Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.03.2004, Az.: 6 K 136/01

Bezeichnung des Verwendungszwecks in der Satzung; Angabe einer bestimmten namentlich genannten Empfängerkörperschaft, die das Vermögen ausschließlich zu eigenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet; Unmissverständliche Angabe eines konkreten gemeinnützigen Verwendungszwecks; Verpflichtung in der Satzung zur Vermögensauskehrung an eine beliebige Körperschaft

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
18.03.2004
Aktenzeichen
6 K 136/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 14867
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2004:0318.6K136.01.0A

Fundstellen

  • EFG 2004, 1650-1652
  • ZErb 2004, 357 (amtl. Leitsatz mit Anm.)

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Die Bezeichnung des Verwendungszwecks in der Satzung muss aufgrund der Umschreibung der Zweckbestimmung die Prüfung ermöglichen, ob die Vermögensbindung den materiellen Erfordernissen entspricht. Das erfordert entweder die Angabe einer bestimmten namentlich genannten Empfängerkörperschaft, die das Vermögen ausschließlich zu eigenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet oder die unmissverständliche Angabe eines konkreten gemeinnützigen Verwendungszwecks.

  2. 2.

    Die bloße Verpflichtung in der Satzung zur Vermögensauskehrung an eine beliebige Körperschaft, die steuerbegünstigt sein soll, ohne dass sich der Satzung weder eine bestimmte Empfängerkörperschaft noch ein konkreter Verwendungszweck entnehmen lässt, reicht nicht aus.

  3. 3.

    Enthält eine Satzung keine Bestimmung über den Vermögensanfall bei Wegfall des bisherigen Stiftungszwecks und beschränkt sich die satzungsmäßige Vermögensbindung auf einzelne Alternativen des § 61 Abs. 1 AO, ist die formelle Satzungsmäßigkeit nicht erfüllt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Versagung der Anerkennung der Klägerin als gemeinnützig im Sinne der §§ 51 ff. Abgabenordnung (AO).

2

Die kinderlosen Eheleute K haben am 02.02.1995, Urkunde Nr. 50/1995 des Notars E, sich gegenseitig zu Alleinerben und die K Stiftung als Schlusserbin nach dem Längstlebenden eingesetzt. Frau K verstarb nach ihrem Ehemann am 23.10.1998. Das Testament wurde am 19.11.1998 eröffnet. Zum Testamentsvollstrecker bestellten die Erblasser testamentarisch Rechtsanwalt J. Auf seinen Antrag vom 09.11.1998 wurde das Testamentsvollstreckerzeugnis vom 04.12.1998 am 05.01.1999 erteilt.

3

Nach der dem Testament beigefügten Satzung der Erblasser ist Zweck der Stiftung nach § 2 Abs. 2,

"in Steuerfragen von grundsätzlicher Bedeutung die Einholung von Sachverständigengutachten zu ermöglichen. Es soll vermieden, dass Steuerpflichtige sich mit einer für sie ungünstigen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung abfinden, weil sie das Kostenrisiko nicht tragen wollen. Es soll auch vermieden werden, dass Steuerrechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung von kompetenten Steuerrechtlern allein wegen eines zu geringen Streitwertes nicht vertreten werden.

Bei Erstattung eines positiven Gutachtens hat die Stiftung die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen, wenn rechtskräftig gegen den Steuerpflichtigen entschieden werden sollte.

Bei der Prüfung der Frage, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist, soll nicht kleinlich und engherzig verfahren werden."

4

Wegen der weiteren Einzelheiten der Stiftungssatzung wird auf die Satzung (Bl. 21 ff. FGA) verwiesen. Eine Vermögensbindung erfolgte lediglich hinsichtlich der Auflösung oder Aufhebung in der Weise, dass das Vermögen an eine steuerbegünstigte Körperschaft fällt, die es unmittelbar und ausschließlich für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden hat. Eine Körperschaft oder ein bestimmter Zweck wurde nicht benannt. Eine Bestimmung für den Fall des Wegfalls des Zwecks fehlt.

5

Der Testamentsvollstrecker beantragte mit Schreiben vom 25.01.1999 bei der zuständigen Bezirksregierung die Genehmigung der Stiftung auf der Grundlage der von den Erblassern unterzeichneten Satzung. Die Genehmigungsbehörde ging davon aus, dass nach der testamentarischen Verfügung noch keine Stiftung errichtet worden sei, da durch die Erblasser Testamentsvollstreckung bis zur rechtswirksamen Errichtung der Stiftung angeordnet worden war. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass eine gemeinnützigen Zwecken dienende Stiftung nur genehmigungsfähig sei, wenn durch eine Stellungnahme des Finanzamtes oder eine vorläufige Bescheinigung die (bevorstehende) Anerkennung als gemeinnützig nachgewiesen werde. Neben der Aufforderung zu weiteren Erläuterungen hinsichtlich der hinreichenden Mittel zur Zweckerfüllung fügte die Behörde eine Auflistung der änderungs- und ergänzungsbedürftigen Punkte der Satzung bei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Bezirksregierung vom 17.02.1999 (Bl. 35 ff. FGA) Bezug genommen.

