Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.12.2002, Az.: 4 LB 471/02
Vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer ; Mitwirkung bei Ausreise ; Nichtabgabe der Freiwilligkeitserklärung; Vertretenmüssen des Nichtvollzugs aufenthaltsbeendender Maßnahmen; Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG); Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens.
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 11.12.2002
- Aktenzeichen
- 4 LB 471/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 23082
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2002:1211.4LB471.02.0A
Rechtsgrundlagen
- § 1a Nr 2 AsylbLG
- § 3 Abs. 1 S. 4 AsylbLG
Fundstellen
- NVwZ 2003, 54-56
- NVwZ (Beilage) 2003, I 54-I 56 (Volltext mit amtl. LS)
- NVwZ (Beilage) 2003, 54-56 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Gibt ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer die von der Auslandsvertretung seines Heimatstaates geforderte Erklärung, er kehre freiwillig in sein Heimatland zurück, nicht ab und wird ihm deshalb ein Passersatzpapier nicht ausgestellt, hat er den Grund dafür, dass bei ihm aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, zu vertreten. In diesem Fall erhält er Leistungen nach dem AsylbLG nur, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist. Nicht unabweisbar geboten ist in der Regel der Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens.
Tatbestand:
Der Kläger und Berufungskläger begehrt die Gewährung ungekürzter Hilfeleistungen nach den Asylbewerberleistungsgesetz.
Der Kläger ist iranischer Staatsangehöriger und nach dem erfolglosen Abschluss seines Asylverfahrens unanfechtbar zur Ausreise verpflichtet. Er verfügt über keinen iranischen Pass. Am 16. Dezember 1999 wurde der Kläger von Mitarbeitern der Bezirksregierung Weser-Ems - in Amtshilfe für den Beklagten - beim iranischen Generalkonsulat in B. vorgestellt. Auf Befragen erklärte er dort, dass er zu einer freiwilligen Ausreise nicht bereit wäre. Daraufhin verweigerten die iranischen Behörden die Ausstellung eines Passersatzpapiers.
Mit Bescheid vom 14. November 2000 versagte die für den Beklagten handelnde Samtgemeinde C. dem Kläger im Rahmen der Hilfeleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz die Gewährung des Barbetrages für persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens ab dem 1. Dezember 2000.
Den Widerspruch des Klägers wies die Bezirksregierung Weser-Ems mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2001 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Kläger habe seiner Pflicht zur Mithilfe bei der Ausreise nicht im erforderlichen Umfang genügt. Aufgrund seiner Weigerung, die sogenannte Freiwilligkeitserklärung beim iranischen Generalkonsulat abzugeben, könnten aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden. Dies sei auch von ihm zu vertreten, da der Grund hierfür allein in seinem Verantwortungsbereich liege. Eine - nach dem rechtkräftigen Abschluss des Asylverfahrens rechtlich zulässige - Abschiebung scheitere nur daran, dass ein Passersatzpapier fehle. Dieses hätte das iranische Generalkonsulat jedoch bei Abgabe der Freiwilligkeitserklärung ausgestellt. Die bisher gezeigte Mitwirkung des Klägers sei daher nicht ausreichend, so dass die vorgenommene Kürzung der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zulässig und auch geboten sei.
Der Kläger hat am 15. Juni 2001 Klage erhoben und vorgetragen: Die Leistungen stünden ihm ungekürzt zu, da er seine Verpflichtungen zur Mithilfe bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfüllt habe. Er sei aus seiner Heimat als politisch Verfolgter ausgereist und werde deshalb nicht freiwillig zurückkehren. Die Abgabe einer Freiwilligkeitserklärung, die nicht der Wahrheit entspreche, könne und dürfe von ihm nicht verlangt werden. Eine rechtliche Verpflichtung zur Abgabe einer falschen Erklärung gebe es nicht. Dass die iranischen Behörden eine Passerteilung ohne Abgabe der Freiwilligkeitserklärung ablehnten, sei völkerrechtswidrig und könne ihm nicht angelastet werden.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
den Beklagten unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Samtgemeinde C. vom 14. November 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 16. Mai 2001 zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 01. Dezmber 2000 bis zum 16. Mai 2001 ungekürzte Hilfeleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat sich im wesentlichen auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide bezogen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 03. Dezember 2001 abgewiesen.
