Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 25.09.2006, Az.: VgK 19/06

Zulässigkeitsprüfung und Begründetheitsprüfung eines vergaberechtlichen Nachprüfungsantrags ; Überschreitung des für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwerts; Antragsbefugnis als potentielle Bewerberin im Verhandlungsverfahren; Forderung der "Chancengleichheit" im Auswahlverfahren zwischen mittelständischen Büros und "Großbüros"; Einhaltung des Auswahlermessens im Rahmen der Aufstellung und Gewichtung bestimmter Kriterien im Auswahlverfahren; Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Transparenzgebots; Bestehen eines Anspruchs auf Teilnahme am Verhandlungsverfahren; Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
25.09.2006
Aktenzeichen
VgK 19/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 27806
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

VOF-Verhandlungsverfahren "Planung und Neubau eines Krankenhauses"; Los-Nr. 2
Objektplanungsleistungen

In dem Nachprüfungsverfahren
hat die Vergabekammer
durch
den Vorsitzenden RD Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Rohn und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Lohmöller
auf die mündliche Verhandlung
vom 15.09.2006
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin durch die von der Auftraggeberin für die Bewerberauswahl aufgestellte Bewertungsmatrix (Checkliste Bewerber-Prüfung) teilweise in ihren Rechten verletzt ist. Die Auftraggeberin wird verpflichtet, die Bewerberauswahl nicht nur ohne das von ihr zwischenzeitlich selbst aufgegebene dortige Kriterium 3.2 "Verfügbarkeit", sondern auch ohne Berücksichtigung der dortigen Kriterien 2.4 "Gründungsjahr des Büros" und 2.5 "1. Fertigstellung eines Krankenhausprojektes des Büros" durchzuführen.

    Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 2/3 und die Auftraggeberin zu 1/3.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf 4.864 EUR festgesetzt.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat der Auftraggeberin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu 2/3 zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Auftraggeberin notwendig.

Begründung

1

I.

Die Auftraggeberin beabsichtigt die Zusammenlegung von drei Krankenhäusern am Standort des ...-Krankenhauses in .... Im Rahmen dieser Maßnahme ist der Neubau eines Krankenhauses mit ca. 31 000 qm Nutzfläche, ca. 530 - 560 Betten, OP-Bereich, Intensiv-/IMC-Stationen, Endoskopie, Radiologie, Labor, Küche und sonstiger Infrastruktur geplant.

2

Mit Datum vom 12.08.06 hat die Auftraggeberin für dieses Projekt die erforderlichen Planungsleistungen losweise als VOF-Verhandlungsverfahren europaweit ausgeschrieben. Los 1 beinhaltet die Projektsteuerungsleistungen, Los 2 die Objektplanung für Gebäude, Los 3 die Objektplanung für Freianlagen, die Lose 4 - 8 umfassen die technischen Ausrüstungsplanungen und Los 9 die Tragwerksplanungen. Bewerbungen müssen für jedes Los separat erfolgen. Die Auftraggeberin behält sich vor, mehrere Lose an einen Auftragnehmer zu vergeben. Im Falle der Bewerbung von Bietergemeinschaften wird vorausgesetzt, dass jedes Mitglied der Bietergemeinschaft die in der Bekanntmachung geforderten Bedingungen für den Auftrag und alle Teilnahmebedingungen erfüllt.

3

Streitbefangen ist hier das Los 2.

4

Als Teilnahmebedingungen werden zur persönlichen Lage des Bewerbers gefordert:

  1. 1.

    ein rechtsverbindlich unterschriebenes Angebotsschreiben,

  2. 2.

    ein Nachweis der Unterschriftsberechtigung bei juristischen Personen,

  3. 3.

    eine verbindliche Erklärung des Bewerbers bezüglich des Vorliegens von Ausschlussgründen gemäß § 11 VOF,

  4. 4.

    eine Unabhängigkeitserklärung gemäß § 7 Abs. 2 VOF und

  5. 5.

    ein Nachweis der Eintragung in die Architektenliste oder entsprechender EU-Nachweis.

5

Bezüglich weiterer Anforderungen wird auf ein Bewerbungs-Formblatt verwiesen.

6

Die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit soll durch Angaben über den Gesamtumsatz des Bewerbers für entsprechende Leistungen in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren nachgewiesen werden.

7

Die technische Leistungsfähigkeit soll anhand folgender Nachweise geprüft und bewertet werden:

  1. 1.

    Darstellung von ausgewählten, vom Bewerber geplanten und neu errichteten Krankenhäusern oder Kliniken mit Baufertigstellungstermin innerhalb der letzten acht Jahre (1999-2006). Ergänzend zu den ausgewählten Projekten sind Angaben zu Bauherrn, Projektleiter, Planungs- und Bauzeitraum, Herstellungskosten sowie zu den erbrachten Leistungsphasen gem. HOAI zu machen.

  2. 2.

    Vorlage von mindestens zwei schriftlichen Referenzauskünften von öffentlichen Auftraggebern mit positiven Aussagen zur Kosten- und Terminsicherheit,

  3. 3.

    Darstellung der Struktur und der Organisation des Büros,

  4. 4.

    Angaben der Qualitätssicherung (Zeitplanungs-, Kostenüberwachungs- und Controllingsystem des Bewerbers),

  5. 5.

    Angaben der aktuellen Zahl von Führungskräften und Mitarbeitern (fest angestellt), sowie der durchschnittlichen Anzahl der in den drei letzten Jahren beschäftigten Führungskräfte und Mitarbeiter (fest angestellt).

8

Auch hier wird auf weitere Anforderungen im Bewerbungs-Formblatt hingewiesen.

9

In den sonstigen Informationen unter VI.3 der Bekanntmachung kündigt die Auftraggeberin ein zweistufiges Auswahlverfahren an. In der ersten Stufe sollen die Ausschlusskriterien und die Vollständigkeit der Bewerbungsunterlagen geprüft werden. Als zweite Stufe wird angekündigt: "Prüfung und Wertung der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie der fachlichen Eignung. Kriterien und Wichtung".

10

Zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen mindestens 3, höchstens 5 Teilnehmer.

11

Als Schlusstermin für den Eingang der Bewerbungen ist der 20.09.2006 - 15:00 Uhr festgelegt. Die Bewerbungsunterlagen konnten gemäß Bekanntmachung - nach Losen getrennt - zum Preis von jeweils 50 EUR elektronisch ab dem 10.08.06 bei der Auftraggeberin abgefordert werden.

12

Die Bewerbungsunterlagen bestehen aus einer Projektinformation für alle Lose und den jeweils loszugehörigen Bewerbungs-Formblättern mit Mustern der Checklisten zur Prüfung der Bewerber.

13

Im Bewerbungs-Formblatt für das strittige Los 2 werden die Kontaktinformationen der Bewerber, ihre Rechtsform, das Gründungsjahr des Büros sowie Angaben zur Fertigstellung ihres ersten Krankenhausprojektes abgefragt, als Anlagen 1 - 4 sind Bietererklärungen zu den formalen Teilnahmebedingungen beizufügen.

