Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.09.2004, Az.: 11 K 19/04

Anspruch gegen das Finanzamt auf Aufhebung von Kapitalertragsteueranmeldungen; Verpflichtung zum Einbehalt und zur Abführung der Kapitalertragsteuer; Steuerliche Folgen einer Unwirksamkeit von Anlageverträgen; Frage einer Kapitalsteuerpflichtigkeit von Zahlungen an die Anleger; Folgen von Ausschüttungen auf eine stille Beteiligung an einer Gesellschaft; Steuerliche Behandlung von Zinszahlungen bei Bankgeschäften; Begründung der Kreditinstitutseigenschaft eines Unternehmens

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
30.09.2004
Aktenzeichen
11 K 19/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 20685
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2004:0930.11K19.04.0A

Fundstelle

  • EFG 2005, 203-205 (amtl. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand

Kapitalertragsteuer-Anmeldungen

Redaktioneller Leitsatz

Das Fehlen der aufsichtsrechtlichen Genehmigung nach dem Kreditwesengesetz (KWG) steht der Qualifikation eines Unternehmens als Kreditinstitut nicht entgegen. Das Vorliegen einer derartigen Erlaubnis begründet die Kreditinstitutseigenschaft eines Unternehmens nicht; hierfür ist allein die Erfüllung der Merkmale des § 1 Abs. 1 KWG maßgebend.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der Firma A.-Vertrieb GmbH & Co. KG (Gemeinschuldnerin). Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte (das Finanzamt) verpflichtet ist, Kapitalertragsteueranmeldungen aus den Jahren 1995 bis 1998 ersatzlos aufzuheben.

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Die Gemeinschuldnerin schloss im Zeitraum 1994 bis 1997 mit ca. 380 Kapitalanlegern Beteiligungsverträge ab. Auf der Grundlage der verwendeten Vertragsformulare "Gesellschaftsvertrag einer stillen Beteiligung" stellten die Anleger als "stille Gesellschafter" der Gemeinschuldnerin Anlagegelder für einen festen Zeitraum von 20 Jahren zur Verfügung. Die Gemeinschuldnerin verpflichtetet sich zur Zahlung von Zinsen und Gewinnanteilen. Eine Verlustbeteiligung der Anleger war ausgeschlossen. Diese Verträge wurden unstreitig zunächst durchgeführt. Die Gemeinschuldnerin zahlte an die Anleger die jeweils fälligen Beträge unter Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag aus. Die Kapitalertragsteuer wurde nach entsprechender Anmeldung an das Finanzamt abgeführt.

3

Im Jahr 1997 überprüfte das damalige Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (heute: Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht - BaFin -) die Tätigkeit der Gemeinschuldnerin. Als Ergebnis dieser Prüfung stellte das Bundesaufsichtsamt fest, dass die als stille Beteiligungen bezeichneten Verträge mit den jeweiligen Anlegern rechtlich nicht als stille Beteiligungen, sondern als Einlagengeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Kreditwesengesetzes (KWG) zu qualifizieren seien. Für derartige Einlagengeschäfte bedurfte die Gemeinschuldnerin einer aufsichtsrechtlichen Genehmigung nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG. Die Gemeinschuldnerin besaß eine solche Genehmigung nicht und konnte sie auch nicht erhalten.

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Das Bundesaufsichtsamt erließ daher am 27.01.1998 nach § 37 KWG eine sofort vollziehbare Verfügung, mit der sie der Gemeinschuldnerin aufgab, es ab sofort zu unterlassen, Verträge mit Geldanlegern abzuschließen und entgegengenommene Einlagen der - jetzt - so genannten stillen Gesellschafter innerhalb von zwei Monaten rückabzuwickeln. Die Gemeinschuldnerin legte gegen diese Verfügung Widerspruch ein und beantragte zugleich beim Verwaltungsgericht (VG) Berlin die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs wiederherzustellen.

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Dieser Antrag wurde durch Beschluss des VG Berlin vom 17.07.1998 abgelehnt. Den Antrag der Gemeinschuldnerin auf Zulassung der Beschwerde gegen die Entscheidung des VG Berlin wurde vom Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin vom 26.10.1998 zurückgewiesen.

