Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.10.2001, Az.: 8 K 655/99
Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft als Spekulationsgeschäft
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 23.10.2001
- Aktenzeichen
- 8 K 655/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 22473
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:1023.8K655.99.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 20.04.2004 - AZ: IX R 5/02
Rechtsgrundlage
- § 22 Nr. 2 EStG
Fundstellen
- DStRE 2003, 397-398
- EFG 2003, 317-318
- ErbBstg 2003, 194
- KÖSDI 2003, 13671
- NWB 2003, 189
- ZEV 2003, 340 (amtl. Leitsatz)
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Für das Vorliegen eines Spekulationsgeschäftes ist die "Nämlichkeit" von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut erforderlich.
- 2.
Erwirbt eine Stpfl. aufgrund eines Vorkaufsrechts den Erbanteil ihrer Schwester und wird später ein zum Nachlass gehörendes Grundstück veräußert, so ist ein Spekulationsgeschäft nicht gegeben, weil aufgrund der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht das Grundstück, sondern der Erbanteil der Schwester erworben wurde.
- 3.
Ein solcher Erwerb erfolgt nicht durch Einigung und Eintragung i.S.d. § 873 BGB, sondern bedarf lediglich der notariellen Beurkundung (§ 2033 BGB).
- 4.
Der Erwerb des Erbanteils gilt nicht als Anschaffung des anteiligen Grundstücks gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG.
- 5.
Eine analoge Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG auf derartige Fälle kommt mangels einer ungewillten Regelungslücke nicht in Betracht.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin sonstige Einkünfte im Sinne der §§ 22 Nr. 2, 23 EStG aus der Veräußerung eines Grundstücks erzielt hat.
Die Klägerin und ihre Schwester, B, beerbten ihren am...1995 verstorbenen Vater. Dieser hatte mit Testament vom...1994 (Nr. .. der Urkundenrolle Jahrgang 1994 des Notars N in...) seine beiden Töchter zu Erben je zur Hälfte eingesetzt, und zwar als Vorerben. Nacherbin nach dem Tode von B sollte die Klägerin sein, ersatzweise deren eheliche Kinder ggf. zu gleichen Teilen. Nacherben nach dem Tode der Klägerin sollten deren eheliche Kinder ggf. zu gleichen Teilen sein (§§ 2 und 3 des Testaments). Die Klägerin hat eine, 19.. geborene, Tochter.
Zu dem Nachlass gehörten u.a. mehrere mit Mehrfamilienhäusern bebaute, sowie unbebaute Grundstücke. B schloss am...1995 einen Erbteilsübertragungsvertrag (Nr. .. der Urkundenrolle Jahrgang 1995 des Notars N in ...) mit der in Gründung befindlichen x GmbH. Darin trat sie ihren Erbanteil mit sofortiger dinglicher Wirkung gegen Zahlung eines Kaufpreises von (rund) DM 300.000,-- ab. Die Besitzübergabe erfolgte am...1995. Die x GmbH sollte ferner die von B zu entrichtende Erbschaftsteuer tragen.
Die Klägerin übte durch schriftliche Erklärung vom...1995 ihr Vorkaufsrecht sowohl gegenüber der x GmbH als auch gegenüber ihrer Schwester aus und verlangte die Übertragung des Erbanteiles gegen Erstattung des vereinbarten Kaufpreises und der entstandenen Aufwendungen. Die x GmbH lehnte dies ab, da die Klägerin ihr Vorkaufsrecht nicht fristgerecht ausgeübt habe. Das Landgericht...verurteilte die x GmbH mit Urteil vom...1996 (Aktenzeichen ...), den Erbanteil auf die Klägerin zu übertragen; dies erfolgte mit Vertrag vom ...1996 (Nr. .. der Urkundenrolle für 1996 des Notars B in ...).