6

Am 01.03.1999 beantragte der Testamentsvollstrecker die Anerkennung der Klägerin als gemeinnützige Stiftung. Der Beklagte nahm mit Schreiben vom 06.05.1999 zur Satzung der Klägerin Stellung. Dabei ging er davon aus, dass sowohl der angestrebte Zweck nicht förderungswürdig sei als auch formelle Mängel bestünden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Beklagten (Bl. 45 ff. FGA) verwiesen.

7

Mit Schreiben vom 26.05.1999 wies die Genehmigungsbehörde darauf hin, dass der Zweck der Stiftung nicht deutlich genug formuliert und aus der Satzung die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke zu streichen sei, da eine Anerkennung durch die Finanzverwaltung nicht konkret in Aussicht stehe. Nach Aufnahme dieser Änderungen errichtete der Testamentsvollstrecker durch Stiftungsgeschäft vom 19.07.1999 die K Stiftung mit der geänderten Satzung vom selben Tage. Die errichtete Stiftung wurde durch Bescheid vom 22.07.1999 genehmigt.

8

Die genehmigte Satzung enthält nicht mehr den Hinweis auf die ausschließliche Verfolgung gemeinnütziger Zwecke. Nach § 2 Abs. 1 ist Zweck der Stiftung,

"Steuerpflichtigen dabei zu helfen, sich in Steuerfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht mit einer für sie ungünstigen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung abzufinden, weil sie das Kostenrisiko nicht tragen können oder wollen oder weil die Sache von kompetenten Steuerrechtlern allein wegen eines zu geringen Streitwertes nicht vertreten wird. Dieser Zweck wird erfüllt, indem die Stiftung in Steuerfragen von grundsätzlicher Bedeutung das Einholen von Sachverständigengutachten ermöglicht und sich im Falle positiver Gutachten an den Kosten des Rechtsstreites im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten bis hin zur Übernahme der gesamten Kosten beteiligt, auch wenn gegen den Steuerpflichtigen entschieden werden sollte."

9

Eine Vermögensbindung für den Fall des Wegfalls des bisherigen Zwecks erfolgte nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Satzung vom 19.07.1999 (Bl. 57 ff. FGA) Bezug genommen.

10

Aufgrund einer erneuten Satzungsänderung vom 20.09.2002, genehmigt durch die Aufsichtsbehörde am 13.12.2002, forderte die Genehmigungsbehörde Unterlagen für die Jahre ab 1999, insbesondere die Jahresabrechnungen der Stiftung, an. Die Prüfung der Abrechnungen durch die Genehmigungsbehörde ergab keine Beanstandung. Der Beklagte erkannte die Klägerin ab dem Veranlagungszeitraum 2003 als gemeinnützig an.

11

Der Beklagte erließ am 27.09.1999 einen Körperschaftsteuerbescheid für 1998 mit dem er die Körperschaftsteuer auf 0 DM festsetzte. Zugleich stellte er den verbleibenden Verlustabzug auf den 31.12.1998 auf 1.824 DM fest. Den Einspruch wies der Beklagte durch Bescheid vom 05.02.2001 als unbegründet zurück. Für 1999 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer auf 30.859 DM fest. Den Einspruch wies er durch Bescheid vom 05.02.2001 als unbegründet zurück.

12

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin ihre Anerkennung als gemeinnützig und die Freistellung von der Körperschaftsteuer. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, die Stiftung verfolge nur gemeinnützige Zwecke. Dies ergebe sich letztlich aus der testamentarisch verfügten Satzung, die lediglich wegen der Beanstandung der Genehmigungsbehörde geändert worden sei. Die Stiftung verfolge - entgegen der Ansicht des Beklagten - insbesondere keine Interessen Einzelner. In der Satzung sei die Förderung auf solche Verfahren beschränkt, die grundsätzliche Bedeutung hätten. Über diese Frage wache der Stiftungsbeirat, ein dreiköpfiges Gremium von kompetenten Fachleuten. Da das deutsche Prozessrecht keine Popularklage kenne, sei die Förderung der Rechtsentwicklung im Steuerrecht notwendigerweise durch Fortentwicklung der Rechtsprechung mit einem steuergerichtlichen Verfahren verbunden. Die Förderung solcher Prozesses diene damit nicht in erster Linie dem jeweiligen Kläger, sondern einer Vielzahl von Beteiligten. Im Übrigen seien auch die gerügten formellen Mängel unerheblich, da auf die Stiftung die Ausnahmeregelung des § 62 AO zutreffe.