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Durch diese Entscheidung wurde die Verfügung des Bundesaufsichtsamtes über die sofortige Vollziehung vom 27.01.1998 bestandskräftig. Die Gemeinschuldnerin geriet deshalb in Zahlungsschwierigkeiten und wurde zahlungsunfähig. Das Amtsgericht Bad Iburg eröffnet am 13.11.1998 antragsgemäß das Konkursverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin.

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Der von der Gemeinschuldnerin eingelegte Widerspruch gegen die Untersagungsverfügung des Bundesaufsichtsamtes wurde durch Widerspruchsbescheid als unbegründet zurückgewiesen. Mangels Erfolgsaussicht erhob die Gemeinschuldnerin keine Klage. Damit wurde die Untersagungs- und Rückabwicklungsverfügung bestandskräftig.

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Der Kläger als Konkursverwalter beantragte am 15.07.1999 beim Finanzamt ausdrücklich die Rückzahlung (Erstattung) der von der Gemeinschuldnerin einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer. Diesen Antrag legte das Finanzamt später zugleich als Antrag auf Aufhebung der betroffenen Kapitalertragsteuer-Anmeldungen aus. Dieser Antrag wurde am 10.09.1999 abgelehnt, der Einspruch vom 15.03.2003 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Klage mit der der Kläger die Aufhebung der Kapitalertragsteuer-Anmeldungen

  • vom 12.10.1995 über 344.601 DM,
  • vom 31.12.1996 über 579.649 DM,
  • vom 03.07.1997 über 957.081 DM und
  • vom 05.01.1998 über 852.220 DM

begehrt. Insgesamt wurden mit diesen vier Anmeldungen 2.733.551 DM Kapitalertragsteuer angemeldet und von der Gemeinschuldnerin zuzüglich des Solidaritätszuschlags abgeführt.

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Das Finanzamt berief mit seiner Ablehnung des Aufhebungsantrags auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22.07.1997 VIII R 13/96 (BStBl II 1997, 767), in dem das Gericht davon ausgegangen war, dass eine Vielzahl von Kapitalanlegern, die einem Unternehmen gegen hohe Erfolgsbeteiligungen auf ein Sammelkonto Geldbeträge zur Verfügung stellen, typisch stille Gesellschafter im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien. Die Kapitalerträge seien entsprechend steuerpflichtig und unterlägen der Kapitalertragsteuer. Die Steueranmeldungen der Gemeinschuldnerin seien rechtmäßig, da sie Verträge über stille Gesellschaften abgeschlossen habe.

10

Die Einordnung der Einkünfte im Steuerbescheid der Anleger, die von der Gemeinschuldnerin eine entsprechende Steuerbescheinigung über die abgeführte Kapitalertragsteuer erhalten hatten, habe bindende Wirkung auch für den Steuerabzug vom Kapitalertrag. Die Abgabe der Kapitalertragsteuer-Anmeldungen und Abführung der Kapitalertragsteuer seien zu recht erfolgt. Eine Bindung an die anders lautenden Entscheidungen des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen bestehe weder für die Finanzbehörden noch für das Finanzgericht.

11

Der Kläger trägt vor, es sei zwar zutreffend, dass das Finanzgericht nicht im Wege eines Automatismus der Auffassung des Bundesamtes folgen müsse, dies entbinde das Gericht jedoch nicht von einer eigenen Prüfung der Frage der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der hier zu beurteilenden von der Gemeinschuldnerin abgeschlossenen Anlageverträge. Die Einheitlichkeit des Rechts gebiete es, im Steuerrecht und im Zivilrecht gleiche Maßstäbe bei der Beurteilung von Vertragsinhalten im Hinblick auf deren Wirksamkeit anzulegen, wenn auch das Steuerrecht grundsätzlich nicht zwingend dem Zivilrecht zu folgen habe.

