Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.03.2004, Az.: 2 K 532/00

Klagebefugnis des Erben bei der Gesamtrechtsnachfolge; Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung; Verfassungswidrigkeit der Steuerfestsetzung aufgrund eines Verstoßes gegen den sogenannten Halbteilungsgrundsatz

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
24.03.2004
Aktenzeichen
2 K 532/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 14008
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2004:0324.2K532.00.0A

Fundstellen

  • DStR 2004, X Heft 39 (Kurzinformation)
  • DStRE 2004, 1151-1153 (Volltext mit amtl. LS)
  • EFG 2004, 1525-1527

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Mit der Gesamtrechtsnachfolge tritt ein Erbe sowohl im Besteuerungsverfahren als auch im Rechtsbehelfsverfahren und im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit an die Stelle des Erblassers.

  2. 2.

    Die Nachlassverwaltung hindert den Erben nicht, die Aufhebung von gegen den Erblasser ergangenen Steuerbescheiden zu betreiben.

  3. 3.

    Eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat.

  4. 4.

    Ein etwaiger Ersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter steht der Einstufung als verdeckte Gewinnausschüttung nicht entgegen. Denn ein solcher etwaiger Ersatzanspruch ist grds. eine Einlageforderung, die das Einkommen der Gesellschaft nicht erhöht und daher den Eintritt einer Vermögensminderung bei der Gesellschaft nicht verhindert.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob das Finanzamt (FA) berechtigt war, den Einkommensteuerbescheid des Jahres 1996 zu ändern und eine verdeckte Gewinnausschüttung i.H.v. ca. 452.000 DM als Einnahme bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzusetzen.

2

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin ihres während des Klageverfahrens verstorbenen Ehemannes. Für dessen Nachlass wurde Nachlassverwaltung angeordnet. Der verstorbener Ehemann der Klägerin war Gesellschafter-Geschäftsführer der T-Handelsgesellschaft mbH und - neben dem Gesellschafter-Geschäftsführer X - zu 50 % an der Gesellschaft beteiligt. Zweck des Unternehmens der T-GmbH war der Import, Export und der inländische Warenhandel.

3

Die T-GmbH hatte im Streitjahr Einkaufs- und Verkaufsgeschäfte über Kabelarmierungsstahldraht abgeschlossen. Die in Rechnung gestellten Beträge zahlten die Leistungsempfängern per Scheck. Diese Schecks löste nicht die T-GmbH, sondern der Gesellschafter T, auf seinem privaten Konto ein. Auch die Einkaufsrechnungen beglich er von seinem privaten Konto. Die T-GmbH berücksichtigte die Geschäftsvorfälle in ihrer Bilanz zunächst nicht. Insgesamt wurden auf diese Weise zusätzlich netto 555.259 DM Umsatzerlöse erzielt und netto 102.948 DM Wareneinkäufe getätigt. Die T-GmbH erzielte aus den - zunächst nicht verbuchten - Geschäften einen Gewinn i.H.v. 452.310 DM (= 555.259 DM abzgl. 102.948 DM).

4

Mit Schreiben vom März 1999 unterrichtete der verstorbene Ehemann der Klägerin das Finanzamt H sowie das beklagte Finanzamt darüber, dass er bisher nicht erklärte Geschäfte im Namen der Firma T-GmbH getätigt habe. Die T-GmbH wies in ihrer nunmehr geänderten Bilanz zum 31.12.1996 und in den Folgebilanzen bis zum 31.12.2000 eine Forderung in Höhe von ca. 452.000 DM gegen T aus. Im Jahre 2001 verrechnete die GmbH die Forderung mit Zahlungen des T auf ihre Körperschaftsteuer und Gewerbesteuerverbindlichkeiten und erließ den Restbetrag i.H.v. ca. 182.000 DM.

