Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 06.06.2006, Az.: VgK-11/2006

Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes im Rahmen eines VOB-Vergabeverfahrens innerhalb des Hochwasserschutzes; Berücksichtigung der Nebenangebote des Bieters im Vergabenachprüfungsverfahren

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
06.06.2006
Aktenzeichen
VgK-11/2006
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 24331
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

VOB-Vergabeverfahren Hochwasserschutz in der Region ... - 1. Planfeststellungsabschnitt von ... bis ... - Teil 2: Gewässerausbau

In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOAR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Dierks
auf die mündliche Verhandlung vom 24.05.2006
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.

    Der Auftraggeber wird verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten, diese unter Beachtung der aus den Gründen ersichtlichen Rechtsauffassung der Vergabekammer hinsichtlich der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes erneut durchzuführen und dabei die Nebenangebote der Beigeladenen nur hinsichtlich der ausdrücklich angebotenen Kostenersparnis zu berücksichtigen.

    Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens hat die Auftraggeberin zu 2/3 und die Antragstellerin zu 1/3 zu tragen. Die Auftraggeberin ist jedoch von der Entrichtung des auf sie entfallenden Kostenanteils befreit.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf 2.983 EUR festgesetzt.

  4. 4.

    Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu 2/3 zu erstatten. Die Antragstellerin hat ihrerseits der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu 1/3 zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war sowohl für die Antragstellerin als auch für die Beigeladene notwendig.

Begründung

1

I.

Die Auftraggeberin hat mit EU-Vergabebekanntmachung den Gewässerausbau im Rahmen des Vergabeverfahrens Hochwasserschutz in der Region ..., 1. Planfeststellungsabschnitt von ... bis ..., im europaweiten Verfahren ausgeschrieben.

2

Auf Grund der Nachprüfungsanträge der Antragstellerin und einer weiteren Bieterin hatte die Vergabekammer mit Beschluss vom 20.03.2006, Az. VgK - 04/2006, und vom 22.03.2006, Az. VgK - 05/2006, die Auftraggeberin verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten und dabei insbesondere auch die Nebenangebote 1 bis 3 der Antragstellerin auf ihre Gleichwertigkeit mit den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses für das Hauptangebot zu prüfen und Prüfung und Wertung in einem den Anforderungen des § 30 VOB/A genügenden Vergabevermerk zu dokumentieren.

3

Bei der erneuten Angebotsprüfung wurde von dem von der Auftraggeberin beauftragten Ingenieurbüro insbesondere auch festgehalten, ob und warum die einzelnen Nebenangebote der Bieter gewertet wurden oder nicht.

4

Zu den besonders im ersten Nachprüfungsverfahren strittigen Nebenangeboten 1 - 3 der Antragstellerin, hält es fest, dass unter Berücksichtigung der in Aussicht gestellten Genehmigungen durch den NLWKN (Gewässerkundlicher Landesdienst) sowie der Zustimmungen durch das WSA ... und das SBA ... die Nebenangebote NA 1 (neue Trassenführung der Spülleitung, Unterdükerung der ...) als Alternative zu Pos. 02.04.0007/0008 und NA 2 (Einleitung des Rückspülwassers in die Aller) als Alternative zu Pos. 02.04.0008 gewertet werden.

5

Hinsichtlich der Nebenangebote NA 3 (Flanschverbindungen der Spülrohre in neuer Trasse) und NA 4 (Flanschverbindungen der Spülrohre in vorgesehener Trasse) als Alternativen zu den Pos. 02.04.0007/0008 wurde festgestellt, dass die Nebenangebote von den Festlegungen der Verdingungsunterlagen abweichen.

6

Zur Begründung führte es u.a. aus, dass die Spülleitungen überwiegend in öffentlichen Bereichen (B 214, Sportplatz, Bootshafen bzw. ..., B 214 und Zubringer) verlaufen mit entsprechend hohen Anforderungen an die Sicherheit. Neben dem schnell fließenden Verkehr der Bundesstraße sei im weiteren Trassenverlauf mit häufigem Publikumsverkehr zu rechnen. Um hier eine besondere Sicherheit gegen Vandalismus und Leitungsschäden aller Art zu erhalten und potenzielle Gefährdungen zu minimieren, ist gezielt mit einer stumpfgeschweißten PE-HD-Druckrohrleitung die vermeintlich teure Variante ausgeschrieben worden. Mechanisch lösbare Flanschverbindungen bieten die Sicherheit nicht. Die Nebenangebote 3 und 4 wurden nicht gewertet.

7

Das beauftragte Ingenieurbüro begründet in seinem Vergabevermerk auch, warum aus seiner Sicht das Nebenangebot 5 (Bodentransport auf Lkw) nicht gleichwertig ist und daher nicht gewertet werden kann.

8

Unter Berücksichtigung der wertbaren Nebenangebote der Antragstellerin reduziert sich die rechnerisch geprüfte Angebotssumme von 1.689.737,40 EUR auf 1.607.404,23 EUR.

9

Ferner führt das Ingenieurbüro aus, warum das Nebenangebot 1 (Unterfahrung des Fahrdamms Zubringer B 214 mit Stahlspülrohr) der Beigeladenen nicht gleichwertig ist und daher nicht gewertet werden kann. Das beauftragte Ingenieurbüro hält auch fest, warum aus seiner Sicht die Nebenangebote 2 und 3 der Beigeladenen erneut gewertet werden können.

10

Durch die Wertung der beiden Nebenangebote reduziert sich zunächst die rechnerisch geprüfte Angebotssumme von 1.649.801,14 EUR auf 1.617.932,00 EUR.

11

Zum Nebenangebot NA 4 der Beigeladenen hält es wörtlich fest:

"NA 4 (Einbindung der Klärschlammleitung DN 200 in die Rückspülung, Einleitung des Rückspülwassers in die Aller) als Alternative zur Pos. 02.04.0008 ist gleichwertig. Die Nutzung der stadteigenen Klärschlammleitung DN 200 als Ersatz für eine neu zu verlegende Rückspülleitung wurde in den Verdingungsunterlagen bereits in Aussicht gestellt. Die Pos. 02040008 sieht vor, das Rückspülwasserüber die neuen Altarme indirekt in die ... einzuleiten. Bei direkter Einleitung des Rückspülwassers in die ... darf der Fluss nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. NA 4 sieht vor, entsprechende Auflagen einzuhalten.

Vor Zuschlagserteilung bedarf es einer Genehmigung durch den NLWKN (Gewässerkundlicher Landesdienst) sowie der Zustimmung durch das WSA .... Beide TÖB haben bereits gegenüber der Stadt ... ihr Einverständnis und die Genehmigungsfähigkeit in Aussicht gestellt. NA 4 wird gewertet. Die Angebotssumme der Beigeladenen in Höhe von 1.617.932,00 EUR reduziert sich um 5.800,00 EUR und beträgt somit 1.612.132,00 EUR.

Durch NA 4 kommt Pos. 02.05.0008 bzw. NA 2 nur zur Hälfte zur Ausführung. Es wäre nur noch ein Leerrohr (L = 30 m) erforderlich. Da NA 4 gewertet wird, reduziert sich die Angebotssumme der Firma ... in Höhe von 1.612.132 EUR um weitere 7.830 EUR und beträgt somit 1.604.302 EUR."

12

Hinsichtlich der Eignung der Bieter, den Auftrag auszuführen, bestehen aus Sicht des beauftragten Ingenieurbüros bei beiden Bietern keine Bedenken; dies gilt auch hinsichtlich der Höhe der Angebotspreise, da die Differenz zwischen den Angebotspreisen der beiden Bieter nur 0,2% betrage.