Mit Vertrag vom...1996 (Nr. .. der Urkundenrolle des Jahrgangs 1996 des Notars M in...) veräußerte die Klägerin das zum Nachlass gehörende Grundstück in A-Stadt, A-Str..., für rund DM 1.300.000,--. Die Tochter der Klägerin stimmte der Veräußerung zu.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten die Kläger einen Spekulationsgewinn aus der Veräußerung des Grundstücks A-Str. in Höhe von rund DM 24.000,--. Dabei verteilten sie die Anschaffungskosten für den Erbanteil auf die zum Nachlass gehörenden Grundstücke nach dem Verhältnis der Verkehrswerte und legten einen teilentgeltlichen Erwerb durch die Klägerin zu Grunde. Mit Schreiben vom...erläuterten die Kläger, die Klägerin habe durch Ausübung ihres Vorkaufsrechts lediglich den hälftigen Erbanteil ihrer Schwester in deren Stellung als nicht befreite Vorerbin erworben. Nur hinsichtlich dieses entgeltlich erworbenen Teiles liege eine Anschaffung und ein Spekulationsgeschäft vor. Der Erbanteil in seiner Substanz habe der Klägerin schon wegen ihrer Einsetzung als Nacherbin durch das Testament und somit unentgeltlich zugestanden. Dieses finde seinen Niederschlag in dem gegenüber dem Verkehrswert des Grundstücks geringen Kaufpreis von DM 300.000,--.
Im Einkommensteuerbescheid vom...setzte das FA die Einkommensteuer unter Ansatz sonstiger Einkünfte der Klägerin in Höhe von rund DM 550.000,-- fest. Der Klägerin und ihrer Schwester sei durch das Testament das Vermögen zur gesamten Hand als Miterben zu je ae übertragen worden. Über diesen Erbteil könne nach § 2033 Abs. 1 BGB jeder Miterbe verfügen. Die Verfügungsbeschränkung des § 2113 BGB zur Sicherung der Rechte des Nacherben greife nicht ein, weil B nicht einen Grundstücksanteil, sondern ihren Gesamthandsanteil veräußert habe. Deshalb habe die Klägerin durch rechtskräftige Ausübung ihres gesetzlichen Vorkaufsrechts, mit Erbanteilsübertragungsvertrag vom...1996, den von ihrer Schwester veräußerten hälftigen Anteil am Nachlass in vollem Umfang entgeltlich erworben. Durch die Veräußerung des Grundstücks mit Vertrag vom...1996 seien die zeitlichen Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 a) EStG erfüllt.
Im Einspruchsverfahren gegen diesen Bescheid stritten die Beteiligten weiterhin darum, ob die Klägerin den Erbanteil in vollem Umfang entgeltlich oder nur teilentgeltlich erwarb. Die Kläger machten u.a. geltend, mit dem Kaufpreis von DM 300.000,-- habe nur die Möglichkeit der Nutzungen für die Dauer der Vorerbschaft abgegolten werden sollen.
Im Einspruchsbescheid vom...1999 ermäßigte das FA den Spekulationsgewinn unter Berücksichtigung von (zwischen den Beteiligten nicht streitigen) Veräußerungskosten auf rund DM 530.000,-- und setzte die Einkommensteuer entsprechend fest. Im Übrigen wies es den Einspruch zurück. Auf den Einspruchsbescheid wird Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Kläger zunächst ihr bisheriges Vorbringen geltend gemacht haben. Nunmehr vertreten sie die Auffassung, ein Spekulationsgeschäft liege nicht vor, weil die Klägerin nicht das veräußerte Grundstück, sondern einen Erbanteil, zu dem sowohl mehrere Grundstücke als auch Mobilien (Schmuck) gehört hätten, angeschafft habe und die Erbengemeinschaft nicht als Personengesellschaft im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG anzusehen sei. Anders als die Personengesellschaft, die zu einem werbenden Zweck bestehe, sei die Erbengemeinschaft eine Liquidationsgemeinschaft. Auch sei für die Personengesellschaft typisch, dass ihr Bestand von der Zusammensetzung ihrer Mitglieder abhänge. Scheide ein Mitglied der Gesellschaft aus, so werde die gesamte Gesellschaft aufgelöst. Dem entspreche es, dass die Gesellschaftsanteile grundsätzlich unveräußerlich seien. Ganz anders sei dies gemäß § 2033 Abs. 1 BGB bei der Erbengemeinschaft. Im Gegensatz zur Regelung in § 2042 BGB könne der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft auch nicht ohne vorangehende Kündigung die Teilung verlangen (§ 719 Abs. 1, 2. Halbs. BGB).