14

Ihre Erfahrungen in der Objektplanung haben die Bewerber durch Angaben zu verschiedenen Referenzobjekten zu belegen. Abgefragt werden Daten

  1. 1.

    zu vier realisierten Projekten komplexer Bauwerke, vorzugsweise Krankenhäuser, die innerhalb der letzten acht Jahre in Betrieb genommen worden sind, deren Investitionskosten möglichst > 20 Mio. Euro betragen und bei denen der Bewerber mindestens die Leistungsphasen 3-8 HOAI erbracht hat, und

  2. 2.

    zu vier noch in Planung / Bau befindlichen gleichartigen Projekten, bei denen mindestens die Leistungsphase 4 abgeschlossen ist.

15

Zur Prüfung der Leistungsfähigkeit werden für die Jahre 2003 bis 2005 jeweils Angaben zum Gesamtumsatz des Bewerbers mit Architektenleistungen und zum Umsatz mit Architektenleistungen im Krankenhausbau verlangt. Des Weiteren sollen sich die Bewerber zur Zertifizierung nach DIN ISO 9001 erklären und diese ggf. nachweisen.

16

Unter der Überschrift "Verfügbarkeit" wird die Entfernung des Büros des hauptsächlich mit der Planungsleistung befassten Architekten zum Sitz der Auftraggeberin abgefragt.

17

Das Bewerbungs-Formblatt enthält unter Ziff. 7 folgende Informationen zum Auswahlverfahren: Auswahlkriterien des Auswahlverfahrens sind

  1. 1.

    Erfüllung aller formalen Kriterien

  2. 2.

    Erfahrungen im Fachgebiet

  3. 3.

    Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit des Bewerbers auch in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht

  4. 4.

    Qualitätssicherung und Verfügbarkeit.

18

Zur Punktewertung der Kriterien "Erfahrungen im Fachgebiet", "Leistungsfähigkeit" und "Qualitätssicherung und Verfügbarkeit" wird auf eine als Muster beigefügte Checkliste verwiesen.

19

Nach entsprechender Wertung sollen telefonisch für die fünf ranghöchsten Bewerbungen stufenweise max. drei Referenzen bezüglich Termin- und Kostensicherheit, Kooperationsfähigkeit / -bereitschaft und evtl. Mängel in Planung und Bauausführung geprüft werden. Sind die Auskünfte bei mindestens zwei Referenzen nicht uneingeschränkt positiv, scheidet der Bewerber aus und der nächstplatzierte Bewerber rückt nach.

20

Die Checkliste sieht auf Seite 1 die formale Prüfung der Bewerbung vor. Bewerbungen, welche die formalen Kriterien nicht erfüllen, sollen aus dem weiteren Verfahren ausgeschlossen werden. Die verbleibenden Bewerbungen sollen bezüglich der Kriterien "Erfahrungen im Fachgebiet", "Leistungsfähigkeit" und "Qualitätssicherung und Verfügbarkeit" geprüft und anhand der Matrix bewertet werden. Hiernach kann eine Bewerbung maximal 97 Punkte erreichen.

21

Auf das Kriterium "Erfahrungen im Fachgebiet" können max. 44 Punkte vergeben werden. Hierbei entfallen auf realisierte Projekte max. 26 Punkte und auf noch in Planung / im Bau befindliche Projekte max. 18 Punkte. Für das Kriterium "Leistungsfähigkeit" mit den Unterkriterien "Gesamtumsatz mit Architektenleistungen", "Gesamtumsatz mit Architektenleistungen im Krankenhausbau", "Zahl der Beschäftigten", "Gründungsjahr des Büros" und "erste Fertigstellung eines Krankenhausprojekts des Büros" sind insgesamt 47 Punkte erreichbar. Hierbei wird die Höchstzahl von jeweils 4 Einzelpunkten vergeben für

  1. 1.

    Gesamtumsätze 10 Mio

  2. 2.

    Umsätze im Krankenhausbau 6 Mio

  3. 3.

    für mehr als 50 Beschäftigte

  4. 4.

    für Büros, die vor 1990 gegründet wurden und

  5. 5.

    für die Fertigstellung des ersten Krankenhausprojektes vor 1990

22

Für das Kriterium "Qualitätssicherung und Verfügbarkeit" sind insgesamt 6 Punkte erreichbar, hiervon 1 Punkt bei Nachweis eines Zertifikats nach DIN ISO 9001 bzw. Eigenerklärung und 5 Punkte für Bewerber, deren Büro max. 25 km vom Sitz der Auftraggeberin entfernt ist.

23

Wegen eines technischen Fehlers waren die Unterlagen erst ab dem 17.08.06 abrufbar.

24

Neben verschiedenen Anfragen gingen mehrere Rügen bei der Auftraggeberin ein.

25

Die Antragstellerin rügte mit zwei inhaltsgleichen Schreiben vom 22.08.06 die Bewerbungsunterlagen für die Lose 1 und 2. Sie sieht in den beabsichtigten Bewertungen eine durch das Projekt in keiner Weise zu begründende Bevorzugung der großen und evtl. ortsnahen Planungsbüros und dementsprechend eine Benachteiligung mittelständischer nicht ortsnaher Büros. Unter Fristsetzung forderte sie die Auftraggeberin auf, die Ausschreibung dahingehend zu ändern, dass auch mittelständische Büros mit durchschnittlichen Projekt- und Umsatzgrößen bei entsprechender Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit die gleiche Chance zur Erreichung der maximalen Punktzahl haben wie die großen Büros. Daneben forderte sie aufgrund dieser Abänderungen eine Verlängerung der Bewerbungsfrist.

26

Die Auftraggeberin teilte der Antragstellerin mit E-Mail vom 24.08.06 mit, dass das gerügte Kriterium "Verfügbarkeit" nicht in die Wertung einbezogen werde, dass aber alle übrigen Einwendungen aus ihrer Sicht nicht begründet seien und daher nicht gewürdigt werden.

27

Mit Schreiben vom 25.08.06 wandte sich die Antragstellerin per Fax an die Vergabekammer Lüneburg und beantragte ein Nachprüfungsverfahren nach § 107 GWB betreffend das VOF-Vergabeverfahren "Neubau eines Krankenhauses" - Los 2 Objektplanungsleistungen.

