Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 09.11.2000, Az.: 14 U 246/98

Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines Verkehrsunfalls; Beeinträchtigungen der Lebensqualität ; Feststellung der Höhe des Verdienstausfallschadens

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
09.11.2000
Aktenzeichen
14 U 246/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 33191
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2000:1109.14U246.98.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 18.08.1998 - AZ: 5 O 28/97

Verfahrensgegenstand

Verdienstausfall, Schmerzensgeld und Schmerzensgeldrente

Der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Amtsgericht ...
auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2000
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Berufung des Klägers wird das am 18. August 1998 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg zu Ziffer 1, 2 und 5 des Tenors teilweise abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

    1. 1.

      Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

      48.131,97 DM nebst 4 % Zinsen auf 16.970,25 DM seit dem 27. September 1996, sowie auf weitere 1.797,60 DM ab 7. Februar 1997 und auf weitere 29.364,12 DM ab 20. Februar 1998 zu zahlen.

    2. 2.

      Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

      über die gezahlten 8.000 DM hinaus ein weiteres Schmerzensgeld in einer Höhe von 17.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 7. Februar 1997 zu zahlen.

  2. 2.

    Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

  3. 3.

    Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger zu 57 % und die Beklagte zu 43 %. Von den Kosten der Berufungsinstanz tragen der Kläger 62 % und die Beklagte 38 %.

  4. 4.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  5. 5.

    Beschwer des Berufungsklägers: 57.223,63 DM,

    Beschwer der Berufungsbeklagten: 34.364,12 DM.

Tatbestand

1

In der S. Straße in W. fand am 12. März 1994 um 15:45 Uhr ein Verkehrsunfall statt. Dabei wurde der Kläger verletzt. Die Beklagte ist grundsätzlich verpflichtet, für diese Verletzung einen finanziellen Ausgleich gemäß § 3 PflVG zu leisten.

2

Bei dem Unfall waren zwei der Bänder des oberen Sprunggelenkes im rechten Knöchelbereich gerissen. Darüber hinaus hatte sich ein kleiner Teil des Sprungbeines abgelöst. Der Kläger wurde deswegen vom 12. März bis 19. März 1994 stationär behandelt. Die Bänder wurden genäht und der Knochensplitter fixiert. Der Kläger musste danach sechs Wochen lang einen Unterschenkel-Liegegips tragen. Da nach dem Eingriff sich erhebliche Schmerzen fortsetzten, wurde er in der Zeit vom 2. Februar bis 8. Februar 1995 erneut stationär behandelt. Es wurde ein freier Gelenkkörper aus dem oberen Sprunggelenk entfernt. Des Weiteren wurde ein Abstrich vom 3. Februar 1995 entnommen. Danach wurden Krankengymnastikmaßnahmen fortlaufend durchgeführt. Der Kläger hatte weiterhin erhebliche Schmerzen. Es wurde dann eine Reha-Maßnahme in D. eingeleitet, die aber auch zu keiner wesentlichen Linderung der Beschwerden führte. Diese dauerte vom 14. November 1995 bis zum 12. Dezember 1995. Am 10. Juli 1996 wurde eine Kernspintomografie des Gelenkes durchgeführt. Diese zeigte eine ausgeprägte teilchenablösende Knochenerweiterung. Des Weiteren wurde ein gutartiges Fettgeschwulst im Fersenbein festgestellt. Vom 6. August 1996 bis 20. August 1996 befand sich der Kläger zur Behandlung im ...stift H. Danach musste er längere Zeit auf Krücken gehen. Er wurde dann wiederum im ...stift H. in der Zeit vom 28. Oktober 1997 bis 4. November 1997 behandelt. Dabei wurden eine USH-Athroskopie und eine Herdanbohrung vorgenommen. Danach musste der Kläger rund sechs Monate lang Unterarmgehstützen benutzen, um sich fortbewegen zu können. Die Beschwerde- und Schmerzsymptomatik des Klägers dauert weiterhin an. Auch durch krankengymnastische Maßnahmen konnten sie nicht vollständig behoben werden.