13

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid 1998 vom 27.09.1999 und den Körperschaftsteuerbescheid 1999 vom 08.09.2000 jeweils in Gestalt der Einspruchsbescheide vom 05.02.2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin als gemeinnützig anzuerkennen sowie den steuerlichen Verlust für 1998 und die Körperschaftsteuer 1999 jeweils auf 0 DM herabzusetzen.

14

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

15

Die Klage sei unbegründet. Der Stiftungszweck sei nicht förderungswürdig, weil einzelnen Personen Sonder- bzw. Eigenvorteile verschafft würden. Denn der einzelne Kläger werde durch die Übernahme der Prozesskosten von einem Kostenrisiko befreit. Die wirtschaftliche Förderung sei jedoch nicht auf denjenigen bedürftigen Personen beschränkt. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Beklagte auf seine Ausführungen in den Einspruchsbescheiden.

16

Auf telefonische Anfrage teilte die Genehmigungsbehörde mit, dass "privat" im Sinne des § 10 Abs. 2 Nds. Stiftungsgesetz alle Stiftungen mit Ausnahme der kirchlichen, staatlichen und als gemeinnützig anerkannten Stiftungen sind. Bis zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch die Finanzverwaltung findet keine Stiftungsaufsicht statt. Anders als bei Stiftungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nds. Stiftungsgesetz werden weder Tätigkeitsberichte noch Jahresabrechnungen angefordert und geprüft. Die Maßnahmen nach § 87 BGB erfolgen nur bei konkreter Kenntnis von Verstößen, z. B. durch Anzeige Dritter.

Gründe

17

I.

Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die Klägerin in den Streitjahren zu Recht als steuerpflichtig behandelt.

18

1.

Die Satzung der Klägerin entspricht in den Streitjahren 1998 und 1999 nicht den Erfordernissen der satzungsmäßigen Vermögensbindung. Gemäß § 61 Abs. 1 AO liegt eine steuerlich ausreichende Vermögensbindung im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt ist, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist. Die Bezeichnung des Verwendungszwecks in der Satzung muss aufgrund der Umschreibung der Zweckbestimmung die Prüfung ermöglichen, ob die Vermögensbindung den materiellen Erfordernissen entspricht (BFH-Urteil vom 21.07.1999, I R 2/98, BFH/NV 2000, 297). Dies erfordert entweder die Angabe einer bestimmten namentlich genannten Empfängerkörperschaft, die das Vermögen ausschließlich zu eigenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet oder die unmissverständliche Angabe eines konkreten gemeinnützigen Verwendungszwecks (Tipke in: Tipke/Kruse, AO, § 61 Rz. 1; Koenig in: Pahlke/Koenig, § 61 Rz. 2). So liegt keine ausreichende Bezeichnung des Verwendungszwecks vor, wenn die Verwendung zu steuerbegünstigten Zwecken festgeschrieben wird, ohne einen konkreten Zweck zu benennen oder wenn lediglich die Vermögensverteilung an die Zustimmung des Finanzamts geknüpft wird (vgl. BFH-Urteil vom 20.09.1967, I 62/63, BFHE 90, 177, BStBl. II 1968, 24).

19

2.

Die für die Streitjahre maßgebliche testamentarisch festgelegte Satzung genügt diesen Anforderungen nicht. Zu der im Juli 1999 erfolgten Änderung der Satzung braucht der Senat keine Stellung zu nehmen, da gemäß § 60 Abs. 2 AO die Satzung den vorgeschriebenen Erfordernissen bei der Körperschaftsteuer während des ganzen Veranlagungszeitraums entsprechen muss. Nach § 12 der maßgeblichen Satzung fällt im Falle der Auflösung oder Aufhebung der Stiftung ihr Vermögen an eine steuerbegünstigte Körperschaft, die es unmittelbar und ausschließlich für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden hat. Dabei soll es sich um eine steuerbegünstigte Einrichtung handeln, deren Zweck dem Stiftungszweck der Klägerin möglichst nahe kommt.

