Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.10.2001, Az.: 15 K 176/98

Betriebliche Veranlassung von Aufwendungen eines Landwirts für eine Dacherneuerung eines von seinem Vater gepachteten Wirtschaftsgebäudes bei Verpflichtung zur entschädigungslosen Übernahme von Reparaturkosten

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
23.10.2001
Aktenzeichen
15 K 176/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 14643
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2001:1023.15K176.98.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 13.05.2004 - AZ: IV R 1/02

Fundstellen

  • DB (Beilage) 2003, 21 (amtl. Leitsatz)
  • DStRE 2002, 668-670 (Volltext mit amtl. LS)
  • EFG 2002, 448-449
  • KÖSDI 2002, 13301-13302

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger als Pächter eines landwirtschaftlichen Betriebes Abschreibungen von Spargelanlagen und Aufwendungen für die Dacherneuerung eines landwirtschaftlichen Gebäudes als Betriebsausgaben abziehen kann.

2

Der Kläger schloss mit seinem Vater am 2. Februar 1990 einen Erbvertrag über den im Grundbuch von A. verzeichneten Hof ... ; es handelt sich dabei um einen Hof im Sinne der Höfeordnung. In diesem Vertrag wurde der Kläger von seinem Vater zum Hoferben eingesetzt (...).

3

Am 8. Juni 1990 schlossen der Kläger und sein Vater einen Pachtvertrag über den Hof in A. in Gestalt einer sog. eisernen Verpachtung. Der Pachtzins betrug 60.000,00 DM jährlich. In § 4 Abs. 2 des Pachtvertrages verpflichtete sich der Pächter, den Betrieb ordnungsmäßig zu bewirtschaften und die gewöhnlichen Ausbesserungen der Gebäude, Anlagen und Einrichtungen sowie der Wege, Gräben, Einfriedungen und Drainagen auf seine Kosten durchzuführen, solange sie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten durch laufende Ausbesserungen erhalten werden können. Wegen der Einzelheiten des Pachtvertrages wird auf Bl. 9 bis 11 der Bp-Arbeitsakte Bezug genommen.

4

Am 1. Juli 1991 vereinbarten die Vertragsparteien einen Nachtrag zu dem Pachtvertrag, wonach die Erhaltung und Bewirtschaftung des gepachteten Hofes im Hinblick auf die erbvertragliche Regelung auch Großreparaturen beinhaltet, die über die gewöhnlichen Ausbesserungen nach § 4 Abs. 2 des Pachtvertrages hinaus gingen. Der Pächter "verzichtete" insoweit auf einen Aufwendungsersatz nach § 547 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (...).

5

Am 30. Dezember 1995 übertrug der Vater des Klägers seinen Hof mit dem landwirtschaftlichen Betrieb und allen gesetzlichen Bestandteilen auf den Kläger (...).

6

Der Kläger war gem. § 141 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) verpflichtet, für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb Bücher zu führen.

7

In den Wirtschaftsjahren 1990/91 bis 1993/94 nahm der Kläger jährlich in Höhe von 3.580 DM Abschreibungen von drei Spargelanlagen (Inventarverzeichnis Nr. 010 bis 012) vor, die der Verpächter 1982, 1986 und 1989 angelegt hatte, (vgl. hierzu Anlage 3 des Außenprüfungsberichtes - Bl. 151f Bp-Arbeitsakte).

8

Ferner ließ der Kläger das Dach eines Wirtschaftsgebäudes neu eindecken. Die Kosten hierfür betrugen im Wirtschaftsjahr 1992/93 41.886,00 DM und im Wirtschaftsjahr 1993/94 (nach Abzug eines Zuschusses der Bezirksregierung in Höhe von 19.770 DM) 9.817,00 DM. Er behandelte diese Kosten im Rahmen seiner Gewinnermittlung als sofort abzugsfähige Reparaturaufwendungen.

9

In engem zeitlichem Zusammenhang mit der Dachreparatur schuf der Kläger im Dachgeschoss Unterkünfte für Saison-Arbeitskräfte, die im Spargelanbau tätig sind.