5

Der Beklagte änderte im Juni 1999 den Einkommensteuerbescheid unter Hinweis auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO). In der Anlage zu dem Steuerbescheid heißt es wörtlich: "Er ergeht vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen, da u.a. die Höhe der tatsächlich zugeflossenen Einnahmen und der anzuerkennenden Werbungskosten noch nicht abschließend beurteilt werden konnte ...". Wegen weitere Einzelheiten wird auf den Einkommensteuerbescheid vom 23. Juni 1999 nebst Anlagen verwiesen. Der verstorbene Ehemann legte gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid Einspruch ein und begründete diesen mit Einwendungen hinsichtlich mittlerweile nicht mehr streitiger Punkte (Einbeziehung von Zinsen auf einem Kautionskonto i.H.v. 56 DM sowie die Nichtanerkennung von Gesellschafterzinsen).

6

Mitte April des Jahres 2000, noch während des Einspruchsverfahrens, erhielt das beklagte FA eine Kontrollmitteilung des FA H. Danach sollen die vom verstorbenen Ehemann der Klägerin nacherklärten Kapitalerträgen zu verdeckten Gewinnausschüttungen i.H.v. 452.310 DM geführt haben. Ende Mai 2000 änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid unter Hinweis auf § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO, indem er die Einkünfte aus Kapitalvermögen um 452.310 DM wegen der nachträglich erklärten Zuflüsse auf dem privaten Konto des verstorbenen Ehemannes erhöhte. Den Einspruch der Kläger wies das FA sodann zurück. Hiergegen richtet sich die Klage.

7

Die Klägerin ist der Auffassung, die Einkünfte aufgrund der verdeckten Gewinnausschüttung der T-GmbH an ihren verstorbenen Ehemann hätten nicht mehr im Änderungsbescheid vom 29.05.2000 berücksichtigt werden dürfen. Der Einkommensteuerbescheid habe mangels Ermächtigungsgrundlage nicht geändert werden dürfen. Die Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO sei nicht einschlägig, da der Körperschaftssteuerbescheid kein Grundlagenbescheid für die Einkommensteuerveranlagung des verstorbenen Ehemanns darstelle. Auch eine andere Änderungsvorschrift greife nicht ein. Die Änderungsvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO scheide schon deshalb aus, weil der verstorbene Ehemann das Finanzamt durch seinen Verfahrensbevollmächtigten bereits mit Schreiben vom März 1999über alle steuerlich Tatsachen im Zusammenhang mit der verdeckten Gewinnausschüttung unterrichtet habe. Der Bescheid sei zudem nicht - wie vom Finanzamt behauptet - nach § 165 AOänderbar gewesen. Der Bescheid vom 23. Juni 1999 enthalte auf seinem Blatt 4 lediglich eine Vorläufigkeitserklärung hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge und der Nichtabziehbarkeit privater Schuldzinsen, nicht aber hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen und genüge daher nicht dem Bestimmtheitsgebot. Darüber hinaus habe das Finanzamt gegen§ 367 Abs. 2 Satz 2 AO verstoßen, da es den Ehemann der Klägerin nicht vor der Änderung des Steuerbescheides angehört habe.

8

Des Weiteren liege eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht vor. Aufgrund der Ersatzverpflichtung des verstorbenen Ehemannes sei ein steuerpflichtiger Vermögensvorteil i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausgeschlossen. Die an den verstorbenen Ehemann und ehemaligen Gesellschafter der T-GmbH geleisteten Zahlungen müsse die Gesellschaft nämlich nach den Kapitalerhaltungsvorschriften sowie den gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten zurückfordern.

9

Darüber hinaus sei die Höhe der von der Klägerin zu tragenden Steuerbelastung unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig. Insgesamt ergebe sich eine Steuerbelastung von ca. 490.000 DM, obwohl die verdeckte Gewinnausstattung nur 452.000 DM betrage. Eine Einbeziehung der von der Kapitalgesellschaft zu tragenden Steuern in die Ermittlung der Steuergesamtbelastung sei sachgerecht und entspreche den vom Bundesfinanzhof entwickelten Grundsätzen. Die Körperschaftssteuer ziele nicht auf die Besteuerung der unmittelbar belasteten Körperschaft ab, sondern habe wirtschaftlich den Charakter einer Vorauszahlung auf die Kapitaleinkünfte des Anteileigners. Wie sich aus dem sogenannten Vermögenssteuerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.1995 (2 BvL 37/91) ergebe, sei eine Gesamtbelastung von ca. 50 % die Belastungsobergrenze. Nach dem BFH-Urteil vom 11.08.1999 (XI R 77/97, BStBl II 1999, 771) sei eine Belastung von 60 % erheblich.