Zur Begründung hat es auf die Gründe des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems Bezug genommen und darüber hinaus ausgeführt: Es sei allein entscheidend, ob die Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen entgegenstünden, im Verantwortungsbereich des Klägers lägen. Dies sei der Fall, da der Kläger die Abgabe der Freiwilligkeitserklärung verweigere, obwohl er zur Ausreise unanfechtbar verpflichtet sei. Es sei auch nicht erkennbar, dass eine solche Erklärung des Klägers einem möglichen künftigen Asylbegehren entgegenstehen könnte.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der vom Senat mit Beschluss vom 08. August 2002 wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zugelassenen Berufung.
Der Kläger macht geltend: Er habe seine ihm obliegenden Pflichten zur Mithilfe beim Vollzug der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfüllt, indem er sich beim iranischen Generalkonsulat vorgestellt und dort auch einen Antrag auf Ausstellung eines Passes bzw. Passersatzpapiers ausgefüllt habe. Die Weigerung der iranischen Behörden, ein solches Papier ohne Vorlage einer Erklärung von ihm über seine freiwillige Rückkehr auszustellen, sei völkerrechtswidrig und nicht von ihm zu vertreten. Ein Unterlassen könne nur dann eine Verletzung der Mitwirkungspflicht sein, wenn eine Verpflichtung zur Abgabe einer solchen Erklärung bestehe. Zur Abgabe einer falschen Erklärung aber könne niemand verpflichtet werden. Deshalb sei die mit der Verletzung einer Mitwirkungspflicht begründete Kürzung der Hilfeleistungen rechtswidrig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 03. Dezember 2001 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm ab dem 01. Dezember 2000 ungekürzte Hilfeleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu gewähren, sowie den Bescheid der Samtgemeinde C. vom 14. November 2000 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 16. Mai 2001 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet, ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Samtgemeinde C. in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes in der Fassung der Änderung vom 25. August 1998 (BGBl. I, S. 2505) - AsylbLG - hat und deshalb die für den Beklagten handelnde Samtgemeinde D. die ihm zu gewährenden Leistungen nach § 1a Nr. 2 AsylbLG um den Betrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse kürzen durfte.
Der Kläger ist nach rechtskräftiger Ablehnung seines Asylbegehrens unanfechtbar und vollziehbar zur Ausreise verpflichtet (§ 42 Abs. 1, 2 AuslG). Er gehört damit zum Kreis der Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG. Diese (und die nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG) Leistungsberechtigten erhalten, wenn bei ihnen aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, Leistungen nach diesem Gesetz nur, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist.
Diese Voraussetzung für die hier vorgenommene Kürzung der Leistung auf das unabweisbar gebotene Maß ist erfüllt. Der Kläger hat zwar im für ihn zuständigen iranischen Generalkonsulat in Hamburg einen Passantrag ausgefüllt. Er hat sich aber geweigert, die von den zuständigen Behörden verlangte Erklärung einer freiwilligen Rückkehr abzugeben. Dabei war dem Kläger auch bekannt, dass die Ausstellung von Ausreisedokumenten ohne diese Erklärung von den iranischen Behörden verweigert würde mit der Folge, dass eine Abschiebung in den Iran verhindert würde. Damit hat der Kläger zu vertreten, dass er nicht abgeschoben und so sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht beendet werden kann.
Für das Vertretenmüssen im Sinne des § 1a Nr. 2 AsylbLG ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die die Vollziehung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme hindernden Gründe in den Verantwortungsbereich des Leistungsberechtigten fallen (vgl. GK-AsylbLG, Stand September 2002, § 1a Rdnr. 98; Nds. OVG - 12. Senat -, Beschl. v. 27. Januar 1997 - 12 M 264/97 - FEVS 47, 296). Das Verhalten muss demnach ursächlich für die Abschiebungsverhinderung und zudem noch dem Leistungsberechtigten vorwerfbar in dem Sinne sein, als es in seinem freien Willen steht. Mit der Weigerung, die verlangte Erklärung über eine freiwillige Ausreise gegenüber den iranischen Behörden abzugeben, hat der Kläger durch die in seinem freien Willen stehende Entscheidung seine Abschiebung verhindert. Der Mitarbeiter des Generalkonsulates hat sodann erklärt, dass eine Ausstellung von Ausreisedokumenten für den Kläger ohne Abgabe der Freiwilligkeitserklärung nicht in Betracht komme. Das Verhalten des Klägers ist also ursächlich dafür, dass eine Abschiebung in den Iran mangels erforderlicher Ausreisedokumente nicht vollzogen werden kann.