13

Bei der Auswahl des wirtschaftlichsten Angebotes wurde festgehalten, dass bei gleichem Maßnahmeergebnis mit gleichen Betriebs- und Folgekosten zu rechnen sei. Die gewerteten Nebenangebote seien ohne Einfluss auf weitere Betriebs- und Folgekosten. Auch würden die Hauptangebote der engeren Wahl hinsichtlich ihres erzielbaren Ergebnisses nicht von den Maßnahmezielen abweichen. Es entstünden Veränderungen der vorgesehenen Gestaltung und somit ein identisches Maßnahmeergebnis. Auch die gewerteten Nebenangebote würden hinsichtlich der Vorhabensziele keine gestalterischen Eigenheiten aufweisen, die das Vorhabensziel beeinträchtigen bzw. das Erscheinungsbild verändern.

14

Zusammenfassend wurde festgehalten, dass sowohl das Angebot der Antragstellerin als auch der Beigeladenen ohne formelle und inhaltliche Mängel ist. Die Prüfung habe ergeben, dass die Fachkunde und Leistungsfähigkeit für die speziellen Anforderungen des Vorhabens gegeben sind und dass weder unangemessen hohe als auch unangemessen niedrige Preise angeboten worden sind.

15

Im Hinblick auf das Bauvorhaben erscheine nach Prüfung und Bewertung der Angebote sowie der Firmenqualifikation das Angebot der Beigeladenen als das wirtschaftlichste. Aus den genannten Gründen werde vorgeschlagen, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu einem Bruttoangebotspreis von 1.604.302 EUR zu erteilen.

16

Dem Vergabevorschlag schloss sich der zuständige Fachbereich an. Nachdem das zuständige RPA der Auftraggeberin mit Datum vom 21.04.2006 der beabsichtigten Vergabe zugestimmt hatte, informierte die Auftraggeberin mit Datum vom 26.04.2006 die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollten, dass ein wirtschaftlicheres Angebot vorläge. Ferner teilte sie der Antragstellerin mit, warum ihre Nebenangebote NA 3 und NA 4 nicht gewertet worden sind.

17

Mit Schreiben vom 28.04.2006 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe. Sie vertritt die Auffassung, dass die Begründung für die Nichtberücksichtigung ihrer Nebenangebote NA 3 und NA 4 nicht nachvollziehbar sei. Ausweislich der Verdingungsunterlagen sei sie verpflichtet, im Falle der Beauftragung mit den Nebenangeboten 3 und 4 die Leitungen vor Beschädigungen zu schützen. Es sei auch ohne entsprechendes Gerät angesichts der Größe der Schraubverbindungen im Übrigen praktisch auch unmöglich, die Flanschverbindungen ohne entsprechendes Gerät zu lösen. Die von ihr alternativ angebotene Verbindung sei eine gängige, gleichwertige Verbindung einzelner Spülelemente.

18

Des Weiteren rügte die Antragstellerin die Wertung der Nebenangebote der Beigeladenen. Sie weist darauf hin, dass ihrer Auffassung nach die Berücksichtigung des Nebenangebotes NA 4 der Beigeladenen nicht vom o. g. Beschluss der Vergabekammer gedeckt sei, da der Auftraggeberin aufgegeben worden sei, die Wertung unter Berücksichtigung ihrer Nebenangebote 1 - 3 zu wiederholen. Die Nebenangebote der Beigeladenen sollten nicht nochmals geprüft und gewertet werden. Die Beigeladene habe die Nichtberücksichtigung ihres Nebenangebotes NA 4 seinerzeit nicht unverzüglich gerügt. Zur Begründung bezieht sie sich auf den Beschluss der Vergabekammer beim Nds. Landesamt für Straßenbau vom 06.11.2003, Az. VK-09/2003.

19

Nachdem die Auftraggeberin erklärte, dass sie die Rüge für unbegründet halte, beantragte die Antragstellerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 08.05.2006 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie begründet ihren Antrag im Wesentlichen unter der Argumentation der Rügeschreiben gegenüber der Auftraggeberin. Ihrer Auffassung nach seien ihre Nebenangebote NA 3 und NA 4 zu werten, nicht jedoch das Nebenangebot NA 4 der Beigeladenen. Die von der Auftraggeberin genannten hohen Anforderungen an die Sicherheit gegen Vandalismus und Leitungsschäden seien vorgeschoben. Insbesondere sei es nicht richtig, dass die vermeintlich teuere Variante mit stumpfgeschweißten PE-HD-Druckrohrleitungen ausgeschrieben wurde, weil die Spülleitungen überwiegend in öffentlichen Bereichen (B 214, Sportplatz, Bootshafen) verlaufen würden. Dies beschreibe den Verlauf der Spülleitungen nach ihrem Nebenangebot 1, während die im Amtsvorschlag beabsichtigte Trasse entlang des ... verlaufe.

20

Hinsichtlich der Wertung des Nebenangebotes NA 4 der Beigeladenen vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass sich die Beigeladene mit der seinerzeitigen Nichtwertung ihres Nebenangebotes abgefunden habe und daher den Schutz im Rahmen einer erneuten Angebotswertung nicht verdiene.

21

Die Antragstellerin hält auch die von der Auftraggeberin ermittelte Wertungssumme des Angebotes der Beigeladenen für nicht nachvollziehbar. Die von der Auftraggeberin zu Gunsten der Beigeladenen vorgenommene Reduzierung der Angebotssumme um weitere 7.800,00 EUR bei gleichzeitiger Beauftragung der Nebenangebote NA 2 und NA 4 habe die Beigeladene ausweislich des Vergabevermerks offenbar nicht angeboten.

22

Ferner habe sie erfahren, dass der von der Beigeladenen vorgesehene Nachunternehmer für die Spülbaggerarbeiten mittelfristig voll ausgelastet sei und keine weiteren Spülarbeiten durchführen könne. Vor diesem Hintergrund rügt die Antragstellerin vorsorglich die fehlende Leistungsfähigkeit der Beigeladenen. Sie verweist hinsichtlich der Benennung der Nachunternehmer auf den Beschluss des OLG Düsseldorf vom 05.05.2004, Az. VII-Verg 10/04.

23

Die Antragstellerin beantragt:

  1. 1.

    die Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens gem. § 107 ff. GWB;

  2. 2.

    der Antragsgegnerin zu untersagen, der Firma ... den Zuschlag auf deren Angebot für die Baumaßnahme Hochwasserschutz in der Region ... - 1. Planfeststellungsabschnitt von ... bis ... - Teil 2: Gewässerausbau - zu erteilen;

  3. 3.

    die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen,

24

hilfsweise:

  1. 4.

    der Antragsgegnerin aufzugeben, die Wertung der Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen;

  2. 5.

    die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigen der Antragstellerin für erforderlich zu erklären und

  3. 6.

    der Antragsgegnerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzuerlegen.

25

Die Auftraggeberin beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

26

Sie vertritt die Auffassung, dass der Nachprüfungsantrag teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet sei.

27

Sie habe die Nebenangebote NA 3 und NA 4 nicht berücksichtigen können, da diese von den Festlegungen der Leistungsbeschreibung abweichen würden. Zur fehlenden Gleichwertigkeit verweist sie auf den Vergabevermerk des von ihr beauftragten Ingenieurbüros. Ergänzend weist die Auftraggeberin darauf hin, dass es sich bei den von der Antragstellerin angebotenen Flanschverbindungen um kurze Rohrstücke handelt, die verschraubt werden müssen. Da eine Druckspülung erfolge, bestünde dabei die Gefahr, dass Undichtigkeiten entstehen und im Gegensatz zu dem von ihr ausgeschriebenen Druckrohr Nässe austreten könne.