10

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 29.05.2000 i.d.F. des neuen Änderungsbescheides vom Dezember 2003 aufzuheben.

11

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

12

Er ist weiterhin der Auffassung, das FA sei berechtigt gewesen, in dem Bescheid vom Mai 2000 die verdeckte Gewinnausschüttung anzusetzen. Einschlägige Änderungsvorschrift sei zwar nicht, wie zunächst angegeben, § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, sondern vielmehr § 165 Abs. 2 AO. Der Bescheid vom Juni 1999 enthalte einen ausdrücklichen, auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen bezogenen Vorläufigkeitsvermerk. Da eineÄnderungsvorschrift einschlägig sei, sei auch § 367 Abs. 2 Satz 2 AO nicht missachtet worden.

13

Weder sei schließlich ein Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz erkennbar noch sei die eintretende Steuerbelastung unverhältnismäßig.

14

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Gründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Das FA hat den Einkommensteuerbescheid des Streitjahres zu Recht unter Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung i.H.v. 452.000 DM geändert.

16

1.

Die Klägerin war trotz inzwischen angeordneter Nachlassverwaltung weiterhin klagebefugt. Der Erbe, hier also die Klägerin, tritt aufgrund des Erbfalles in die Stellung des Erblassers ein und bleibt damit klagebefugt. Nach dem durch § 1922 Abs. 1 BGB ausgedrückten Rechtsgedanken rückt der Erbe in das "Rechtsleben" des Erblassers als Rechtsvorgänger ein. Mit der Gesamtrechtsnachfolge tritt der Erbe damit auch im Besteuerungsverfahren, im Rechtsbehelfsverfahren und im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit an die Stelle des Erblassers (vgl. BFH-Urteile vom 28. Oktober 1970, I R 72/68, BFHE 100, 353, BStBl II 1971, 26, und vom 6. März 1975, IV R 213/71, BFHE 116, 254, BStBl II 1975, 739). Die Nachlassverwaltung hindert den Erben, der zunächst in die Stellung des Erblassers im Rechtsstreit eingetreten ist, nicht, die Aufhebung von gegen den Erblasser ergangenen Steuerbescheiden und Grundlagenbescheiden zu betreiben (BFH-Beschluss vom 9. Februar 1977, I R 60-68/73, BStBl. II 1977, 428). Die Wirkungen seines Handelns sind lediglich auf sein eigenes - vom Nachlass gesondertes - Vermögen beschränkt (§ 1984 BGB). Da Steuerbescheide und Grundlagenbescheide feststellende Bescheide sind und im Rechtsstreit über solche Bescheide nicht unmittelbar um die Höhe - z.B. nach Abzug von Vorauszahlungen und anzurechnenden Steuerabzugsbeträgen der noch zu leistenden oder ggf. zu erstattenden Steuer gestritten wird, kommt in diesem Verfahren der in §§ 305, 780 ZPO geregelte Vorbehalt beschränkter Erbenhaftung nicht in Betracht. Dieser Vorbehalt ist vielmehr im Erhebungsverfahren oder im anschließenden Verwaltungsverfahren nach Maßgabe der §§ 781 bis 784 ZPO geltend zu machen.

