Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 05.10.2004, Az.: 11 V 335/03
Voraussetzungen der Aussetzung der Vollziehung; Bewertung eines Verrechnungskontos als Kapitalkonto; Voraussetzungen unter denen ein Darlehenskonto als Kapitalkonto geführt werden kann; Voraussetzungen für das Vorliegen eines Kapitalkontos
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 05.10.2004
- Aktenzeichen
- 11 V 335/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 20661
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2004:1005.11V335.03.0A
Rechtsgrundlage
- § 15 a EStG
Verfahrensgegenstand
Feststellungsbescheide 1996 und 1997 (Aussetzung der Vollziehung)
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
De Personengesellschaft ist im Verfahren der Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) jedenfalls dann klagebefugt, wenn die Feststellung der verrechenbaren Verluste mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns der Gesellschaft verbunden worden ist.
- 2.
Führt eine Gesellschaft mehrere Konten für Gesellschafter hängt die Entscheidung, ob sich auf einem Konto Darlehensforderungen oder Anteile der Gesellschafter am Vermögen der Gesellschaft befinden, von den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages und von den tatsächlichen Umständen ab. Ohne Bedeutung ist dabei, dass das Kapitalkonto sich bei einer Kommanditgesellschaft (KG) aus mehreren Konten mit verschiedenen Bezeichnungen zusammensetzen und dazu auch ein Darlehenskonto gehören kann.
Gründe
I.
Streitig ist, ob ein als "Darlehenskonto" geführtes Verrechnungskonto als Kapitalkonto nach § 15 a Einkommensteuergesetz (EStG) zu werten ist.
Die Antragstellerin betreibt eine Möbelspedition. Komplementärin der Antragstellerin ist die A Beteiligungs-GmbH. Alleiniger Kommanditist ist seit 1978 B. In der Zeit davor waren insgesamt zwei Kommanditisten beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 26. Juni 1975 waren für die Gesellschafter folgende Konten einzurichten: ein Festkapitalkonto für das Kommanditkapital (Ziffer 6 Nr. 1), ein Kapitalkonto für noch ausstehende Einlagen (Ziffer 6 Nr. 2), ein Verlustvortragskonto zur Verbuchung der Verluste (Ziffer 6 Nr. 3) und ein Darlehenskonto zur Verbuchung der Gewinnanteile, Entnahmen und Einlagen (Ziffer 6 Nr. 4). Ziffer 6 des Gesellschaftsvertrages hat folgenden Inhalt:
"1.
Der Anteil eines Gesellschafters am Gesellschaftskapital wird auf einem besonderen Konto (Kapitalkonto) verbucht, das als Festkonto geführt wird.2.
Die nicht eingezahlte Einlage eines Gesellschafters wird auf einem negativen Kapitalkonto verbucht (ausstehende Einlage auf das Gesellschaftskapital).3.
Der Verlustanteil eines Gesellschafters wird auf einem besonderen Verlustvortragskonto (Verlustkonto) verbucht, und zwar mit der Maßgabe, dass dessen Ausgleich lediglich durch späterhin für den Gesellschafter anfallende Gewinnanteile vorgenommen werden kann; es ist aber nicht durch sonstige Einzahlungen auszugleichen. Dieses Konto ist nach Ziffer 11 Abs. 4 dieses Vertrages zu verzinsen.4.
Sonstige Gewinnanteile, Entnahmen und - soweit nicht anderes bestimmt wird - Einlagen, sowie alle sonstigen Forderungen und Verbindlichkeiten werden auf einem Verrechnungskonto unter der Bezeichnung "Darlehenskonto" verbucht. Es ist nach Ziffer 11 Abs. 4 zu verzinsen."
Nach Ziffer 13 des Gesellschaftsvertrages beschließt die Gesellschafterversammlung über die Entnahmen und Abhebungen von den "Darlehenskonten" der Gesellschafter.
