchstens fünf Sitzen ohne Anhänger gebührenfrei bleibt, wogegen die Anlieferung derselben Abfallmenge beispielsweise mit einer Schubkarre, einem Pferdefuhrwerk, per Fahrrad oder auf dem Anhänger eines Zweisitzer-Pkw gebührenpflichtig ist. Der von der Beklagten (Schriftsatz vom 14.09.2005, S. 8) angegebene Zweck, Kleinanlieferungen von nicht gewerblichen Kunden gebührenfrei zu halten, liefert offensichtlich keinen Hinweis darauf, dass ausgerechnet Handwagen und Pkw mit höchstens fünf Sitzen ohne Anhänger typischerweise von privaten und alle anderen Fahrzeugtypen generell von gewerblichen Kleinanlieferern benutzt würden.
Die Festlegung der Gebühren für Abfall- und Laubsäcke gemäß § 3 Abs. 7 AGS ist ebenfalls rechtswidrig, weil die AGS der Beklagten entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG den zugehörigen Kreis der Gebührenpflichtigen nicht bestimmt. Die Säcke sind gegen sofortige Entrichtung der Gebühren bei besonderen Verkaufsstellen erhältlich (§ 10 Abs. 3 AGS). Da die Gebührenschuld in diesem Fällen mit der tatsächlichen Inanspruchnahme der Leistung entsteht (§ 10 Abs. 1 Satz 5 AGS), kann mit diesem Rechtsbegriff nur der Kauf der Säcke gemeint sein, weil die Gebühr ansonsten fällig gestellt ("sofortige Entrichtung") würde, bevor überhaupt die Gebührenschuld (vgl. Driehaus-Lichtenfeld, aaO., Rn 721a) entstanden wäre. Als Gebührenpflichtige für Abfall- und Laubsäcke können deshalb nicht Grundstückseigentümer, Mieter, Pächter (von welchen Grundstücken auch immer) oder Abfallbesitzer (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 AGS i.V.m. § 3 Abs. 2 AES, sofern die Verweisung in § 7 Abs. 1 Satz 1 AGS nicht inhaltlich auf § 3 Abs. 1 Satz 3 AES gerichtet ist) als Gesamtschuldner (§ 7 Abs. 3 AGS) herangezogen werden; ebenso ist eine ermessensfehlerfreie Auswahl unter mehreren Gebührenpflichtigen mangels Offenlegung und Nachprüfbarkeit aller Umstände des Sachverhalts beim Kauf von Säcken kaum möglich. Als Gebührenpflichtige kommen deshalb ausschließlich die Käufer der Säcke in Betracht, was die AGS der Beklagten jedoch nicht bestimmt. Ebenso unklar ist, wer bei losem Abfall i.S.d. § 3 Abs. 8 AGS Gebührenpflichtiger sein soll, wenn der Abfall nicht mehr auf einem Privatgrundstück gelagert wird, wann im Fall dieser Norm die Gebührenschuld entsteht und wann die Gebühr fällig wird.
5.Nicht zu beanstanden sind die Kalkulation 2005 und die satzungsrechtlichen Regelungen der Beklagten dagegen, soweit der Kläger den absoluten Prozentsatz der Gebührenerhöhung, die Entgelte für Fremdleistungen, die Höhe der Personal- und Sachkosten der Einrichtung sowie der anteiligen Kosten der Querschnittsämter rügt. Die Beklagte soll gemäß §§ 12 Abs. 2 Satz 1 NAbfG, 5 Abs. 1 Satz 2 NKAG aus dem Gebührenaufkommen alle Aufwendungen ihrer Abfallbeseitigungseinrichtung decken. Soweit die Kosten betriebsnotwendig (vgl. Driehaus-Lichtenfeld, aaO., Rn 733) sind, kommt es daher auf ihre betragsmäßige Höhe ebenso wenig an wie auf den Prozentsatz ihrer Erhöhung im Vergleich zum Vorjahr. Zu den betriebsnotwendigen Kosten gehören auch die Personalkosten und die anteiligen Kosten der Querschnittsämter (vgl. Driehaus-Lichtenfeld, aaO., Rn 733a m.w.N.); die Kalkulation 2005 gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte insoweit überhöhte Ansätze eingestellt haben könnte. Auch die Fremdleistungsentgelte für die dem AZVS übertragenen Aufgaben der Abfallentsorgung sind nicht zu beanstanden. Betriebskostenumlagen oder -entgelte eines Dritten, dessen sich die abfallbeseitigungspflichtige Kommune bedient, sind im Rahmen der Gebührenkalkulation ansatzfähig, wenn (vgl. Driehaus-Lichtenfeld, aaO., Rn 736 f, m.w.N.)