28

Auch sei das Risiko des Vandalismus bei "Flanschverbindungen" deutlich höher, da diese mit großen Schlüsseln geöffnet werden können. Das von ihr ausgeschriebene "stumpfgeschweißte PE-HD-Druckrohr" habe dagegen keine solchen Schwachstellen.

29

Ferner würden die vorgesehenen Spülleitungenüberwiegend in öffentlichen Bereichen (..., B 214 und Zubringer) verlaufen, sodass eine hohe Anforderung an die Sicherheit der schnell fließenden Verkehre bestehe. Mechanisch lösbare Flanschverbindungen seien daher nicht gleichwertig mit der von ihr ausgeschriebenen stumpfgeschweißten PE-HD-Druckrohrleitung.

30

Soweit die Antragstellerin moniere, dass sie, die Auftraggeberin, auch das Nebenangebot NA 4 der Beigeladenen neu gewertet habe, verweist die Auftraggeberin auf den Tenor des rechtskräftigen Beschlusses der Vergabekammer vom 20.03.2006, a.a.O.. Es sei aus dem Beschluss nicht ersichtlich, dass ihr die Vergabekammer aufgegeben hätte, nur die Nebenangebote der Antragstellerin einer neuen Wertung zu unterziehen.

31

Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertrete, dass ein Austausch der Nachunternehmer unzulässig sei, weist die Auftraggeberin darauf hin, dass dieser Antrag inzwischen unzulässig sei, da die Antragstellerin den Verstoß nicht unverzüglich gerügt habe. Der Antragstellerin sei bekannt, welche Firma die Spülbaggerarbeiten für die Beigeladene durchführen solle und wie diese Firma mittelfristig ausgelastet sei.

32

Ferner sei der Nachprüfungsantrag hinsichtlich dieser Rüge auch unbegründet. Sie, die Auftraggeberin, habe in ihren Ausschreibungsunterlagen lediglich verlangt, dass die Leistungen, die an Dritte vergeben werden sollen, benannt werden. Diesem Verlangen sei die Beigeladene nachgekommen. Die Namen dieser Nachunternehmer sollten nur "auf Verlangen" benannt werden. Sie habe bisher keinen Grund gesehen, von der Beigeladenen die Namen der einzusetzenden Nachunternehmer zu fordern. Im Übrigen sei auch noch nach erteilter Zuschlagserteilung ein Wechsel von Nachunternehmern möglich. Zur weiteren Begründung verweist die Auftraggeberin auf den Beschluss des Hanseatischen OLG Bremen vom 20.07.2000, Az. Verg 1/2000. Im Übrigen mussten die Bieter zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe auch noch keine Nachunternehmer namentlich benennen, sondern nur die Leistungen, die sie durch Dritte ausführen lassen wollen. Schließlich komme es auf die o. g. Rechtsauffassung des OLG Düsseldorf im vorliegenden Fall auch deshalb nicht an, weil ungewiss sei, wann der Zuschlag erteilt werden könne. Der Bieter, der den Zuschlag erhalten werde, wird nach erfolgter Zuschlagserteilung prüfen, welche Nachunternehmer er beauftragen wird.

33

Ergänzend weist die Auftraggeberin darauf hin, dass es zwar sein mag, dass der Nachunternehmer, der die Spülbaggerarbeiten ausführen soll, derzeit nur über zwei Spülbagger verfügt; es sei ihm jedoch unbenommen, einen weiteren zu kaufen, zu mieten oder sich einer anderen Firma zu bedienen. Diese Überlegungen seien jedoch auch erst nach Zuschlagserteilung anzustellen.

34

Die Beigeladene beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag kostenpflichtig zurückzuweisen,

  2. 2.

    auszusprechen, dass die Antragstellerin auch die Kosten der Beigeladenen zu tragen hat und

  3. 3.

    die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Beigeladenen für notwendig zu erklären.

35

Die Beigeladene unterstützt den Vortrag der Auftraggeberin und weist darauf hin, dass ihrer Auffassung nach die Nebenangebote NA 3 und NA 4 zu Recht nicht gewertet worden sind, da sie im Gegensatz zu ihrem Nebenangebot NA 4 nicht gleichwertig seien.

36

Sie sollte ursprünglich den Zuschlag auch ohne Wertung des Nebenangebotes NA 4 erhalten, sodass sie keine Veranlassung gesehen habe, die Nichtwertung ihres Nebenangebotes NA 4 zu rügen.

37

Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, dass sie, die Beigeladene, auszuschließen sei, da ihr ein Nachunternehmer abhanden gekommen sei, sei dies unzutreffend. Einerseits stand in dem vor dem OLG Düsseldorf entschiedenen Fall bereits während der Vergabe fest, dass der Nachunternehmer für den Bieter nicht mehr tätig wird. Zum anderen war dort von der Vergabestelle eine Nachunternehmererklärung gefordert worden, die in der Form nicht beigebracht worden war. Beide Voraussetzungen lägen hier nicht vor.

38

Ferner übersähe das OLG Düsseldorf in der o. g. Entscheidung, dass es nicht darauf ankommen kann, ob kurz vor oder kurz nach Zuschlagserteilung der Nachunternehmer ausfällt. Für letzteren Fall, nämlich den Ausfall kurz nach Zuschlagserteilung, habe das OLG Celle mit Urteil vom 16.12.2004, Az. 5 U 71/04, entschieden, dass ein triftiger Grund für die Ablösung eines im Nachunternehmerverzeichnis benannten Unternehmens bestehen muss. Die konsequente Umsetzung der Entscheidung des OLG Düsseldorf hätte nämlich zur Folge, dass in dem Moment, wo beispielsweise während der Bauausführung ein Nachunternehmer - aus welchen Gründen auch immer - ausfällt, das gesamte Vergabeverfahren neu durchgeführt werden müsste.

39

Da die Auftraggeberin in ihren Verdingungsunterlagen keine Benennung von Nachunternehmern gefordert habe, sondern nur Art und Umfang des Nachunternehmereinsatzes, sei dieser Fall mit dem vergleichbar, der von der Vergabekammer des Freistaates Sachsen mit Beschluss vom 13.05.2002, Az. 1 / SVK / 043-02, entschieden worden war. Diese Vergabekammer habe festgestellt, dass ein Austausch eines benannten Nachunternehmers auch nachträglich möglich sei.

40

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Vergabeakte, die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 24.05.2006 Bezug genommen.