Die Kläger beantragen,
die sonstigen Einkünfte (Spekulationsgewinn gemäß § 23 EStG) der Klägerin mit 0,00 DM, hilfsweise mit 24.000,00 DM anzusetzen und die Einkommensteuer unter Änderung des Bescheides vom...sowie des Einspruchsbescheides vom...entsprechend herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich des entgeltlichen Erwerbs des Grundstücks hält er an seiner Auffassung fest. Ferner macht er geltend: Die Klägerin habe Einkünfte aus einem Spekulationsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 a) EStG erzielt, weil sie innerhalb der Spekulationsfrist von zwei Jahren - gerechnet ab Ausübung ihres Vorkaufsrechts am...1995 - das erworbene Grundstück veräußert habe. Es sei unerheblich, dass sie das Grundstück durch Erbteilsübertragung angeschafft habe. Die Erbteilsübertragung sei eine Form der Erbauseinandersetzung. Wirtschaftlich betrachtet habe die Klägerin die zum Erbanteil gehörenden Wirtschaftsgüter angeschafft, deren Alleineigentümerin sie nunmehr geworden sei. Der in § 23 Abs. 1 Nr. 1 a) EStG enthaltene Nebensatz "die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen" beziehe sich nur auf Veräußerungen und auf Rechte.
Im Übrigen seien für die Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG Erbengemeinschaften den Personengesellschaften gleichzusetzen. Zwar sei eine Erbengemeinschaft für sich betrachtet keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Personengesellschaft im Steuerrecht umfasse jedoch lediglich üblicherweise privatrechtliche Zusammenschlüsse zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks. Diesen Gesellschaften liege somit steuerrechtlich eine Einkünfteerzielungsabsicht zu Grunde. Die Erbengemeinschaft sei hingegen zunächst eine durch Zufall entstandene oder von einem Außenstehenden (beim Testament) gewollte Vereinigung.
§ 23 EStG weiche jedoch von den Vorschriften zu den Gewinn- und Überschusseinkünften ab. Er sei eine Ausnahmevorschrift zur generellen Nichtsteuerbarkeit von Vermögensgewinnen im Privatbereich und bezwecke, Werterhöhungen aus kurzfristigen Wertdurchgängen eines bestimmten Wirtschaftsgutes im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer zu unterwerfen. Für das Entstehen der Steuerpflicht nach § 23 EStG sei es daher unerheblich, ob der Steuerpflichtige in spekulativer Absicht gehandelt habe.
Wenn zu Zwecken des § 23 EStG aber ausnahmsweise eine Einkünfteerzielungsabsicht nicht erforderlich sei, sei es für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auch nicht erforderlich, dass sich Personen freiwillig zur Erzielung eines Spekulationsgewinnes zusammen schlössen. Für die Ausnahmevorschrift des § 23 EStG müsse daher auch die Erbengemeinschaft ausnahmsweise als Personengesellschaft gelten, denn ohne das für Zwecke des § 23 EStG nicht erforderliche Wesensmerkmal der Einkünfteerzielungsabsicht unterscheide sich die Erbengemeinschaft nicht mehr von einer Personengesellschaft.
Mindestens müsse die sei 1994 bestehende Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG auf Erbengemeinschaften analog angewendet werden. Gegenüber den Personengesellschaften liege eine ungewollte Regelungslücke und eine vergleichbare Sachlage vor. Es gebe keinen ersichtlichen Grund, warum der mit der Ergänzung des § 23 EStG vom Gesetzgeber verfolgte Zweck nur für Personengesellschaften, jedoch nicht für Erbengemeinschaften habe gelten sollen. Der Gesetzgeber habe die Regelung durch das Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz vom 21. Dezember 1993 im Hinblick auf die von der Verwaltungsauffassung abweichende BFH-Entscheidung vom 4. Oktober 1990 (X R 148/88, BStBl. II 1992, S. 211 f.) eingeführt. Er habe im Hinblick auf die Rechtsprechung des BFH, die auf das Bestehen einer Gesamthandsgemeinschaft abgestellt und Personengesellschaften betroffen habe, den unzureichenden Begriff Personengesellschaft übernommen, jedoch die Gesamthandsgemeinschaft gemeint. Für diese Auslegung spreche, dass andernfalls - vom Gesetzgeber nicht gewollte - Umgehungen der Steuerpflicht bei Veräußerung von Grundstücken denkbar seien.
Die Kläger wenden hiergegen ein, eine Regelungslücke liege nicht vor. Während der BFH in den zitierten Urteilen ständig von Gesamthandsgemeinschaften gesprochen habe, habe der Gesetzgeber in § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG nur Personengesellschaften aufgeführt. Er habe damit erkennbar verhindern wollen, dass Spekulationsgewinne aus Grundstücksverkäufen der Besteuerung entzogen würden, indem entsprechende Personengesellschaften gegründet würden. Dagegen habe er die Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften, etwa durch Erwerb von Erbanteilen, nicht erschweren wollen.