Der Kläger hat dieses Verhalten auch zu vertreten. Insoweit verkennt der Kläger, dass ihn als abgelehnten Asylbewerber nach § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG die gesetzliche Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Beschaffung der für eine Ausreise notwendigen Dokumente trifft. Auch nennt die Gesetzesbegründung zu § 1a Nr. 2 AsylbLG ausdrücklich die fehlende Mitwirkung an der Passbeschaffung als einen zu vertretenden Grund (vgl. BT-Drucks. 13/10155, S. 5; ebenso: Nds. OVG, Beschl. v. 30.07.1999 - 12 M 2997/99 -). Soweit der Kläger hier bei dem Generalkonsulat vorgesprochen und das Antragsformular ausgefüllt hat, hat er lediglich einen Teil dieser Mitwirkungsverpflichtung erfüllt. Denn die Pflicht umfasst grundsätzlich die Mithilfe bei der Beschaffung aller für die Heimreise notwendigen Dokumente (vgl. GK-AsylbLG, § 1a Rdnr. 104 m.w.N.). Dazu gehören grundsätzlich auch andere Dokumente, soweit sie, wie hier die verlangte Freiwilligkeitserklärung, von den zuständigen Behörden für notwendig angesehen werden. Diese umfangreiche Verpflichtung findet ihr Korrektiv in der - im weiteren zu erörternden Frage - der Zumutbarkeit für den Einzelnen, das Verlangte beizubringen. Der Senat folgt nicht der im Zusammenhang mit der Verhängung von Abschiebehaft in der Rechtsprechung vertretenen, nicht näher begründeten Ansicht, dem Gesetz sei schon grundsätzlich keine Pflicht zur Abgabe einer Freiwilligkeitserklärung zu entnehmen (so OLG Frankfurt a.M. , Beschl. v. 27. Juli 1999 - 20 W 306-99 - NvWZ-Beil. 1999, S. 8).
Es ist dem Kläger hier zumutbar, die verlangte Erklärung abzugeben. Das gilt selbst dann, wenn sie nach seinen subjektiven Vorstellungen nicht der Wahrheit entspricht. Grundsätzlich anerkannt ist, dass in materieller Sicht in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung ist, ob dem Handlungsverpflichteten im individuell zu beurteilenden Einzelfall zugemutet werden kann, die begehrte Handlung zu erbringen. Dies hängt zum einen von seinem ausländerrechtlichen Status ab: Dem Asylsuchenden kann der Kontakt mit der ausländischen Vertretung seines Heimatstaates wegen der behaupteten Verfolgung unzumutbar sein (vgl. Kanein/Renner, Ausländerrecht, 7. Auflage 1999, § 15 AsylVfG Rdnr. 11), während für den rechtskräftig abgelehnten und vollziehbar ausreisepflichtigen Asylbewerber eine umfangreiche Mithilfe bei den nur von ihm persönlich zu erbringenden Tat- und Rechtshandlungen in Bezug auf die Ausreisepflicht verlangt werden kann (vgl. GK-AsylbLG, § 1a Rdnr. 105 m.w.N.).
In diesem Zusammenhang ist auch die vom Verwaltungsgericht nicht erwähnte Frage zu berücksichtigen, ob der iranische Staat, vertreten durch sein Konsulat, hier an die Ausstellung eines Passes oder Passersatzpapiers völkerrechtswidrige Anforderungen stellt, die der Kläger dann möglicherweise nicht zu erfüllen hätte. Davon ist indes nicht auszugehen. Zwar ist ein Staat völkerrechtlich verpflichtet, eigene Staatsbürger wieder bei sich aufzunehmen (vgl. Seidl-Hohenveldern/Stein, Völkerrecht, 10. Auflage § 63 Rdnr. 1332), aber er kann staatsbürgerliche Rechte auch seinen Staatsangehörigen ganz oder teilweise vorenthalten bzw. von der Erfüllung eigener Verpflichtungen abhängig machen (Seidl-Hohenveldern/Stein, a.a.O. Rdnr. 1300). Soweit der iranische Staat demnach sein Staatsangehörigkeitsrecht so auslegt, dass seine Staatsbürger gegen ihren Willen nicht zur Wiedereinreise gezwungen werden können, ist dies jedenfalls nicht von vornherein als völkerrechtswidrig zu bezeichnen.