41

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Die Auftraggeberin hat sich nicht im Rahmen der zulässigen Aufklärung des Angebotsinhalts gem. § 24 Nr. 3 VOB/A i.V.m. § 25 Nr. 5 VOB/A gehalten, indem sie bei der ansonsten nicht zu beanstandenden Wertung der Nebenangebote der Beigeladenen zu Gunsten der Beigeladenen eine über die ausdrücklich angebotene Kostenreduzierung hinausgehende, selbst errechnete und von der Beigeladenen in einem Aufklärungsgespräch bestätigte Kostenersparnis berücksichtigt hat. Nur hinsichtlich dieser zusätzlichen Preisreduzierung, die aber nach Aktenlage für das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Auftraggeberin offenbar entscheidend war, ist die Antragstellerin in ihren Rechten gem. §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Im Übrigen ist die erneute Angebotswertung der Auftraggeberin auf der Grundlage der im streitbefangenen Vergabeverfahren bereits ergangenen Beschlüsse der Vergabekammer vom 20.03.2006, Az.: VgK-04/2006, und vom 22.03.2006, Az.: VgK-05/2006, dagegen nicht zu beanstanden. Die Auftraggeberin ist im Rahmen der wiederholten Wertung ausweislich des nunmehr den Anforderungen des § 30 VOB/A genügenden Vergabevermerks in nachvollziehbarer und zulässiger Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass die Nebenangebote NA 3 (Flanschverbindungen der Spülrohre in neuer Trasse) und NA 4 (Flanschverbindungen der Spülrohre in vorgesehener Trasse) nicht als gleichwertig zu den entsprechenden, für das Hauptangebot vorgesehenen Positionen des Amtsentwurfs zu werten sind.

42

1.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag im Sinne des § 1 VOB/A. Für Bauaufträge gilt gem. § 2 Nr. 4 der Vergabeverordnung (VgV) vom 09.01.2001 ein Schwellenwert von 5 Mio. EUR. Werden Bauaufträge, wie im vorliegenden Fall, losweise ausgeschrieben, gilt gem. § 2 Nr. 7 VgV ein Schwellenwert von 1 Mio. EUR oder bei Losen unterhalb 1 Mio. EUR deren addierter Wert ab 20% des Gesamtwertes aller Lose. Die ausgeschriebene Leistung ist unstreitig Teil einer Gesamtbaumaßnahme mit einem geschätzten Auftragswert von mehr als 5 Mio. EUR netto. Bereits auf der Grundlage des von der Auftraggeberin als preisgünstigstes Angebot ermittelten Angebotes der Beigeladenen beträgt der Wert der hier ausgeschriebenen Teilbaumaßnahme 1.604.302 EUR brutto.

43

Die Antragstellerin ist auch gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie vorträgt, die Auftraggeberin habe bei der erneuten Wertung zu Unrecht ihr Nebenangebot NA 3 nicht berücksichtigt. Ferner habe die Auftraggeberin unter Verstoß gegen das Verbot der Preisverhandlungen gem. § 24 Nr. 3 VOB/A zu Gunsten der Beigeladenen errechnete und offenbar im Aufklärungsgespräch verhandelte weitere Preisreduzierung in Höhe von 7.830 EUR kostenmindernd berücksichtigt, die die Beigeladene mit ihren Nebenangeboten ausdrücklich gar nicht angeboten hatte. Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das antragstellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Dies bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat zumindest schlüssig vorgetragen, dass sie bei aus ihrer Sicht vergaberechtskonformer Berücksichtigung auch ihres Nebenangebotes 3 und/oder der Nichtberücksichtigung der zusätzlichen Ersparnis bei der Wertung der Nebenangebote 2 und 4 der Beigeladenen eine Chance auf den Zuschlag hätte. Nach Aktenlage hat die Antragstellerin bereits bei Nichtberücksichtigung der von der Auftraggeberin errechneten und von der Beigeladenen im Aufklärungsgespräch vom 13.02.2006 bestätigten zusätzlichen Ersparnis und unter Berücksichtigung der von der Auftraggeberin inzwischen gleichwertig beurteilten eigenen Nebenangebote 1 und 2 das preislich niedrigste Angebot abgegeben. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Antragsteller auch schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch erhalten würde (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 13.04.1999, Az.: Verg 1/99, S. 24).

44

Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Die Antragstellerin hat die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße rechtzeitig gerügt. Die Auftraggeberin hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 26.04.2006 gem. § 13 VgV darüber informiert, dass sie auch nach der erneuten Angebotswertung nicht das wirtschaftlichste Angebot gem. § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 VOB/A abgegeben habe. Des Weiteren wurde die Antragstellerin darüber in Kenntnis gesetzt, dass ihre Nebenangebote 3, 4 und 5 nicht gewertet wurden und dass beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Dabei wurden auch die errechneten Wertungssummen der Antragstellerin und der Beigeladenen mitgeteilt. Ferner enthielt das Informationsschreiben eine kurze Begründung der Nichtberücksichtigung der Nebenangebote 3, 4 und 5 der Antragstellerin. Die Antragstellerin hat darauf bereits mit Anwaltsschriftsatz vom 28.04.2006 reagiert und die Nichtberücksichtigung ihres Nebenangebotes 3 und 4 sowie die Berücksichtigung des Nebenangebotes 4 der Beigeladenen gerügt. Das Informationsschreiben gem. § 13 VgV ist noch am 26.04.2006 bei der Antragstellerin eingegangen. Die nur zwei Tage nach Erhalt des Informationsschreibens erhobene Rüge erfolgte ohne weiteres unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.

45

2.

Der Nachprüfungsantrag ist nur teilweise begründet. Die Auftraggeberin hat den Rahmen der zulässigen Aufklärung des Angebotsinhalts gem. § 24 Nr. 3 VOB/A i.V.m. § 25 Nr. 5 VOB/Aüberschritten, als sie bei der Wertung der Nebenangebote 2 und 4 der Beigeladenen und auf der Grundlage des Bietergesprächs vom 13.02.2006 zu Gunsten der Beigeladenen eine weitere Kostenreduzierung in Höhe von 7.830 EUR in Ansatz brachte, die so ausdrücklich von der Beigeladenen nicht angeboten worden ist (im Folgenden a). Dagegen ist nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin im Rahmen der unter Beachtung der Beschlüsse der Vergabekammer vom 20.03.2006, Az.: VgK-04/2006, und vom 22.03.2006, Az.: VgK-05/2006, aus den im Vergabevermerk nunmehr in nachvollziehbarer Weise dokumentierten Gründen zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Nebenangebote NA 3 (Flanschverbindungen der Spülrohre in neuer Trasse) und NA 4 (Flanschverbindungen der Spülrohre in vorgesehener Trasse) der Antragstellerin nicht als gleichwertig zu den entsprechenden, für das Hauptangebot vorgesehenen Positionen des Amtsentwurfs zu werten sind (im Folgenden b).

46

a)

Die Auftraggeberin war entgegen der Auffassung der Antragstellerin zwar nicht gehindert, im Rahmen der erneuten Angebotswertung auch das ursprünglich nicht für wertbar gehaltene Nebenangebot 4 der Beigeladenen (Einleitung des Rückspülwassers in die Aller) zu berücksichtigen. Dieses Nebenangebot hatte die Auftraggeberin auf der Grundlage des in der Vergabeakte enthaltenen Vergabevorschlags des beauftragten Ingenieurbüros ... vom 09.02.2006 ursprünglich - wie mehrere Nebenangebote der Antragstellerin und der übrigen Bieter auch - mit der knappen Begründung für nicht wertbar erklärt, dass dieses von Festlegungen der Verdingungsunterlagen abweiche. Die Vergabekammer hat jedoch mit ihren rechtskräftigen Beschlüssen vom 20.03.2006, Az.: VgK-04/2006, und vom 22.03.2006, Az.: VgK-05/2006, im Zusammenhang mit den Nebenangeboten der Antragstellerin darauf hingewiesen, dass eine derart knappe Begründung den Ausschluss eines Nebenangebotes nicht trägt, weil die Verdingungsunterlagen keine entsprechenden negativen Mindestanforderungen für Nebenangebote enthalten. Ein Hinweis auf Einhaltung der Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses ist weder der EU-weiten Bekanntmachung, der Aufforderung zur Angebotsabgabe noch den Verdingungsunterlagen zu entnehmen. Vielmehr heißt es in der Baubeschreibung gem. DIN 18299 auf Seite 6 unter Ziffer 0.1.9 "Besondere umweltrechtliche Vorschriften" im 4. Absatz ausdrücklich:

47

"Der AN hat den dem AG vorliegenden Planfeststellungsbeschluss, insbesondere die Schutzauflagen zu beachten. Der Planfeststellungsbeschluss basiert auf dem bauseitigen Entwurf. Sofern bei Sondervorschlägen davon und von dem ausgeschriebenen Bauverfahren abgewichen werden soll, hat der AN die entsprechende Genehmigung dafür einzuholen. Bei Arbeiten an Gewässern hat der AN das Einbringen von Stoffen ins Gewässerüber den dem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegenden Umfang hinaus zu unterlassen."

48

Die Vergabekammer hat die Auftraggeberin daher mit den o. g. Beschlüssen verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten, diese unter Beachtung der aus den Gründen ersichtlichen Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen und dabei insbesondere auch die Nebenangebote 1 bis 3 der Antragstellerin auf ihre Gleichwertigkeit mit den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses für das Hauptangebot zu prüfen und Prüfung und Wertung in einem den Anforderungen des § 30 VOB/A genügenden Vergabevermerk zu dokumentieren. Die Vergabekammer hat damit nicht der Auftraggeberin aufgegeben, ausschließlich nur die Nebenangebote der Antragstellerin zu prüfen und ggf. zu werten. In den Entscheidungsgründen des zitierten Beschlusses vom 20.03.2006, Az.: VgK-04/2006, heißt es vielmehr im Zusammenhang mit der Erörterung des seinerzeit unzureichenden Vergabevermerks:

"Die Auftraggeberin ist daher gehalten, die Auseinandersetzung mit den übrigen Zuschlagskriterien im Rahmen einer erneuten Wertung nachzuholen und Wertung und Ergebnis in einem Vergabevermerk in der Vergabeakte zu dokumentieren. Gleiches gilt auch für die Prüfung der Gleichwertigkeit der eingereichten Nebenangebote. Eine Nichtberücksichtigung von Nebenangeboten mit der Begründung, es handle sich um bedingte Angebote, die von Festlegungen des Planfeststellungsbeschlusses abweichen, genügt, wie oben unter 2 a dargelegt, den Anforderungen des § 25 Nr. 4 Abs. 1 VOB/A und den Transparenzanforderungen des § 97 Abs. 1 GWB und des § 30 VOB/A nicht."

49

Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin auf der Grundlage der Beschlüsse der Vergabekammer im Rahmen der erneuten Wertung zu dem Schluss gelangt ist, dass auch das Nebenangebot NA 4 (Einbindung der Klärschlammleitung DN 200 in die Rückspülung, Einleitung des Rückspülwassers in die Aller) als Alternative zu Pos. 02.04.0008 gleichwertig ist. In dem Vergabevermerk vom 10.04.2006 heißt es dazu auf den Seiten 4 und 5:

"Die Nutzung der stadteigenen Klärschlammleitung DN 200 als Ersatz für eine neu zu verlegende Rückspülleitung wurde in den Verdingungsunterlagen bereits in Aussicht gestellt. Die Pos. 02.04.0008 sieht vor, das Rückspülwasser über die neuen Altarme direkt in die ... einzuleiten. Bei direkter Einleitung des Rückspülwassers in die ... darf der Fluss nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. NA 4 sieht vor, entsprechende Auflagen einzuhalten. Vor Zuschlagserteilung bedarf es einer Genehmigung durch den NLWKN (Gewässerkundlicher Landesdienst) sowie der Zustimmung durch das WSA .... Beide TÖB ("Träger öffentlicher Belange") haben bereits gegenüber der Stadt ... ihr Einverständnis und die Genehmigungsfähigkeit in Aussicht gestellt. NA 4 wird gewertet."

50

Die grundsätzliche Berücksichtigung dieses Nebenangebotes 4 der Beigeladenen ist daher nicht zu beanstanden. Die Auftraggeberin hat sich im Rahmen des ihr gem. § 25 Nr. 5 VOB/A eingeräumten Ermessens gehalten, als sie dies Nebenangebot im Rahmen ihrer Prüfung als gleichwertig beurteilte. Sie war jedoch bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gem. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOB/A i.V.m. § 25 a VOB/A nur berechtigt und gehalten, den mit dem Nebenangebot ausdrücklich angebotenen Nachlass in Höhe von 5.000 EUR netto bzw. die dort ausdrücklich angebotene Ersparnis von 5.800 EUR brutto in Ansatz zu bringen. Sie war dagegen nicht berechtigt, über den ausdrücklichen Erklärungsinhalt des Nebenangebotes 4 hinaus in einer Gesamtschau der Nebenangebote NA 4 und NA 2 eine weitere Vordersatzreduzierung zu ermitteln, daraus eine Kostenhalbierung beim NA 2 der Beigeladenen zu ermitteln und sich diese errechnete, aber nicht ausdrücklich angebotene Kostenreduzierung sodann von der Beigeladenen im Rahmen eines Aufklärungsgesprächs bestätigen zu lassen.

51

Die Beigeladene hatte mit ihrem Nebenangebot Nr. 2 eine Änderung hinsichtlich der Unterfahrung des Fahrbahndammes angeboten. Dort heißt es:

"Alternativ zur Pos. 02.05.0008 bieten wir Ihnen die Unterfahrung des Fahrbahndammes wie folgt an:

60 m Unterfahrung eines Fahrbahndammes in zwei Einzellängen von je 30 m im Horizontalbohrverfahren herstellen, Rohrmaterial: PEHD-Schutzrohr d = 500 x 29,7 mm, inkl. Materialierung, in fix und fertiger Leistung je m 225 EUR 13.500 EUR

Es ergibt sich eine Ersparnis von 25.452,02 EUR brutto."

52

Gemäß Nr. 2.1.4 (Technische Prüfung) ihres Vergabevermerks vom 10.04.2006 stellte die Auftraggeberin in nicht zu beanstandender Weise fest, dass dieses Nebenangebot zur Pos. 02.05.0008 gleichwertig ist und ermittelte eine Reduzierung der Angebotssumme der Beigeladenen von 1.649.801,14 EUR auf 1.624.349,12 EUR. Mit dem streitbefangenen Nebenangebot Nr. 4 bot die Beigeladene alternativ zur Pos. 02.04.0008 "Rückführungsleitung" an, die intakte, vorhandene Klärschlammleitung DN 200, die vom AG zur Verfügung gestellt wird, für die Rückwasserführung zu nutzen und dieses direkt in die ... einzuleiten. Eine Zustimmung des Wasser- und Schifffahrtsamtes ... (WSA) wurde in Aussicht gestellt. Entsprechende Vorgespräche seien geführt worden. Wörtlich heißt es sodann:

"Bei der Wertung dieses Nebenangebotes gewähren wir Ihnen einen Nachlass von 5.000 EUR netto auf die genannte Position. Es ergibt sich eine Ersparnis von 5.800 EUR brutto."

53

Die Auftraggeberin ermittelte in nicht zu beanstandender Weise, dass sich das Angebot der Beigeladenen somit um weitere 5.800 EUR auf 1.612.132 EUR reduziere. Über diese ausdrückliche Ersparnis hinaus ermittelte die Auftraggeberin jedoch eine weitere Kostenreduzierung. Unter Ziff. 2.1.4 des Vergabevermerks vom 10.04.2006 heißt es auf Seite 5:

"Durch NA 4 kommt Pos. 02.05.0008 bzw. NA 2 nur zur Hälfte zur Ausführung, es wäre nur noch ein Leerrohr (L = 30 m) erforderlich. Da NA 4 gewertet wird, reduziert sich die Angebotssumme der Firma ... in Höhe von 1.612.132 EUR um weitere 7.830 EUR und beträgt somit 1.604.302,00 EUR."