28

Unter Hinweis auf ihre Rüge und unter Bezugnahme auf die §§ 4 und 13 Abs. 2 VOF beanstandet sie die von der Auftraggeberin beabsichtigte Bewertung als vergaberechtswidrig, da sie durch die Anwendung der vorgesehenen Bewertung der Kriterien "Erfahrungen im Fachgebiet", "Leistungsfähigkeit" und "Qualitätssicherung und Verfügbarkeit" benachteiligt werde. Die z.T. sachlich nicht gerechtfertigten Nachweisforderungen und die Matrix der Checkliste ließen eine eindeutige Bevorzugung von Bewerbern mit langjährig tätigen Büros überdurchschnittlicher Größe, überdurchschnittlichen Umsätzen und überdurchschnittlichen Projektgrößen erkennen. Im Hinblick auf die vorgegebene Beschränkung der Teilnehmerzahl am Verhandlungsverfahren führe dies zu einer Wettbewerbsbeschränkung, da jüngere Büros und kleinere Büroorganisationen unter den gegebenen Bedingungen keine realistische Chance hätten, zum Kreis der fünf Bewerber mit den höchsten Punktzahlen zu gehören, obwohl sie genauso gut in der Lage seien, das ausgeschriebene Projekt zu realisieren. Beanstandet wird auch die vorgesehene Höherbewertung einer ISO-9001-Zertifizierung als Nachweis der Zuverlässigkeit und die Bevorzugung von Planungsbüros aus dem Nahbereich des Sitzes der Auftraggeberin.

29

Die Antragstellerin beantragt,

der Auftraggeberin aufzugeben, ihr Punktevergabeschema so abzuändern, dass auch Büros mit weniger als 5 Mio. Euro Umsatz und weniger als 2 Mio. Euro Umsatz im Krankenhausbau sowie mit einer für die Bearbeitung des ausgeschriebenen Projektes ausreichenden Anzahl an qualifizierten Beschäftigten unabhängig vom Gründungsjahr und von der Fertigstellung des ersten Krankenhausprojektes die gleiche Chance haben, die maximale Punktzahl zu erreichen wie die wenigen Büros in der Bundesrepublik Deutschland, die in allen Bewertungskriterien maximale Punktzahl erreichen können. Dies gilt analog für sämtliche Auswahlkriterien, gegen die sich die Antragstellerin im Einzelnen wendet, soweit es lediglich um Quantität statt Qualität gehe.

30

Die Auftraggeberin beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

  2. 2.

    der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Auftraggeberin aufzuerlegen,

  3. 3.

    die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Auftraggeberin gem. § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären.

31

Sie hält den Nachprüfungsantrag für unzulässig, da die Antragstellerin als Architekturbüro nicht rechtsfähig und damit nicht antragsbefugt sei.

32

Auch sei der Antrag bezüglich des Auswahlkriteriums "Qualitätssicherung" präkludiert, da die Antragstellerin diesbezüglich keine Rüge erhoben habe.

33

Im Übrigen sei der Antrag unbegründet.

34

Die Auftraggeberin habe einen Verzicht auf das Kriterium 3.2 (Verfügbarkeit) bereits verbindlich erklärt. Die von ihr in der Bekanntmachung angekündigten und mit der Bewerbung verlangten Nachweise entsprächen den Vorgaben des § 13 Abs. 2 VOF. Zur Erhöhung der Transparenz habe sie diese ausdifferenziert und in einer Matrix bewertbar gemacht. Die auf diese Weise vorbereitete fachliche Bewertung überschreite den ihr gegebenen Ermessensspielraum nicht und verstoße auch nicht gegen das Willkürverbot.

35

Der Nachweis der berufsspezifischen Erfahrungen wurde nicht auf Krankenhausprojekte beschränkt, andere Referenzobjekte würden in gleicher Weise bewertet. Auch die beabsichtigte Bewertung der Umsätze und der Anzahl der Beschäftigten sei zweckmäßig und vergaberechtskonform. Der Nachweis qualitätssichernder Maßnahmen und die Kriterien "Gründungsjahr des Büros" und "erste Fertigstellung eines Krankenhausprojekts" seien ebenfalls zweckmäßig und zulässig, letztere könnten entsprechende Berufserfahrung des Bewerbers dokumentieren.

36

Soweit sich die Antragstellerin auf den Vergabegrundsatz des § 4 Abs. 5 VOF berufe, sei ihr entgegenzuhalten, dass diese Regelung keine konkreten Ansprüche begründen könne.

37

Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 15.09.2006 Bezug genommen.

38

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, jedoch nur hinsichtlich des aus dem Tenor zu 1 ersichtlichen Umfangs begründet. Der Antrag ist unbegründet, soweit sich die Antragstellerin gegen die Berücksichtigung und Gewichtung der in der von der Auftraggeberin für die Bewerberauswahl erstellten "Checkliste Bewerber-Prüfung" enthaltenen Unterkriterien 1.1 und 1.2 Kriterium 1 "Erfahrungen im Fachgebiet", zu den Unterkriterien 2.1 bis 2.3 des Bewertungskriteriums 2 - "Leistungsfähigkeit" und hinsichtlich des Unterkriteriums 3.1 - Qualitätssicherung des Kriteriums 3 - "Qualitätssicherung und Verfügbarkeit" wendet. Die Auftraggeberin hat sich im Rahmen des ihr durch § 10 VOF eingeräumten Ermessens gehalten, als sie sich entschloss, diese Kriterien für die Auswahl der zur Verhandlung aufzufordernden geeigneten Bewerber festzulegen. Die Auftraggeberin war und ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des § 4 Abs. 2 VOF und der Berücksichtigungsregelung des § 4 Abs. 5 VOF nicht verpflichtet, eine Nivellierung von großen, mittelständischen und kleineren Büroorganisationen vorzunehmen. Die Auftraggeberin ist nicht gehindert, bei der Bewerberauswahl auch die Größe des Mitarbeiterstammes, Zahl und Investitionsvolumen bereits realisierter Projekte, aktuell in Planung/Bau befindlicher Projekte und den allgemeinen und mit vergleichbaren Krankenhausbauten erzielten Gesamtumsatz der Büroorganisationen positiv zu berücksichtigen. Dem steht auch nicht entgegen, dass angesichts der Kriterienauswahl und der Gewichtung im Ergebnis größere Büroorganisationen insbesondere dann eine bessere Chance auf Berücksichtigung im Verhandlungsverfahren erhalten, wenn sie mehrere größere und insbesondere mit dem streitbefangenen Projekt vergleichbare Projekte realisiert haben (im Folgenden a). Dagegen sind die beanstandeten Unterkriterien 2.4 - "Gründungsjahr des Büros - und 2.5 - "1. Fertigstellung eines Krankenhausprojektes des Büros", die allein das "Alter" des Büros und ein möglichst lange zurückliegendes Fertigstellungsjahr des 1. Projektes begünstigen, sachlich nicht gerechtfertigt und damit nicht durch das Auswahlermessen der Auftraggeberin gemäß den §§ 10, 12, 13 VOF gedeckt. Nur in dieser Hinsicht ist die Antragstellerin im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt.

