Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.10.2001, Az.: 5 K 436/96

Steuerfreiheit oder -pflichtigkeit von Ausfuhren; Zulässigkeit des Vorsteuerabzugs; Gewährung von Anteilen bei Ausgabe atypischer stiller Beteiligungen durch Publikumsgesellschaft; Entstehung eines schützenswerten Vertrauensverhältnisses; Sachgerechtigkeit einer Schätzung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
18.10.2001
Aktenzeichen
5 K 436/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 25010
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2001:1018.5K436.96.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 18.11.2004 - AZ: V R 16/03

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Die Ausgabe atypischer stiller Beteiligungen ist jedenfalls dann, wenn sie durch eine Publikumsgesellschaft erfolgt, als Gewährung von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG zu beurteilen. Entsprechende Leistungen werden insoweit zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet.

  2. 2.

    Ein Aufzeichnungsmaßstab zwischen steuerpflichtigen/steuerfreien Umsätzen muss den Grundsatz wahren, dass nur der Steuerbetrag abgezogen werden kann, der die verschiedenen Kostenelemente eines besteuerten Umsatzes unmittelbar belastet hat. Grds. ist deshalb ein an den Investitionen des Unternehmers orientierter Aufteilungsmaßstab sachgerecht.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Leistungen, die die B AG aufgrund zweier Verträge von der A AG bezogen hat, zur Ausführung steuerfreier oder steuerpflichtiger Umsätze verwandt worden sind und über die Höhe des abzugsfähigen Anteils an Vorsteuern, die nicht unmittelbar steuerpflichtigen oder steuerfreien Umsätzen zugerechnet werden können.

2

Die Klägerin gehört zum Unternehmensverbund der "G Gruppe". Auf sie ist die B AG verschmolzen worden. Die B AG betrieb den Erwerb, die Verwaltung und die Verwertung von Immobilien, Wertpapieren, Beteiligungen sowie Vermögensanlagen jeglicher Art. Das hierfür erforderliche Kapital erwarb sie durch die Ausgabe sowohl von Aktien als auch von atypischen stillen Beteiligungen. Die atypisch stillen Beteiligungen gab sie dabei in Art einer Publikumsgesellschaft an eine Vielzahl stiller Gesellschafter aus.

3

Zwischen der B AG und der A AG bestanden u.a. ein Prospekt-, Konzeptions- und Betreuungsvertrag, ein Werbevertrag, ein Marketing-Management und Marketing-Controlling-Vertrag, ein Beteiligungs-Vermittlungsvertrag sowie mehrere Druckverträge.

4

Mit dem Marketing-Management und Marketing-Controlling-Vertrag vom 17. Juni 1991 übertrug die B AG der A AG das Marketing-Management und das Marketing-Controlling für die Emission von Aktien und stillem Beteiligungskapital (Präambel Art. 4 des Vertrages). Als Entgelt war gemäß § 4 des Vertrages eine Marketinggebühr in Höhe von 3 v.H. des rechtswirksam vereinbarten monatlichen Beteiligungskapitals der B AG vereinbart. Dabei ergab sich das Beteiligungskapital aus den im Rahmen der stillen Beteiligungsprogramme und der Aktiensparprogramme wirksam vereinbarten Vertragssummen zzgl. Auslagen und Umsatzsteuer. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der im Marketing-Management und Marketing-Controlling-Vertrag getroffenen Vereinbarungen wird auf den in Kopie zur Gerichtsakte gelangten Vertragstext Bezug genommen.

5

Im Werbevertrag vom 20. Oktober 1993 übertrug die B AG der A AG die in § 1 Abs. 2 des Werbevertrages näher bezeichneten Werbeleistungen. Als Entgelt hierfür war in § 2 des Werbevertrages ein Anteil in Höhe von 1,0 v.H. an den im Rahmen der stillen Beteiligungen und Aktiensparpläne wirksam vereinbarten Vertragssummen vereinbart. Bezüglich der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auch insoweit auf den in Kopie zur Gerichtsakte gelangten Vertragstext Bezug genommen.

