Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.03.2004, Az.: 16 K 10411/00
Anwendbarkeit eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) ; Einkommensteuerpflicht bei einer Tätigkeit als Seemann ; Auseinanderfallen von Schiffsbetreiber und Arbeitgeber
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 11.03.2004
- Aktenzeichen
- 16 K 10411/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 13999
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2004:0311.16K10411.00.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 26.04.2005 - AZ: I B 86/04
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 1 EStG
- § 2 Abs. 1 EStG
- Art. 15 Abs. 3 DBA-Zypern
- Art. 8 Abs. 1 DBA-Zypern
Redaktioneller Leitsatz
Fallen Schiffsbetreiber und Arbeitgeber auseinander, ist für die Anwendung des DBA-Zypern auch dann kein Raum, wenn beide Unternehmen ihren Sitz auf Zypern haben.
Tatbestand
Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Er hat seinen Wohnsitz in L.. Er ist geschieden. Als Schiffsingenieur ist der Kläger auf Hochseeschiffen tätig und erzielt hieraus dem Grunde nach Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit.
Der Beklagte forderte den Kläger für das Streitjahr in 1996 zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung auf. Im Rahmen der abgegebenen Steuererklärung beantragte der Kläger die Freistellung seiner Einkünfte aus Arbeitnehmertätigkeit aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens mit Zypern.
Seit 1978 steht der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zur Firma C. Shipmanagement Ltd. (CSM). Die Arbeitgeberin hat ihren Sitz auf Zypern. Aufgrund von Anweisungen der CSM wird der Kläger auf verschiedenen Hochseeschiffen eingesetzt. Die Gehaltszahlungen an ihn erfolgen durch Überweisungen der CSM. Im Streitjahr war der Kläger vom 01.01. - 31.05. auf der MV Cape Ray mit Heimathafen Limassol und vom 16.09. - 31.12. auf der MV APL Thailand mit Heimathafen Majuro tätig. Eigentümerin der MV Cape Ray war die Firma Cape Ray Navigation Limited mit Sitz auf Zypern; Eigentümerin der APL Thailand war die American President Line Ltd. mit Sitz in Oakland/USA. Zwischen den Schiffseigentümern und der CSM bestanden für das Streitjahr Verträge, wonach die CSM für die Stellung der Mannschaften, den technischen Betrieb, die Versicherung, die Buchführung und die Verproviantierung der Besatzung verantwortlich war, nicht jedoch für die Befrachtung der Seeschiffe. Wegen Einzelheiten wird auf die zur Gerichtsakte genommenen Verträge (Management Agreement bzw. Ship Management Agreement verwiesen).
Der Beklagte vertrat die Auffassung, dass eine Steuerfreistellung des Klägers nach DBA-Zypern nicht erfolgen könne, weil nicht nachgewiesen sei, dass die jeweilige seeschifffahrtbetreibende Gesellschaft ihren Ort der Geschäftsleitung auf Zypern habe. Die CSM komme deshalb nicht als Seeschifffahrtsunternehmen in Betracht, weil sie als bloßer Dienstleister auftrete und die Befrachtung der Schiffe nicht von ihr vorgenommen worden sei. Der Beklagte setzte mit erstmaligem Steuerbescheid vom 24. September 1997 die Einkommensteuer für das Streitjahr fest. Hiergegen hat der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben. Während des Klageverfahrens ist die Steuerfestsetzung durchÄnderungsbescheid vom 21. Februar 2002 geändert worden und auf 12.118,13 festgesetzt worden. Einwendungen gegen die Höhe der ermittelten Besteuerungsgrundlagen erhebt der Kläger nicht mehr.
Seine Klage begründet er im Wesentlichen wie folgt: Aufgrund der zwischen der CSM und den Schiffseignern geschlossenen Management Agreements sei die CSM selbst als Betreiber eines Schiffes im internationalen Verkehr im Sinne von Artikel 8 Abs. 1 DBA-Zypern anzusehen. Damit sei die CSM Unternehmen im Sinne des Artikel 15 Abs. 3 DBA-Zypern und gleichzeitig Arbeitgeber des Klägers. Folglich liege das Besteuerungsrecht nach Artikel 15 Abs. 3 DBA-Zypern in Zypern. Würde man die CSM selbst nicht als Betreiber eines Schiffes im internationalen Verkehr ansehen, so handele die CSM als Vertreter des schiffsbetreibenden Unternehmens, mit der Folge, dass die tatsächliche Geschäftsleitung von der CSM in Zypern wahrgenommen werde. Für die Tätigkeit des Klägers auf der MV Cape Ray gelte die Besonderheit, dass die Schiffseigentümerin als Betreiber des Schiffes ein in Zypern ansässiges Unternehmen sei.
