Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.10.2001, Az.: 3 K 458/00
Ausschluss der Eigenheimzulage bei "Rettungserwerbs" des Ehegatten vor Konkurs; Erwerb zur Abwehr einer drohenden Zwangsversteigerung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 17.10.2001
- Aktenzeichen
- 3 K 458/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 39148
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:1017.3K458.00.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 19.02.2004 - AZ: III R 54/01
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 1 S. 3 EigZulG
- § 26 Abs. 1 EStG
Fundstellen
- DStRE 2002, 625 (Volltext mit amtl. LS)
- EFG 2002, 521-522
- NWB 2002, 689
Eigenheimzulage ab 1996
§ 2 Abs. 1 S. 3 EigZulG schließt eine Begünstigung mit Eigen-heimzulage auch dann aus, wenn der Anspruchsberechtigte eine Wohnung vom Ehegatten nach Eröffnung des Konkursverfahrens über dessen Vermögen im Wege eines „Rettungserwerbs“ im Vor-feld einer andernfalls möglicherweise drohenden Zwangsverstei-gerung erwirbt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob § 2 Abs. 1 S. 3 EigZulG den Anspruch auf Eigenheimzulage ausschließt.
Die Klägerin erwarb durch Grundstückskaufsvertrag vom 8. Juli 1996 von Rechtsanwalt ... in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter über das Vermögen des ... - des Ehemanns der Klägerin - das Hausgrundstück ..., das zu diesem Zeitpunkt im Alleineigentum des Ehemanns der Klägerin stand. Der Kaufpreis betrug DM 450.000,--. Nach einer Mitteilung der Kreissparkasse ... an die Klägerin und deren Ehemann vom 26. April 2001 stand das fragliche Wohnhaus seinerzeit im Rahmen des Konkurses zur Verwertung an, wobei es auch zu einer Zwangsversteigerung bzw. einem Verkauf an Dritte außerhalb des Verfahrens hätte kommen können. Die Klägerin beantragte unter dem 22. Februar 2000 die Festsetzung einer Eigenheimzulage nach einer auf die eigengenutzte Wohnung entfallenden Bemessungsgrundlage von DM 100.000,-- sowie die Festsetzung einer Kinderzulage für das Kind .... Das beklagte Finanzamt - FA - lehnte den Antrag durch Bescheid vom 29. Februar 2000 unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 S. 3 EigZulG ab und wies den Einspruch durch Bescheid vom 27. September 2000 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung die Klägerin vorträgt: § 2 Abs. 1 S. 3 EigZulG stehe dem Anspruch auf Eigenheimzulage nicht entgegen, weil mit Rücksicht auf das über das Vermögen des Ehemanns eröffnete Konkursverfahren ein Rettungserwerb vorgelegen habe. Die Anschaffung des Wohnhauses habe allein der Erhaltung des Wohneigentums für die Familie gedient.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das FA unter Aufhebung des Bescheids vom 29. Februar 2000 und des Einspruchsbescheids vom 27. September 2000 zu verpflichten, die Eigenheimzulage ab 1996 auf jährlich DM 4.000,-- festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Auffassung, daß § 2 Abs. 1 S. 3 EigZulG mit Rücksicht auf den von der Klägerin geschlossenen Grundstückskaufvertrag erfüllt sei. Der Umstand, daß über das Vermögen des Ehemanns der Klägerin im Erwerbszeitpunkt ein Konkursverfahren eröffnet gewesen sei, sei unerheblich.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die Steuerakte (Steuer-Nr. ...) sowie die auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung vor dem Senat verzichtet.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 EigZulG ist die Anschaffung einer Wohnung oder eines Anteils daran vom Ehegatten nicht begünstigt, wenn bei den Ehegatten im Zeitpunkt der Anschaffung die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend im Hinblick auf den Grundstückskaufsvertrag vom 8. Juli 1996 erfüllt. Dem steht nicht entgegen, daß für den Ehemann der Klägerin dessen Konkursverwalter als Inhaber des Verwaltungs- und Verfügungsrechts handelte (§ 6 Abs. 2 KO). Da die Rechtshandlungen des Konkursverwalters unmittelbar für und gegen den Gemeinschuldner wirken, hat vorliegend die Klägerin das fragliche Objekt von ihrem Ehemann angeschafft. Damit sind die formalen Voraussetzungen des in § 2 Abs. 1 S. 3 EigZulG normierten Ausschlußtatbestandes erfüllt.
§ 2 Abs. 1 S. 3 EigZulG schließt nach seinem klaren Wortlaut auch einen "Rettungserwerb" der hier vorliegenden Art von der Begünstigung mit Eigenheimzulage aus. Die Klägerin kann sich insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, daß ihr Erwerb einem Erwerb durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren gleichzustellen sei. Bei einem Erwerb im Zwangsversteigerungsverfahren ist formal - anders als im Streitfall - der Ausschlußtatbestand des § 2 Abs. 1 S. 3 EigZulG deshalb nicht erfüllt, weil der (originäre) Erwerb in der Zwangsversteigerung keine Anschaffung "vom" Ehegatten ist (BFH-Urteil vom 23. September 1992, X R 159/90, BStBl. II 1993 S. 152). Diesem Erwerb durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren kann nicht im Wege teleologischer Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 3 EigZulG jedweder im Vorfeld einer möglichen Zwangsversteigerung erfolgende "Rettungserwerb" vom Ehegatten gleichgestellt werden. Zwar ist der Klägerin einzuräumen, daß dieser Erwerb schon zur Abwehr einer andernfalls ggf. drohenden Zwangsversteigerung erwünscht erscheint, um der Familie das Familienwohnheim zu erhalten (vgl. auch BFH-Urteil vom 23. September 1992, a.a.O.; FG Münster, Urteil vom 13. März 1984, VI 5115/81 E, EFG 1984 S. 495). Dieser Gesichtspunkt vermag jedoch schon deshalb keine einschränkende Auslegung des § 2 Abs. 1 S. 3 EigZulG zu rechtfertigen, weil diese Vorschrift ohne Verfassungsverstoß die Vermögensphäre von Ehegatten und Eigentumsänderungen innerhalb der Ehegemeinschaft (durch Erwerb des Anspruchsberechtigten "von seinem Ehegatten") einheitlich betrachtet (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 6. Dezember 1999, EFG 2000 S. 913 m.w.N.; zweifelnd hingegen Schmidt/Drenseck, Kommentar zum EStG 20. Auflage 2001 § 10 e Rz. 28). Nichts anderes ergibt sich auch aus der vom BFH (Urteil vom 23. September 1992, a.a.O.) hervorgehobenen vermögenspolitischen Zielsetzung des § 10 e EStG, die in gleicher Weise auch für das EigZulG gilt. Diese steuergesetzliche Zielsetzung rechtfertigt es lediglich, die beim Zuschlag in der Zwangsversteigerung geltende zivilrechtliche Betrachtung auch der Auslegung des§ 2 Abs. 1 S. 3 EigZulG zugrunde zu legen. Daraus läßt sich jedoch nicht - umgekehrt - ableiten, daß auch ein - wie hier - vom Ehegatten abgeleiteter Erwerb trotz des entgegenstehenden klaren Wortlauts des § 2 Abs. 1 S. 3 EigZulG allein aufgrund einer vermögenspolitischen Wertung des EigZulG eigenheimzulagenbegünstigt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.