In den Feststellungserklärungen der Antragstellerin für die Jahre 1996 und 1997 wurden Verlustanteile für den Kommanditisten von ./. 71.223 DM (1996) und ./. 73.777 DM (1997) erklärt. Der Antragsgegner erkannte die Verluste nur als verrechenbare Verluste im Sinne des § 15 a EStG an. Das Finanzamt ging davon aus, dass zum Kapitalkonto im Sinne des § 15 a EStG nur das Festkapitalkonto und das Verlustvortragskonto nicht aber auch das als "Darlehenskonto" bezeichnete Verrechnungskonto gehörte. Das "Darlehenskonto" nach Ziffer 6 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages wurde nicht in das Kapitalkonto im Sinne des § 15 a EStG einbezogen, weil es nach Auffassung des Antragsgegners eine eigenständige Forderung (Sonderbetriebsvermögen) des Kommanditisten gegen die Gesellschaft darstellt. Die alleinige Berücksichtigung des Festkapitalkontos und des Verlustvortragskontos ergab einen negativen Bestand zum 1. Juli 1995, so dass die Verluste der folgenden Wirtschaftsjahre nur noch als verrechenbare Verluste behandelt wurden. Der Antragsgegner ermittelte die Entwicklung des Kapitalkontos nach § 15 a EStG wie folgt:
Stand 30. Juni 1994 | 100.000,00 DM |
---|---|
Verlust Wirtschaftsjahr 1994/95 | ./. 120.100,05 DM |
Stand 30. Juni 1995 | ./. 20.100,05 DM |
Verlust Wirtschaftsjahr 1995/96 | ./. 72.738,00 DM |
Stand 30. Juni 1996 | ./. 92.838,05 DM |
Verlust Wirtschaftsjahr 1996/97 | ./. 74.930,73 DM |
Stand 30. Juni 1997 | ./. 167.768,73 DM |
Die Entwicklung des "Darlehenskontos" errechnete der Antragsgegner in folgender Weise:
Stand 1. Juli 1996 | 150.790,77 DM |
---|---|
Entnahmen/Einlagen | 121.432,09 DM |
Zinsen Darlehenskonto | 1.110,12 DM |
Stand 30. Juni 1997 | 273.332,98 DM |
Die Antragstellerin verrechnete auf dem als "Darlehenskonto" bezeichneten Verrechnungskonto nicht nur Gewinne, Einlagen und Entnahmen, sondern entgegen Ziffer 6 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages auch die Verluste der Wirtschaftsjahre 1994/1995, 1995/1996 und 1996/1997.
Der Feststellungsbescheid 1996 vom 8. Juli 1998 stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Bescheid vom 22. November 1999 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung der Feststellung 1996 gemäß § 164 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) aufgehoben. Der Feststellungsbescheid 1997 wurde am 14. Juli 1999 erlassen.
Mit ihren Einsprüchen vom 4. August 1998 und 20. Juli 1999 wendet sich die Antragstellerin gegen den Feststellungsbescheid 1996 und 1997. Mit Einspruchsbescheid vom 14. Februar 2003 wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen wurde Klage erhoben (Az. 11 K 144/03). Daneben führt die Antragstellerin ein Klageverfahren wegen des Gewerbesteuermessbetrages 1996, dem auch ein Vorverfahren vorausging (Az. 11 K 145/03).
Nachdem im Vorverfahren die Aussetzung der Vollziehung gewährt wurde, beantragte die Antragstellerin beim Finanzamt am 23. Mai 2003 die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide über die einheitliche und gesonderten Feststellung 1996 und 1997. Mit Bescheid vom 5. Juni 2003 wurde dieser Antrag abgelehnt. Daraufhin begehrt die Antragstellerin die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung.