10

Das FA legte den Einkommensteuerbescheiden 1990 bis 1993 die vom Kläger abgegebenen Einkommensteuererklärungen zugrunde. Die Einkommensteuerbescheide ergingen nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

11

Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 30. August 1995 führte das FA ... in der Zeit vom 17. Oktober bis 9. November 1995 eine Außenprüfung durch. Dabei gelangte der Außenprüfer zu der Auffassung, dass die Abschreibungen für die Spargelanlagen dem Verpächter zuzurechnen seien, weil sie als wesentliche Bestandteile des Grund und Bodens nicht zum eisernen Inventar gehören würden. Die Aufwendungen für das Dach erkannte er nicht als abzugsfähige Betriebsausgaben an, da der Kläger auf einen Aufwendungsersatzanspruch verzichtet habe und deshalb nicht abziehbare Zuwendungen an den Vater vorlägen.

12

Das FA erteilte im Anschluss an die Außenprüfung am 10. Juli 1996 gem. § 164 Abs. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 1990 bis 1993, denen es die Feststellungen des Außenprüfers zugrunde legte.

13

Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage. Zu deren Begründung trägt der Kläger vor:

14

Die Aufwendungen für die Dachreparatur seien anzuerkennen, weil der Kläger aufgrund des Erbvertrages als wirtschaftlicher Eigentümer der renovierten Gebäude anzusehen sei. Er hätte sich auf den Verzicht des Aufwendungsersatzanspruches nach § 547 BGB nicht eingelassen, wenn er nicht bereits zu diesem Zeitpunkt durch Erbvertrag als Erbe bestimmt gewesen sei. Er habe diese Maßnahme auch aus eigenbetrieblichem Interesse getroffen, nicht etwa, um seinem Vater eine unentgeltliche Zuwendung zu gewähren. Die bauliche Maßnahme sei notwendig gewesen, um dieses Gebäude an zentraler Stelle des landwirtschaftlichen Betriebes einer vernünftigen wirtschaftlichen Nutzung zuzuführen. Denn diese Baumaßnahme habe zu einer Verbesserung der Vermarktungssituation der eigenen Spargelernte beigetragen. Im übrigen sei die Neueindeckung des Daches notwendig gewesen, um die neuen Unterkünfte für die Saisonarbeitskräfte zu schaffen, die direkt unter dem Dach entstanden seien.

15

Ebenso seien ihm die Abschreibungen für die Spargelanlagen zu gewähren. Es handele sich um Betriebsvorrichtungen, die als bewegliche Wirtschaftsgüter anzusehen seien und nicht als wesentliche Bestandteile des Grund und Bodens. Bei derartigen Wirtschaftsgütern sei im Rahmen einer eisernen Verpachtung die Abschreibung aus Vereinfachungsgründen dem Pächter zuzurechnen.

16

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide 1990 und 1991 vom 14. November 2000 und die Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 19. Februar 1998 dahingehend zu ändern, dass für das Wirtschaftsjahr 1992/93 Reparaturaufwendungen von 41.846,00 DM, für das Wirtschaftsjahr 1993/94 Reparaturaufwendungen von 9.817,00 DM, sowie für die Wirtschaftsjahre 1990/91, 1991/92, 1992/93, 1993/94 Absetzungen für die übernommenen Spargelanlagen in Höhe von jährlich jeweils 3.580,00 DM abgezogen werden.

17

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

18

Bei den Aufwendungen für das Dach handele es sich nicht um Betriebsausgaben, da der Kläger gegenüber dem Verpächter auf einen Aufwendungsersatzanspruch verzichtet habe. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes - BFH - (Urteil vom 28. Juli 1994 IV R 89/93, BFH/NV 1995, 379) seien die Aufwendungen deshalb als nicht abziehbare Zuwendungen an seinen Vater anzusehen.

19

Eine Abzugsberechtigung des Kläger ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums. Eine vom bürgerlichen Recht abweichende Zurechnung komme nur in Betracht, wenn ein anderer als der rechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft ausübe und den nach bürgerlichem Recht Berechtigten auf Dauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen könne. Der Kläger habe jedoch weder aufgrund des Pachtvertrages noch aufgrund des Erbvertrages seinen Vater als bürgerlich-rechtlichen Eigentümer von der Einwirkung auf das Gebäude ausschließen können.