3

Vor dem Unfall hatte der Kläger als Kolonnenführer von zwei Verputzern gearbeitet. Er hatte diese Arbeit in der Firma G. W., die von seiner Mutter als Geschäftsführerin geführt wurde, ausgeübt. Er hatte die theoretische Meisterprüfung zum Maurermeister am 12. August 1995 erfolgreich abgelegt. Diese Ausbildung hatte er in Angriff genommen, weil zusammen mit seiner Mutter geplant war, dass er nach Ablegen der Maurermeisterprüfung den Betrieb übernehmen sollte. Auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen der Mutter wurde der Betrieb dann Ende 1995 aufgegeben. Der Kläger beantragte eine Berufsunfähigkeitsrente. Diesbezüglich wurde ein Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Lüneburg geführt (Az.: S 1 Ry 86/97). Auf Grund eines Vergleiches vor dem Sozialgericht Lüneburg begann der Kläger dann am 1. Februar 1999 eine Umschulung zum Sattler. Diese Umschulung soll zwei Jahre dauern.

4

Vom 23. April 1994 bis 31. Dezember 1994 erhielt der Kläger ein Krankengeld von der IKK in einer Höhe von 15.645,70 DM. Für den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis 8. September 1995 erhielt er von der IKK weiterhin ein Krankengeld in einer Höhe von 15.501,50 DM. Ab dem 9. September 1995 bis Ende 1995 erhielt er Arbeitslosengeld in einer wöchentlichen Höhe von 428,40 DM. In der Zeit vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1997 erhielt er Ersatzleistungen in einer Höhe von insgesamt 41.690,40 DM.

5

Der Kläger hat vorgetragen, die Folgen des Unfalls hätten es ihm unmöglich gemacht, die praktische Prüfung als Maurermeister abzulegen. Des Weiteren sei er auf Grund der Folgen des Unfalls nicht in der Lage gewesen, weiterhin einen Beruf auszuüben.

6

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 50.355,60 DM nebst 12 % Zinsen auf 16.970,25 DM seit dem 27. September 1996, auf weitere 1.797,60 DM seit dem 7. Februar 1997 und auf weitere 31.587,75 DM seit dem 20. Februar 1998 zu zahlen,

  2. 2.

    die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an ihn über den Betrag von 8.000 DM hinaus ein angemessenes weiteres Schmerzensgeld nebst 12 % Zinsen auf 12.000 DM seit dem 27. Februar 1996 sowie auf weitere 30.000 DM seit dem 20. Februar 1998 zu zahlen,

  3. 3.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine monatliche Rentenzahlung in Höhe von 1.000 DM, beginnend am 1. Januar 1998, zu zahlen,

  4. 4.

    festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die sich aus dem Verkehrsunfall vom 12. März 1994 ergeben, dem Kläger gegenüber zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf den Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

7

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

8

Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Beschwerden des Klägers zumindest teilweise auf eine degenerative Knochenveränderung zurückzuführen seien. Zudem sei der Kläger nur zu 10 % arbeitsunfähig. Die gesundheitlichen Beschwerden hätten es dem Kläger auch nicht unmöglich gemacht, die praktische Meisterprüfung zum Maurermeister abzulegen. Des Weiteren sei der Kläger zum Unfallzeitpunkt arbeitslos gewesen und könne daher keinen Verdienstausfallschaden geltend machen.

9

Gemäß dem Beschluss vom 15. Juli 1997 hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg Beweis erhoben. Auf die eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. med. B. vom 9. Oktober 1997, das Ergänzungsgutachten des Sachverständigen vom 29. Januar 1998 und die Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 1998 sowie auf die Aussage der Zeugin O. in diesem Termin wird verwiesen.