17

Der Nachlassverwalter war nicht (notwendig) beizuladen. Nach § 60 Abs. 3 FGO sind zwar Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, notwendig beizuladen. Die Entscheidung muss gegenüber der Klägerin und dem Nachlassverwalter aber ebenso wenig wie zwischen zusammen veranlagten Ehegatten notwendig einheitlich ergehen. Da im Verfahren über die Rechtmäßigkeit der gegen den Erblasser ergangenen Steuerbescheide - im Streitfall auch der gegen ihn ergangenen Rechtsbehelfsentscheidungen - nicht zu prüfen ist, ob die Erbin unbeschränkt, aber beschränkbar oder unbeschränkbar (§§ 1975 bis 2013 BGB) haftet, bleibt sie allein Beteiligte des Verfahrens ohne Rücksicht darauf, dass inzwischen Nachlassverwaltung angeordnet worden ist. Zwar könnte hiergegen eingewandt werden, dass durch die Anordnung der Nachlassverwaltung gemäß § 1975 BGB die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass beschränkbar ist. Demgegenüber ist zu bemerken, dass diese Haftungsbeschränkung beispielsweise dann nicht eintritt, wenn oder soweit der Erbe das Beschränkungsrecht verwirkt hat (§ 2013 BGB). Lediglich Ansprüche gegen den Nachlass müssen nach § 1984 Abs. 1 Satz 3 BGB gegen den Nachlassverwalter gerichtet werden.

18

2.

a)

Der Beklagte war berechtigt, den Einkommensteuerbescheid nach § 165 Abs. 2 AO zu ändern. Denn der Bescheid vom Juni 1999 enthielt den ausdrücklichen Zusatz, dass er hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen für vorläufig erklärt werde. Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aber nach § 165 Abs. 2 AO aufheben oder ändern. Der Zusatz ist auch - entgegen der Auffassung der Klägerin - eindeutig. Nach dem Inhalt der Anlage zum Steuerbescheid vom Juni 1999 sollten die Einkünfte aus Kapitalvermögen zur nochmaligen Überprüfung lediglich vorläufig angesetzt werden.

19

b)

Da eine Änderungsvorschrift einschlägig war, hat das Finanzamt auch nicht gegen § 367 Abs. 2 Satz 2 AO verstoßen. Denn das FA muss nur dann auf eine mögliche Verböserung hinweisen, wenn es im Rahmen eines Einspruchsverfahrens eine höhere Steuer festsetzt, ohne dass eine Korrekturvorschrift - wie hier § 165 Abs. 2 AO - eingreift (BFH-Urteil vom 10. Juli 1996, I R 5/96, BStBl. II 1997, 5 m.w.N.).

20

c)

Die privat vereinnahmten Zahlungen hat das Finanzamt zu Recht als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) behandelt. Eine vGA im Sinne von§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist gegeben, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat (vgl. BFH-Urteile vom 24. Januar 1989, VIII R 74/84, BFHE 156, 126, BStBl II 1989, 419; vom 24. Juli 1990, VIII R 304/84, BFH/NV 1991, 90). Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist die vGA beim Gesellschafter zu erfassen, wenn der Vermögensvorteil ihm zufließt (BFH-Urteil vom 19. März 1991, VIII R 2/85, BFH/NV 1992, 19). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Die T-GmbH hat ihrem Gesellschafter den Betrag von ca. 452.000 DM aufgrund eines gesellschaftsrechtlichen Anlasses zugewendet.

21

Der Einstufung als verdeckte Gewinnausschüttung steht auch ein etwaiger Ersatzanspruch der Gesellschaft gegen den mittlerweile verstorbenen Gesellschafter nicht entgegen. Ein etwaiger Ersatzanspruch der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter - auf den sich die Klägerin bezieht - ist grundsätzlich eine Einlageforderung, die das Einkommen der Gesellschaft nicht erhöht, und verhindert daher nicht den Eintritt einer Vermögensminderung auf Seiten der Gesellschaft (BFH-Urteile vom 29. Mai 1996, I R 118/93, BFHE 180, 405, BStBl II 1997, 92; vom 13. November 1996, I R 126/95, BFHE 182, 358, jeweils m.w.N.). Zwar kann überdies aus Sicht der Gesellschaft ein etwaiger Schadensersatzanspruch den Eintritt der Vermögensminderung und damit einer vGA ausschließen. Ein Schadensersatzanspruch wäre dann nämlich gegebenenfalls bilanziell auszuweisen und die Vermögensminderung ausgeschlossen (BFH-Beschluss vom 30. Mai 2001, I B 176/00, NV). Die Frage, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auf der Seite der Kapitalgesellschaft vorliegt, ist aber von der Frage des Zuflusses (§ 11 Abs. 1 EStG) auf Seiten des Gesellschafters zu trennen. Der Gesellschafter muss nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG die Ausschüttung als Einnahme aus Kapitalvermögen versteuern (vgl. Heinicke in L. Schmidt, Komm. zum EStG, § 20 Rn. 33), unabhängig davon, ob auf Seiten der T-GmbH eine verdeckte Gewinnausschüttung oder eine sonstige Ausschüttung anzunehmen ist (Brenner, DStR 1998, 843; Ahmann, DStZ 1999, 233; ähnlich auch Wassermeyer, DB 1998,1997). Denn selbst wenn eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht vorläge, wäre die Zahlung auf das Privatkonto des T als sonstige Ausschüttung i.S.v.§ 27 KStG zu qualifizieren, die als Einnahme im Sinne von§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu werten ist.