20

a)

Der Satzungsbestimmung lässt sich weder eine bestimmte Empfängerkörperschaft noch ein konkreter Verwendungszweck entnehmen. Die bloße Verpflichtung zur Vermögensauskehrung an eine beliebige Körperschaft, die steuerbegünstigt sein soll, lässt einerseits offen, ob lediglich von der Finanzverwaltung bereits als steuerbegünstigt anerkannte Körperschaften Empfänger sein können. Denkbar wäre auch eine Zuwendung an eine neu gegründete Körperschaft, die die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke behauptet, die Begünstigungsvoraussetzungen der §§ 51 ff. AO indes nicht erfüllt. Andererseits schließt die Formulierung die Vergabe an eine nach ausländischem Steuerrecht begünstigte Körperschaft im Ausland nicht aus. Auch hierin läge ein Verstoß gegen die materielle Vermögensbindung. Der Senat verkennt dabei nicht, dass der Abfluss des Vermögens ins Ausland nicht dem mutmaßlichen Willen der Erblasser entspräche. Hierauf kommt es letztlich jedoch nicht an, da der Stiftungsvorstand jede satzungsgemäße Verwendung des Vermögens verfügen dürfte.

21

b)

§ 12 der Satzung enthält zudem keine Bestimmung über den Vermögensanfall bei Wegfall des bisherigen Zwecks der Stiftung. Beschränkt sich die satzungsmäßige Vermögensbindung indes auf einzelne Alternativen des § 61 Abs. 1 AO, ist die formelle Satzungsmäßigkeit grds. nicht erfüllt (Nds. Finanzgericht, NWB 1993, Fach 1, 341; Koenig in: Pahlke/Koenig, AO, § 61 Rz. 3). Träte die nicht geregelte Alternative ein, wäre eine beliebige Vermögensverwendung zulässig. Demzufolge lässt sich eine künftige, steuerschädliche Vermögensverwendung nicht ausschließen.

22

c)

Dem steht § 62 AO, der für bestimmte Körperschaften Ausnahmen von der satzungsmäßigen Vermögensbindung regelt, nicht entgegen, da diese Vorschrift auf die Klägerin in den Streitjahren keine Anwendung findet. Gemäß § 62 AO muss die jeweilige Stiftung nach dem einschlägigen Landesrecht der staatlichen Aufsicht unterliegen (Fischer, in: H/H/Sp, AO, 10. Aufl., § 62 Rz. 2; Sauer, in: Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, AO, § 62 Rz. 2; Koenig in: Pahlke/Koenig, AO, § 62 Rz. 2).

23

An dieser Tatbestandsvoraussetzung fehlt es in den Streitjahren bei der Klägerin. Sie unterlag bis zu der Anerkennung ihrer Gemeinnützigkeit nicht einer den Anforderungen des § 62 AO genügenden niedersächsischen Stiftungsaufsicht. Nach §§ 1, 10 Abs.2 des Niedersächsischen Stiftungsgesetzes vom 13.09.1990 (GBl I 1990, 1483) beschränkt sich bei Stiftungen, die unmittelbar nur private Zwecke verfolgen und nicht von einer Behörde verwaltet werden, die Aufsicht auf Maßnahmen nach § 87 BGB und die Sicherstellung der Handlungsfähigkeit der Stiftungsorgane. Private Zwecke in diesem Sinne verfolgt eine Stiftung nach Auffassung der Aufsichtsbehörde, soweit es sich nicht um eine kirchliche, staatliche oder als gemeinnützig anerkannte Stiftung handelt. Dass es sich aus Sicht der Aufsichtsbehörde bei der Klägerin nicht um eine nach steuerlichen Vorschriften als gemeinnützig anerkannte Körperschaft handelte, belegt das Verlangen der Satzungsänderung vor Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde, soweit die Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke ausdrücklich erwähnt war. In diesen Fällen beschränkt sich die Aufsicht der Behörde auf Verstöße gegen § 87 BGB. Ein Eingreifen der Stiftungsaufsicht setzt folglich ein Unmöglich werden des Stiftungszwecks oder eine Gefährdung des Gemeinwohls voraus. Aufsichtsbehördliche Maßnahmen könnten folglich weder eine stiftungsrechtlich zulässige Änderung des Stiftungszwecks zu einer nicht steuerbegünstigten Zweckverfolgung verhindern noch die Vermögensverwendung im Falle der Auflösung zu nicht steuerbegünstigten Zwecken. Wie sich aus § 9 des Nds. Stiftungsgesetzes entnehmen lässt, bedarf es stiftungsrechtlich der Benennung eines Anfallberechtigten weder für den Fall des Erlöschens der Stiftung noch bei Wegfall des bisherigen Zwecks.