39

1.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um das in der Rechtsform einer GmbH organisierte Klinikum der Region ... und damit um eine juristische Person des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen. Sie steht als Zusammenschluss der 12 Krankenhäuser der Region in hundertprozentiger Trägerschaft der Region ... und ist damit öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um freiberufliche Dienstleistungen im Sinne des § 1 VOF betreffend die erforderlichen Planungsleistungen für den Neubau eines Krankenhauses und damit um einen Dienstleistungsauftrag, für den gemäß § 2 Nr. 3 der Vergabeverordnung (VgV) ein Schwellenwert von 200.000 EUR gilt. Der Wert des ausgeschriebenen Auftrags überschreitet unstreitig den für die Anrufung der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert. Ausweislich einer in der Vergabeakte enthaltenen Übersicht über die geschätzte Honorarberechnung auf Grundlage von Vergleichsobjekten rechnet die Auftraggeberin angesichts einer Gesamtbausumme von 120 Mio. EUR für alle 9 Lose der Planungsleistungen mit Gesamtkosten von bis zu 14.709.052 EUR. Allein für das streitbefangene Los 2 geht die Auftraggeberin von geschätzten Honorarkosten in Höhe von 7.467.672 EUR aus.

40

Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als potenzielle Bewerberin im Verhandlungsverfahren ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie die Auffassung vertritt, die Auftraggeberin habe in mehrfacher Hinsicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß § 4 Abs. 2 VOF und insbesondere gegen die Vorschrift des § 4 Abs. 5 VOF verstoßen, wonach kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger angemessen beteiligt werden sollen. Die Auftraggeberin habe in vergaberechtswidriger Weise die Kriterien für die Auswahl der zur Verhandlung aufzufordernden Bewerber gemäß § 10 ff. VOF und ihre Gewichtung so gewählt, dass kleinere und mittelgroße Büroorganisationen keine Chance auf Berücksichtigung haben, selbst wenn sie für die Erfüllung der ausgeschriebenen Leistungen hinsichtlich Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit genauso gut oder sogar besser geeignet sind wie große, insbesondere alteingesessene Büroorganisationen. Eine erfolgreiche Bewerbung sei ihr deshalb angesichts dieser Bewertungsmatrix von vornherein verwehrt. Die Antragstellerin hat damit ein Rechtsschutzbedürfnis im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB dargelegt. Diesbezügliche Anforderungen an die Darlegungslast dürfen nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 107, Rdnr. 677). Eine über die Schlüssigkeit hinausgehende Darstellung des Rechtsschutzbedürfnisses ist nicht erforderlich. Das tatsächliche Vorliegen der Rechtsverletzung ist vielmehr eine Frage der Begründetheit (vgl. Vergabekammer Südbayern, Beschluss v. 13.12.1999 - Az.: 11/99).

41

Die Antragstellerin ist auch ihrer Verpflichtung gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen, die von ihr geltend gemachten Vergaberechtsverstöße vor Stellung des Nachprüfungsantrages unverzüglich gegenüber der Auftraggeberin zu rügen. Die Antragstellerin hat gegen Zahlung der von der Auftraggeberin geforderten Gebühr von 50 EUR (IV.3.3 der Vergabebekanntmachung vom 12.08.2006) am 21.08.2006 die Bewerbungsunterlagen für das streitbefangene Los 2 - Objektplanung für Gebäude aus dem Internet heruntergeladen. Zusammen mit den Bewerbungsunterlagen erhielt sie auch die als "Checkliste zur Prüfung der Bewerber" bezeichnete Bewertungsmatrix der Auftraggeberin für die Auswahl der zur Verhandlung aufzufordernden geeigneten Bewerber. Bereits mit Schreiben vom 22.08.2006 rügte die Antragstellerin gegenüber der Auftraggeberin die dort aufgestellten Kriterien und wies die Auftraggeberin darauf hin, dass diese nach Auffassung der Antragstellerin gegen § 4 Abs. 5 VOF verstoßen, da sie ausschließlich Büros bestimmter Größe bevorzugten, ohne dabei auf Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit abzustellen. Die Antragstellerin forderte die Auftraggeberin auf, das Auswahlverfahren dahingehend zu ändern, auch mittelständischen Büros mit durchschnittlichen Projekt- und Umsatzgrößen, die nachweislich über ausreichende Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit zur Bearbeitung des ausgeschriebenen Projekts verfügen, die gleiche Chance zur Erreichung maximaler Punktzahl einzuräumen, wie sie die wenigen in diesem Bereich tätigen "Großbüros" erhalten. Für den Fall der Nichtabhilfe ihrer Rüge kündigte die Antragstellerin die Anrufung der Vergabekammer an. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Ein Anbieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Voraussetzung ist dabei die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Da die Antragstellerin erstmalig am 21.08.2006 Kenntnis von den Auswahlkriterien und ihrer Gewichtung erhalten hat, erfolgte die bereits mit Schriftsatz vom 22.08.2006 abgesetzte Rüge unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.

42

2.

Die Antragstellerin ist jedoch nur in dem aus dem Tenor zu 1 und den dort beanstandeten Kriterien 2.4 und 2.5 in ihren Rechten im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Im Übrigen und damit überwiegend ist der Nachprüfungsantrag unbegründet. Die Antragstellerin hat mit ihrem Hauptbegehren, die Auftraggeberin zu veranlassen, die Auswahlkriterien und ihre Gewichtung so zu ändern, dass die Chancen von geeigneten kleineren und mittelgroßen Büroorganisationen gegenüber den Chancen größerer Büroorganisationen nivelliert werden, keinen Erfolg. Der Auftraggeberin ist es entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht verwehrt, bei der Auswahl der zur Verhandlung aufzufordernden Bewerber, deren Zahl die Auftraggeberin in Übereinstimmung mit § 10 Abs. 2 VOF gemäß Ziffer IV.1.2 auf mindestens drei und höchstens fünf Bewerber begrenzt hat, nicht nur Anzahl und Investitionsvolumen von in den letzten acht Jahren bereits realisierten oder aktuell in Planung/Bau befindlichen Projekten positiv zu berücksichtigen und dabei insbesondere für Krankenhausprojekte Zusatzpunkte zu vergeben. Sie darf bei der Auswahl auch auf den Grad der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gemäß § 12 VOF abstellen, indem sie die Höhe des Gesamtumsatzes des Bewerbers mit Architektenleistungen von 2003 bis 2005 (Kriterium 2.1) und darüber hinaus die Höhe des Umsatzes des Bewerbers mit Architektenleistungen im Krankenhausbau von 2003 bis 2005 (Kriterium 2.2) bewertet. Sie darf den Bewerbern auch die Zahl der Beschäftigten (angestellte Mitarbeiter) zwischen 2003 und 2005 (Kriterium 2.3) und damit die Größe des Personalstamms gutschreiben. Auch der Nachweis der Qualitätssicherung (Kriterium 3.1) durch Vorlage einer Zertifizierungsurkunde (ISO-9001-Zertifizierung) oder einer Eigenerklärung ist nicht zu beanstanden. Auch diese beanstandeten Kriterien sind sämtlich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich die streitbefangenen Planungsleistungen auf ein Krankenhausbauprojekt beziehen, das sowohl hinsichtlich des Investitionsvolumens (ca. 120 Mio. EUR) als auch hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen als deutlich überdurchschnittlich einzustufen ist, nicht willkürlich, sondern sachbezogen. Die Auftraggeberin hat sich durch die Aufstellung und Gewichtung dieser Kriterien im Rahmen des ihr nach § 10 VOF eingeräumten Auswahlermessens gehalten (im Folgenden a). Dagegen ist der von der Auftraggeberin beabsichtigte zusätzliche Punktebonus für alteingesessene Büros gemäß Kriterium 2.4 - Gründungsjahr des Büros (max. erreichbare Punktzahl: 4) und Kriterium 2.5 - 1. Fertigstellung eines Krankenhausprojektes des Büros (max. erreichbare Punktzahl: 4) sachlich nicht gerechtfertigt und deshalb von dem den öffentlichen Auftraggebern gemäß § 10 VOF eingeräumten Auswahlermessen nicht gedeckt (im Folgenden b).