20

Die Spargelanlagen könnten als wesentliche Bestandteile des Grundstücks nach § 93 BGB nicht Gegenstand besonderer Rechte sein und gehörten deshalb nicht zum eisernen Inventar im Sinne des § 582 a BGB. Dementsprechend sei der Kläger nicht AfA-berechtigt.

21

Der Beklagte hat am 14. November 2000 die Einkommensteuerbescheide 1990 und 1991 geändert. Die Kläger haben am 17. November 2000 beantragt, die geänderten Einkommensteuerbescheide gemäß § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.

Gründe

22

Die Klage ist teilweise begründet. Zu Unrecht hat das FA im Wirtschaftsjahr 1992/93 Aufwendungen in Höhe von 41.846,00 DM und im Wirtschaftsjahr 1993/94 Aufwendungen in Höhe von 9.817,00 DM für die Dacherneuerung nicht als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben berücksichtigt. Im übrigen ist die Klage unbegründet.

23

1.

Der Kläger kann den Wertverzehr für die von ihm gepachteten und von dem Verpächter angelegten Anlagen des Spargelanbaues bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nicht gewinnmindernd berücksichtigen.

24

Die mit der Klage geltend gemachten Abschreibungen (oder in gleicher Höhe zu passivierende Rückstellungen für Substanzerhaltungsverpflichtungen des Pächters; vgl. Schmidt-Seeger EStG 20. Aufl. 2001 § 13 Rn. 37 f, BFH Urteil vom 28.05.1998 IV R 31/97, BFHE 186, 263, BStBl II 2000, 286) setzen voraus, dass die Anlagen des Spargelanbaues zu seinem Betriebsvermögen gehört hätten. Das war aber nicht der Fall, da der Kläger in den Streitjahren weder bürgerlich-rechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer der Spargelanlagen war.

25

Bürgerlich-rechtlicher Eigentümer der Spargelanlagen war der Vater des Klägers als Eigentümer der landwirtschaftlichen Grundstücke. Denn die Spargelanlagen gehörten als wesentliche Bestandteile des Grund und Bodens nicht zu dem eisernen Inventar, dass dem Kläger zu Pachtbeginn von seinem Vater als Verpächter übergeben worden ist.

26

Nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden festverbundenen Sachen, also auch die Anlagen des Spargelanbaus. Da wesentliche Bestandteile gem. § 93 BGB nicht Gegenstand besonderer Rechte sein können, gehören sie nicht zum Inventar i.S.d. § 582 a BGB (vgl. Schmidt-Seeger EStG § 13 Rn. 37f, BFH Urteil vom 28.05.1998 IV R 31/97, BFHE 186, 263, BStBl II 2000, 286).

27

Eine vom bürgerlich-rechtlichen Eigentum abweichende Zuordnung der Spargelanlagen ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums nach § 39 AO. Wirtschaftlicher Eigentümer ist nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO derjenige, der die tatsächliche Herrschaftsgewalt über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Eigentum wirtschaftlich ausschließen kann. Dies wird angenommen, wenn der Herausgabeanspruch des Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat (BFH-Urteil vom 01.10.1997 X R 91/94, BFHE 184, 179, BStBl II 1998, 203 m.w.N.).

28

Der Kläger konnte jedoch seinen Vater in den Streitjahren weder aufgrund des Pachtvertrages noch aufgrund des Erbvertrages von der Einwirkung auf die landwirtschaftlichen Grundstücke ausschließen. Insbesondere war er durch den Erbvertrag nicht daran gehindert, über die Grundstücke durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen. Auch der Pachtvertrag war nur befristet abgeschlossen und keineswegs unkündbar.