Zu berücksichtigen sei, dass die Erbengemeinschaft gerade nicht auf einem freiwilligen Zusammenschluss beruhe, sondern ipso iure entstehe. Anders als es bei der Gründung von Personengesellschaften denkbar sei die Erbengemeinschaft keine Vereinigung zum Ausnutzen von Steuerschlupflöchern, deren Schließung der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG im Auge gehabt habe.
Die Begriffe der Personengesellschaft und der Gesamthandsgemeinschaft seien im Jahr des Einführung des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG bereits durch die Rechtsprechung und die Literatur definiert gewesen. Wenn der Gesetzgeber also wirklich alle Gesamthandsgemeinschaften mit der neuen Regelung habe erfassen wollen, sei anzunehmen, dass er diesen Begriff statt den der Personengesellschaften verwendet hätte, zumal der BFH in dem die Gesetzesinitiative auslösenden Urteil auf die Eigenschaft als Gesamthandsgemeinschaft abgestellt habe. Dem Gesetzgeber werde sicher bewusst gewesen sein, dass auch andere Gesamthandsgemeinschaften als die Personengesellschaften existierten. Die Tatsache, dass er dennoch den Begriff der Personengesellschaften verwendet habe, spreche gegen das Vorliegen einer Regelungslücke. Spekulationsgewinne aus der Anschaffung und Veräußerung von Erbanteilen seien damit nicht der Besteuerung entzogen; sie würden von § 23 Abs. 1 Nr. 1 b) EStG erfasst.
Schließlich verbiete sich eine Analogie zu Lasten der Steuerpflichtigen.
Wegen des weiteren Sachverhalts und Vorbringens wird auf den Inhalt der Steuerakten und der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat mit der Veräußerung des Grundstücks A- Str. kein Spekulationsgeschäft im Sinne von §§ 22 Nr. 2, 23 EStG getätigt.
Sonstige Einkünfte sind gem. § 22 Nr. 2 EStG Einkünfte aus Spekulationsgeschäften im Sinne des § 23 EStG. Spekulationsgeschäfte sind gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung u.a. Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung beträgt: a) bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z.B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht) nicht mehr als zwei Jahre, b) bei anderen Wirtschaftsgütern, insbesondere bei Wertpapieren, nicht mehr als sechs Monate. Die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft gilt gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG auch für Zwecke dieser Vorschrift als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter.
Anders als der Beklagte meint, liegen die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 a) EStG nicht bereits deshalb vor, weil die Klägerin das Grundstück innerhalb von zwei Jahren nach Ausübung ihres Vorkaufsrechtes veräußert hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist für das Vorliegen eines Spekulationsgeschäftes die "Nämlichkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut" erforderlich (vergl. Urteil vom 29. März 1989, X R 4/84, BStBl. II 1989, S. 652 f., Schmidt/Heinicke, Kommentar zum EStG, 19. Aufl., Rdz. 6 zu § 23 EStG). Aufgrund der Ausübung ihres Vorkaufsrechts erwarb die Klägerin nicht das Grundstück in ..., A- Str..., sondern den Erbanteil ihrer Schwester. Dieser Erwerb unterlag nicht den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke, weil er nicht, wie bei Grundstücken gem. § 873 BGB erforderlich, durch Einigung und Eintragung erfolgte, sondern gem. § 2033 BGB lediglich der notariellen Beurkundung bedurfte. Demgemäß ist die Erbteilsübertragung im Vertrag der B mit der x GmbH vom...1995 mit sofortiger dinglicher Wirkung erfolgt und die Vertragsbeteiligten beantragten lediglich die Berichtigung der - durch den Vertrag unrichtig gewordenen - Grundbücher (vgl. auch Palandt, Kommentar zum BGB, 60. Aufl., Rdz. 13 zu § 2033 BGB).
Dass zu dem Erbanteil u.a. das von der Klägerin veräußerte Grundstück gehörte und sie damit wirtschaftlich betrachtet u.a. das - allerdings durch die Einsetzung ihrer Tochter als Nacherbin beschränkte - Alleineigentum an dem Grundstück erlangte, ist unerheblich, weil für die Anwendung des § 23 EStG Abs. 1 Nr. 1 a) EStG nach der ständigen Rechtsprechung des BFH nicht die wirtschaftlichen, sondern die zivilrechtlichen Wertungen maßgeblich sind (vgl. BFH, Urteil vom 4. Oktober 1990, a.a.O. und vom 10. Juli 1996, X R 103/95, BStBl. II 1997, S. 678 f.).