43

a)

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin verbietet weder der Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 4 Abs. 2 VOF noch der Grundsatz des § 4 Abs. 5 VOF, wonach kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger angemessen beteiligt werden sollen, der Auftraggeberin, bei der Auswahl der für die Verhandlung aufzufordernden Bewerber gemäß § 10 VOF maßgeblich nicht nur auf Zahl und Größe in der Vergangenheit und in der Gegenwart betreuter Projekte, insbesondere vergleichbarer Referenzprojekte, abzustellen, die Höhe des allgemeinen Jahresumsatzes und der mit vergleichbaren Leistungen - hier Architektenleistungen für Krankenhausprojekte - zu berücksichtigen und die Anzahl der Beschäftigten als Indiz für die Leistungsfähigkeit positiv in Ansatz zu bringen.

44

Das Vergabeverfahren nach der VOF teilt sich in ein Auswahlverfahren gemäß §§ 10, 11, 12 und 13 VOF und ein Zuschlagsverfahren gemäß § 16 VOF. Während das Auswahlverfahren gemäß § 10 Abs. 1 VOF anhand der Auswahlkriterien Fachkunde (fachliche Eignung), Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Ermittlung derjenigen Bewerber dient, die der Auftraggeber zur Verhandlung auffordert, sollen die in § 16 Abs. 2 VOF genannten - nicht abschließenden - Auftragskriterien (insbesondere Qualität, technischer Wert, Ästhetik, Preis, Honorar etc.) den Auftraggeber in die Lage versetzen, zu entscheiden, mit wem von den ausgewählten Bewerbern, die die Eignungs-, Leistungs- und Zuverlässigkeitskriterien erfüllen, letztlich der ausgeschriebene Vertrag zu schließen ist. Dabei hat der Auftraggeber aus Transparenzgründen gemäß § 10 Abs. 3 VOF in der Bekanntmachung anzugeben, welche Nachweise über die finanzielle, wirtschaftliche oder fachliche Eignung oder welche anderen Nachweise vom Bewerber zu erbringen sind. Diese Voraussetzungen hat die Auftraggeberin mit der detaillierten Auflistung unter Abschnitt 3 ihrer Vergabebekanntmachung vom 12.08.2006 erfüllt. Da die Auftraggeberin in Übereinstimmung mit § 10 Abs. 2 VOF in der Vergabebekanntmachung unter IV.1.2 die Zahl der zur Verhandlung aufzufordernden Bewerber auf mindestens drei und höchstens fünf beschränkt hat, ist sie gehalten, unter den Bewerbern, die den Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gemäß § 12 VOF und den Nachweis der fachlichen Eignung gemäß § 13 VOF erbringen, nicht nach § 11 VOF auszuschließen sind und deshalb sämtlich als geeignet einzustufen sind, eine entsprechende Auswahl nach § 10 Abs. 1 VOF zu treffen. Entgegen der Situation im offenen Vergabeverfahren im Bereich der VOB/A und der VOL/A gilt daher beim Verhandlungsverfahren und beim nichtoffenen Verfahren mit Teilnahmewettbewerb im Allgemeinen und beim Verhandlungsverfahren nach der VOF im Besonderen der allgemeine Grundsatz, wonach ein Auftraggeber ein "Mehr an Eignung" nicht berücksichtigen darf, nur für die Phase der abschließenden Angebots- oder Zuschlagswertung (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 29.10.2003, Az.: VII Verg 43/03).

45

Auf der Stufe der Auswahl der für eine Auftragsausführung am besten geeigneten Bewerber, die überhaupt erst zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden sollen, ist eine am Grad der Eignung orientierte Abstufung dagegen nicht nur zulässig, sondern regelmäßig notwendig. Für die Abstufung kommen grundsätzlich und vorrangig nur die nach den §§ 12, 13 VOF geforderten Eignungsnachweise in Betracht (vgl. Jasper, Auswahl der Bewerber im VOF-Verfahren, NZBau 9/2005, S. 494 ff., S. 496, m.w.N.). Um jedoch ohne Verletzung des Gleichbehandlungs- und Transparenzgebots zum engeren Bewerberkreis zu gelangen, ist es entscheidend, dass die Bewerberauswahl anhand objektiver und transparenter Kriterien erfolgt (vgl. VK Stuttgart, Beschluss v. 23.01.2003 - 1 VK 70/02, IBR 2003, S. 268). § 10 VOF gewährt dem Auftraggeber bei seiner Prognoseentscheidung den notwendigen, relativ weiten Ermessensspielraum. Dieses Auswahlermessen findet seine Grenzen letztlich im Willkürverbot. Es ist deshalb Sache des Auftraggebers, anhand einer pflichtgemäßen Ermessensausübung in der Teilnehmerauswahl zu prüfen, welcher der für grundsätzlich geeignet befundenen Bewerber die Teilnahmekriterien am ehesten erfüllt (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 14.03.2000, Az.:13 Verg 2/00). Die Vergabenachprüfungsinstanzen haben das dem öffentlichen Auftraggeber bei der Festlegung und Gewichtung der für maßgebend erachteten Eignungsmerkmale zustehende Ermessen lediglich in beschränktem Umfang zu kontrollieren. Es hat im Ergebnis nur eine Prüfung auf Ermessensfehler stattzufinden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 05.10.2005 - Verg 55/05).