29

Da der Kläger den Herstellungsaufwand für die Spargelanlagen nicht selbst getragen hat, ergibt sich die AfA-Berechtigung des Kläger auch nicht aus dem für alle Einkunftsarten geltenden Nettoprinzip, aufgrund dessen eigener Aufwand, der für Zwecke der Einkunftserzielung getätigt wurde, grundsätzlich als Betriebsausgaben oder als Werbungskosten abzugsfähig ist (BFH Beschluss des Großen Senats vom 30.01.1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281).

30

2.

Die Aufwendungen des Klägers für die Dacherneuerung in Höhe von 41.846,00 DM im Wirtschaftsjahr 1992/93 und in Höhe von 9.817,00 DM im Wirtschaftsjahr 1993/94 sind in vollem Umfang als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu berücksichtigen.

31

Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Die Aufwendungen des Klägers für die Dacherneuerung sind in diesem Sinne durch den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers veranlasst. Denn die Aufwendungen sind für das vom Kläger ausschließlich betrieblich genutzte Wirtschaftgebäude aufgewendet worden.

32

Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger weder Eigentümer des Wirtschaftsgebäudes war, noch dass er sich am 1. Juli 1991 in einem Nachtrag zu dem Pachtvertrag zur entschädigungslosen Übernahme größerer Reparaturen verpflichtet hatte.

33

Denn das allen Einkunftsarten zugrundeliegende Nettoprinzip, nach dem die erwerbssichernden Aufwendungen von den steuerpflichtigen Einnahmen abgezogen werden, gebietet grundsätzlich den Abzug der vom Steuerpflichtigen zur Einkunftserzielung getätigten Aufwendungen auch dann, wenn diese Aufwendungen auf in fremdem Eigentum stehende Wirtschaftsgüter erbracht werden (BFH Beschluss des Großen Senats vom 30.01.1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281). Daher hat der Große Senat den Betriebsausgabenabzug von AfA auf ein Gebäude zugelassen, dessen Miteigentümer der Ehegatte des Steuerpflichtigen war. Nicht entscheidungserheblich war für den Großen Senat, ob dem Steuerpflichtigen ein nicht geltend gemachter zivilrechtlicher Erstattungsanspruch gegen seinen Ehegatten zustand. Der Große Senat sah die AfA-Beträge unabhängig hiervon als betrieblich veranlaßt an (BFH Beschluss des Großen Senats vom 30.01.1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281). Für den Abzug der nutzungsbezogenen laufenden Gebäudeaufwendungen gelten dieselben Grundsätze (BFH Beschluss des Großen Senats vom 23.08.1999 GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782).

34

Allerdings hatte der BFH in früheren Entscheidungen teilweise eine abweichende Auffassung vertreten. Nach dieser Rechtsprechung gehörten zwar Aufwendungen, die durch die Nutzung fremder Wirtschaftsgüter für eigene betriebliche Zwecke veranlaßt sind, grundsätzlich zu den Betriebsausgaben. In Fällen, in denen der Eigentümer eines fremden Wirtschaftsgutes ein naher Angehöriger war, hatte der BFH jedoch eine private Veranlassung (§ 12 EStG) angenommen, wenn ein Erstattungsanspruch bestand und nicht geltend gemacht wurde (BFH-Urteile vom 14.11.1989 IX R 110/85, BFHE 159, 442, BStBl II 1990, 462; vom 05.09.1991 IV R 40/90, BFHE 165, 512, BStBl II 1992, 192, und vom 28.07.1994 IV R 89/93, BFH/NV 1995, 379).

35

Der BFH hatte seine Auffassung im wesentlichen damit begründet, dass größere Aufwendungen wie insbesondere notwendige Reparaturen, die die Substanz des Gebäudes betreffen, immer auch im Interesse des Verpächters getätigt würden. Bei Übernahme solcher Aufwendungen erfülle der Pächter eine dem Verpächter obliegende Erhaltungsverpflichtung mit der Folge, dass ihm ein Aufwendungsersatzanspruch erwachse. Werde ein solcher Erstattungsanspruch von vorneherein nicht geltend gemacht, so rechtfertige dies jedenfalls in Fällen, in denen außerbetriebliche Beziehungen zum Eigentümer bestehen, die als Grund für die Kostenübernahme in Betracht kämen, die Schlussfolgerung, die Aufwendungen seien nicht betrieblich veranlasst (BFH Urteil vom 28.07.1994 IV R 89/93, BFH/NV 1995, 379). Nach dieser Rechtsprechung wären die Aufwendungen für die Dacherneuerung nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig, da die vom Kläger am 1. Juli 1991 eingegangene Vepflichtung, abweichend vom ursprünglich geschlossenen Pachtvertrag größere Reparaturen ohne jeden finanziellen Ausgleich und unter Ausschluss künftiger Aufwendungsersatzansprüche zu übernehmen, im Ergebnis dem Verzicht eines schon entstandenen Aufwendungsersatzanspruches entspricht.