Die Antragstellerin trägt vor, es sei ein Verlustabzug für die Jahre 1996 und 1997 oder eine Minderung nach § 15 a EStG zu gewähren. Die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main habe entschieden, dass der Fall, dass Einlagen nachträglich erhöht werden, im Wortlaut des § 15 a EStG nicht geregelt sei. Vielmehr habe der Gesetzgeber ausdrücklich darauf verzichtet, eine zu § 15 a Abs. 3 EStG analoge Regelung für den umgekehrten Sachverhalt zu schaffen. Nach dem Wortlaut des § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG sei der Stand der Kapitalkonten am Schluss des Wirtschaftsjahres der Verlustentstehung und am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zu vergleichen. Entscheidend sei dabei, ob der Negativsaldo des Kapitalkontos im Vergleich der Stichtage weiter angestiegen bzw. ein Negativsaldo entstanden sei oder nicht. Daraus folge, dass bis zur Höhe der Einlage ein im Einlagejahr entstehender Verlust auch bei negativen Kapitalkonto ausgleichsfähig sei. Im vorliegenden Fall entstand aber kein negatives Kapitalkonto. Demnach sei der Verlustabzug in vollem Umfang zu gewähren. Des Weiteren sei beim Bundesverfassungsgericht ein Verfahren bezüglich der Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung des erweiterten Verlustausgleichs und Verlustabzugs nach § 15 a Abs. 1 Satz 2 EStG auf den Fall der Haftung des Kommanditisten nach § 171 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) anhängig. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass auf dem Gesellschafterkonto auch Verluste verrechnet worden seien. Die Einlagen seien auch tatsächlich geleistet worden. Es habe zu keiner Zeit die Möglichkeit bestanden, dieses Kapital wieder zu entziehen. Einlagen, die im Verlustentstehungsjahr über den Kapitalanteil hinaus geleistet würden, könnten zu einer höheren Verlustbeteilung im Sinne des § 15 a EStG führen. Dies ergebe sich aus zwei finanzgerichtlichen Entscheidungen (FG Münster Urteil vom 16. Januar 2003 8 K 7131/01; FG Köln Urteil vom 27. Juni 2001 5 K 6631/00).
Die Antragstellerin beantragt,
die Feststellungsbescheide 1996 und 1997 im vollen Umfang von der Vollziehung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner trägt unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung vor, dass das "Darlehenskonto" nicht zum Kapitalkonto im Sinne von § 15 a EStG gehöre. Als Kapitalkonto könne ein Darlehenskonto nur berücksichtigt werden, wenn auf ihm Verluste verrechnet werden. Dabei sei auf die gesellschaftsvertragliche Vereinbarung abzustellen, wie sich aus dem Erlass des BMF ergebe (BMF-Erlass vom 30. Mai 1997 Tz. 4). Nach dem Gesellschaftsvertrag würden aber Verluste nicht auf dem "Darlehnskonto" verrechnet, so dass es nicht zum Kapitalkonto gehöre. Weiterhin spreche gegen eine Berücksichtigung als Kapitalkonto die Regelung der Ziffer 15 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages. Als kapitalersetzendes Darlehen sei nach neuerer Rechtsprechung des BFH das Darlehenskonto als Fremdkapital zu behandeln.
II.
Der Antrag ist zulässig.
Die Klägerin ist gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) klagebefugt. Nach der Rechtsprechung des BFH ist auch die Personengesellschaft im Verfahren der Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15 a Abs. 4 EStG jedenfalls dann klagebefugt, wenn, wie im Streitfall, die Feststellung der verrechenbaren Verluste mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns der Gesellschaft nach § 15 a Abs. 4 Satz 5 und 6 EStG verbunden worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 1. Juni 1989 IV R 19/88, BStBl II 1989, 1018; Urteil vom 30. März 1993 VIII R 63/91, BStBl II 1993, 706; Urteil vom 26. Januar 1995 IV R 23/93, BStBl II 1995, 467; Beschluss vom 5. Dezember 1996 IV S 5/95, BFH/NV 1997, 406).
Der Kommanditist ist auch im vorliegenden Verfahren nicht notwendig beizuladen. Der Kommanditist, um dessen verrechenbare Verluste es geht, ist zwar im Hauptsacheverfahren gemäß § 60 Abs. 3 in Verbindung mit§ 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO, notwendig beizuladen (vgl. BFH-Urteil vom 1 Juni 1989 IV R 19/88, BStBl II 1989, 1018; Urteil vom 26. Januar 1995 IV R 23/93, BStBl II 1995, 467); dies gilt jedoch nicht für das Verfahrenüber die Aussetzung der Vollziehung (BFH-Beschluss vom 5. Mai 1981 VIII B 26/80, BStBl II 1981, 574, 575; Beschluss vom 10. August 1978 IV B 41/77, BStBl II 1978, 584; Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 60 Tz. 4 m.w.N.).