Soweit der Kläger mit Blick auf die Entscheidung des Kammergerichts Berlin (KG Berlin, Beschl. v. 25.10.1999, InfAuslR 2000, S. 229) die Auffassung vertritt, die Abgabe der Freiwilligkeitserklärung könne von ihm nicht verlangt werden und sei deshalb unzumutbar, weil es nach seiner Überzeugung die Unwahrheit wäre, vermag der Senat dem nicht zuzustimmen. Die Entscheidung des Kammergerichts beruht auch nicht allein auf dieser Annahme. Vielmehr ist diese Entscheidung vor dem Hintergrund des (Abschiebungs-) Haftrechts zu betrachten. Die sechsmonatige Abschiebehaft kann nämlich nur dann auf weitere zwölf Monate verlängert werden, wenn der Ausländer seine Abschiebung verhindert (§ 57 Abs. 3 AuslG). Die fehlende Mitwirkung war in den entschiedenen Fällen jedoch nicht kausal für die Unmöglichkeit des Vollzugs der Abschiebung, sondern führte nur zu einer - allerdings erheblichen - Verzögerung. Denn die zuständige Behörde (des Staates Algerien) stellte Passersatzpapiere auch ohne Abgabe der Freiwilligkeitserklärung aus. In diesen Fällen dauerten die Verfahren dann nur erheblich länger (sechs bis zwölf Monate), so dass die Haft zur Sicherung der Abschiebung angesichts der Dauer des Passverfahrens ihren Zweck verfehlt hätte (vgl. LG Berlin, Beschl. v. 24.10.2000, NVwZ-Beil. 2001, S. 24; KG Berlin, Beschl. v. 25.10.1999, a.a.O. ). Im Falle des Klägers hingegen ist in die Betrachtung einzubeziehen, dass der Erfolg der Abschiebung allein von seinem Verhalten abhängig ist. Der Vertreter der Bezirksregierung E. hat insoweit in seinem Bericht an den Beklagten vom 20.12.1999 und auch im Telefonat mit dem Berichterstatter des Senats am 26.11.2002 dargelegt, dass die iranischen Behörden nach wie vor bereits die Annahme des Antrages zur Ausstellung von Passersatzpapieren ohne Vorlage der Freiwilligkeitserklärung verweigern und damit eine Abschiebung derzeit unmöglich ist. Es besteht mithin ein erhebliches öffentliches Interesse an der vom Kläger verlangten Mitwirkung, ohne die eine Abschiebung jedenfalls nicht vollzogen werden kann. Daran gemessen kann dem Kläger die Abgabe einer solchen Erklärung zugemutet werden, sie ist insbesondere nicht grundrechtswidrig. Weder hat der Kläger eine solche Rechtsverletzung dargetan, noch sieht der Senat Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung etwa der Gewissensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG) oder des Persönlichkeitsrechts (Art. 2 GG). Die verlangte Erklärung hat auch nicht den Umfang und die Tragweite, um einen solchen, hinreichend schwerwiegenden, Eingriff begründen zu können.
Erkennbares Ziel der Argumentation des Klägers ist die Abwehr einer drohenden, zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung mit Rückkehr in seine Heimat. Zudem ist Inhalt der vom Kläger verlangten Erklärung nur Behauptung einer freiwillige Rückkehr. Mit der Rückkehr hat die Erklärung sodann ihre inhaltliche Erledigung gefunden. Anhaltspunkte für ein Fortwirken der Erklärung zum Nachteil des Klägers, etwa in einem künftigen erneuten Asylverfahren, sind, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, vor diesem Hintergrund auch nicht ersichtlich.