24

d)

Die in § 62 AO angeordnete Befreiung von der satzungsmäßigen Festlegung der Vermögensbindung beruht indes gerade darauf, dass es dem Gesetzgeber bei den dort genannten Körperschaften gewährleistet erschien, dass das Restvermögen für steuerbegünstigte Zwecke verwendet wird, weil die staatlichen Aufsichtsbehörden andernfalls ihre Zustimmung zur Auflösung versagen würden (vgl. BFH-Urteil vom 17.09.2003, I R 85/02, DStRE 2004, 229; Fischer, a.a.O.; Klein/Gersch, AO, 7. Aufl., § 62 Rz. 2; Tipke, in: Tipke/Kruse, AO, § 62 - ohne Rn. -; Koenig in: Pahlke/Koenig, AO, § 62 Rz. 2; Schauhoff, a.a.O., § 5 Rz. 102). Ist die gemeinnützigkeitsrechtskonforme Verwendung des Restvermögens aber nicht sichergestellt, so greift § 62 AO nach seinem Sinn und Zweck nicht ein. Hieran ändert auch die spätere Aufsichtsmaßnahme Ende 2002 nichts, da zu diesem Zeitpunkt die Anerkennung des Klägers als gemeinnützige Stiftung feststand. Eine Rückwirkung tritt wegen § 60 Abs. 2 AO nicht ein.

25

3.

Die Klägerin verfolgte in den Streitjahren zudem nicht unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke. Der Senat lässt dahingestellt, ob die Klägerin mit der Zielsetzung der Fortentwicklung des Steuerrechts mittels prozessualer Klärung aus ihrer Sicht ungerechtfertigter Auffassungen der Finanzverwaltung in Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung einen steuerbegünstigten Zweck erfüllt. Zweifel ergeben sich nicht nur, weil die Fortbildung des Rechts, die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und die Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen Kernaufgaben der hoheitlichen Gewalt Rechtsprechung (vgl. § 115 Abs. 2 FGO) sind und damit nicht selbstlose Förderung der Allgemeinheit können (vgl. zu Hoheitsaufgaben Fischer in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 52 Rz. 29 mwN), sondern auch durch die angestrebte materielle Förderung Einzelner ohne Rücksicht auf ihre finanzielle Förderungswürdigkeit.

26

Die Stiftung verfolgt das Ziel der Fortentwicklung des Steuerrechts jedenfalls nicht unmittelbar und verstößt hierdurch gegen § 57 AO. Eine Körperschaft verfolgt unmittelbar ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke, wenn sie selbst diese Zwecke verwirklicht. Eine Zweckverfolgung durch Selbstverwirklichung liegt vor, wenn die Körperschaft durch eigene Organe, Vertreter oder Hilfspersonen, deren Handeln ihr zuzurechnen ist, ihre Satzungszwecke umsetzt. Hieran fehlt es indes in Bezug auf die Fortentwicklung des Steuerrechts mittels Prozessführung. Weder die Klägerin selbst noch etwaige eingeschaltete Gutachter oder zur Prozessführung beauftragte Steuerrechtler sind zur Prozessführung aktivlegitimiert. Der vom jeweiligen Kläger unmittelbar geführte Rechtsstreit soll lediglich unterstützt und damit mittelbar die Klärung einer bestimmten Rechtsfrage herbeigeführt werden. Trotz der Freistellung des jeweiligen klagenden Steuerpflichtigen vom individuellen Prozessrisiko durch die Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Begutachtung liegt die ausschließliche Disposition über den Prozessstoff und die Fortführung eines Verfahrens in der Hand des jeweiligen Klägers. Die unmittelbare Zweckverfolgung der Klägerin richtet sich damit lediglich auf die materielle Unterstützung einzelner Steuerpflichtiger und nur mittelbar auf die mögliche Fortentwicklung des Steuerrechts. Die materielle Förderung soll als mittelbare Folge und damit als Reflex das angestrebte Ziel verwirklichen.

27

Der Senat verkennt nicht, dass mangels Popularklage die Fortbildung des Rechts im Rahmen der Rechtsprechung nur durch Einzelklage erreicht werden kann. Aufgabe der Rechtsprechung ist indes vorrangig die Gewährung des Rechtsschutzes für den einzelnen Bürger und nicht die Klärung abstrakter Rechtsfragen um der Fortentwicklung willen. Der von der Klägerin angestrebte Zweck könnte unmittelbar von ihr erreicht werden, wenn sie einzelne Forschungsvorhaben unterstützt, Gutachtenaufträge zur Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen erteilt oder Promotionsstipendien vergibt. Demzufolge kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass ihre Zweckverfolgung nur durch die materielle Unterstützung des jeweiligen Klägers möglich ist.

28

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1).