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist auch statthaft. Wie der BFH entschieden hat, ist einstweiliger Rechtsschutz gegen einen Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlusts nicht im Wege der einstweiligen Anordnung, sondern im Wege der Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. (BFH-Beschluss vom 2. März 1988 IV B 95/87, BStBl II 1988, 617; Beschluss vom 5. Dezember 1996 IV S 5/95, BFH/NV 1997, 406)
Der Antrag ist auch begründet.
Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken (vgl. BFH Beschluss vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BStBl II 1984, 454; Beschluss vom 30. Dezember 1996 I B 61/96, BStBl II 1997, 466).
Solche Umstände sind im vorliegenden Fall gegeben. Das als "Darlehenskonto" bezeichnete Verrechnungskonto gehört zum Kapitalkonto im Sinne des§ 15 a EStG.
Nach § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der Anteil eines Kommanditisten am Verlust der KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen oder nach § 10 d EStG abgezogen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Ein hiernach nicht berücksichtigungsfähiger, so genannter verrechenbarer Verlust (§ 15 a Abs. 4 Satz 1 EStG) mindert jedoch gemäß § 15 a Abs. 2 EStG die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der KG zuzurechnen sind.
Kapitalkonto im Sinne dieser Vorschrift ist der Anteil der Gesellschafter am Vermögen der Gesellschaft, wie er sich aus deren Steuerbilanz und den für die Gesellschafter zu bildenden Ergänzungsbilanzen ergibt. Die zum Sonderbetriebsvermögen I der Gesellschafter gehörenden Darlehensforderungen gegen die Gesellschaft sind deshalb nicht in das Kapitalkonto im Sinne von § 15 a EStG einzubeziehen; sie sind damit auch nicht geeignet, das Entstehen eines negativen Kapitalkontos der Kommanditisten auf Grund der ihnen zuzurechnenden Anteile am Verlust der KG zu verhindern (BFH-Urteil vom 14. Mai 1991 VIII R 31/88, BStBl II 1992, 167; Urteil vom 30. März 1993 VIII R 63/91, BStBl II 1993, 706; Urteil vom 13. Oktober 1998 VIII R 78/97, BStBl II 1999, 163; Urteil vom 28. März 2000 VIII R 28/98, BStBl II 2000, 347, 348).
In den Fällen, in denen die Gesellschaft mehrere Konten für Gesellschafter führt, hängt die Entscheidung, ob sich auf einem Konto Darlehensforderungen oder Anteile der Gesellschafter am Vermögen der Gesellschaft befinden, von den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages (BFH-Urteil vom 3. Februar 1988 I R 394/83, BStBl II 1988, 551, 552) und von den tatsächlichen Umständen (BFH-Urteil 27. Juni 1996 IV R 80/95, BStBl II 1997, 36, 37 unter Nr. 3. b.) ab. Ohne Bedeutung ist dabei, dass das Kapitalkonto sich bei einer KG aus mehreren Konten mit verschiedenen Bezeichnungen zusammensetzen und dazu auch ein "Darlehenskonto" gehören kann (BFH-Urteil vom 27. Juni 1996 IV R 80/95, BStBl II 1997, 36; Urteil vom 28. März 2000 VIII R 28/98, BStBl II 2000, 347, 349).