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Die von der Gemeinschuldnerin mit den Kapitalanlegern abgeschlossenen Verträge seien auf Grund der fehlenden aufsichtsrechtlichen Genehmigung für Einlagengeschäfte nichtig. Daraus folge die Rückabwicklungsforderung des Bundesamtes, die wiederum die Änderung der hier betroffenen Anmeldungen der Kapitalertragsteuer zur Folge haben müsse. Aufgrund der Nichtigkeit der Anlageverträge sei das an die Anleger ausgezahlte Kapital nicht als Kapitalertrag, sondern als Kapitalrückzahlung anzusehen. Kapitalrückzahlungen seien jedoch nicht kapitalertragsteuerpflichtig.

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Der Auffassung des Bundesamtes folgend habe die Gemeinschuldnerin seinerzeit die Kapitalertragsteuer irrtümlich einbehalten und abgeführt. Sie habe keine Kapitalerträge ausgezahlt. Die entsprechenden Verträge seien nichtig, da keine bankrechtliche Genehmigung vorgelegen habe.

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Der Kläger beantragt,

die Kapitalertragsteuer-Anmeldungen vom 12.10.1995, vom 31.12.1996, vom 03.07.1997 und vom 05.01.1998 aufzuheben und das Finanzamt dazu entsprechend zu verpflichten.

15

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Der Antrag auf Aufhebung der Kapitalertragsteuer-Anmeldungen sei zu Recht abgelehnt worden, da es für eine Änderung der Steuerfestsetzungen keine Rechtsgrundlage gebe. Nach § 44 b Abs. 5 Satz 1 EStG sei auf Antrag des zum Steuerabzug verpflichteten die Steueranmeldung zu ändern, wenn Kapitalertragsteuer einbehalten und abgeführt worden sei, obwohl eine Verpflichtung hierzu nicht bestand. Die Verpflichtung zum Abzug und Anmeldung der Kapitalertragsteuer habe zum damaligen Zeitpunkt der Auszahlung der Kapitalbeträge jedoch bestanden, weil insoweit nach§§ 44 Abs. 1 Satz 2, 11 Abs. 1 EStG auf den Zufluss der Kapitalerträge abzustellen ist. Im Zuflusszeitpunkt sei der Wille der Gemeinschuldnerin darauf gerichtet gewesen, den Gesellschaftern Kapitalerträge auf ihre Beteiligung als stille Gesellschafter auszuzahlen. Dies folge aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der zu Grunde liegenden Verträge.

17

Dabei sei unerheblich, ob die Gemeinschuldnerin tatsächlich eine Pflicht gehabt habe, solche Erträge auszuschütten. Diese Wertung der Auszahlung sei vom BFH in den so genannten Ambros-Fällen ausdrücklich bestätigt worden.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.

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Die Ablehnung des Aufhebungsbegehrens durch das Finanzamt war rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Finanzamt ist nicht zur Aufhebung der Kapitalertragsteuer-Anmeldungen zu verpflichten, denn diese sind rechtmäßig.

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Die in den Jahren 1995 bis 1998 von der Gemeinschuldnerin eingereichten Steueranmeldungen sind Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung im Sinne des § 164 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO), die nach Abs. 2 dieser Vorschrift jederzeit, auch auf Antrag des Steuerpflichtigen, innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist von vier Jahren geändert werden können. Diese Frist war im Jahr 1999 für alle streitbefangenen Steueranmeldungen noch nicht abgelaufen. Eine Verpflichtung zur Aufhebung der Steuerfestsetzungen besteht aber nur dann, wenn diese rechtswidrig sind.

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Eine Verpflichtung zur Aufhebung der Steueranmeldungen ergibt sich nicht aus § 44 b Abs. 4 Satz 1 des EStG jeweils in der in den Streitjahren geltenden Fassungen. Danach ist die Kapitalertragsteuer-Anmeldung u.a. dann zu berichtigen, wenn keine Verpflichtung zum Einbehalt und zur Abführung der Kapitalertragsteuer bestanden hat. Die Gemeinschuldnerin war indes verpflichtet, die Steuer einzubehalten, anzumelden und abzuführen, weshalb die Steueranmeldungen rechtmäßig sind. Die Gemeinschuldnerin war nach § 44 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG entweder als Schuldnerin der ausgekehrten Kapitalerträge oder in Verbindung mit § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG als die die Kapitalerträge auszahlende Stelle verpflichtet, die Kapitalertragsteuer einzubehalten, anzumelden und abzuführen.