54

Die selbst ermittelte zusätzliche Ersparnis hatte sich die Auftraggeberin im Rahmen eines Bietergesprächs mit der Beigeladenen vom 13.02.2006 bereits bestätigen lassen. Dort heißt es:

"Das Nachtragsangebot 4 soll ebenfalls mit beauftragt werden. Dieses erfordert eine Abstimmung mit NLWKN, UWB und WSA. Die Pos. 02.05.0008 bzw. Nebenangebot 2 wird sich entsprechend halbieren."

55

Diese nicht ausdrücklich angebotene zusätzliche Kostenreduzierung ist keine zulässige Aufklärung des Angebotsinhalts im Sinne des § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A. Gemäß § 24 Nr. 1 VOB/A darf der Auftraggeber nach Öffnung der Angebote bis zur Zuschlagserteilung mit einem Bieter nur verhandeln, um sich über seine Eignung, insbesondere seine technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, das Angebot selbst, etwaigeÄnderungsvorschläge und Nebenangebote, die geplante Art der Durchführung, etwaige Ursprungsorte oder Bezugsquellen von Stoffen und Bauteilen sowie über die Angemessenheit der Preise zu unterrichten. Bei § 24 VOB/A handelt es sich, ebenso wie bei § 24 VOL/A, um eine Ausnahmevorschrift, deren Grenzen im Interesse der jeweils anderen Bieter restriktiv zu sehen sind (vgl. Weyand, Vergaberecht, § 24 VOB/A, Rdnr. 4251, 4263 m.w.N.). Die Nachverhandlung ist dem Auftraggeber ausschließlich als eine Aufklärungsmaßnahme im engeren Sinne gestattet. Sie darf nicht dazu dienen, dem Bieter eine inhaltliche Änderung oder Ergänzung seines Angebotes zu ermöglichen (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 02.07.2002, Az.: 13 Verg 6/02). Aufklärungsverhandlungen können insgesamt nur dazu dienen, einen feststehenden Sachverhalt aufzuklären, nicht aber diesen zu verändern (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 14.03.2001, Az.: Verg 30/00). Wird einem Bieter im Rahmen der Aufklärung Gelegenheit zur Änderung seines Angebotes gegeben, entstehen Manipulationsmöglichkeiten. Außerdem wird der zu solchen Angaben berechtigte Bieter gegenüber anderen Bietern unter Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot bevorzugt. Die Grenze der zulässigen Aufklärungsverhandlungen wird überschritten, wennüber die Verhandlungen erhebliche Änderungen der Angebote oder aber - wie im vorliegenden Fall - Preisveränderungen ermöglicht werden. Derartige Verhandlungen sind gem. § 24 Nr. 3 VOB/A unstatthaft. Dies gilt auch für sog. "Klarstellungen" von Preisen, die auf eine Reduzierung des Preises hinauslaufen (BGH NZBau 2002, S. 344 [BGH 06.02.2002 - X ZR 185/99]; Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 10. Aufl., A § 24, Rdnr. 23, 26). Es handelt es sich vorliegend auch nicht um eine ausnahmsweise zulässige, "unumgängliche technische Änderung geringen Umfangs" im Sinne des § 24 Nr. 3 VOB/A. Die zusätzlich ermittelte Kostenreduzierung war vielmehr ausweislich der Vergabeakte entscheidend für die im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung ermittelte Rangfolge der Angebote der Beigeladenen und der Antragstellerin. Die Differenz zwischen den von der Auftraggeberin ausweislich des Vergabevermerks ermittelten Angebotssummen beträgt unter Berücksichtigung aller von ihr gewerteten Nebenangebote der Antragstellerin und der Beigeladenen lediglich 3.102,23 EUR brutto. Ohne die geschilderte, unzulässig ermittelte zusätzliche Preisreduzierung bei der Gesamtschau der Nebenangebote 2 und 4 der Beigeladenen in Höhe von 7.830 EUR liegt somit das Angebot der Antragstellerin unter Berücksichtigung der von der Auftraggeberin berücksichtigten Nebenangebote NA 1 und NA 2 preislich an erster Stelle. Bei einer derartigen Auswirkung fällt die Preisreduzierung ohne weiteres unter das Preisverhandlungsverbot des § 24 Nr. 3 VOB/A und darf nicht berücksichtigt werden.

56

b)

Dagegen ist nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin die Nebenangebote NA 3 und NA 4 der Antragstellerin bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes nicht berücksichtigt hat. Die Auftraggeberin hat sich im Rahmen ihres durch § 25 Nr. 5 VOB/A eingeräumten Ermessens gehalten, als sie im Rahmen der Angebotswertung zum Ergebnis kam, dass die technische Gleichwertigkeit im Angebot der NA 3 und NA 4 der Antragstellerin im Vergleich zu den entsprechenden Positionen des Amtsentwurfs für das Hauptangebot nicht gegeben ist. Die Auftraggeberin hat dementsprechend zu Recht die Nebenangebote gem. § 25 Nr. 1 lit. b, Nr. 4 VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A auf der ersten Wertungsstufe ausgeschlossen.

57

Die Antragstellerin hatte mit ihrem Nebenangebot NA 3 angeboten, die Spül- und Rückführungsleitung nicht, wie ausgeschrieben, als stumpfgeschweißte PE-HD-Druckrohrleitung auszuführen, sondern in gängiger Spülrohrleitung mit Flanschkupplung zu verlegen, und darauf hingewiesen, dass dieses Nebenangebot nur bei Wertung des Nebenangebotes Nr. 1 gelte. Sie hat damit eine Ersparnis von brutto 17.738,72 EUR angeboten. Mit ihrem Nebenangebot NA 4 hat sie für den Fall, dass das Nebenangebot Nr. 1 nicht gewertet wird, für das Hauptangebot ebenfalls angeboten, die Spül- und Rückführungsleitung nicht als stumpfgeschweißte PE-HD-Druckrohrleitung auszuführen, sondern in gängiger Spülrohrleitung mit Flanschkupplung zu verlegen. Für diese Variante wurde eine Ersparnis von 24.821,62 EUR angeboten. Die Auftraggeberin hat sich ausweislich des Vergabevermerks vom 10.04.2006 (S. 5 ff.) ausführlich mit den Nebenangeboten der Antragstellerin auseinander gesetzt. Während sie hinsichtlich der Nebenangebote NA 1 (neue Trassenführung der Spülleitung, Unterdükerung der ...) und NA 2 (Einleitung des Rückspülwassers in die ...) die Gleichwertigkeit feststellte, hat sie die mit den Nebenangeboten NA 3 und NA 4 vorgeschlagenen Alternativen als nicht gleichwertig verworfen. Zum NA 3 heißt es im Vergabevermerk:

"NA 3 (Flanschverbindungen der Spülrohre in neuer Trasse) als Alternative zu Pos. 02.04.0007/0008 weicht von den Festlegungen der Verdingungsunterlagen ab. Die Spülleitungen verlaufen überwiegend inöffentlichen Bereichen (B 214, Sportplatz, Bootshafen) mit entsprechend hohen Anforderungen an die Sicherheit. Neben dem schnellen Verkehr der Bundesstraße ist im weiteren Trassenverlauf mit häufigem Publikumsverkehr zu rechnen. Um hier eine besondere Sicherheit gegen Vandalismus und Leitungsschäden aller Art zu erhalten und potenzielle Gefährdungen zu minimieren, ist gezielt mit einer stumpfgeschweißten PE-HD-Druckrohrleitung die vermeintlich teurere Variante ausgeschrieben worden. Mechanisch lösbare Flanschverbindungen bieten diese Sicherheit nicht. NA 3 wird nicht gewertet."