Danach handelt es sich bei dem als "Darlehenskonto" bezeichneten Verrechnungskonto der Antragstellerin um ein Kapitalkonto. Nach Ziffer 6 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages sollten auf dem "Darlehenskonto" sonstige Gewinnanteile, Entnahmen und Einlagen verbucht werden. Die Verbuchung von Entnahmen und Einlagen auf einem Konto spricht für die Qualifizierung als Kapitalkonto (BFH-Urteil vom 4. Mai 2000 IV R 16/99, BStBl II 2001, 171, 173; FG Baden-Württemberg Urteil vom 8. April 2003 11 K 225/00, EFG 2003, 996; Blümich, Einkommensteuergesetz (Loseblatt), § 15 a Rz. 45). Weiter ist aus Ziffer 6 des Gesellschaftsvertrages zu entnehmen, dass für Einlagen nur das "Darlehenskonto" gemäß Ziffer 6 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages zur Verfügung stand. So diente das als "Kapitalkonto" bezeichnete Konto allein als Festkonto für den gezahlten Gesellschafteranteil. Die nicht eingezahlte Einlage eines Gesellschafters sollte auf einem gesonderten negativen Kapitalkonto verbucht werden. Auf dem als "Verlustkonto" bezeichneten Konto durften nur späterhin anfallende Gewinnanteile verbucht werden. Sonstige Einzahlungen durften auf diesem Konto nach Ziffer 6 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages nicht erfolgen.
Für eine Einstufung als Kapitalkonto spricht des Weiteren die Regelung in Ziffer 13 des Gesellschaftervertrages. Danach entscheidet über die Entnahmen und Abhebungen von dem "Darlehenskonto" des Gesellschafters jährlich die Gesellschafterversammlung. Diese jährliche Entscheidung der Gesellschafterversammlung über Entnahmen und Abhebungen zeigt an, dass es sich um Minderungen des gesamthänderischen Vermögens der Gesellschaft handelt. Entnahmen bzw. Abhebungen werden nämlich unabhängig vom Willen des Gesellschafters jährlich bestimmt (vgl. BFH-Urteil vom 3. Februar 1988 I R 394/83, BStBl II 1988, 551, 552, der als charakteristisch für ein gesamthänderisch gebundenes Guthaben u.a. die Veränderungsbefugnis ohne Rücksicht auf den Willen des Gesellschafters hervorhebt). Würde es sich um ein Konto mit reinen Forderungen des Gesellschafters handeln, so gäbe es eine solche Regelung nicht. Darlehensforderungen der Gesellschafter unterliegen einer vertraglichen Grundlage, die auch Bestimmungen über Tilgungen enthält (s. zur Bedeutung des Tilgungsverfahrens BFH-Urteil vom 4. Mai 2000 IV R 16/99, BStBl II 2001, 171, 173).
Darüber hinaus spricht für die Annahme eines Kapitalkontos, dass die Gewinne nach Ziffer 6 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages auf dem Darlehenskonto "verbucht" werden. Eine Verbuchung spricht gegen die Annahme von Fremdkapital. Hierzu müsste eine Entnahme mit einer anschließenden Darlehensgewährung in Höhe des Entnahmebetrages oder aber eine unmittelbare rechtsgeschäftliche Umwandlung von Eigen- in Fremdkapital festgestellt werden. (BFH-Urteil vom 3. Februar 1988 I R 394/83, BStBl II 1988, 551; Urteil vom 27. Juni 1996 IV R 80/95, BStBl II 1997, 36, 37).
Der Qualifizierung als Kapitalkonto steht nicht die in Ziffer 11 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages geregelte Verzinsung des "Darlehenskontos" entgegen. Sieht der Gesellschaftsvertrag eine Verzinsung der separat geführten Gesellschafterkonten vor, so spricht dies weder für noch gegen die Annahme individualisierter Gesellschafterforderungen, weil eine Verzinsung von Fremdkapital (§ 110, § 111 Handelsgesetzbuch - HGB -) und eine Verzinsung der Kapitalanteile im Rahmen der Gewinnverteilung (§ 121 Abs. 1 und 2, § 168 Abs. 1 HGB) gleichermaßen üblich und typisch sind (BFH-Urteil vom 3. Februar 1988 I R 394/83, BStBl II 1988, 551, 553; Urteil vom 3. November 1993 II R 96/91, BStBl II 1994, 88, 90; Urteil vom 27. Juni 1996 IV R 80/95, BStBl II 1997, 36, 37).