6

Die Nettoaufwendungen der B AG für die aufgrund des den Prospekt-, Konzeptions- und Betreuungsvertrages, des Werbevertrages, des Marketing-Management und Marketing-Controlling-Vertrages, des Beteiligungs-Vermittlungsvertrag sowie der Druckverträge bezogenen Leistungen betrugen 27.809.498,03 DM, die hierauf entfallenden Vorsteuern 4.171.424,70 DM. Dabei beliefen sich die Nettoaufwendungen für die Leistungen aus dem Marketing-Management und Marketing-Controlling-Vertrag auf 13.599.676,83 DM und die Aufwendungen aus dem Werbevertrag auf 4.533.225,62 DM.

7

Im Streitjahr 1994 erzielte die B AG steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 2.959.800,10 DM und steuerfreie Umsätze in Höhe von 3.520.206,50 DM. Der Anteil der steuerpflichtigen Umsätze an den Gesamtumsätzen betrug damit 45,68 v.H. Die Ausgabe atypischer stiller Beteiligungen behandelte die B AG als nicht steuerbaren Vorgang.

8

Mit ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1994 machte sie neben den den direkt steuerpflichtigen Umsätzen zuzuordnenden Vorsteuern einen mittels eines sog. Umsatzschlüssels errechneten Anteil in Höhe von 45,68 v.H. an den Vorsteuern geltend, die nicht bestimmten Umsätzen zugeordnet werden konnten. Der Beklagte folgte der auf dieser Grundlage abgegebenen Umsatzsteuererklärung mit dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheid vom 26. Juni 1995.

9

Mit ihrer ersten berichtigten Umsatzsteuererklärung vom 6. Juli 1995 machte die Klägerin höhere Vorsteuern als bisher geltend, weil sie die direkt der steuerpflichtig vermieteten Immobilie in R. zuzurechnenden Vorsteuern nicht geltend gemacht hatte. Der Beklagte folgte der geänderten Steuererklärung mit dem weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheid vom 14. August 1995 erneut.

10

Mit ihrer zweiten berichtigten Umsatzsteuererklärung vom 29. Mai 1996 machte die Klägerin wiederum höhere Vorsteuern als bisher geltend, weil sie den abzugsfähigen Anteil an den nicht direkt zuzuordnenden Vorsteuern nunmehr nicht mit 45,68 v.H. sondern durch Anwendung eines sog. Investitionsschlüssels mit 94,12 v.H. berechnete. Den Investitionsschlüssel hatte sie dabei ermittelt, indem sie ihre Investitionen im unternehmerischen Bereich ins Verhältnis zu ihren gesamten Investitionen im unternehmerischen und nichtunternehmerischen Bereich setzte. Zur Berechnungsmethode im Einzelnen wird auf die "Anlage zur zweiten Änderung der Umsatzsteuererklärung für 1994" Bezug genommen. Der Beklagte folgte dem nicht, sondern änderte die Umsatzsteuerfestsetzung nach einem entsprechenden schriftlichen Hinweis an die B AG durch Bescheid vom 13. Juni 1996. Hierbei zog er von den bisher als nicht direkt bestimmten Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuern die auf die Ausgabe stiller Beteiligungen entfallenden Vorsteuern ab, so dass sich die noch aufzuteilenden Vorsteuern von 6.161.679,37 DM auf 1.990.254,67 DM verringerten. Von diesen Vorsteuern erkannte er den mit dem Umsatzschlüssel ermittelten Anteil in Höhe von 45,68 v.H. an.

11

Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage. Zu deren Begründung hat die Klägerin zunächst vorgetragen, die Ausgabe stiller Beteiligungen falle nicht unter die Steuerbefreiungsnorm des § 4 Nr. 8 Buchstabe f UStG sondern sei nicht steuerbar. Folglich dürften die auf die Ausgabe atypischer stiller Beteiligungen entfallenden Vorsteuern weder unmittelbar steuerfreien Umsätzen zugerechnet werden noch bei dem Aufteilungsmaßstab für die nicht direkt zuzurechnenden Vorsteuern berücksichtigt werden. Die Rechtsprechung des BFH, wonach die Ausgabe atypischer stiller Beteiligungen als nach § 4 Nr. 8 Buchstabe f UStG steuerfreier Umsatz behandelt werde, sei verfehlt.

12

Außerdem ergebe sich aus den Entscheidungen des BFH mittelbar, dass Abschnitt 66 UStR nicht im Einklang mit der Rechtsauffassung des BFH stehe. Damit aber greife die Änderungssperre des § 176 Abs. 2 AO ein, weil sich aus Abschnitt 66 UStR sinngemäß ergebe, dass atypische stille Beteiligungen nicht als Anteile an Gesellschaften i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchstabe f UStG zu beurteilen seien.

13

Schließlich verstoße der Beklagte mit dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid gegen das Vertrauensschutzprinzip. Sowohl im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der A AG als auch anlässlich von Umsatzsteuersonderprüfungen bei den ebenfalls zur G Gruppe gehörenden G AG, A AG und L AG habe der Beklagte die Ausgabe atypischer stiller Beteiligungen als nicht steuerbar behandelt. Hieran müsse er sich festhalten lassen.

14

Diese Auffassung hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2001 aufgegeben. Sie trägt nunmehr vor, die Vorsteuern aus dem Werbevertrag sowie dem Marketing-Management und Marketing-Controlling-Vertrag stehe nicht in direktem Zusammenhang mit der Ausführung steuerfreier Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchstabe f UStG. Die auf der Grundlage dieser Verträge von der A AG bezogenen Leistungen hätten vielmehr der gesamten wirtschaftlichen Betätigung der B AG gedient. Es sei daher angemessen, von den hierauf entfallenden Vorsteuern einen dem Verhältnis der steuerpflichtigen Vermietungsumsätze zu den gesamten Vermietungsumsätzen entsprechenden Anteil von etwa 50 v.H. anzuerkennen.

15

Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuer 1994 auf minus 2.342.206,00 DM festzusetzen

16

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

17

Zur Begründung seines Antrags verweist er auf die Ausführungen im Einspruchsbescheid vom 30. August 1996. Zudem vertritt er die Auffassung, die Aufwendungen der B AG für die im Rahmen des Werbevertrages und des Marketing-Management und Marketing-Controlling-Vertrages von der A AG bezogenen Leistungen seien unmittelbar für die Ausführung steuerfreier Umsätze bezogen worden. Das ergebe sich schon daraus, dass sich das in den genannten Verträgen vereinbarte Entgelt an den Vertragssummen der ausgegebenen Aktien und stillen Beteiligungen orientiert habe.

18

Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf die Steuerakten zu Steuer-Nr....sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

19

Die Klage ist unbegründet.

20

Zwar hat der Beklagte die anzuerkennenden Vorsteuern nicht zutreffend ermittelt. Gleichwohl ist die Klage abzuweisen gewesen, weil die nach § 15 UStG abzugsfähigen Vorsteuern in Höhe von 1.270.073,67 DM geringer als die vom Beklagten anerkannten Vorsteuern in Höhe von 1.567.616,74 DM sind. Der Senat ist wegen des Verböserungsverbotes an einer höheren Steuerfestsetzung gehindert (Tipke/Kruse, § 96 FGO, Tz. 221; Gräber, FGO, 4. Auflage, § 96 Anm. 5).

21

Zu Recht hat der Beklagte die Vorsteuern auf die Aufwendungen für die Ausgabe atypischer stiller Beteiligungen in Höhe von 4.171.424,70 DM den steuerfreien Umsätzen zugerechnet und ihnen gemäß § 15 Abs. 2 UStG die Anerkennung versagt. Die B AG hat die Leistungen insoweit zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwandt. Die Ausgabe atypischer stiller Beteiligungen ist jedenfalls dann, wenn sie durch eine Publikumsgesellschaft erfolgt, als Gewährung von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchstabe f UStG zu beurteilen (Urteil des BFH vom 14. Dezember 1995 V R 11/94, BStBl II 1996, 250; Beschluss des BFH vom 22. Dezember 1994 V B 73/94, BFH/NV 1995, 1024).

22

Der Beklagte ist durch § 176 Abs. 2 AO auch nicht an der Versagung der auf die Ausgabe atypischer stiller Beteiligungen entfallenden Vorsteuern gehindert gewesen. Nach dieser Bestimmung darf bei der Änderung eines Steuerbescheides nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder einer obersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, weil Abschnitt 66 UStR 1992 keinen Rechtssatz des Inhalts, dass die Ausgabe von atypischen stillen Beteiligungen nicht unter § 4 Nr. 8 Buchstabe f UStG fällt, enthält.