46

Ein Anspruch auf Teilnahme am Verhandlungsverfahren besteht nicht (vgl. OLG Bremen, Beschluss v. 14.04.2005, Az.: Verg 1/2005 = VergabeR 4/2005, S. 538 ff. [OLG Bremen 14.04.2005 - Verg 1/05], S. 540). Auf der Grundlage dieser zutreffenden Erwägungen ist die Kriterienauswahl und die Schwerpunktsetzung der Auftraggeberin mit Ausnahme der unten unter 2 b noch zu erörternden Kriterien 2.4 (Gründungsjahr des Büros) und 2.5 (1. Fertigstellung eines Krankenhausprojektes des Büros) im streitbefangenen Vergabeverfahren nicht als diskriminierend oder willkürlich zu beanstanden. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei der Realisierung eines Krankenhausbaus um ein Projekt mit herausragender Bedeutung für die Öffentlichkeit im Allgemeinen und für die Daseinsvorsorge im Besonderen handelt und der öffentliche Auftraggeber mit der Beauftragung der Planungsleistungen bereits die Weichen für die Realisierung dieses Projekts stellt. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin lässt auch die Vorgabe in § 4 Abs. 5 VOF die Auswahlkriterien der Auftraggeberin im streitbefangenen Vergabeverfahren grundsätzlich nicht in einem anderen Licht erscheinen. Zwar sollen gemäß § 4 Abs. 5 VOF kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger angemessen beteiligt werden. Diese Regelung wird im Schrifttum jedoch einhellig eher als Programmsatz und nicht als verbindlicher Vergabegrundsatz gewertet (vgl. Kaufhold, Meyerhofer, Reichl, Die VOF im Vergaberecht, § 4, Rdnr. 16). Es handelt sich um einen allgemeinen Hinweis darauf, dass die öffentliche Hand auch kleineren Büroorganisationen und Newcomern eine Chance geben soll. Andererseits folgt daraus nicht, dass bei besonders schwierigen und komplexen Planungen - zu denen auch die Planung eines Krankenhausbaus gehört -, für die große Erfahrungen erforderlich sind, Berufsanfänger oder kleinere Büroorganisationen "angemessen" zu berücksichtigen sind. Dieses "angemessen" bezieht sich auf die gesamte Vergabepraxis eines Auftraggebers, wenn nicht sogar auf die Gesamtaufträge der öffentlichen Auftraggeber in einer Periode. Dabei kann es auch nicht darauf ankommen, im Detail nachzurechnen, ob und inwieweit überhaupt kleinere Büros im konkreten Vergabeverfahren zum Zuge gekommen sind (vgl. Müller-Wrede, VOF, 2. Aufl., § 4, Rdnr. 25).

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Maßstab für die Frage, ob der Auftraggeber Auswahlkriterien und Gewichtung so anlegen darf, dass größere und insbesondere solche Büroorganisationen, die schon seit längerer Zeit eine erfolgreiche Tätigkeit bei von der Dimension und dem Inhalt vergleichbaren Projekten vorweisen können, eine bessere Chance erhalten, zur Angebotsabgabe aufgefordert zu werden, ist daher allein die Bedeutung, die Komplexität und das Volumen des von den Planungsleistungen betroffenen Projekts. In der Praxis können daher kleinere Büroorganisationen und Newcomer unter den Architektur- und Planungsbüros - dazu gehören sowohl Existenzgründer wie auch etablierte Büros, die sich auf einen anderen Bereich spezialisiert haben und ihr Tätigkeitsfeld ausdehnen wollen - zumindest bei schwierigen und komplexen Planungen häufig letztlich nur zum Zuge kommen, indem sie sich an Bietergemeinschaften beteiligen, deren Federführung einem im jeweiligen Planungsbereich erfahrenen und etablierten Architektur- oder Planungsbüro obliegt (vgl. VK Lüneburg, Beschluss v. 03.08.2001, Az.: 203-VgK-15/2001).

48

Auch der in § 4 Abs. 2 VOF verankerte Gleichbehandlungsgrundsatz führt zu keiner anderen Beurteilung. Dieser Grundsatz soll vielmehr insbesondere die Bevorzugung oder Benachteiligung von Bewerbern nach Nationalität, Herkunft und Berufsausbildung ausschließen. Nur wenn alle Bewerber um einen Auftrag unabhängig von ihrer Herkunft gleichbehandelt werden, kann ein Wettbewerb um die beste und wirtschaftlichste Leistung entstehen. Angebote ausländischer Unternehmen müssen ebenso behandelt werden wie die Angebote deutscher Unternehmen. Die Beschränkung der Auftragsvergabe auf lokale Unternehmen oder auch nur ihre Bevorzugung oder die Vorgabe, ortsansässige Nachunternehmer zu beauftragen oder zu bevorzugen, sind eindeutige klare Diskriminierungen (vgl. Marx in: Müller-Wrede, a.a.O., § 4, Rdnr. 18, m.w.N.). Aus diesem Grunde hatte die Antragstellerin zu Recht das von der Auftraggeberin ursprünglich vorgesehene Kriterium 3.2 - "Verfügbarkeit", wonach eine möglichst geringe Entfernung des Büros des Architekten, in dem der Hauptteil der Planungsleistungen erbracht wird, und dem Sitz der Auftraggeberin mit max. 5 Punkten honoriert werden sollte, als vergaberechtswidrig beanstandet. Die Auftraggeberin hat diesem Vergaberechtsverstoß jedoch noch im laufenden Vergabeverfahren und vor Anrufung der Vergabekammer selbst abgeholfen, indem sie gegenüber der Antragstellerin mit E-Mail vom 24.08.2006 erklärt hat, dass das gerügte Kriterium "Verfügbarkeit" nicht in die Wertung einbezogen wird. Im Übrigen lässt sich aus dem Gleichheitsgrundsatz nach § 4 Abs. 2 VOF nicht ableiten, dass kleinere, mittlere und größere Büroorganisationen in jedem Fall die gleiche Chance auf Erhalt des Planungsauftrags haben müssen, sofern sachliche Gründe für eine Differenzierung vorliegen. Dies aber ist, wie oben dargelegt, bei komplexen Projekten wie Krankenhausbauten der Fall.

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Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabs sind die nachfolgenden, von der Antragstellerin beanstandeten Auswahlkriterien weder willkürlich noch sachfremd und halten sich im Rahmen des der Auftraggeberin durch § 10 VOF eingeräumten Auswahlermessens:

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Kriterium 1.1 - Realisierte Projekte der letzten 8 Jahre (bereits in Betrieb genommen)

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Diesem Kriterium hat die Auftraggeberin mit max. 26 erreichbaren Punkten das größte Gewicht zugemessen. Dabei kann für jedes angegebene Projekt ein Punkt erreicht werden. Für jedes angegebene Projekt > 20 Mio. EUR Investitionssumme, jedes angegebene Krankenhausprojekt, jedes angegebene Krankenhausprojekt > 40 Mio. EUR Investitionssumme ist jeweils 1 Zusatzpunkt zu erzielen. Weitere Zusatzpunkte sind zu erzielen, wenn ein Referenzschreiben zum Projekt vorliegt, wenn die Leistungsphasen 2 bis 9 realisiert wurden und wenn mindestens zwei Krankenhausprojekte mit Investitionssummen von je > 80 Mio. EUR realisiert wurden. Im letzteren Fall werden sogar 2 Zusatzpunkte vergeben. Die von der Auftraggeberin angeforderten Nachweise hinsichtlich der Höhe der Investitionssumme und der Größe von in den letzten 8 Jahren realisierten Projekten fließen als Maßstab in die Auswahlkriterien der Erfahrung und der technischen Leistungsfähigkeit und damit in die Prognose der wirtschaftlichsten Leistungserbringung ein. Diese Kriterien finden durch ihre Einbeziehung gleichwertiger Krankenhausprojekte in die Bewertungsmatrix und die dadurch bedingte Vergleichbarkeit mit der aktuellen Auftragsvergabe ihre Rechtfertigung und sind deshalb nicht willkürlich, sondern sachbezogen.