10

Die 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg hat die Beklagte durch das am 18. August 1998 verkündete Urteil verurteilt, an den Kläger 18.767,85 DM nebst 4 % Zinsen auf 16.970,25 DM seit dem 27. September 1996, sowie auf weitere 1.797,60 DM seit dem 7. Februar 1997 zu zahlen, sowie an den Kläger ein Schmerzensgeld in einer Höhe von 12.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 7. Februar 1997 zu zahlen. Das Gericht hat weiterhin festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die sich aus dem Verkehrsunfall vom 12. März 1994 ergeben, dem Kläger gegenüber zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf den Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. Im Übrigen hat das Landgericht Lüneburg die Klage abgewiesen.

11

Gegen dieses am 26. August 1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. September 1998 Berufung eingelegt und diese am 26. November 1998 innerhalb der ihm gesetzten Frist begründet.

12

Der Kläger trägt vor, dass das mit Urteil des Landgerichts Lüneburg ausgeurteilte Schmerzensgeld angesichts des Behandlungsweges und der fortdauernden Schmerzen des Klägers zu gering sei. Der Kläger sei weiterhin vollkommen erwerbsunfähig. Es sei ihm auch nicht möglich gewesen, die Firma seiner Mutter, wie dies vor dem Unfall geplant gewesen sei, zu übernehmen. Der Kläger sei auch jetzt immer wieder auf die Benutzung von Unterarm-Gehstützen angewiesen. Er könne nur 1.000 bis 1.500 m in einem Stück gehen.

13

Der Kläger und Berufungskläger beantragt,

  1. 1.

    die Beklagte über den erstinstanzlich bereits ausgeurteilten Verdienstausfallschaden hinaus zu verurteilen, an den Kläger weitere 31.587,75 DM nebst 4 % Zinsen seitdem 20. Februar 1998 zu zahlen,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld auf Grund der durch den Verkehrsunfall vom 12. März 1994 erlittenen Verletzungen zu zahlen, und zwar unter Berücksichtigung bereits vorprozessual gezahlter 8.000 DM sowie erstinstanzlich ausgeurteilter 12.000 DM zuzüglich Zinsen, mindestens jedoch weitere 30.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20. Februar 1998,

  3. 3.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine monatliche Schmerzensgeldrente auf Grund der durch den Verkehrsunfall vom 12. März 1994 erlittenen Verletzungen in Höhe von monatlichen 500 DM zu zahlen, beginnend ab dem 1. Januar 1998.

14

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

15

Sie trägt vor, dem Kläger wäre die Arbeit als Geschäftsführer des mütterlichen. Betriebes möglich gewesen, weil ein mit seinen Unfallfolgen nicht vereinbarer körperlicher Einsatz nicht notwendig gewesen sei. Auch seien die gesundheitlichen Einbußen durch den Unfall nicht so groß, dass ein höheres Schmerzensgeld als das vom Landgericht Lüneburg ausgeurteilte gerechtfertigt wäre.

16

Das Gericht hat gemäß den Beschlüssen vom 9. Dezember 1999 und 17. Januar 2000 durch Einholung eines Gutachtens des Arztes der Orthopädie und Chirurgie Prod. Dr. med. W. N. Beweis erhoben über die Frage, ob die in den Jahren 1996 bis 1997 vom Kläger vorgetragenen Beschwerden und die deswegen erfolgten medizinischen Eingriffe und Behandlungen auf das Unfallereignis vom 12. März 1994 oder auf eine unfallunabhängige degenerative Knochen-Knorpelveränderung (Osteochondrosis dissecans) beruht hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen vom 11. April 2000 und dessen ergänzende Stellungnahme vom 8. September 2000 verwiesen.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Es werden mit ihr ein höherer Anspruch auf Verdienstausfallschadensersatz, auf Zahlung von Schmerzensgeld und die Zahlung einer Schmerzensgeldrente geltend gemacht. Zusätzlich zu den von dem Landgericht Lüneburg zuerkannten Beträgen kann der Kläger zu Recht einen weiteren Verdienstausfallschadensersatz in Höhe von 29.364,12 DM und ein um 5.000 DM erhöhtes Schmerzensgeld verlangen.

