Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.10.2001, Az.: 1 K 61/00
Fehlerbeseitigende Wertfortschreibung auf den Beginn des Kalenderjahres, in dem der konkrete Fehler dem Finanzamt angezeigt wurde; Abschlag wegen Landschaftsschutz bei Gestattung der bisherigen Nutzung durch Landschaftsschutzverordnung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 16.10.2001
- Aktenzeichen
- 1 K 61/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 14616
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:1016.1K61.00.0A
Rechtsgrundlage
- § 22 Abs. 4 Nr. 2 BewG
Fundstelle
- EFG 2002, 177-178
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob der Einheitswert für die Stückländerei des Klägers zu mindern ist, weil die Grundstücksflächen in einem Landschaftsschutzgebiet liegen.
Mit Einheitswertbescheid auf den 01.01.1994 wurde gegenüber dem Kläger für die Stückländerei in I. ein Einheitswert in Höhe von 2.600,00 DM festgestellt. Vermögensart war land- und forstwirtschaftliches Vermögen; der Beklagte ging von einer Gesamtfläche von 2 ha, 12 ar und 86 qm aus.
Mit notariellem Vertrag vom 21. Dezember 1995 übertrug der Vater des Klägers, Herr ..., mehrere Flurstücke auf seinen Sohn, und zwar landwirtschaftliche Flächen (Grünland und Ackerland), forstwirtschaftliche Flächen sowie eine Weihnachtsbaumkultur. Er behielt sich jedoch ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht vor und ließ eine Rückauflassungsvormerkung eintragen. Der Beklagte erließ daraufhin einen Wertfortschreibungsbescheid auf den 01.01.1996, in dem auf der Grundlage einer Fläche von nunmehr 22 ha, 14 ar und 41 qm der Einheitswert auf 34.400,00 DM festgestellt wurde. Ein Teil der bewerteten Flächen liegt in einem Landschaftsschutzgebiet.
In der entsprechenden Verordnung zum Schutz des Landschaftsteiles ... vom 07.07.1998 werden unter § 3 Abs. 1 verschiedene Verbote ausgesprochen. So ist es u.a. untersagt, in dem geschützten Gebiet bauliche Anlagen zu errichten, die Oberflächengestalt zu verändern, Baumschul- oder Weihnachtsbaumkulturen anzulegen oder die in der als Anlage zu der Verordnung beigefügten Karte gesondert gekennzeichneten Flächen in Ackerland umzuwandeln oder aufzuforsten. Nach § 5 Abs. 1 der Verordnung ist von den Verboten des § 3 Abs. 1 die bisherige rechtmäßige Nutzung sowie eine Nutzung, auf deren Ausübung bei Inkrafttreten der Verordnung ein durch behördliche Zulassung begründeter Anspruch bestand, freigestellt.
Gegen den Einheitswertbescheid auf den 01.01.1996 legte der Kläger Einspruch ein; der Einspruch und die nachfolgende Klage gegen diesen Einheitswertbescheid blieben aus formellen Gründen ohne Erfolg.
Nachdem ein erster Antrag auf Wertfortschreibung vom 21. Dezember 1998 durch Einspruchsbescheid zurückgewiesen worden war, stellte der Kläger mit Schreiben vom 15. November 1999 bei dem Beklagten wiederum einen Antrag auf fehlerbeseitigende Wertfortschreibung auf den 01.01.1999, mit dem er begehrte, wegen Nutzungseinschränkungen durch den Landschaftsschutz einen niedrigeren Einheitswert festzustellen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 20. Dezember 1999 ab. Der dagegen gerichtete Einspruch wurde mit Einspruchsbescheid vom 8. Februar 2000 zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 9. Februar 2000 wies der Kläger darauf hin, dass der Beklagte die von seinem Vater erworbenen Flächen trotz des fortbestehenden Nießbrauchsrechts ihm zugerechnet hatte. Dieses sei unzutreffend. Daraufhin erließ der Beklagte mit Datum vom 31. August 2000 einen Wertfortschreibungsbescheid auf den 01.01.2000, der - wie der Einheitswertbescheid auf den 01.01.1994 - von einer Fläche von 2 ha, 12 ar und 86 qm ausging. Der Einheitswert wurde wieder auf 2.600,00 DM festgestellt.
Mit der gegen die Ablehnung einer Wertfortschreibung auf den 01.01.1999 gerichteten Klage rügt der Kläger, dass bei der Höhe des Einheitswertes die Auflagen des Landschaftsschutzes berücksichtigt werden müßten, die die natürlichen Ertragsbedingungen einschränken würden. Eine vergleichbare Bewirtschaftung wie bei Flächen, die nicht den Bedingungen des Landschaftsschutzes unterliegen, sei nicht möglich. Der Kläger verweist beispielhaft auf eine Verfügung des Landkreises ... vom 15. Januar 1985, durch die er aufgefordert wurde, als Ersatz für vorgenommene Gehölzbeseitigungen diverse Anpflanzungen vorzunehmen sowie die Kunststoffbänder eines Weidezaunes zu beseitigen. Dies zeige, in welchem Umfang die Nutzung seines Eigentums beeinträchtigt werde. Der Vergleichswert sei deshalb auf 480,00 DM zu ermäßigen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den ablehnenden Bescheid vom 20. Dezember 1999 und den Einspruchsbescheid vom 8. Februar 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Einheitswert für seine Stückländereien in I. auf den 01.01.1999 unter Berücksichtigung einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 2,1286 ha und eines Vergleichswertes von 480,00 DM für die landwirtschaftliche Nutzung fortzuschreiben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bleibe unter Berücksichtigung der Auflagen des Landschaftsschutzes eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Flächen möglich, gebe es keine Auswirkungen auf den Einheitswert, weil es zu keiner Ertragsminderung komme. Überschreite hingegen die Beschränkung der Nutzungsrechte die Grenzen der Sozialbindung des Eigentums, so stehe dem Eigentümer eine Entschädigung in Geld zu. Auch in diesem Falle komme es zu keiner Minderung des Einheitswertes, weil die Entschädigung als Ertrag berücksichtigt werden müßte. Es sei im übrigen nicht ersichtlich, wie der Kläger den Vergleichswert von 480,00 DM ermittelt habe.