22

Selbst ein objektiv bestehender Schadensersatzanspruch würde im Streitfall zudem nicht dazu führen, die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung auszuschließen. Denn die Gesellschaft bzw. ihre Organe hatte(n) zu keinem Zeitpunkt vor, einen etwaigen Schadensersatzanspruch gegen T geltend zu machen. Damit hat sie das Handeln des T konkludent gebilligt. Voraussetzung für eine Aktivierbarkeit des etwaigen Schadensersatzanspruches ist aber, dass dieser Anspruch auch zugunsten der Gesellschaft geltend gemacht werden soll. Zwar hat die Gesellschaft im Jahre 1999, nach der Anzeige der privat vereinnahmten Beträge beim Finanzamt, eine entsprechende Forderung gegen T eingebucht. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch ist dennoch ohne ersichtlichen Grund nicht als solcher geltend gemacht worden. T hat lediglich im Jahre 2001 die der T-GmbH aufgrund der privat von ihm vereinnahmten Beträge entstandenen Mehrsteuern ersetzt, aber gerade nicht Schadensersatz in Höhe des erlangten Vorteils (452.000 DM) geleistet. So wurde in der Buchführung für 2001 aufgrund eines "Forderungsverzichts" ein Betrag i.H.v. ca. 182.000 DM ausgebucht. Dieser Umstand bestätigt, dass die Gesellschaft nicht vor hatte, die verdeckte Gewinnausschüttung in voller Höhe zurückzufordern, zumal der Mitgesellschafter sich offenbar nicht um die Belange der Gesellschaft gekümmert hat.

23

Darüber hinaus hat die Klägerin auch nicht nachgewiesen, dass es sich bei einem etwaigen Anspruch um einen Schadensersatzanspruch handelte, der zum Ausschluss einer verdeckten Gewinnausschüttung auf Ebene der Gesellschaft führen könnte. Der Ehemann hat vielmehr die Geschäfte nach eigenen Angaben der Klägerin wie ein alleiniger Gesellschafter geführt. Selbst wenn man ein vertrags- und satzungswidriges Verhalten des T annähme, führte dies also nicht zu einem Schadensersatzanspruch, da dieses das Handeln gegen den (mutmaßlichen) Willen der anderen Gesellschafter voraussetzt (vgl. auch BFH-Urteil vom 14. September 1994, I R 6/94, BFHE 175, 412, BStBl II 1997, 89). Die Klägerin hat sich auch selbst nicht auf einen vermeintlich bestehenden Schadensersatzanspruch, sondern einen Rückforderungsanspruch der Gesellschaft nach den Kapitalerhaltungsvorschriften sowie den gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten berufen.

24

3.