18

Dabei ist das Gericht davon überzeugt, dass die von dem Kläger vorgetragenen körperlichen Beschwerden auf den Unfall vom 12. März 1994 zurückzuführen sind. Denn die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Behauptung der Beklagten fehl geht, die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers würden nicht aus dem Unfall stammen, sondern es würde sich vielmehr um eine von dem Unfall unabhängige Erkrankung handeln. So hat der Sachverständige Dr. med. T. B. in seinem Gutachten vom 9. Oktober 1997 ausgeführt, dass die krankhaften Veränderungen im Bereich des rechten oberen Sprunggelenkes ausnahmslos auf den Unfall vom 12. März 1994 zurückzuführen seien. Dies wurde auch von dem Sachverständigen Prof. Dr. med. W. N. in seinem Gutachten vom 11. April 2000 bestätigt. Dem Ergebnis dieser beiden Gutachten ist zu folgen. Dabei hat das Gericht nicht verkannt, dass der Arzt für Orthopädie K. B. in seinem Privatgutachten vom 26. Juli 2000 erhebliche Bedenken gegen die Ergebnisse der beiden Gutachten vorgetragen hat. Er hat u.a. auf S. 4 seines Gutachtens vorgetragen, dass es sich bei einer Osteocondrosis dissecans regelmäßig um eine Gelenkerkrankung, aber nicht um eine Verletzungsfolge, handelt. Dabei hat er aber auch nicht ausgeschlossen, dass eine derartige Entwicklung auch unfallbedingt eintreten kann. Der Sachverständige Prof. Dr. med. W. N. hat in seine ergänzenden Stellungnahme vom 8. September 2000 ausgeführt, dass der eingetretene Defekt, so wie er sich aus dem Bericht des Prof. Ö. vom 27. September 1994 ergeben würde, zu einer derartigen Weiterentwicklung führen kann. Das Gericht hatte somit darüber zu entscheiden, ob mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann, dass die Beschwerden des Klägers auf den Unfall zurückzuführen sind. Dabei ist insbesondere auch zu beachten, dass der Kläger vor dem Unfall keine Beschwerden im rechten oberen Sprunggelenk gehabt hat. Auch treten die jetzigen Beschwerden und gesundheitlich negativen Entwicklungen bei dem Kläger in genau dem körperlichen Bereich auf, in dem auch damals die Unfallverletzungen eingetreten sind. Beide Sachverständige haben überzeugend dargelegt, dass zwischen den Unfallfolgen und der jetzigen gesundheitlichen negativen Entwicklung des Klägers ein kausaler Zusammenhang grundsätzlich bestehen kann und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch besteht. Es gibt keinerlei verwertbare Anhaltspunkte dafür, dass später eine von dem Unfall unabhängige, zusätzliche, krankhafte Entwicklung eingetreten ist. Vielmehr ist der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Unfall und der späteren negativen gesundheitlichen Entwicklung in demselben körperlichen Bereich derart auffallend, dass zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass zwischen beiden ein direkter kausaler Bezug besteht. Es ist daher davon auszugehen, dass es sich nicht um eine selbstständige gesundheitliche Entwicklung bei dem Kläger handelt. Vielmehr ist dieser auf Grund des Unfallschadens weiterhin in erheblicher Weise körperlich eingeschränkt.