Wegen weiterer Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Parteivorbringen wird auf die Verwaltungsvorgänge und die Klageakte verwiesen.
Gründe
Die Klage ist nicht begründet.
1.
Die von dem Vater unter Nießbrauchsvorbehalt hinzuerworbenen Flächen sind dem Kläger auf den Stichtag des 01.01.1999 noch zuzurechnen.
a)
Gem. § 22 Abs. 3 Bewertungsgesetz (BewG) findet eine Fortschreibung auch zur Beseitigung eines Fehlers der letzten Fortschreibung statt. Dabei ist nach § 22 Abs. 4 Nr. 2 Bewertungsgesetz (BewG) Fortschreibungszeitpunkt der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird.
Der Kläger hat erstmals mit Schriftsatz vom 9. Februar 2000 gegenüber dem Beklagten geltend gemacht, dass infolge des Nießbrauchsvorbehalts des Vaters ein Teil der Flächen nicht zu erfassen sei. Dieses Argument hat er zuvor weder in dem Einspruchs- und Klageverfahren wegen Einheitsbewertung auf den 01.01.1996, noch in den beiden Verfahren, in denen er eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung wegen der Auflagen des Landschaftsschutzes begehrte, vorgetragen. Da § 22 Abs. 4 Nr. 2 BewG nach seinem Wortlaut darauf abstellt, dass "der" Fehler dem Finanzamt "bekannt" wird, genügt es nicht, dass der Steuerpflichtige - etwa durch einen zunächst nicht begründeten Antrag - zu erkennen gibt, mit dem festgestellten Einheitswert nicht einverstanden zu sein, ohne den Fehler präzise zu bezeichnen. In diesem Falle würde der Fehler dem Finanzamt noch nicht bekannt. Vielmehr muß der Steuerpflichtige dem Finanzamt den konkreten Mangel der bisherigen Einheitsbewertung anzeigen. Da das der Kläger hinsichtlich des Nießbrauchsvorbehalts erst im Jahre 2000 getan hat, ist zutreffender Fortschreibungszeitpunkt deshalb der 01.01.2000.
b)
Der Einheitswert kann auch nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) auf einen früheren Zeitpunkt geändert werden. Diese Vorschrift sieht vor, dass Steuerbescheide dann zu ändern sind, wenn der Finanzbehörde Tatsachen und Beweismittel nachträglich bekanntwerden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekanntwerden. Der Kläger hätte im Streitfall den Einwand, dass aufgrund des lebenslänglichen Nießbrauchsrechts des Vaters und des Rückauflassungsvorbehalts jener der wirtschaftliche Eigentümer sei und deshalb ihm die hinzuerworbenen Flächen zugerechnet werden müßten, bereits im Verfahren zur Wertfortschreibung auf den 01.01.1996 vorbringen können. Damit traf ihn grobes Verschulden im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO an dem verspäteten Bekanntwerden einer neuen Tatsache; die Änderung nach diesem Änderungstatbestand ist deshalb ausgeschlossen.
2.
Vom festgestellten Einheitswert kann kein Abschlag wegen Auflagen des Landschaftsschutzes vorgenommen werden. Nach § 36 Abs. 1 BewG ist bei der Bewertung land- und forstwirtschaftlicher Flächen der Ertragswert zugrunde zu legen. Zwar ist von dem aus dem Ertragswert abgeleiteten Vergleichswert (§ 40 Abs. 1 BewG) gem. § 41 Abs. 1 Nr. 1 BewG ein Abschlag zu machen, soweit die tatsächlichen Verhältnisse bei einer Nutzung oder einem Nutzungsteil von den bei der Bewertung unterstellten regelmäßigen Verhältnissen der Gegend um mehr als 20 vom Hundert abweichen. Die Voraussetzungen für einen Abschlag liegen im Streitfall jedoch nicht vor. Denn nach § 5 Abs. 1 der Landschaftsschutzverordnung ist die bisherige Nutzung der Flächen weiterhin gestattet. Nur diese ist aber Grundlage der Bewertung. Dass dem Kläger untersagt wird, die Flächen umzuwandeln und etwa als Ackerland oder als Weihnachtsbaumkultur zu nutzen, ist unerheblich, da nur die konkrete bisherige Nutzungsart, nicht aber potentielle alternative Nutzungsmöglichkeiten bewertet werden. Ebensowenig hat es Einfluß auf den Ertragswert der Flächen, wenn dem Kläger untersagt wird, die vorhandenen Gehölze zu beseitigen oder eine bestimmte Art der Umzäunung anzubringen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).