Insbesondere spricht vor allem auch die tatsächliche Handhabung für eine Qualifizierung des "Darlehenskontos" als Kapitalkonto. In den Streitjahren wurden nicht nur Einlagen und Entnahmen auf dem "Darlehenskonto" verbucht, sondern auch die Verlustanteile. Werden Verluste auf dem betreffenden Konto verbucht, so spricht dies für die Annahme eines Kapitalkontos, denn mit dem Begriff des Darlehens ist eine Verlustbeteiligung des Gläubigers grundsätzlich unvereinbar. Der Gesellschafter erwirbt durch eine Gutschrift auf diesem Konto gerade keinen unentziehbaren Anspruch gegen die Gesellschaft. Dieser handelsrechtlichen Betrachtung wird auch steuerrechtlich gefolgt (BFH-Urteil vom 3. November 1993 II R 96/91, BStBl II 1994, 88, 90; Urteil vom 27. Juni 1996 IV R 80/95, BStBl II 1997, 36, 37).
Überdies liegen auch keine Darlehensvereinbarungen vor, die buchmäßig in der Bilanz der KG hätten eindeutig zum Ausdruck kommen müssen (s. BFH-Urteil vom 3. November 1993 II R 96/91, BStBl II 1994, 88, 91).
Den tatsächlichen Umständen kann nicht - wie der Antragsgegner vorträgt - die Regelungen der Ziffer 6 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages entgegengehalten werden. Zwar sieht diese gesellschaftsvertragliche Bestimmung vor, das die Verluste auf dem Verlustkonto verbucht werden. Die entgegengesetzte Verhaltensweise der Antragstellerin zeigt indessen, dass die Verrechnung des Gesellschafterguthabens mit Verlustanteilen auf dem "Darlehenskonto" beabsichtigt war. Somit war eine Behandlung des Guthabens als gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögens und nicht als Fremdkapital gewollt. Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 3. November 1993 (II R 96/91, BStBl II 1994, 88, 90) ebenfalls auf die tatsächliche Verbuchung der Verluste abgestellt und nicht auf die gesellschaftsvertragliche Regelung, die - wie im vorliegenden Fall - eine Verbuchung der Verlustanteile auf dem "Darlehnskonto" nicht vorsah. Die jahrelange im Widerspruch zum Gesellschaftsvertrag vorgenommene Übung, Verluste auf dem "Darlehenskonto" zu buchen (s. Bilanz für die Wirtschaftsjahre 1994/1995, 1995/1996 und 1996/1997), führt überdies zu der tatsächlichen Vermutung für eine Änderung des Gesellschaftsvertrages (BGH-Urteil vom 19. Dezember 1977 II ZR 10/76, WM 1978, 300, 301; Urteil vom 17. Januar 1966 II ZR 8/64, NJW 1966, 826; Carlé/Bauschatz, FR 2002, 1153, 1158)
Die Regelungen über das Abfindungsguthaben ausscheidender Gesellschafter können ebenfalls der Einstufung als Kapitalkonto nicht entgegengehalten werden. Zwar ist ein Indiz für die Annahme eines Kapitalkontos, wenn das Saldo des betreffenden Kontos in das Abfindungsguthaben mit einfließt und nicht nur - wie im Streitfall - verrechnet wird (BFH-Urteil vom 27. Juni 1996 IV R 80/95, BStBl II 1997, 36, 37). Umgekehrt spricht jedoch eine Verrechnung mit dem Abfindungsguthaben nicht für eine Beurteilung als reines Darlehenskonto.
Soweit der Antragsgegner in dem ablehnenden Bescheid über die Aussetzung der Vollziehung vom 5. Juni 2003 wie auch in der Einspruchsentscheidung in der Hauptsache vom 14. Februar 2003 davon ausgeht, es handele sich bei dem "Darlehenskonto" um ein eigenkapitalersetzendes Darlehen, dass nach BFH-Rechtsprechung nicht zur Erhöhung des Verlustpotenzials dienen könne, kann dem nicht gefolgt werden. Wie oben erläutert, sind die Guthaben auf dem "Darlehenskonto" nicht als Darlehen zu qualifizieren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.