58

Das NA 4 der Antragstellerin wurde mit gleich lautender Begründung verworfen. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin zu dem Ergebnis gelangt, dass hier eine zwar preiswertere und in der Praxis auch durchaus gängige, aber im Vergleich zur ausgeschriebenen stumpfgeschweißten PE-HD-Druckrohrleitung auch qualitativ geringwertigere Leitungsverbindung angeboten wurde, die nicht technisch gleichwertig im Sinne des § 25 Nr. 5 VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 2 gelten kann. Dabei kann dahinstehen, ob die von der Auftraggeberin als Hauptargument angeführte größere Anfälligkeit gegen Vandalismusschäden in der Praxis tatsächlich derartig ins Gewicht fällt und somit auf einer realistischen Besorgnis beruht. Zwar hat die Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass im Durchschnitt der letzten Jahre ca. 500 Schadensfälle pro Jahr im Stadtgebiet aufgetreten seien, von denen ein erheblicher Teil auf Vandalismus zurückzuführen sei. Es sei deshalb nicht auszuschließen, dass bei Flanschverbindungen die Spülrohrleitung und die Rückführungsleitung beschädigt werden. Einen tatsächlichen Fall einer Leitungsbeschädigung konnte sie jedoch nicht nennen. Die Antragstellerin hat demgegenüber betont, dass es nach ihrer langjährigen Erfahrung nie zu Schäden durch Vandalismus oder sonstige Beschädigungen der Spülleitungen, die durchausüblicherweise auch eingesetzt würden, gekommen ist. Die für das Hauptangebot ausgeschriebene stumpfgeschweißte Rohrverbindung ist jedoch unstreitig weniger anfällig gegen Undichtigkeiten aller Art als eine Flanschverbindung, die wiederum den Vorteil einer einfacheren und damit preisgünstigeren Ausführung bietet. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin auf Nachfrage der Vergabekammer in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass es sich bei den von ihr mit den streitbefangenen Nebenangeboten vorgeschlagenen Flanschverbindungen nicht etwa um eine Verbindung unter Einsatz mehrerer Schrauben handelt, sondern um eine einfache Drehverbindung, ähnlich einem Feuerwehrschlauch. Die Vergabekammer hat keinen Zweifel, dass auch eine derartige Verbindung für Spülleitungen und Rückführungsleitungen geeignet ist. Sie ist jedoch im Hinblick auf die Dichtigkeit und Beständigkeit nicht gleichwertig zur ausgeschriebenen teureren Ausführung einer stumpfgeschweißten PE-HD-Druckrohrleitung. Die Auftraggeberin hat daher die Nebenangebote NA 3 und NA 4 der Antragstellerin zu Recht nicht berücksichtigt.

59

c)

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bestand und besteht für die Auftraggeberin auch kein Anlass, an der Eignung der Beigeladenen für die Durchführung des ausgeschriebenen Auftrags zu zweifeln. Die Auftraggeberin hat ausweislich der Vergabeakte die Eignung sämtlicher Bieter in einer den Anforderungen des § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A genügenden Weise geprüft und Prüfung und Ergebnis in einem den Anforderungen des § 30 VOB/A genügenden Vergabevermerk vom 10.04.2006 dokumentiert. Wie die Vergabekammer bereits im vorangegangenen Nachprüfungsverfahren VgK-05/2006 mit Beschluss vom 22.03.2006 festgestellt hat, steht der Eignung der Beigeladenen nicht entgegen, dass ihr Angebot einen erheblichen Nachunternehmereinsatz vorsieht. Die Beigeladene beabsichtigt, insgesamt 67,71% des Auftragsvolumens in Höhe von 1.422.242,36 EUR (Hauptangebot der Beigeladenen) an Nachunternehmer zu vergeben. Der Löwenanteil fällt dabei auf die Saugbaggerarbeiten, die die Beigeladene durch die Firma A... erledigen lassen möchte. Dabei handelt es sich um 64,49% des Gesamtvolumens. Die Beigeladene erfüllt damit noch die Forderung der Auftraggeberin in den den Vergabeunterlagen beigefügten Ergänzungen der Bewerbungsbedingungen für die Vergabe von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau. Danach muss der Bieter wertmäßig mindestens einen Anteil von 30 v. H. der Teilleistungen (OZ, Positionen) des Leistungsverzeichnisses im eigenen Betrieb erbringen. Im Übrigen hat der Bundesgesetzgeber durch Artikel 2 des am 08.09.2005 in Kraft getretenen Gesetzes vom 01.09.2005 ("PPP-Beschleunigungsgesetz" - BGBl. I S. 2676) den Bieterunternehmen sowohl den Rückgriff auf Fähigkeiten und Kapazitäten von Konzernschwesterunternehmen als auch den Subunternehmereinsatz erleichtert. Nach der durch dieses Gesetz eingeführten Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 VgV finden § 8 Nr. 2 Abs. 1 und § 25 Nr. 6 VOB/A mit der Maßgabe Anwendung, dass der Auftragnehmer sich zur Erfüllung der Leistungen der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen kann.

60

Soweit die Antragstellerin im vorliegenden Nachprüfungsverfahren behauptet hat, der Beigeladenen stünden die in Aussicht genommenen Nachunternehmer nicht (mehr) zur Verfügung, hat sie diese Behauptung nicht belegt. Die Beigeladene hat diese Vorhaltung widerlegt, indem sie mit nachgelassenem Schriftsatz vom 29.05.2006 entsprechende Nachunternehmerangebote der Firma A... GmbH, ..., und der Firma B... GmbH, ..., vom 18.01.2006 vorgelegt. Das Angebot der Firma A... GmbH ist auf eine Anforderung der Beigeladenen vom 15.12.2005 ausweislich des Eingangsstempels am 13.01.2006 eingegangen. Eine vertragliche Bindung zwischen Nachunternehmer und Bieterunternehmen bereits im Stadium der Angebotsabgabe und damit vor Entscheidung über den Zuschlag wird entgegen der Auffassung der Antragstellerin weder durch das Vergaberecht noch durch eine entsprechende, ausdrückliche Festlegung der Auftraggeberin in den Verdingungsunterlagen gefordert. Die Auftraggeberin hatte mit Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 07.12.2005 lediglich die Vorlage des ausgefüllten Vordrucks "StB-Nachunternehmerleistung" gefordert, den die Beigeladene ihrem Angebot ordnungsgemäß beigefügt hat. Die Auftraggeberin hatte die Bieter ferner in Ergänzung zum Angebotsschreiben mit einem Vordruck "Vereinbarung zur Einhaltung der tarifvertraglichen Bestimmungen bei der Ausführung von Bauleistungen" unter Bezug auf § 4 des Landesvergabegesetzes verpflichtet, die für den Nachunternehmereinsatz vorgesehenen Teilleistungen zu benennen und auch den Nachunternehmern die für den Bieter geltenden Pflichten der §§ 3, 4 und 7 Abs. 2 des Landesvergabegesetzes aufzuerlegen. Auch diese Erklärung hat die Beigeladene ihrem Angebot ausgefüllt beigefügt. Die Beigeladene hat die Firma A... im Übrigen bei Einholung ihres Angebotes mit Schreiben vom 15.12.2005 noch einmal ausdrücklich auf die Besonderen Vertragsbedingungen verwiesen und gebeten, insbesondere den Punkt 3 (Vertragsstrafen) zu beachten. Die Vergabekammer teilt die Auffassung des OLG Bremen (Beschluss v. 20.07.2000, Verg 1/2000), dass im Stadium der Angebotsabgabe, in dem der Bieter noch keine hinreichende Aussicht auf den Zuschlag hat, eine vertragliche Bindung zwischen Bieter und Nachunternehmer nicht gefordert werden kann.