36

Diese Rechtsprechung ist aber nach Auffassung des erkennenden Senates durch den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 30.01.1995 GrS 4/92 (BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281) überholt (vgl. BFH Urteil vom 15.05.1996 X R 99/92, BFH/NV 1996, 891). Der Senat vertritt deshalb die Ansicht, dass immer dann, wenn das eigenbetriebliche Interesse eines Steuerpflichtigen an der Nutzung des fremden Wirtschaftsgutes maßgeblich für die Übernahme des Aufwandes war, die Ausgaben als Betriebsausgaben abgezogen werden können (vgl. BFH Beschluss des Großen Senats vom 23.08.1999 GrS 2/97 BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 zu V. 2. a).

37

Diese Voraussetzung liegt im Streitfall vor. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass das alte Dach schadhaft war und dass eine Reparatur des Daches oder eine Neueindeckung Voraussetzung für die Schaffung neuer Unterkünfte für die Saisonarbeitskräfte im Dachgeschoss war. Deshalb sind die Aufwendungen für die Neueindeckung des ausschließlich betrieblich genutzten Wirtschaftsgebäude im eigenbetrieblichen Interesse des Klägers an der Nutzung des Gebäudes erfolgt.

38

Die betriebliche Veranlassung der Aufwendungen entfällt auch nicht dadurch, dass der Vater des Klägers als Eigentümer und Verpächter durch die entschädigungslosen Übernahme des Aufwandes durch den Kläger auch einen wirtschaftlichen Vorteil dergestalt erhalten hat, dass er von der ihm an sich obliegenden Instandhaltungsverpflichtung freigestellt war und im Falle einer durchaus denkbaren Beendigung des Pachtvertrages ein wertvolleres Gebäude zurückerhalten hätte. Denn dieser Umstand war nach Überzeugung des erkennenden Senats für die Entscheidung des Klägers, das Dach erneuern zu lassen, ohne Bedeutung.

39

Bei den Aufwendungen handelt es sich auch um sofort abzugsfähige Betriebsausgaben. Denn der Kläger hat kein neues aktivierungspflichtiges Wirtschaftgut hergestellt.

40

Einen Aufwendungsersatzanspruch, der zu aktivieren wäre, hat er wegen der Vereinbarung vom 1. Juli 1991 nicht erlangt.

41

Das neugedeckte Dach ist auch nicht als sog. Mieter- bzw. Pächtereinbau zu aktivieren. Denn die Aktivierung von Mietereinbauten setzt - unabhängig von den weiteren Voraussetzungen - voraus, dass es sich bei dem Aufwand um Herstellungskosten, nicht um Erhaltungsaufwand handelt (BFH Urteil vom 21.02.1978 VIII R 148/73 BFHE 124, 454, BStBl 1978, 345). Bei der Neueindeckung des Daches handelt es sich aber nicht um Herstellungskosten i.S.d. § 255 Handelsgesetzbuch, sondern um typischen Erhaltungsaufwand, weil ein Gebäudeelement ersetzt wurde, das regelmäßig eine kürzere Nutzungsdauer als das Wirtschaftsgebäude selbst hat und das instandgesetzt wurde, um dessen Gebrauchswert zu erhalten.

42

3.

Danach ergibt sich folgende Neuberechnung der Einkommensteuer für die Veranlagungszeiträume 1992 und 1993: ...

43

4.

Nebenentscheidungen

44

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

45

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 151, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.