19

Mit der Berufung macht der Kläger einen Verdienstausfallschaden für den Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1997 geltend. Das Landgericht Lüneburg hatte ihm insoweit einen Verdienstausfallschaden mit der Begründung versagt, dass er ab dem 1. Januar 1996 in der Lage gewesen sei, den Betrieb der Mutter zu übernehmen. Dieser Argumentation folgt das Gericht nicht. Vielmehr kann dahingestellt bleiben, ob es für den Kläger wirtschaftlich und gesundheitlich vertretbar gewesen ist, die Funktion der Mutter in dem Betrieb zu übernehmen. Denn es ist unstreitig, dass die Lebensplanung des Klägers vor dem Unfall so ausgesehen hat, dass er erst nach Ablegen der Maurermeisterprüfung den Betrieb übernehmen wollte. Diese Planung findet ihre Motivation darin, dass in dem kleinen Betrieb der Mutter ein Maurermeister mitbeschäftigt werden musste. Wie sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung aus dem Jahre 1994 ergibt, war die wirtschaftliche Lage des Betriebes durchaus angespannt. Die Lebensplanung des Klägers, den Betrieb erst als Maurermeister zu übernehmen, um die Kosten des bis dahin angestellten Maurermeisters zu sparen, war wirtschaftlich daher vernünftig und sinnvoll. Durch die Folgen des Unfalls wurde es dem Kläger unmöglich, der Arbeit eines Maurermeisters nachzugehen. Er ist nicht in dem Maße körperlich belastbar, dass er dieser Arbeit nachgehen könnte. Er hätte somit auch bei Übernahme der Firma den angestellten Maurermeister nicht entlassen können. Denn bei einer Firma dieses Umfanges ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Maurermeister auch häufiger auf den Baustellen mit anpacken muss oder bei diesen in körperlich anstrengender Weise steuern und überprüfend anwesend sein muss. Eine Übernahme der derart auf unabsehbare Zeit wirtschaftlich belasteten Firma entsprach somit nicht der Lebensplanung des Klägers. Weiterhin ist davon auszugehen, dass diese Firma nicht einen einer unselbstständigen Tätigkeit des Klägers entsprechenden Gewinn abgeworfen hätte. Es war somit für den Kläger unzumutbar, diese Firma zu übernehmen. Er ist dazu im Rahmen der Schadensminderungspflicht nicht verpflichtet gewesen. Angesichts der fortdauernden gesundheitlichen Beschwerden des Klägers und der immer wieder notwendigen ärztlichen Behandlungen ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger bis zum 31. Dezember 1997 einer anderen Erwerbstätigkeit hätte nachgehen können. Insoweit verweist das Gericht nur beispielhaft auf die stationären Behandlungen im August 1996 und Oktober/November 1997. Der Kläger kann somit auch für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1997 grundsätzlich einen Verdienstausfallschaden geltend machen. Er hat insoweit vorgetragen, dass er ab April 1997 als Maurermeister hätte tätig werden können. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese zeitliche Schätzung des Klägers nicht dem potentiellen Ablauf der Ereignisse tatsächlich entsprochen hätte. Für den Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis 31. März 1997 ist somit das bisher erzielbare Nettoeinkommen von 3.025 DM zu Grunde zu legen. Ab April 1997 hätte der Kläger sodann als Maurermeister arbeiten können. Streitig ist, in welcher Höhe er hierdurch einen Verdienst erzielt hätte. Der Kläger hat insoweit den Tarifvertrag zur Regelung der Gehälter und Ausbildungsvergütung für die Angestellten des Baugewerbes im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Bundesländer und des Freistaates Bayern vom 21. Mai 1997 vorgelegt. Er hat insoweit vorgetragen, dass er in die Gruppe T 5 einzuordnen wäre. Festzuhalten bleibt aber, dass die Markierung der Kreishandwerkerschaft, auf die er sich beruft, auch für die Gruppe T 4 vorliegen. Warum diese Markierung für die Gruppe T 4 nicht auf den Kläger zutreffen sollten, hat der Kläger nicht vorgetragen. Berücksichtigt man, dass der Kläger im April 1997 gerade erst die Maurermeisterprüfung abgelegt hatte und daher insoweit über keine Berufserfahrung verfügte, geht das Gericht davon aus, dass insoweit mit der Gruppe T 4 grundsätzlich ein Lohn von 5.231 DM zu Grunde zu legen ist. Von diesem Lohn sind gemäß der Berechnung des Klägers Abzüge in Höhe von 55 % zu machen, um den durchschnittlichen monatlichen Nettoverdienst zu errechnen. Dies würde ein deutlich unter 3.025 DM liegenden Nettolohn ergeben. Eine vernünftige wirtschaftliche Betrachtungsweise ergibt insoweit jedoch, dass der Kläger sich nicht auf ein erheblich niedrigeres Einkommen eingelassen hätte, sodass auch für die weitere Zeit von einem Lohn von 3.025 DM netto im Monat auszugehen ist. Dies ergibt für den Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1997 einen hypothetischen Verdienst von 72.600 DM. Von dieser Summe sind die Ersatzleistungen in einer unstreitigen Höhe von 41.690,40 DM abzuziehen, sodass ein entgangener Verdienst in einer Höhe von 30.909,60 DM vorliegt. Streitig ist zwischen den Parteien, ob und in welchem Umfang davon berufsbedingte Aufwendungen abzuziehen sind. Das Gericht erachtet insoweit einen Abzug in Höhe von 5 % für angemessen. Es ergibt sich somit für die Jahre 1996 und 1997 ein Verdienstausfallschaden in einer Höhe von 29.364,12 DM. Der gesamte Verdienstausfallschaden bis zum 31. Dezember 1997 beläuft sich daher unter Einrechnung der von dem Landgericht für die Zeit bis 31. Dezember 1995 ausgeurteilten 18.767,85 DM auf eine Summe von 48.131,97 DM.

20

Der Kläger macht mit der Berufung auch einen Anspruch auf ein höheres Schmerzensgeld geltend. Das Schmerzensgeld ist mit einer Summe von 25.000 DM abzüglich gezahlter 8.000 DM angemessen. Die weitere Entwicklung der Symptomatik des Klägers zeigt, dass ein Schmerzensgeld von insgesamt 20.000 DM nicht ausreicht. Der Kläger leidet weiterhin an einer erheblichen Schmerzsymptomatik. Es ist nicht absehbar, wann diese Beschwerden in erheblicher Weise verschwinden werden, sondern es besteht vielmehr eine ernst zu nehmende Gefahr, dass diese auf Dauer bestehen bleiben werden oder sich sogar verschlimmern werden. Dies ergibt sich aus den Gutachten der Sachverständigen Dr. med. B. und Prof. Dr. med. W. N. Die Folgen des Unfalls haben es dem Kläger zudem unmöglich gemacht, in der von ihm angestrebten Weise der Arbeit eines Maurermeisters nachzugehen. Auch den zuvor ausgeübten Beruf konnte er nicht weiter ausüben. Vielmehr musste er sich jetzt zum Sattler umschulen lassen. Die Unfallfolgen haben somit eine erheblich einschränkende Wirkung auf die weitere Gestaltung seines Lebens gehabt. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkung und der fortdauernden Schmerzen sowie der Tatsache, dass der Kläger inzwischen viermal operativ stationär behandelt werden musste, erachtet das Gericht ein Schmerzensgeld von 25.000 DM für angemessen. Insoweit wird auch auf die Fälle Nr. 1.629 und 1.652 der Schmerzensgeldbeträge bei der Schmerzensgeldtabelle Hacks/Ring/Böhm (19. Aufl.) Bezug genommen. Von dem Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 DM war die Zahlung der Beklagten in einer Höhe von 8.000 DM abzuziehen.

21

Soweit es eine Schmerzensgeldrente betrifft, ist die Berufung nicht begründet. Eine Schmerzensgeldrente soll es in der Regel nur bei erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensqualität geben. Die obigen aufgeführten Beeinträchtigungen des Klägers bewegen sich aber noch in dem Bereich, in dem eine Schmerzensgeldrente neben der Zahlung eines Schmerzensgeldes nicht in Betracht kommt. Der Kläger ist zwar in den Möglichkeiten der Belastungen des Sprunggelenkes erheblich eingeschränkt, aber er kann ansonsten ein eigenständiges Leben ohne direkte Einschränkung führen. Auch ist ihm die Umschulung zum Sattler möglich. Dies alles zeigt zur Genüge, dass die Folgen nicht derart schwer sind, dass eine Schmerzensgeldrente wegen der fortbestehenden Dauerfolgen gerechtfertigt wäre.

22

Die Zinsansprüche ergeben sich aus den §§ 288, 284 BGB.

23

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 546 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.