Die Voraussetzungen der Fiktion des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG liegen nicht vor. Der Erwerb des Erbanteils gilt nicht als Anschaffung des anteiligen Grundstücks gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG, weil die Klägerin damit keine Beteiligung an einer Personengesellschaft erworben hat. Personengesellschaften sind u.a. die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gem. §§ 705 ff. BGB, die OHG, die KG, die atypisch stille Gesellschaft und Unterformen dieser Gesellschaften. Sie sind gegenüber der Gemeinschaft gekennzeichnet durch die gegenseitige Verpflichtung der Gesellschafter, einen gemeinsamen Zweck zu fördern (vgl. Palandt, a.a.O., Rdz. 3 zu § 705 BGB). Demgegenüber entsteht die Miterbengemeinschaft kraft Gesetzes durch den Tod des Erblassers unabhängig vom Willen der Miterben und kann nicht vertraglich begründet werden (Palandt, Rdz. 1 vor § 2032 BGB). Sie ist keine Personengesellschaft, sondern lediglich eine (in der Regel auf Liquidation gerichtete) Gesamthandsgemeinschaft. Die Kläger haben ferner zutreffend auf die unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen bei Ausscheiden eines Gesellschafters/Gemeinschafters, zur Veräußerungsfähigkeit der Anteile und hinsichtlich des Anspruchs auf Teilung hingewiesen. Die Erbengemeinschaft kann auch nicht für steuerliche Zwecke wegen der für § 23 EStG nicht erforderlichen Einkunftserzielungsabsicht ausnahmsweise als Personengesellschaft gelten, weil sie nach der - für § 23 EStG maßgeblichen - zivilrechtlichen Wertung keine Personengesellschaft ist.
§ 23 Abs. 1 Satz 2 EStG ist nicht analog anzuwenden. Eine - für die analoge Anwendung erforderliche - ungewollte Regelungslücke kann das Gericht nicht feststellen. Die Kläger haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die Begriffe Personengesellschaft und Gesamthandsgemeinschaft bei der Einführung der Regelung definiert waren und die Verwendung des Begriffs der Personengesellschaft im Gesetz dafür spricht, dass der Gesetzgeber lediglich Umgehungsmöglichkeiten durch die bewusste Gründung von Personengesellschaften verhindern wollte.
Unabhängig davon ist die analoge Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG unzulässig, weil sie zu einer Ausweitung des gesetzlichen Steuertatbestandes führen würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des BFH dürfen im Wege der Rechtsfortbildung über den möglichen Wortsinn des Gesetzes hinaus keine Steuertatbestände ausgeweitet und keine neuen Steuertatbestände geschaffen werden (vgl. Tipke/Kruse, Kommentar zur AO, Rdz. 360 zu § 4 AO mit Nachweisen). Der Begriff der Personengesellschaft hat nach seinem Wortsinn einen anderen Inhalt als der der Gesamthandsgemeinschaft. Eine analoge Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG würde deshalb zu einer unzulässigen Ausweitung des gesetzlichen Steuertatbestandes führen.
Schließlich liegt auch kein Spekulationsgeschäft gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 b) EStG vor, weil die Klägerin das Grundstück nicht innerhalb von sechs Monaten seit Ausübung ihres Vorkaufsrechtes veräußert hat. Für die Berechnung der Spekulationsfrist kommt es auf die schuldrechtlichen Verhältnisse, nicht auf deren Erfüllung an (vgl. Schmidt/Heinicke, a.a.O., Rdz. 17 zu § 23 EStG mit Nachweisen und BFH, Urteil vom 2. Februar 1982, VIII R 3/79, BStBl. II 1982, S. 459 ff.). Als Beginn der Spekulationsfrist ist deshalb der...1995 - Datum der Ausübung des Vorkaufsrechtes durch die Klägerin - anzusetzen. Die Klägerin hat das Grundstück nicht innerhalb von sechs Monaten, sondern mit Vertrag vom...1996 veräußert.
Berechnung:
zu versteuerndes Einkommen lt. Einspruchsbescheid: | DM |
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./. sonstige Einkünfte | DM |
zu versteuerndes Einkommen neu: | DM |
festzusetzende Einkommensteuer (Splitting-Tabelle) neu: | DM |
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.