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Unwirksamkeit der Anlageverträge steuerrechtlich unerheblich

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Die steuerrechtlichen Folgerungen aus den mit den Anlegern geschlossenen Verträgen sind auch dann zu ziehen, wenn die Verträge - wie der Kläger vorträgt - zivilrechtlich unwirksam sein sollten. Nach§ 41 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) ist die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Gemeinschuldnerin hat an ihre Anleger Kapitalerträge ausgezahlt, die in den Steuerveranlagungen der Anleger als Einnahmen aus Kapitalvermögen angesetzt wurden. Die bescheinigten Kapitalertragsteuerbeträge wurden als Vorauszahlungen berücksichtigt. Die Verträge sind nicht rückabgewickelt worden. Es bedarf daher keiner Entscheidung des Senats darüber, ob die Verträge tatsächlich zivilrechtlich unwirksam waren.

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Zahlungen an Anleger sind kapitalertragsteuerpflichtig

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Die Gemeinschuldnerin hat nicht Kapital zurückgezahlt, sondern Kapitalerträge ausgezahlt. Über die Zuordnung der Zahlungen ist zutreffend im Veranlagungsverfahren der Anleger entschieden worden (vgl. BFH, Urteil vom 18.02.1970 I R 97/66, BStBl II 1970, 464), bei denen die Zahlungen als Einnahmen aus Kapitalvermögen erfasst wurden. Die steuerrechtliche Qualität der Zahlungen ändert sich nicht nachträglich durch die aufsichtsrechtliche Verfügung des Bundesaufsichtsamtes.

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Die Auszahlungen unterlagen zudem der Kapitalertragsteuer. Der Senat ist zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Steueranmeldungen und des Steuerabzugs nicht gehalten, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob es sich bei den an die Anleger ausgezahlten Geldbeträge um Gewinnausschüttungen im Rahmen einer stillen Gesellschaft - so die Auffassung der Gemeinschuldnerin im Auszahlungszeitpunkt - oder um Zinszahlungen im Rahmen der Einlagengeschäfte - so das Bundesaufsichtsamt - gehandelt hat. In beiden Fällen hat es sich um kapitalertragssteuerpflichtige Auszahlungen gehandelt, die bei den Empfängern zu Einnahmen aus Kapitalvermögen entweder nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG (Einnahmen aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter) oder nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG (Zinserträge) geführt haben.

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Abzugsverpflichtung bei Annahme stiller Gesellschaften

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Folgt man der ursprünglichen Auffassung der Gemeinschuldnerin, so war sie Auszahlungszeitpunkt der Geldbeträge nach §§ 44 Abs. 1 Satz 3, 45 a EStG verpflichtet, für Rechnung der Anleger Kapitalertragsteuer einzubehalten, anzumelden und abzuführen. Die Gemeinschuldnerin hat die Geldbeträge willentlich in dem Bewusstsein ausgezahlt, mit ihren Anlegern stille Gesellschaften im Sinne der §§ 230 ff. HGB eingegangen zu sein und die Erträge vertraglich zu schulden. Die Anleger haben die Geldzahlungen zudem als solche in Empfang genommen. Ausschüttungen auf eine stille Beteiligung führen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu Einnahmen aus Kapitalvermögen, die wiederum nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG dem Steuerabzug unterliegen. Abzugsverpflichteter war nach § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG die Gemeinschuldnerin als Schuldner der Erträge. Dieser Verpflichtung ist die Gemeinschuldnerin nachgekommen. Die Steueranmeldung der Jahre 1995 bis 1998 waren somit rechtmäßig, das Finanzamt war nicht verpflichtet, die auf diesen Anmeldungen beruhenden Steuerfestsetzung aufzuheben.