- in der die Einrichtung betreffenden Grundlagensatzung (AES) hinreichend klargestellt wurde, dass und in welchem Umfang Aufgaben einem Dritten übertragen wurden,
- die Kommune den Dritten aufgrund eines Vertrages oder als Verbandsmitglied derart beeinflussen kann, dass ein allgemeines Benutzungsrecht ihrer Einwohner zu angemessenen Bedingungen gesichert ist,
- Überwachungs- und Kontrollrechte der Kommune gegenüber dem Dritten bestehen,
- bei umfänglicher Übertragung der Aufgabenerfüllung den Mitgliedern der zuständigen Vertretungskörperschaft (Rat, Kreistag) die wesentlichen Bestimmungen der betreffenden Verträge offen gelegt wurden,
- eine rechtliche Zahlungsverpflichtung der gebührenerhebenden Kommune gegenüber dem Dritten besteht,
- die Kostenansätze für Fremdleistungen des Dritten in angemessenem Verhältnis zu den von dem Dritten erbrachten Leistungen stehen.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 AES bedient sich die Beklagte der Abfallvorbehandlungsanlage des AZVS in M., dessen Mitgesellschafterin sie - neben drei anderen südniedersächsischen Kommunen - zu einem Viertel ist. Die Aufgaben des AZVS und die wechselseitigen Rechtsverhältnisse, insbesondere die Einfluss- und Kontrollbefugnisse sowie die Abfallüberlassungspflicht, sind in der Verbandssatzung (Amtsblatt der Bezirksregierung Braunschweig 2003, 166ff) hinreichend geregelt. Die zur Deckung des Finanzbedarfs des AZVS in die Umlagen für die Abfallentsorgung einzubeziehenden Aufwendungen sind nach den für Gebühren geltenden Grundsätzen des NKAG und des § 12 NAbfG zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 Satz 2 Verbandssatzung) und durch Umlagebescheid unter Beifügung prüffähiger Unterlagen festzusetzen (§ 16 Abs. 6 Verbandssatzung). Zwar ist offenbar eine Ausschreibung der vom AZVS übernommenen Leistungen der Abfallentsorgung unterblieben, so dass die Fremdleistung ersichtlich nicht zu einem "Wettbewerbspreis" vergeben wurde. Dies ist jedoch unschädlich, weil die Beklagte eine den betriebswirtschaftlichen Grundsätzen entsprechende Kalkulation des Umlagepreises für 2005 in Höhe von 161 €/t des AZVS (vom 19.10.2004, Gerichtsakte Bl. 59) vorlegen und somit nachweisen konnte, dass dieses Fremdleistungsentgelt sich im Rahmen dessen bewegt, was das kostenbezogene Erforderlichkeitsprinzip voraussetzt (vgl. Driehaus-Lichtenfeld, aaO., Rn 738a m.w.N.).
Soweit sich der Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise erledigt hat, ist nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO über die Verfahrenskosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Da die dargelegten Fehler der Abfallgebührensatzung und Kalkulation auch zur Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 20.01.2005 in vollem Umfang geführt hätten, kommt es nicht darauf an, dass der Kläger durch seinen Änderungsantrag hinsichtlich des dem Grundstück zur Verfügung gestellten Behältervolumens das erledigende Ereignis verursacht hat.
Im Übrigen folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.