23

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen, weil der Beklagte die Ausgabe atypischer stiller Beteiligungen bei Außenprüfungen und Umsatzsteuersonderprüfungen bei anderen zum Konzern der G Gruppe gehörenden Gesellschaften als nicht steuerbar beurteilt hat. Ein schützenswertes Vertrauensverhältnis kann nur im jeweiligen konkreten Steuerrechtsverhältnis entstehen (Gersch in Klein, AO, 7. Aufl., § 4 Rz. 16 m.w.N.). Welche Prüfungsfeststellungen der Beklagte bei anderen Unternehmen als der B AG getroffen hat, ist deshalb unerheblich, weil das konkrete Steuerrechtsverhältnis nicht zwischen der Finanzbehörde und dem Konzern sondern zwischen der Finanzbehörde und der einzelnen steuerpflichtigen Gesellschaft besteht.

24

Selbst wenn der Beklagte bei früheren Betriebsprüfungen bei der B AG die Ausgabe atypischer stiller Beteiligungen als nicht steuerbar behandelt haben sollte, lässt sich hieraus kein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben herleiten. Bei Veranlagungssteuern bedeutet die unterschiedliche Behandlung eines gleichartigen Sachverhalts in verschiedenen Veranlagungszeiträumen auch bei einem nachhaltigen früheren Verhalten weder einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz noch einen Verstoß gegen Treu und Glauben (Gersch in Klein, a.a.O., Rz. 19). Im Übrigen hat die Klägerin selbst nicht einmal vorgetragen, dass sie die für die Schutzwürdigkeit nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unentbehrlichen unwiderruflichen Vermögensdispositionen getroffen hat.

25

Die Vorsteuern für Leistungen, die die B AG aufgrund des Marketing-Management und Marketing-Controlling-Vertrages sowie des Werbevertrag bezogen hat, sind gemäß § 15 Abs. 2 UStG in vollem Umfang vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, weil sie zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwandt worden sind.

26

Der Marketing-Management- und Marketing-Controlling-Vertrag besagt in Art. 4 der Präambel ausdrücklich, dass die A AG Leistungen für die Emission von Aktien und stillem Beteiligungskapital, also nach § 4 Nr. 8 Buchstabe f UStG steuerfreie Umsätze, ausführen sollte. Das wird durch die Entgeltregelung in § 4 des Vertrages bestätigt, die sich an den Zeichnungsunterlagen für die stillen Beteiligungen und die Aktiensparprogramme orientiert. Nur soweit die B AG Verträge mit atypisch stillen Gesellschaftern rechtswirksam abgeschlossen oder Aktien ausgegeben hatte, war sie zur Zahlung des Entgelts verpflichtet. Das Entgelt war damit unmittelbar von umsatzsteuerbefreiten Umsätzen abhängig.

27

Dasselbe gilt im Ergebnis für den Werbevertrag. Die Leistungsbeschreibung in § 1 Nr. 2 des Werbevertrages lässt nicht erkennen, inwieweit die von der A AG auszuführenden Leistungen Eingang in steuerfreie Vermietungsumsätze der B AG gefunden haben könnten. Entscheidend ist auch insoweit die Beurteilung durch die Vertragsparteien selbst. Auch die Vergütungsregelung in § 2 Nr. 1 des Werbevertrages sieht einen prozentualen Anteil an den im Rahmen der stillen Beteiligungsverträge und Aktiensparpläne wirksam vereinbarten Vertragssummen vor. Das lässt erkennen, dass die Vertragsparteien von Leistungen für die Ausgabe der stillen Beteiligungen und Aktien ausgegangen sind, weil die Entgeltregelung im Hinblick auf die steuerfreien Vermietungsleistungen der B AG keinen Sinn ergibt.