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Abzugsverpflichtung bei Annahme von Bankgeschäften

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Geht man mit dem Bundesaufsichtsamt und dem Kläger davon aus, die Gemeinschuldnerin habe Einlagengeschäfte im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG betrieben, stellen sich die an die Anleger ausgekehrten Geldbeträge als Zinszahlungen dar, die nach§ 20 Abs. Nr. 7 Satz 1 EStG ebenfalls zu Einnahmen aus Kapitalvermögen geführt haben und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG zudem kapitalertragsteuerpflichtig waren. Die Gemeinschuldnerin war in diesem Fall nach § 44 Abs. 1 Satz 3, 2. Alt. EStG zum Steuerabzug verpflichtet, da sie die die Kapitalerträge auszahlende Stelle im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 in Verbindung mit § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. b EStG war.

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Kreditinstitute im Sinne des Kapitalertragsteuerrechts

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Die Gemeinschuldnerin war ein unter § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. b EStG fallendes Kreditinstitut im Sinne des KWG. Kreditinstitute in diesem Sinne sind Unternehmen, die u.a. gewerbsmäßig Bankgeschäfte im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 KWG betreiben (Harenberg/ Irmer in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG § 43 EStG Anm. 61). Die Gemeinschuldnerin hat - so das OVG Berlin im Beschluss vom 26.10.1998 (OVG 1 SN 127.98) - Gelder von einer Vielzahl von Geldgebern auf Grund typisierter Verträge darlehensweise oder darlehensähnlich entgegengenommen. Die Geldgeber (Anleger) haben keine banküblichen Sicherheiten erhalten. Die Gemeinschuldnerin hat darüber hinaus damit geworben, sie tätige mit den Einlagen ein erfolgreiches Aktivgeschäft, das nicht nur eine Verzinsung von 10 v. H., sondern zusätzlich eine Gewinnausschüttung aus den "erwarteten Erlösen" ihrer "geschäftlichen Aktivitäten" ermögliche. Diese Aktivitäten reichen aus, die Betätigung der Gemeinschuldnerin als Einlagengeschäfte und die Gemeinschuldnerin als Kreditinstitut im Sinne des KWG einzuordnen.

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Bedeutung der aufsichtrechtlichen Genehmigung

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Das Fehlen der aufsichtsrechtlichen Genehmigung nach § 32 KWG steht nach Ansicht des Senats der Qualifikation des Unternehmens der Gemeinschuldnerin als Kreditinstitut nicht entgegen. Das Vorliegen einer derartigen Erlaubnis begründet die Kreditinstitutseigenschaft eines Unternehmens nicht; hierfür ist allein auf die Erfüllung der Merkmale des§ 1 Abs. 1 KWG maßgebend (BFH, Urteil vom 16.10.2002 I R 23/02, m.w.N. zu § 19 GewStDV; a.A. dagegen Harenberg/Irmer in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 43 EStG Anm. 61, zur Kreditinstitutseigenschaft von Warengenossenschaften). Die Merkmale des § 1 Abs. 1 KWG hat die Gemeinschuldner nach Auffassung des Bundesaufsichtsamts erfüllt. War die Gemeinschuldnerin danach ein Kreditinstitut, hat sie zu recht Kapitalertragsteuer, wenn auch möglicherweise in nicht zutreffender Höhe, einbehalten, angemeldet und abgeführt. Der Kapitalertragsteuersatz auf Zinserträge beträgt 30 v. H. (§ 43 a Abs. 1 Nr. 4 EStG), wohingegen die Gemeinschuldnerin in der Annahme, Beteiligungserträge auszuschütten, insoweit zutreffend nur 25 v. H. (§ 43 a Abs. 1 Nr. 1 EStG) Kapitalertragsteuer eingehalten, angemeldet und abgeführt hat.

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Damit erweisen sich die streitbefangenen Kapitalertragsteuer-Anmeldungen sowohl unter der Annahme stiller Gesellschaften als auch unter der Annahme von Einlagengeschäften als rechtmäßig. Unter beiden Prämissen hat die Gemeinschuldnerin kapitalertragsteuerpflichtige Kapitalerträge ausgezahlt und war ihren daraus entstanden steuerrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen.

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Da weitere Aufhebungsgründe weder vom Kläger vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich sind, mussten die sich auf den Steueranmeldungen beruhenden Steuerfestsetzungen bestehen bleiben.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).