Die Abgabe einer Erklärung über die freiwillige Rückkehr ist auch nicht deshalb für den Kläger unzumutbar, weil ihm damit gewissermaßen verdeckt angesonnen würde, er könne jederzeit freiwillig in seine Heimat zurückkehren, und weil unter diesem Gesichtspunkt eine Leistungseinzuschränkung nicht zulässig wäre. Der Gesetzgeber selbst hat sich gegen die Aufnahme einer die Möglichkeit und Zumutbarkeit einer freiwilligen Ausreise bestimmenden Regelung in den Tatbestand des § 1a AsylbLG ausgesprochen (Gesetzentwurf des Bundesrates v. 06.02.1998, BR-Drucks. 691/97 unter B.; BT-Drucks. 13/11172, S. 7). Mithin darf eine solche Regelung nicht gleichsam als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zur Bestimmung der Rechtsfolge wieder herangezogen werden (ebenso: GK-AsylbLG, a.a.O. Rdnr. 150 unter Bezugnahme auf den Wortlaut der Vorschrift). Ein solches Ansinnen liegt in der hier verlangten Mitwirkung aber auch nicht. Die nach § 1a Nr. 2 AsylbLG zulässige Leistungskürzung hat insoweit eine andere Zielrichtung. Sie trifft von vornherein nur vollziehbar ausreisepflichtige Personen (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG), bei denen - darüber hinaus - aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Die Vorschrift hat mithin nicht allein sanktionierenden Charakter, sondern soll den betroffenen Leistungsempfänger nachhaltig anhalten, seinen Pflichten zur Mithilfe bei der eigenen Ausreise nachzukommen. Vor diesem Hintergrund verlangt die Rechtsprechung daher eine gesetzliche Grundlage für die geschuldete Mitwirkungshandlung (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 27.01.1997 - 12 M 264/97- FEVS 47, 296; VGH BW, Urt. v. 07.03.1996 - 13 S 1443 - NVwZ-Beil. 1996, S. 50; GK-AsylbLG, a.a.O. Rdnr. 101), die hier - wie ausgeführt - in der Pflicht zur Mitwirkung an der Beschaffung eines Identitätspapiers gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG zu finden ist. Mit der Abgabe der verlangten Erklärung ist diese Pflicht zur Mitwirkung erfüllt. Weder wird vom Kläger verlangt, dass er freiwillig ausreist, noch wird die begehrte Mithilfehandlung einer freiwilligen Ausreise gleichgestellt. Da aber der Kläger vollziehbar ausreiseverpflichtet ist, wird von ihm insoweit Rechtstreue verlangt, als er zur Beendigung des Aufenthalts beizutragen hat, soweit ihm dies - wie hier - zuzumuten ist.
Nach allem kann vom Kläger die Abgabe einer Erklärung über die freiwillige Rückkehr in seine Heimat verlangt werden. Es gibt hier zudem - wie ausgeführt - keine andere, einfachere Möglichkeit für die zuständige Behörde, die Ausreiseverpflichtung durchzusetzen. Die Möglichkeit der Durchsetzung hängt vielmehr allein vom Verhalten des Klägers ab.
Der Beklagte durfte daher die Leistungen auf das im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar gebotene Maß einschränken (§ 1a Nr. 2 AsylbLG). Dem entspricht die Kürzung um den Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Gebrauchs (Taschengeld) im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG, denn dieser Betrag gehört in der Regel nicht zu der unabweisbar gebotenen Hilfe (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 30.07.1999 - 12 M 2997/99 - abgedruckt bei GK-AsylbLG, a.a.O. VII Nr. 4 zu § 1a ; GK-AsylbLG, a.a.O. Rdnr. 192 m.w.N. ). Der zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse dienende monatliche Geldbetrag schließt notwendige Ausgaben u.a. für Verkehrsmittel, Telefon, Porto, Schreibmittel, Lesestoff oder kleinere Mengen Genussmittel ein (Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/4451, S. 8). Solche Leistungen können aber bei missbräuchlichem Verhalten des Leistungsempfängers spürbar eingeschränkt werden. Die der sozialen Kommunikation und der individuellen Bedürfnisbefriedigung dienenden Mittel sollen nicht dem zugute kommen, der die Beendigung seines Aufenthalts zu verhindern sucht. Denn diese Geldmittel sind Zusatzleistungen, die ihren Hauptzweck - anders als die Grundleistungen - nicht in der bloßen Existenzsicherung haben. Soweit aber der Leistungsempfänger trotz Nichtgewährung des Barbetrages einen Anspruch auf einen bestimmten, konkret nachgewiesenen Bedarf hat, kann dieser in einem hierauf bezogenen Antrag zur Bedarfsdeckung geltend gemacht werden (Nds. OVG, Beschl. v. 30.07.1999 a.a.O.). Solche oder andere besondere Umstände, die ausnahmsweise eine teilweise oder vollständige Weitergewährung des Taschengeldes für den Kläger rechtfertigen könnten, sind hier aber weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor.