Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 07.01.1997, Az.: 5 U 137/96

Berechtigung zur Wandlung eines Kaufvertrages auf Grund von aus den Kfz-Papieren sich ergebenden Zulassungshindernissen; Stillschweigende Zusicherung der Zulassungsfähigkeit eines Fahrzeugnachbaus durch den Verkäufer; Unzureichende Angaben in den Kfz-Papieren und die sich daraus ergebende Überschreitung der Grenzwerte für die Geräuschentwicklung und die Schadstoffarmut als Hindernis für eine Kfz-Zulassung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
07.01.1997
Aktenzeichen
5 U 137/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 21792
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1997:0107.5U137.96.0A

Fundstelle

  • NJW-RR 1997, 1213-1214 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Aus den Kfz-Papieren sich ergebende Zulassungshindernisse (hier: Überschreitung der Grenzwerte zur Geräuschentwicklung und Schadstoffarmut) berechtigen zur Wandlung

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt Wandlung eines Kaufvertrages über den Nachbau eines KFZ Klassikers aus den 60er-Jahren, des AC Cobra-VHD Viper.

2

In dem vom Beklagten zu 2), einem KFZ-Händler, "i.A." unterschriebenen Formularvertrag - "Kaufvertrag über ein gebrauchtes KFZ" - vom 30.3.1993 sind der Beklagte zu 1) als Verkäufer, der Kläger als Käufer, die Erstzulassung mit "06/90", der Kilometerstand mit "ca. 500 km" und der Kaufpreis mit 65.000,-- DM und unter Ziff. 5 ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss aufgenommen. Der Beklagte zu 1) hatte als Eigentümer und Hersteller den Beklagten zu 2) beauftragt, den Wagen für ihn zu verkaufen. Am 7.4.1993 wurde das Fahrzeug übergeben und der Kaufpreis gezahlt.

3

Der Kläger hat behauptet, der Wagen sei entgegen der ihm gegebenen Zusicherung nicht nur aus Neuteilen zusammengesetzt, weise wegen nicht eingetragener Felgen und gefälschter Papiere weder eine wirksame Betriebserlaubnis noch eine echte Zulassung auf und sei wegen fehlender Schadstoffarmut auch nicht zulassungsfähig; eine entsprechende Eintragung zum Schadstoffausstoß fehlt unstreitig im KFZ-Brief.

4

...

5

Die Beklagten ... haben behauptet, das zulassungsfähige Fahrzeug sei ordnungsgemäß zugelassen worden.

6

Der Beklagte zu 1) hat im Übrigen vorgetragen, der Beklagte zu 2) habe absprachegemäß den Wagen im eigenen Namen verkauft, wogegen auch nicht spreche, dass dieser nach Abzug von 4.000,-- DM Provision 61.000,-- DM an ihn weitergeleitet habe, zumal im KfZ-Gewerbe üblicherweise der Händler und nicht der Hersteller der Verkäufer sei.

7

Der Beklagte zu 2) hat demgegenüber behauptet, er habe den Wagen auf Wunsch des Beklagten zu 1) auf der Ausstellung "Techno-Classica" in , wo er als KFZ-Händler einen Stand gehabt habe, für ihn verkauft. Als Vertreter seien ihm die geltend gemachten Mängel keinesfalls anzulasten.

8

Das Landgericht hat sachverständig beraten und nach Vernehmung von Zeugen die Klage gegen den Beklagten zu 2) abgewiesen und ihr gegen den Beklagten zu 1) nach Abzug einer Nutzungsentschädigung von 1.200,-- DM stattgegeben. Der Beklagte zu 2) habe lediglich als bevollmächtigter Vertreter des Beklagten zu 1) gehandelt. Der Beklagte zu 1) sei zur Rückabwicklung des Vertrages verpflichtet, weil dem Wagen wegen zu hoher Geräuschentwicklung und fehlender Eintragung der Schadstoffarmut z. Zt. des Gefahrüberganges die Zulassungsfähigkeit gefehlt habe.

9

Mit der dagegen gerichteten Berufung verfolgt der Beklagte zu 1) sein Klagabweisungsbegehren insgesamt weiter.

10

...

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

12

Das Landgericht hat die Klage gegen den Beklagten zu 2) mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 543 I 2. Hs. ZPO verwiesen wird (LGU 6 1. Abs. bis LGU 7 2. Abs.), abgewiesen. Auch die von der Berufung ohne nähere Ausführungen begehrte erneute Überprüfung durch den Senat führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Vertragsurkunde belegt unmissverständlich das Auftragshandeln des Beklagten zu 2) für den Beklagten zu 1) und die weiteren Gesamtumstände der Vertragsabwicklung streiten substantiiert für sein vom Beklagten zu 1) gewolltes Auftreten als Vertreter. Dem ist seitens des Beklagten zu 1) und auf Seiten des Klägers nichts Substanzielles entgegengesetzt worden.

13

Zu Recht hat das Landgericht dem Rückabwicklungsbegehren gegen den Beklagten zu 1) aus dem Fehlen der jedenfalls konkludent zugesicherten Eigenschaft "Zulassungsfähigkeit" gem. §§ 463, 462, 459 BGB stattgegeben. Auch insoweit kann auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung (LGU 7 letzter Absatz bis LGU 10 3. Absatz sowie LGU 11 letzter Absatz bis LGU 13 2. Absatz), die sich der Senat zu Eigen macht, Bezug genommen werden.

14

Die dagegen gerichteten Angriffe der Berufung greifen insgesamt nicht durch.