61

Richtig ist, dass ein Auftraggeber bei der Prüfung der Eignung des Bieters auch gehalten ist, die Eignung des vom Bieter benannten Nachunternehmers zu prüfen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Anteil des beabsichtigten Nachunternehmereinsatzes an den ausgeschriebenen Teilleistungen erheblich ist (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., A § 25, Rdnr. 35, m.w.N.). Auch diesem Erfordernis hat die Auftraggeberin jedoch Genüge getan. Bereits im ersten Vergabevorschlag vom 09.02.2006 hatte das beauftragte Ingenieurbüro auf Seite 3 darauf hingewiesen, dass sich die Beigeladene des Nachunternehmers A... GmbH aus ... für den Bereich der Saugbaggerung bedient. Wörtlich heißt es dort:

"Gemäß VOB/A § 25 verfügt die Firma ... (Beigeladene) über die Eignung für eine einwandfreie Ausführung. Sie stammt als bekannte Firma aus dem norddeutschen Raum. Bezüglich des Nachunternehmers A... GmbH wurden Referenzauftraggeber befragt, die die Eignung bestätigten."

62

Auch der zweite Vergabevermerk vom 10.04.2006 enthält auf Seite 9 dazu entsprechende Ausführungen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat die Auftraggeberin auch keinen Anlass zur Besorgnis, das der von der Beigeladenen benannte Nachunternehmer auf Grund einer zwischenzeitlich "verbrauchten" Leistungsfähigkeit nicht mehr zur Verfügung steht. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 01.06.2006 darauf hingewiesen, dass der Geschäftsführer der Firma A... GmbH, Herr ..., dem Geschäftsführer der Beigeladenen, Herrn ..., am 31.05.2006 noch einmal ausdrücklich bestätigt hat, dass die Firma A... GmbH nach wie vor zu ihrem Angebot stehe und die Arbeiten ausführen werde. Zwar sei sein Gerät in den nächsten Wochen durch den Einsatz für die Antragstellerin kurzfristig gebunden, es sei aber völlig unproblematisch, sich einen weiteren Saugbagger zu leihen und diesen einzusetzen. Auch sei der Auftrag für die Beigeladene nur kurzfristig.

63

Der Sachverhalt bietet keinen Anlass für die Besorgnis, dass die als Nachunternehmer benannte Firma A... im Falle des Zuschlags auf das Angebot der Beigeladenen sich die für die Teilleistungen erforderlichen Gerätschaften nicht beschaffen könnte.

64

Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Wegen des oben unter 2 a festgestellten Verstoßes gegen das Nachverhandlungsgebot des § 24 Nr. 3 VOB/A ist es erforderlich, die Auftraggeberin zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes die von ihr errechnete zusätzliche Ersparnis bei der Zusammenschau der Nebenangebote NA 2 und NA 4 der Beigeladenen in Höhe von 7.830 EUR brutto nicht zu berücksichtigen und nicht in Abzug zu bringen. Nach Aktenlage liegt damit das Angebot der Antragstellerin unter Berücksichtigung der von der Auftraggeberin akzeptierten Nebenangebote 1 und 2 preislich vorn. Im Übrigen war der Nachprüfungsantrag dagegen aus den unter 2 b und c dargelegten Gründen zurückzuweisen.

65

III. Kosten

66

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art. 7 Nr. 5 des 9. Euro-

67

Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, sodass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 EUR, die Höchstgebühr 25.000 EUR bzw., in Ausnahmefällen, 50.000 EUR beträgt.

68

Es wird eine Gebühr in Höhe von 2.983 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

69

Der zu Grunde zu legende Auftragswert für den streitbefangenen Gesamtauftrag beträgt 1.589.665,51 EUR. Dieser Betrag entspricht dem von der Antragstellerin unterbreiteten Angebot unter Berücksichtigung ihrer Nebenangebote 1, 2 und 3 und damit ihrem Interesse am Auftrag.

70

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der z. Zt. gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR ( § 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR ( § 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 - 1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 1.589.665,51 EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 2.983 EUR.

71

Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.

72

Die in Ziffer 2 des Tenors verfügte Aufteilung der Kosten auf die Antragstellerin und die Auftraggeberin folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nur teilweise begründet war. Soweit sich die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag darüber hinaus gegen die Berücksichtigung des Angebotes der Beigeladen wegen vermeintlich im Zusammenhang mit dem Nachunternehmersatz nicht nachgewiesener Eignung überhaupt wendet, war der Nachprüfungsantrag dagegen erfolglos. Gleiches gilt für die Anfechtung der Nichtberücksichtigung der Nebenangebote NA 3 und NA 4 der Antragstellerin. Die anteilige Kostentragungspflicht entspricht daher dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens im Nachprüfungsverfahren (vgl. Beschluss des OLG Celle vom 06.06.2003, Az.: 13 Verg 5/03).

73

Die Auftraggeberin ist jedoch von der Entrichtung ihres Kostenanteils gemäß § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG von der Kostentragungspflicht befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04).

74

Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.

75

Der Kostenanspruch ist wegen des teilweisen Unterliegens der Antragstellerin jedoch auf 2/3 zu begrenzen. Die Auftraggeberin selbst war nicht anwaltlich vertreten.

76

Kosten der Beigeladenen:

77

Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zu Gunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 155, 158 [OLG Düsseldorf 12.01.2000 - Verg 3/99]; sowie OLG Düsseldorf, Beschluss v. 15.06.2000, Az.: Verg 6/00). Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird: "Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend." Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den Beteiligten-Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwer wiegend berührt werden".

78

Einerseits darf daher zwar für den Antragsteller durch (mögliche) Beiladungen kein unkalkulierbares und damit abschreckendes Kostenrisiko entstehen. Andererseits dürfen aber auch Kosten des Beigeladenen nicht zu einer Waffenungleichheit zu seinen Lasten führen (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 128, Rdnr. 1034).

79

Unter Berücksichtigung dieser sachgerechten Grundsätze entspricht es im vorliegenden Fall der Billigkeit i.S.d. hier analog anzuwendenden § 162 Abs. 3 VwGO, dass die unterlegene Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren erforderlichen Aufwendungen der Beigeladenen, zu denen auch die Kosten einer in einem derartig komplexen, nicht nur materielles Vergaberecht, sondern auch prozessuale Rechtsfragen berührenden Verfahren ohne weiteres erforderlichen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gehören, zu tragen hat.

80

Der Kostenanspruch der Beigeladenen ist wegen des teilweisen Obsiegens der Antragstellerin jedoch auf 1/3 zu begrenzen.

81

Die Antragstellerin wird aufgefordert, den anteiligen Betrag von 994 EUR unter Angabe des Kassenzeichens

82

...

83

innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses auf folgendes Konto zu überweisen:

84

....

Gause Schulte Dierks