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Kriterium 1.2 - In Planung/Bau befindliche Projekte (Projekte der letzten 8 Jahre)

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Gleiches gilt für die Berücksichtigung noch nicht abgeschlossener, sondern aktuell in Planung und Bau befindlicher Projekte. Für dieses Kriterium sind insgesamt 12 Punkte zu erzielen, wobei die Auftraggeberin ebenso wie beim Kriterium 1.1 Zusatzpunkte für Projekte > 20 Mio. EUR, für Krankenhausprojekte, für Referenzschreiben und für den Fall von mindestens zwei realisierten Krankenhausprojekten mit Investitionssummen von je > 50 Mio. EUR vergibt. Auch hier werden insbesondere Planungsleistungen für solche Projekte gutgeschrieben, die mit den ausgeschriebenen Planungsleistungen für das Krankenhausbauprojekt der Auftraggeberin vergleichbar sind. Gerade auch diese aktuellen vergleichbaren Tätigkeiten erlauben dem Auftraggeber qualifizierte Aussagen für die Ermittlung der am meisten geeigneten Bewerber.

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Kriterium 2.1 - Gesamtumsatz des Bewerbers mit Architektenleistungen von 2003 bis 2005 (max. erreichbare Punktzahl 12) und Kriterium 2.2 - Umsatz des Bewerbers mit Architektenleistungen im Krankenhausbau von 2003 bis 2005 (max. erreichbare Punktzahl 13)

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Auch diese Kriterien entsprechen den Anforderungen des Vergaberechts. Gemäß § 12 Abs. 1 lit. c VOF können als Nachweise für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bewerbers insbesondere Erklärungen über den Gesamtumsatz des Bewerbers und seinen Umsatz für entsprechende Dienstleistungen in den letzten drei Geschäftsjahren verlangt werden. Dabei muss es vorrangig um solche Dienstleistungen gehen, die in ihrer Art und Ausführung mit der aktuellen Auftragsvergabe vergleichbar sind (vgl. Müller-Wrede, a.a.O., § 12, Rdnr. 6). In der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Sammlung der Rechtsprechung des EuGH, 1987, S. 3347 ff., 3372, 3373) sind als richtlinienkonforme Nachweise solche anerkannt worden, welche die Angabe des Gesamtwertes der in einem Unternehmen zu einem bestimmten Zeitpunkt erteilten Aufträge, die gleichzeitig ausgeführt werden dürfen, betreffen. Die Höhe des Gesamtumsatzes eines Architekten- und Planungsbüros - insbesondere die Umsätze mit vom Inhalt und vom Volumen her vergleichbaren Projekten - sind daher regelmäßig durchaus ein sachgerechtes Indiz für die Leistungsfähigkeit und dürfen daher vom öffentlichen Auftraggeber bei der Bewerberauswahl berücksichtigt werden.

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Kriterium 2.3 - Zahl der Beschäftigten (angestellte Mitarbeiter) zwischen 2003 und 2005

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Ebenso anerkannt ist ein Nachweis über die Anzahl an Arbeitskräften, die aufgrund des Umfangs der zu vergebenden Arbeit erforderlich sind (vgl. Müller-Wrede, a.a.O., § 12, Rdnr. 6). Die stärkere Gewichtung einer höheren Anzahl von Beschäftigten ist vor allem mit dem Interesse des Auftraggebers zu rechtfertigen, nicht nur die für die Bearbeitung des zur Ausschreibung stehenden Projekts vorgesehenen Mitarbeiter in seine Wertung einzubeziehen, sondern eine Vorstellung vom Kontingent weiterer Fachkräfte, auf die unter besonderen Umständen, bei unvorhergesehenem Zusatzbedarf, ohne Zeitverzug zurückgegriffen werden kann, zu erhalten. Es ist weder sachfremd noch willkürlich, wenn der Auftraggeber Wert darauf legt, dass das von ihm beauftragte Planungsbüro eine angemessene personelle Reserve für einen bei derartigen komplexen Projekten nie völlig auszuschließenden Zusatzbedarf vorhalten kann.

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Zu berücksichtigen ist auch, dass die Diskrepanz der Umsatz- und/oder Mitarbeiterzahlen kleinerer, mittlerer und großer Büros regelmäßig für den Auftraggeber eines Großprojekts zugleich auch Maßstab für die Höhe seines eigenen Risikos hinsichtlich der finanziellen Absicherung und der vollständigen Erfüllung des zu vergebenden Vorhabens ist, sodass eine diesbezügliche Differenzierung zu Lasten kleinerer Büros sachlich gerechtfertigt ist.

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Auch das von der Auftraggeberin in die Matrix aufgenommene Kriterium 3.1 - Qualitätssicherung ist ein für den Nachweis der fachlichen Eignung gemäß § 13 VOF zulässiges und sachgerechtes Kriterium. Eine geeignete Maßnahme zur Gewährleistung der Qualität ist dabei insbesondere auch die Einrichtung und Aufrechterhaltung eines Qualitätsmanagementsystems nach DIN EN ISO 9001 (vgl. Diederichs in: Müller-Wrede, a.a.O., § 13, Rdnr. 35). Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin für eine vorhandene Zertifizierungsurkunde nach ISO 9001 bzw. eine Eigenerklärung des Bewerbers, dass eine solche Zertifizierung angestrebt wird, einen Punkt vergeben will. Objektive Zertifikate als Resultat der Investition eines Unternehmens in seine Qualitätssicherung und die daraus gewonnenen Erkenntnisse verringern das Risiko von Fehleinschätzungen durch den Auftraggeber bei der Ermittlung der fachlichen Eignung. Die Forderung bzw. Berücksichtigung von Zertifikaten hinsichtlich eines Qualitätsmanagements sind daher als Auswahlkriterium im Rahmen von baulich, finanziell und sicherheitstechnisch anspruchsvollen und im öffentlichen Interesse stehenden Projekten wie z.B. Krankenhausbauvorhaben nicht sachfremd, sondern zweckmäßig.