15

Dass die Zulassungsfähigkeit vom Verkäufer zumindest stillschweigend zugesichert worden ist, wird von der Berufung nicht ernsthaft in Frage gestellt. Sonstige Bedenken dagegen sind auch nicht ersichtlich.

16

Die in den KFZ-Papieren enthaltenen Eintragungen bzgl. Geräusch- und Abgasverhalten stehen der Zulassungsfähigkeit nach dem vertraglich zugrundegelegten und in den KFZ-Papieren belegten Erstzulassungszeitpunkt 18.6.1990 entgegen. Auf die übrigen in dem Rechtsstreit angesprochenen technischen Mängel und ob insoweit der vertragliche Gewährleistungsausschluss eingreifen kann, kommt es nicht an.

17

Der Sachverständige ... vom TÜV ... hat unter Auswertung sämtlicher zu den Akten gereichten Unterlagen über den Fahrzeugnachbau bei seinen überzeugenden schriftlichen und mündlichen Erläuterungen keinen Zweifel daran gelassen, dass der Wagen, jedenfalls was sein Geräusch- und Abgasverhalten anlangt, nicht zugelassen werden darf. Die aus diesem Grund bereits fehlende Zulassungsfähigkeit ergibt sich aus den Eintragungen in den KFZ-Papieren und dem Fehlen eines für den in Rede stehenden PKW maßgeblichen so genannten Musterberichts, der den TÜV-Prüfern allein die Zulassung ohne neues vollständiges und kostenintensives Zulassungsverfahren ermöglichen könnte. Die von der Berufung gerügte fehlende eigene Untersuchung des Kraftfahrzeugs durch den Sachverständigen und die Beanstandungen, der Wagen sei von der Konstruktion her 1993 zulassungsfähig gewesen, sind demgegenüber unbeachtlich.

18

Der Sachverständige hat - insoweit nicht erheblich angegriffen - nachvollziehbar und widerspruchsfrei dargelegt, dass bereits die unzureichenden Angaben in den KFZ-Papieren und die sich daraus ergebende Überschreitung der Grenzwerte für die Geräuschentwicklung und die Schadstoffarmut der Zulassung entgegen gestanden hätten. Selbst die Berufung räumt insoweit die Überschreitung der von ihr herangezogenen milderen Grenzwerte von 1989 bei der Geräuschentwicklung auf Grund von Übertragungsfehlern ein. Die Kosten für die Behebung dieser Zulassungsschranken sind erheblich. Allein die erforderliche vollständige Abgasuntersuchung beliefe sich auf 2.000,-- DM bis 3.000,-- DM; die für die Einhaltung der beiden Grenzwerte ggf. erforderlichen Umrüstungsmaßnahmen sind nicht zu kalkulieren. Auf zusätzliche (Umbau-) Maßnahmen solchen Umfanges zur Erhaltung der Zulassung braucht sich ein Käufer nicht verweisen zu lassen. Daher wird das Fehlen dieser zugesicherten Eigenschaft dadurch unabhängig von der Frage, ob das Fahrzeug die Grenzwerte tatsächlich einhält, ebensowenig behoben wie durch eine von der Berufung erneut herangezogene frühere Erteilung der allgemeinen Betriebserlaubnis und Zulassung durch den TÜV.

19

Ohne Erfolg beruft sich die Berufung schließlich auf eine vor dem angegebenen Erstzulassungsdatum erfolgte erste allgemeine Betriebserlaubnis vom 21.6.1989 und anschließende Tageszulassungen 1989. Daraus ist - unabhängig davon, dass es sich um bestrittenes Vorbringen handelt - nicht abzuleiten, dass für das Kraftfahrzeug andere - mildere - Zulassungsbestimmungen vom 1.9.1989 maßgeblich sind. Zunächst hat bereits der Sachverständige bei seiner Anhörung bestätigt, dass insoweit das im KFZ-Brief bzw. -Schein enthaltene Erstzulassungsdatum maßgeblich ist. Darauf bezieht sich auch die im Kaufvertrag enthaltene Zusicherung. Abgesehen davon, dass für den Senat nicht nachzuvollziehen ist, auf welche "insoweit maßgeblichen Übergangsbestimmungen in § 72 StVZO" sich die Berufung beziehen will, vermag dieser Angriff daher die sachverständig bestätigte Maßgeblichkeit der ausgewiesenen Erstzulassung nicht in Frage zu stellen.

20

Die Rüge der Beweisvereitelung verfängt nicht. Es ist kein Anhaltspunkt ersichtlich, inwiefern der Kläger auf das Schreiben des TÜV vom 2.8.1996 unter Verstoß gegen eine Beweiserhaltungspflicht reagiert haben könnte.

21

Fehlt die zugesicherte Zulassungsfähigkeit hat der Kläger einen Rückabwicklungsanspruch gemäß 463 BGB - Schadensersatz wegen Nichterfüllung - bzw. § 462 BGB - Wandlung -, weil gegenüber letzterem der Gewährleistungsausschluss wegen Vorspiegelns nicht vorhandener Eigenschaften nicht gilt (vgl. nur Palandt/Putzo, BGB, 55. Aufl., § 476 Rdnr. 11).

22

Nach ordnungsgemäßem Schluss der mündlichen Verhandlung bestand im Hinblick auf die mit der Streitverkündung des Beklagten zusammenhängenden Vorgänge für den Senat kein Anlass für eine Wiedereröffnung gem. § 156 ZPO.

23

Da die Nutzungsentschädigung nicht im Streit ist, war die Berufung insgesamt mit den Nebenentscheidungen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 546 ZPO zurückzuweisen.