Die Steuerfestsetzung ist auch nicht wegen einer unverhältnismäßig hohen Besteuerung oder aufgrund eines Verstoßes gegen den sogenannten Halbteilungsgrundsatz verfassungswidrig. Bei einer Berechnung der Steuerbelastung der Klägerin bzw. ihres verstorbenen Ehemannes kann nicht die Steuerbelastung eines anderen Steuersubjektes, nämlich der T -GmbH, einbezogen werden, wie die Klägerin dies immer noch für die Gewerbesteuer der T-GmbH begehrt. Die Gewerbesteuer der T-GmbH ist in die Belastungsrechnung nicht einzubeziehen, da die Gewerbesteuer keine Schuld des Gesellschafters, sondern der Gesellschaft darstellt (vgl. § 5 GewStG), auch wenn der Gesellschafter T die Schuld tatsächlich getragen hat. Die Steuerbelastung der Klägerin bzw. von deren verstorbenem Ehemann durch die vGA beträgt nach eigener Berechnung zwar über 450.000 DM. In der Berechnung vermengt der Klägerbevollmächtigte indes zum einen die Belastung des Gesellschafters mit der der Gesellschaft, zum anderen verkennt er, dass bei einem Belastungsvergleich die anzurechnende Körperschaftsteuer i.H.v. ca. 193.000 DM die Steuerbelastung des T bzw. der Klägerin gemindert hat. Auch wenn T die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer der T-GmbH selbst getragen hat, handelt es sich um eine Schuld der T-GmbH, so dass diese und nicht T die Steuer schuldet. Bezieht man aber den Anrechnungsbetrag von ca. 193.000 DM in die Vergleichberechnung mit ein, ergibt sich eine Mehrbelastung der Klägerin durch die verdeckte Gewinnausschüttung lediglich in Höhe von ca. 146.000 DM (146.614 = Steuerfestsetzung 08.12.2003: 397.308 DM abzüglich Anrechnungsbetrag i.H.v. 193.848 DM abzüglich am 23.06.1999 festgesetzte Einkommensteuer i.H.v. 56.846 DM). Eine solche Steuerbelastung, die nur ca. 32 % der verdeckten Gewinnausschüttung von ca. 452.000 DM ausmacht, führt aber nicht zu einer unverhältnismäßigen Besteuerung. Der Einbeziehung der anrechenbaren Steuer steht schließlich nicht entgegen, dass T die Körperschaftsteuerschuld der Gesellschaft möglicherweise im Hinblick auf § 36 a Abs. 1 EStG getilgt hat, um eine Anrechnung der Körperschaftstuer bei sich zu ermöglichen. Die Vorschrift des§ 36 a EStG beruht auf dem sachgerechten Gedanken, dass es einem Gesellschafter, der Einfluss auf die Belange der Gesellschaft nehmen kann, zumutbar ist, die Tilgung der Körperschaftsteuerschuld herbeizuführen (vgl. auch Heinicke in L. Schmidt, Komm. zum EStG, 22. Aufl., § 36 a Rn. 1).

25

Der Halbteilungsgrundsatz führt vorliegend ebenfalls nicht zu einer verfassungswidrigen Besteuerung. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 22.06.1995 festgestellt, dass die Steuerbelastung sich in der Nähe der hälftigen Teilung bewegen müsse. Das Verfassungsgericht hat diese Aussage indes für die zusätzliche Belastung mit Vermögenssteuer und lediglich für die Zeiträume ab 1997, nicht aber für eine Belastung mit weiteren Ertragssteuern getroffen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung (Beschluss in BStBl II 1995, 655) lediglich erkannt, dass die Vermögensteuer zu den übrigen Steuern auf den Ertrag nur hinzutreten darf, soweit die steuerliche Gesamtbelastung des Sollertrages in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand verbleibt. Die durch die Steuerfestsetzungen eintretende Körperschaftsteuer-Belastung unterliegt aber schon deshalb nicht dem Halbteilungsgrundsatz, weil die in ihnen festgesetzte Körperschaftsteuer im Fall der Gewinnausschüttung bei den Anteilseignern anrechenbar ist (vgl. BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997, I R 19/97, BFH/NV 1998, 746). Für das Zusammenwirken von Einkommens- und Gewerbesteuer lässt sich aus der Verfassung ebenso eine Halbteilung nicht entnehmen (vgl. BFH-Urteil vom 18. September 2003, X R 2/00, BFHE 203, 263).

26

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.