28

Die nach Abzug der direkt steuerpflichtigen oder steuerfreien Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuern verbleibenden Vorsteuern sind gemäß § 15 Abs. 4 UStG mit einem Anteil von 30,73 v.H. zum Abzug zuzulassen. Hinsichtlich der Vorsteuerberechnung und der Ermittlung des anzuwendenden Aufteilungsmaßstabes wird auf die Berechnung am Ende des Urteils verwiesen. Nach § 15 Abs. 4 UStG ist der Teil der Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Diesen Anteil kann der Unternehmer im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Die von der Klägerin angewandte Schätzung entspricht diesen Voraussetzungen nicht, weil sie nicht sachgerecht ist. Der von der Klägerin angewandte Investitionsschlüssel ist schon deshalb nicht sachgerecht, weil er die Investitionen im unternehmerischen Bereich für steuerpflichtige und steuerfreie Aktivitäten ins Verhältnis zur Summe der Investitionen im unternehmerischen und nichtunternehmerischen Bereich setzt. Weshalb Investitionen für steuerfrei vermietete Grundstücke den abzugsfähigen Vorsteueranteil erhöhen sollen, ist nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus kann der von der Klägerin verwandte Investitionsschlüssel auch nicht anerkannt werden, weil er Investitionen in Höhe von 27.809.498,03 DM (netto) für die Ausgabe atypischer stiller Beteiligungen nicht berücksichtigt.

29

Allerdings stellt auch der vom Beklagten angewandte Umsatzschlüssel keinen den Anforderungen des § 15 Abs. 4 UStG genügenden Aufteilungsmaßstab dar, weil eine allein an der Höhe der Umsätze des Unternehmers orientierte Aufteilung nicht als sachgerechte Schätzung anzusehen ist (Urteil des BFH vom 14. Februar 1980 V R 49/74, BStBl II 1980, 533). Entscheidend ist vielmehr, dass der Aufteilungsmaßstab den in Art. 2 der ersten EG-Richtlinie normierten Grundsatz wahrt, wonach nur der Steuerbetrag abgezogen werden kann, der die verschiedenen Kostenelemente eines besteuerten Umsatzes unmittelbar belastet hat (Urteil des EuGH vom 6. April 1995, Rs BLP, C-4/94, DStR 1995, 232). Grundsätzlich ist deshalb ein an den Investitionen des Unternehmers orientierter Aufteilungsmaßstab sachgerecht. Allerdings scheiden bei der Ermittlung der aufzuteilenden Vorsteuern die Vorsteuern aus, deren zugrundeliegende Leistungen in steuerfreie Umsätze eingegangen sind. Der zutreffende Investitionsschlüssel zur Verteilung der verbleibenden Vorsteuern ergibt sich aus dem Verhältnis der Investitionen des Unternehmers in seinen steuerpflichtigen Umsätzen dienenden Unternehmensbereich zu seinen gesamten steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen dienenden Investitionen. Daraus lassen sich der zutreffende Aufteilungsmaßstab und die anzuerkennenden Vorsteuern wie folgt ableiten:

30

Zutreffender Aufteilungsmaßstab:

Investitionen (Bl. 34 Ust)gesamtsteuerpflichtig
Softwareprogramme23.658,0023.658,00
Immobilien37.824.709,00(53,67 v.H.) 20.300.521,00
Betriebs- und Geschäftsausstattung863.855,00863.855,00
Unternehmensbeteiligungen2.416.912,0021.188.034,00
atypische stille Beteiligungen27.809.498,00
68.938.632,0021.188.034,00
100 v.H.30,73 v.H.
31

Vorsteuerermittlung:

Vorsteuern insgesamt6.838.535,68 DM
./. Vorsteuern Objekt D.37.526,31 DM
./. Vorsteuern Objekt R.639.330,00 DM
./. Vorsteuern auf Ausgabe stiller Beteiligungen4.171.424,70 DM
nicht direkt zurechenbare Vorsteuern1.990.254,67 DM
x 30,73 v.H.611.605,26 DM
+ abzugsfähiger Anteil Objekt D.19.138,41 DM
+ abzugsfähiger Anteil Objekt R.639.330,00 DM
abzugsfähige Vorsteuern insgesamt1.270.073,67 DM.
32

Da der Betrag der anzuerkennenden Vorsteuern niedriger ist als die vom Beklagten anerkannten Vorsteuern, war die Klage abzuweisen.

33

Soweit sich in Rechtsprechung (Beschluss des BFH vom 30.01.2001, V S 24/00, UR 2001, 450) und Literatur (Birkenfeld, UStB 2001, 309) neuerdings wieder Tendenzen in Richtung auf die Anerkennung eines Umsatzschlüssels abzeichnen, kann es der Senat dahingestellt sein lassen, ob dem zu folgen ist. In diesem Fall wäre die Klage abzuweisen, weil der vom Beklagten angewandte Aufteilungsschlüssel zutreffend wäre.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.