Soweit der BFH im Urteil vom 10. November 1993 - I R 53/91 (BStBl II 1994, 218) - zur Auslegung des Artikel 15 Abs. 3 DBA-Zypern Stellung genommen habe und dabei eine Gleichsetzung mit Artikel 8 Abs. 1 DBA-Zypern vorgenommen habe, erweise sich diese Auslegung als unbegründet und unrichtig. Das Besteuerungsrecht sei aufgrund wirtschaftlichen Zusammenhanges am direktesten mit dem Staat gegeben, dessen Steueraufkommen durch die Vergütung der unselbstständigen Tätigkeit gemindert werde. Deshalb könne nach richtiger Auslegung in Artikel 15 Abs. 3 DBA nur das arbeitgebende Unternehmen gemeint sein.
Der Kläger beantragt,
die Einkommensteuer 1995 auf 0 DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die CSM sei zwar Arbeitgeber des Klägers, jedoch nicht ein Seeschifffahrtsunternehmen im Sinne von Artikel 15 Abs. 3 DBA-Zypern. Denn die CSM sei als bloßer Dienstleister anzusehen. Dies werde insbesondere dadurch deutlich, dass die Befrachtung der in Rede stehenden Schiffe nicht von der CSM, sondern von den Eignern vorgenommen worden sei. Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Zypern komme deshalb nicht zur Anwendung.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte.
Dem Gericht hat die beim Beklagten für den Kläger geführte Steuerakte vorgelegen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Der im Inland wohnhafte Kläger ist nach §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 EStG mit allen von ihm erzielten Einkünften unbeschränkt steuerpflichtig. Hierunter fallen auch die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Seemann. Denn insofern greift das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Republik Zypern nicht.
Nach Artikel 15 Abs. 3 DBA-Zypern können Vergütungen für unselbstständige Arbeit die von einem Mitglied der Besatzung an Bord eines Seeschiffes im internationalen Verkehr ausgeübt wird, in dem Staat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet. Unternehmen im Sinne der genannten Vorschrift kann nur ein Unternehmen im Sinne von Artikel 8 Abs. 1 DBA-Zypern sein, das selbst internationalen See- und Luftverkehr betreibt. Zugleich muss dieses Unternehmen wirtschaftlicher Arbeitgeber des Besatzungsmitgliedes im Sinne des Abkommensrechts sein (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 5. September 2001, I R 55/00, BFH/NV 2002, 478 mit weiteren Hinweisen aus der Rechtsprechung). Dieser Rechtsprechung folgt das erkennende Gericht.
Für den Streitfall ergibt sich, dass zwar die CSM Arbeitgeber des Klägers war und der Kläger allein von ihr sein Gehalt bezogen hat. Die CSM war jedoch nicht ein Unternehmen, das die Seeschifffahrt mit den Schiffen, die der Kläger befuhr, betrieb. Dies waren vielmehr die jeweiligen Schiffseigner, die auch eigenverantwortlich für die Befrachtung ihrer Schiffe waren. Soweit die CSM aufgrund geschlossener Management Agreements Dienstleistungen zu erbringen hatte, machen diese Dienstleistungen auch in ihrer Summe nicht die CSM selbst zu einem schifffahrtbetreibenden Unternehmen. Denn nicht die CSM, sondern die jeweiligen Schiffseigner bestimmten aufgrund der Befrachtung der Schiffe deren tatsächlichen Einsatz und hatten damit das wirtschaftliche Risiko der tatsächlichen Schiffseinsätze.
Fallen danach Schiffsbetreiber und Arbeitgeber auseinander, so ist für die Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Republik Zypern auch dann kein Raum, wenn beide Unternehmen ihren Sitz auf Zypern haben. Nach allem war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.
Der Senat sieht keinen Grund für die Zulassung der Revision. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage ist aufgrund der vom Senat als zutreffend erachteten ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes und deren Bestätigung durch das BFH-Urteil I R 55/00 vom 5. September 2001 nicht gegeben.