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b)

Dagegen stellen die Kriterien 2.4 - Gründungsjahr des Büros und 2.5 - Erste Fertigstellung eines Krankenhausprojekts des Büros (mindestens Leistungsphasen 1 - 5 vom Büro erbracht) eine sachlich nicht gerechtfertigte und deshalb gegen den Gleichheitsgrundsatz des § 4 Abs. 2 VOF verstoßende Bevorzugung "alteingesessener" Büroorganisationen dar, die zur teilweisen Begründetheit des Nachprüfungsantrags führen. Dabei ist insbesondere der von der Auftraggeberin beabsichtigte Punktebonus von 4 Punkten zu beanstanden, den die Auftraggeberin allein für die Tatsache gewähren will, dass das Büro vor 1990 gegründet wurde (3 Punkte bei Gründung vor 1995, 2 Punkte bei Gründung vor 2000, 1 Punkt bei Gründung vor 2005). Die Auftraggeberin hat in der mündlichen Verhandlung die Aufnahme dieser Kriterien in die Matrix damit begründet, dass es ihr angesichts des Umfangs und der Bedeutung des zu betreuenden Projekts (über 120 Mio. EUR) auf die Konstanz der Tätigkeit des Büros ankommt. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass dem an sich nicht zu beanstandenden Wunsch nach einer langjährigen Erfahrung auf dem Gebiet vergleichbarer Projekte bereits durch die Kriterien 1.1 und 1.2 hinreichend Rechnung getragen wird. Die allein an den Faktoren "Praxisjahre" im Kriterium 2.4 oder gar "Zeitablauf" im Kriterium 2.5 orientierten Bewertungen sind demgegenüber für die Bewerberauswahl nach § 10 VOF weder notwendig noch zweckmäßig. Dies fällt insbesondere beim Vergleich des Punktemaßstabs für das Kriterium 2.5 gegenüber dem nicht zu beanstandenden Kriterium 1.2 auf. Während beim Kriterium 2.5 die 1. Fertigstellung eines Krankenhausprojektes vor 1990 mit der dortigen Maximalpunktzahl 4 Punkte gutgeschrieben wird, wird unter dem Kriterium 1.2 - in Planung/Bau befindliche Projekte - und damit noch aktueller Projekte - pro Krankenhausprojekt lediglich 1 Zusatzpunkt gewährt. Es ist sachlich nicht zu rechtfertigen, ein 16 Jahre zurückliegendes Krankenhausprojekt erheblich höher zu bewerten als die Betreuung eines den aktuellen Anforderungen und Bedingungen ausgesetzten Krankenhausprojektes. Da die Sicherheits- und Technikstandards im Krankenhausbau der letzten 15 bis 20 Jahre laufend Veränderungen erfahren haben, kann die Fertigstellung eines Krankenhauses in den Jahren vor 1990 oder auch weniger langen Zeiträumen nur unzureichend Auskunft über die fachliche Eignung zur Durchführung aktueller Krankenhausprojekte geben. Zumindest kann diese länger zurückliegende Leistung nicht höher bewertet werden als die Betreuung eines in jüngerer Zeit realisierten Krankenhausprojekts.

61

Gemäß § 114 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Wegen des unter 2 b festgestellten Verstoßes gegen das vergaberechtliche Gleichbehandlungsgebot gemäß § 97 Abs. 2 GWB und § 4 Abs. 2 VOF ist es geboten, die Auftraggeberin zu verpflichten, die Bewerberauswahl zwar auf der Grundlage der von ihr bekannt gemachten Bewertungsmatrix (Checkliste Bewerber-Prüfung), aber nicht nur ohne das von ihr zwischenzeitlich selbst aufgegebene dortige Kriterium 3.2 "Verfügbarkeit", sondern auch ohne Berücksichtigung der dortigen Kriterien 2.4 "Gründungsjahr des Büros" und 2.5 "1. Fertigstellung eines Krankenhausprojektes des Büros" durchzuführen. Die Auftraggeberin wird darauf hingewiesen, dass sie Wertung und Ergebnisse der Bewerberauswahl wie auch der übrigen Stufen des Verhandlungsverfahrens in einem den Anforderungen des § 18 VOF genügenden Vergabevermerk in der Vergabeakte dokumentieren muss. Im Übrigen war der Nachprüfungsantrag dagegen als unbegründet zurückzuweisen.

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III.

Kosten

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach Art.7 Nr. 5 des 9. EUR-

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Einführungsgesetzes (BGBl. 58/2001 vom 14.11.2001, S. 2992 ff.) vom 10.11.2001 werden die DM-Angaben in § 128 GWB für die von der Vergabekammer festzusetzende Gebühr durch Angaben in Euro im Verhältnis 1 : 2 ersetzt, so dass die regelmäßige Mindestgebühr nunmehr 2.500 EUR und die Höchstgebühr 25.000 EUR bzw. - in Ausnahmefällen - 50.000 EUR beträgt.

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Es wird eine Gebühr in Höhe von 4.864 EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

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Der zu Grunde zu legende Auftragswert für den streitbefangenen Gesamtauftrag beträgt nach dem Ergebnis der streitbefangenen Ausschreibung 7.467.672 EUR. Dieser Betrag entspricht der in der Vergabeakte enthaltenen Übersicht über die geschätzte Honorarberechnung auf Grundlage von Vergleichsobjekten. Danach rechnet die Auftraggeberin angesichts einer Gesamtbausumme von 120 Mio. EUR allein für das streitbefangene Los 2 mit Honorarkosten in Höhe von 7.467.672 EUR.

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Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der zurzeit gültigen Fassung vom 01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 25.000 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von 7.467.672 EUR ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von 4.864 EUR.

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Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.

69

Die in Ziffer 2 des Tenors verfügte Aufteilung der Kosten auf die Antragstellerin und die Auftraggeberin folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nur teilweise begründet war. Die von ihr erfolgreich angefochtenen Kriterien 2.4 und 2.5 betreffen lediglich maximal 8 von insgesamt maximal 85 erreichbaren Punkten. Der Rüge hinsichtlich des ebenfalls rechtswidrigen Kriteriums 3.2 - "Verfügbarkeit" hatte die Auftraggeberin bereits im laufenden Vergabeverfahren - vor Anrufung der Vergabekammer - selbst abgeholfen. Hinsichtlich ihres Antragsziels, die Auftraggeberin zu verpflichten, die Auswahlkriterien und ihre Gewichtung generell so zu verändern, dass kleinere und mittlere Büroorganisationen die gleichen Chancen haben wie größere Büroorganisationen mit einschlägiger Projekterfahrung, war der Nachprüfungsantrag dagegen erfolglos. Die anteilige Kostentragungspflicht entspricht daher dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens im Nachprüfungsverfahren (vgl. Beschluss des OLG Celle vom 06.06.2003, Az.: 13 Verg 5/03).

70

Die Antragstellerin war nicht anwaltlich vertreten und hat dementsprechend keinen Antrag gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG auf Kostenerstattung gestellt.

71

Die anteilige Erstattungspflicht bezüglich der Kosten der Auftraggeberin, die dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Auftraggeberin im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte die Auftraggeberin für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.

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Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306) [BVerwG 10.04.1978 - 6 C 27/77]. Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdnr. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdnr. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zugunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren übertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.

73

Angesichts der oben erörterten Tatsache, dass die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren überwiegend unterlegen ist, hat sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Auftraggeberin zu 2/3 zu tragen.

74

Die Antragstellerin wird aufgefordert, den anteiligen Betrag von 3.243 EUR unter Angabe des Kassenzeichens xxx innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses auf folgendes Konto zu überweisen: xxx. Die Auftraggeberin wird aufgefordert, den Betrag von 1.621 EUR unter Angabe des Kassenzeichens xxx innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses auf folgendes Konto zu überweisen: xxx

Gause
Rohn
Lohmöller